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(1954) Wer heute einen Empfänger kauft . . . .

Wer langsam geht, kommt auch zum Ziel - wie die Fernsehentwicklung in Deutschland zu beweisen scheint. Wir wollen damit sagen, daß der späte Eintritt Bayerns und weiter Teile Süddeutschlands in das Fernsehen kein Fehler zu sein braucht.

Oben in Hamburg, an der Wiege des Nachkriegsfernsehens, hatten die Fernsehbegeisterten das Vergnügen, einige Fehlstarts und viele Versuchsprogramme zu erleiden. Vielleicht ist dies der Grund, warum die Oberpostdirektion bei den monatlichen Meldungen stets eine relativ niedrige Fernsehteilnehmerzahl vorlegt.

Ein Blick nach Norden

Das Rheinland wurde vom Fernsehen bereits mit stärkeren Sendern und erst zum Beginn des offiziellen Programmbetriebs erreicht. Zusammen mit der lebendigen Aufgeschlossenheit des Menschen vom Rhein und dem erfreulich hohen Lebensstandard im Kohlenpott und der umliegenden Gebiete sind gute Voraussetzungen für ein interessiertes Fernsehpublikum geschaffen. Man merkt's an den Teilnehmerzahlen.

Das Fernsehen kommt nach Bayern zu einem passenden Zeitpunkt. NWDR, Sender Freies Berlin und der Hessische Rundfunk verfügen über eingespielte Fernsehmannschaften; sie werden jetzt durch die Teams des Bayerischen Rundfunks, des Süddeutschen Rundfunks und des Südwestfunks verstärkt, so daß die Palette der Programme noch bunter wird.

Also : Wer kauft . . .
.. bekommt ein ausgereiftes und preiswertes Gerät

Aber darüber wollen wir nicht reden. Wir wollen vielmehr den oben begonnenen Faden weiterspinnen und zu beweisen versuchen, daß die zweite große Wichtigkeit für den Fernsehteilnehmer, der Empfänger, ebenfalls ausgereift ist, seitdem die ersten Versuchsmodelle die Fernsehstraße auf der Deutschen Industrie-Ausstellung Berlin im Herbst 1951 zierten.

Sagen wir es einmal offen: wer heute einen Empfänger kauft, bekommt nicht nur ein Gerät nach den letzten technischen Erfahrungen, sondern auch ein billiges Modell. Immerhin sind seit der Eröffnung des Fernsehprogrammdienstes zur Jahreswende 1952/53 die Preise bis heute um dreißig Prozent gefallen. Und das ist bei einem Objekt von runden tausend D-Mark ein hübscher Batzen Geld, zumal diese Preissenkung von einer merklichen Steigerung der Bildgröße und der Qualität im allgemeinen begleitet ist.

Und die, die voriges Jahr gekauft hatten ?

Demzufolge: wer vor Jahresfrist einen gegen heute teureren Empfänger kaufte, ist er schlecht beraten gewesen? Das soll uns ein Beispiel erläutern.

Im Zeitalter der fallenden Preise für Kraftwagen gibt es Leute, die sich schmunzelnd ausrechnen, welchen Betrag sie durch ihr Zuwarten verdient haben. Hätten sie vor einem Jahr einen Wagen gekauft, dann wäre er 400 DM teurer als heute gewesen, und - wer weiß - vielleicht warten sie noch ein Jährlein und „verdienen" auf diese Weise nochmals die gleiche Summe. Ihre Freunde aber, -die schon vor zwölf Monaten einen Wagen erwarben, fahren inzwischen vergnügt durch die Lande . . .

Nun, für den Fernsehfreund in München, Landshut oder Rosenheim sind das Überlegungen ohne realen Hintergrund. Am 13. Oktober 1954 ging das Deutsche Fernsehprogramm erstmalig über den neuen Wendelsteinsender, und seit zwei Wochen ist die Programmübertragung aus dem Versuchsstadium heraus. Jetzt erst hat es nun einen Sinn, 700 oder 1500 DM für einen Fernsehempfänger auszugeben und zu untersuchen, ob dieser Summe ein maximaler Gegenwert gegenübersteht.

Prächtige Möbelstücke mit drei Bildgrößen

Der Fachmann wird eine solche Frage vorbehaltslos bejahen, und der Besucher dieser Ausstellung wird es ihm glauben, wenn er an den Ständen der Industrie vorbei geht und die prächtigen Möbelstücke mit den großen Bildfenstern sieht, auf denen die erstaunlichen, rührenden und sensationellen Begebenheiten aus aller Welt klar und deutlich zu sehen sind.

Dabei spielt es keine Rolle, ob die Sendung aus dem Studio in Freimann - aus der nächsten Nähe also - oder nach einer Reise von 1000 Kilometern aus Hamburg an der Waterkant auf den Wendelstein und von dort wieder zurück auf die Empfänger in der Halle geleitet wird.

Und hier sind die Klassen von 1954

Das große Bild ist teurer als das kleine - nicht anders als beim Auto: der kleine Lloyd kostet halt weniger als der Mercedes 300.

