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Über tausend Kilometer kommt das Bild zu Ihnen!
1954 - Das technische Wunder der Übertragung

Mit diesem Parabolspiegel wird das Bild vom Übertragungswagen an das Sendehaus weitergegeben

Der „alte Hase" dreht abends kurz vor acht Uhr den Einschaltknopf seines Fernsehempfängers herum und wartet auf das Abendprogramm.

Wenn das Bild klar und der Ton deutlich ist, versinkt er im Sessel und betrachtet sich das Gebotene: begeistert, kritisch, gelangweilt oder ablehnend ... je nach dem Programm und seiner Meinung darüber.

Weder er noch seine Gäste machen sich Gedanken über die sensationellen Vorgänge hinter dem Bildschirm. Ob das Programm aus dem benachbarten Studio in Freimann oder aus Hamburg stammt, erkennt er nur an der Ansage. Dabei ist beispielsweise der Weg des Bildes aus dem Hamburger Studio Lokstedt, nahe Hagenbecks Tierpark im Nordwesten von Hamburg, bis zum Münchener Fernsehteilnehmer eigenartig genug.

Der Weg der Bilder

Der Übertragungswagen, ein fahrbares Fernsehstudio, vermittelt die Außenübertragungen
einer der letzten Richtfunk-Wagen 1990

Der Kameramann im Studio Lokstedt gibt das Bild zum Mischpult im Nebenraum. Es wird verstärkt und über die erste Dezimeterwellen-Richtfunkstrecke zum Fernmeldebunker auf dem Heiligengeistfeld im Zentrum Hamburgs gestrahlt. Von hier nimmt die große Reise ihren Ausgang. Zuerst sind acht Relaisstationen zu passieren, die im Abstand von 45 bis 60 km zwischen Hamburg und Köln aufgestellt sind. In Köln wird das Bild auf den Weg nach dem Süden geschickt. Es springt über den Ölberg im Siebengebirge zum Feldberg im Taunus, erreicht das Weinbiet und klettert auf die 1180m hohe Hornisgrinde südlich von Baden-Baden.

Jetzt steht ein großer Sprung bevor: zum Fernmeldeturm Schnittlingen, ostwärts von Stuttgart. Von dort wird das Bild der Relaisstation auf die Zugspitze übermittelt, hüpft nach München und erklimmt schließlich den Wendelstein. Nun ist es beinahe am Ziel; der Sender nimmt es auf und strahlt es in die Richtungen Nordwest, Nord und Nordost mit 100 Kilowatt Leistung weit ins Bayerische Land - auch nach München natürlich.

Die Qualität der Bilder

Diese Reise durch die Ebene und über Hügel und Berge ist eintausend Kilometer lang - sie wird in einem Augenblick zurückgelegt. Nicht nur das ... vor allem ist dafür gesorgt, daß keine Verfälschung der Helligkeit und der Abstufungen zwischen glänzend weiß und dunklem Schwarz eintritt, daß keine Störungen durch Zündfunken und andere Störteufelchen hineingelangen.

In gleicher Qualität und zum gleichen Zeitpunkt sehen der Hein an der Nordsee und der Alois in Landshut das Programm. Der Ton, um ihn nicht ganz zu vergessen, reist weniger umständlich durch die Fernkabel der Bundespost, die das Gebiet der Bundesrepublik wie ein Spinngewebe durchziehen.

Bild und Ton zusammen

Die Ingenieure können noch mit anderen Zauberkunststückchen aufwarten. Wir haben soeben gehört, daß der Fernsehsender auf dem Wendelstein - in Wirklichkeit sind es zwei, nämlich einer für das Bild und der andere für den Ton - eine Leistung von 100 Kilowatt besitzt. Genau genommen stimmt das nicht, denn der Sender liefert das Bildprogramm nur mit einer Leistung von 10 Kilowatt an die Antenne. Diese aber bündelt die abgehende Energie in gleicher Weise wie ein Autoscheinwerfer das Licht und wirft sie verstärkt in die verlangte Richtung. Aus zehn mach' hundert. .. Dafür aber fallen die anderen Richtungen aus: nach dem Westen, nach dem Osten und nach Süden wird wenig oder nichts geschickt. Das ist auch nicht nötig, wie ein Blick auf die Karte zeigt.

Auf dem Weinbiet im Gebiet des Südwestfunks steht beispielsweise ein kleiner Sender mit nur einem Kilowatt Leistung. Er speist jedoch zwei stark bündelnde Spezial-Richtantennen, so daß die nach dem Nordosten und dem Südwesten abgestrahlte Leistung einen „effektiven" Wert von je 50 Kilowatt besitzt!

Die Ostzone ist Tabu

Für die Übermittlung des Fernsehprogramms von und nach Berlin wird noch viel mehr getan: hier muß der Sprung über das Gebiet der sowjetischen Besatzungsmacht ohne Zwischenstation gewagt werden. Das sind immerhin 135 km, wobei die beiden Pfeiler dieser Funkbrücke auf flachem Gelände stehen und nicht hoch hinauf auf die Berge wie in Süddeutschland gestellt werden können. Hier hilft nur hohe Energie - daher wirft die Anlage der Bundespost in Berlin-Nikolassee das Bildprogramm mit 5.000 Kilowatt effektiver Leistung gen Westen, wo in Höhbeck an der Elbe eine nicht minder gut bündelnde Empfangsantenne den schmalen Funkstrahl auffängt und weiterreicht, so daß auch München die Programme aus Berlin sehen kann.

Es geht sogar über 1800 km

Als im vergangenen Sommer der europäische Programmaustausch - die Eurovision - durchgeführt wurde, maß die längste Programmstrecke 1.800 km.

85 Relaisstationen mit über einhundertausend Verstärkerröhren transportierten einmal ein Sportprogramm aus Glasgow in Schottland hinunter bis nach Rom. Weder der Kanal zwischen England und Frankreich noch das Massiv der Alpen waren ein Hindernis...

kt = Karl Tetzner

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