Aber so kraß sind die Unterschiede nun doch nicht. Lassen Sie mich vorher erläutern, daß man drei Bildgrößen unterscheidet:

das 36cm-, das 43cm- und das 53cm- Gerät.

Hierbei bedeutet diese Längenangabe die Diagonale des Bildfenster rechteckes. Wir können es auch anders sagen: das 36cm Gerät hat ein Bildfenster von 22 x 29cm, das 43cm Modell ein solches von 27 x 36cm und der größte Empfänger mit einer 53cm Bildröhre gar eine Bildgröße von 36 x 48cm.

Die beiden größeren Klassen werden in verschiedenen Ausführungsformen angeboten: als Tisch- oder als Standempfänger (Truhe), als Fernsehgerät allein oder als Kombination mit einem Rundfunkempfänger. Je nach Möbelausführung, Qualität des evtl. eingebauten Rundfunkempfängers oder weiterer Zusätze wie Plattenspieler und Tonbandgerät ergeben sich die verschiedenen Preise.

Die Preise der Fernseh-Empfänger

Zu Ihrer Orientierung wollen wir eine Skala aufstellen, die ungefähr die Richtung weist:

  • Tischgerät mit 36-cm-Bildröhre
    zwischen 695.- und 798.- DM
  • Tischgerät mit 43-cm-Bildröhre
    zwischen 895.- und 1048.- DM
  • Standgerät mit 43-cm-Bildröhre
    zwischen 1048.- und 1298.- DM
  • Tischgerät mit 53-cm-Bildröhre
    zwischen 1098.- und 1325.- DM
  • Standgerät mit 53-cm-Bildröhre
    zwischen 1295.- und 1675.- DM


Rundfunk/Fernseh-Kombinationen mit der 43-cm-Bildröhre kosten 1435 DM und mehr, während für die gleichen Anlagen mit einer 53cm Röhre 1.600 DM und darüber verlangt werden. Ganz oben auf der Preispyramide balancieren die Luxus-Kombinationen, bestehend aus einem großen Fernsehgerät, einem Rundfunk-Großsuper und einem Zehnplattenwechsler, manchmal auch noch einem Tonbandgerät.

Einige kosten soviel wie ein Volkswagen ...

(Anmerkung: Ein VW Käfer kostete damals 4.995.- DM !!!)
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Warum so teuer ?

Ein Fernsehempfänger enthält viel mehr als ein Rundfunkgerät. „Warum sind denn diese Kästen so teuer?" werden wir häufig genug gefragt. Das ist beinahe mit drei Sätzen gesagt. Zuerst: ein Fernsehgerät enthält neben der teuren Bildröhre 14 bis 22 Röhren - ein Rundfunkempfänger nur sechs bis zehn! Gehäuse ist größer und daher viel teurer; der Innenaufbau verlangt ungefähr dreimal so viele Einzelteile wie ein mittleres Rundfunkgerät.

Schließlich gehört zu jedem Fernsehempfänger ein kleines „Kraftwerk" zur Erzeugung von 14.000 bis 18.000 Volt Hoch-Spannung, die die Bildröhre zur Herstellung des hellen und klaren Bildes benötigt.

Wie lange hält eine Bildröhre?

Hier dürfen Sie beruhigt sein. Wir rechnen im Durchschnitt mit 3.500 Stunden - das sind aber bei zwei Fernsehstunden täglich 1.750 Tage oder fast fünf Jahre! Die Reparaturanfälligkeit ist nicht sehr groß, vor allem ist man ja während der ersten sechs Monate durch eine Fabrikgarantie geschützt. Während dieser Zeit aber treten erfahrungsgemäß alle schwachen Stellen in Erscheinung.

Teilzahlung erleichtert die Anschaffung

700.- oder 1000.- DM sind jedoch viel Geld, das läßt sich nicht hinwegdiskutieren. Hier hilft die Teilzahlung. Für 25% Anzahlung kommen Sie in den Besitz des Zauberkastens und dürfen den Rest in achtzehn Monaten abzahlen. Die Teilzahlungszuschläge, die leider unvermeidlich sind, konnten letzthin gesenkt werden. Man wird also von Ihnen nur noch einen monatlichen Zuschuß von 0,7% auf die Restkaufsumme verlangen - bisher waren es 1% und mehr.

Also doch . . .

Kehren wir zum Ausganspunkt dieser Geschichte zurück. Das Fernsehen hat Bayern erreicht und präsentiert sich mit einem gegenüber 18 Monaten vorher ganz erheblich verbesserten Programm und mit preiswerten Empfängern, deren technische Kinderkrankheiten vergessen sind. Glauben Sie, daß es andernfalls möglich wäre, heute schon ein Viertel aller in Deutschland hergestellten Fernsehempfänger zu exportieren?

Karl Tetzner
(Anmerung: Karl Tetzner wohnte sehr lange in Berlin und Hamburg.)
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