Sie sind hier : Startseite →  Historie und Geschichte→  1987 - Fernsehstadt Berlin→  1933 - Berlin in der NS Zeit

Von der Flimmerkiste zum PAL-Farbfernsehen

Das vorliegende Büchlein aus dem Jahr 1987 ist eine der wenigen Publika- tionen des ehemaligen "Wiesbadener Fernsehvereins", der 2010 aufgehört hatte, zu existieren.
In diesem Büchlein beschreiben Walter Bruch und weitere Autoren ihre Eindrücke und  Erinnerungen und Erfahrungen aus der Zeit, als das Fernsehen noch in der Wiege lag - mit dem Blick auf die Entwicklung in der Stadt Berlin.

.

Die Nazis bemächtigen sich des Rundfunks

Der 30. Januar 1933, der Tag der Machtübernahme durch Hitler, gleichzeitig Beginn der Machtübernahme über den Rundfunk durch Goebbels, hatte auch einen einschneidenden Einfluß auf die weitere Entwicklung von Funk und Fernsehen. Nicht nur die Programme wurden »gleichgeschaltet«, auch die Rundfunkindustrie war davon betroffen.

Der "Führer" hatte kaum Interesse

Die »10. Große Deutsche Funkausstellung« von 1933 wurde zu einer Demonstration für den nationalsozialistischen Rundfunk ausgeweitet. Sie wurde zur einzigen, die Hitler besuchte.

1933 - Die Stimmung schlug um . . . .

Als Aussteller in der Fernsehsonderschau habe ich diesen Besuch miterlebt. Ich war Mitarbeiter im Fernsehlaboratorium von Denes von Mihäly und hatte für den bei uns entwickelten Spiegelkranzempfänger einen Filmsender selber gebaut. Wegen der sehr bescheidenen Qualität der damaligen Fernsehbilder mit 90 Zeilen hatte ich eigene Filme aufgenommen mit großen Köpfen, und zwar Bilder von meinen ungarischen Kollegen, weil sie sich mit ihren dunklen Haaren und Bärtchen besonders eigneten.
.

Walter Bruchs Führer-Trauma

Bei einer Vorbesichtigung für den »Staatsbesuch« beanstandete NS-Sendeleiter Hadamovsky diese »nichtarischen« Bilder, und ich mußte eine sich immer wiederholende Filmschleife von etwa einer Minute Dauer - von der Reichsrundfunkgesellschaft zur Verfügung gestellt - zeigen.
.
Ihre zwei Szenen: Hitler bei seiner Ansprache am 1. Mai 1933: »SA-Kameraden, deutsche Männer und Frauen, der Mai ist gekommen!« - und aus einer anderen Rede: »Eine große Zeit ist angebrochen!«

Zehntausendmal habe ich das abgespielt! Heute verfolgt mich die »große Zeit« noch gelegentlich im Schlaf. Mein Chef, Ungar, aber kein Jude, wurde von dem Verantwortlichen für die Fernsehschau, Dr. Banneitz, gebeten, mit unseren jüdischen Kollegen hinter dem Vorhang zu bleiben, da auch er nicht »deutsch« aussehe ......

Damals fiel mir schon auf, was ich später noch mehrfach beobachten konnte: wie wenig Interesse Hitler an solchen technischen Neuheiten zeigte, wenn sie militärisch nicht einsetzbar erschienen. Physiker interessierten ihn nur insoweit, als er damit dem Ausland die Potenz deutscher Forscher demonstrieren konnte.

1935 - Die wichtigste Ausstellungshalle brannte ab.

Während der Funkausstellung 1935 wurde am 19. August die Straumersche Halle, der Stolz des Ausstellungsgeländes, Opfer eines Großfeuers. »Die Ausstellung brennt!« rief ein Passant in die kleine Kneipe, in der ich, wie so oft, auf dem Heimweg vom Ausstellungsgelände bei Molle und Eisbein saß. Mit mir stürmten die Gäste hinaus und schlossen sich der immer mehr anwachsenden Menge der Schaulustigen an, die auf das Feuermeer zuströmten.

Unfaßbar, daß dort an der Stelle, an der ich mich vor noch nicht einmal einer Stunde aufgehalten hatte, eine Flammensäule mehr als 100 Meter zum Himmel hoch schlug. Halle 4, Straumers Halle, in der die ganzen Großfirmen ausgestellt hatten, brannte lichterloh.

Wichtige Anmerkung:

Das AEG Magnetophone K2 1936

Es ist komisch bis merkwürdig, daß in keinem der Fernsehbücher, in denen ausführlich über den 1935er Brand in dieser Halle 4 berichtet wird, auf die dort ausgestellten und auch verbrannten Magnetophone der AEG eingegangen wird. Aus der Sicht des Redakteurs dieser Seiten um den Jahrtausendwechsel herum ist die Erfindung des AEG Magnetbandgerätes die weltweit deutlich herausragendere Leistung der deutschen Industrie. Das Magentbandgerät wurde 1934/1935 von einer einzigen deutschen Firma (AEG) erfunden, wobei "das" Fernsehen weltweit von mehreren Forschern parallel angegangen wurde. Das Magnetbandgerät hat in den 20 Jahren danach die Kultur weltweit in wesentlich stärkerem Maße beinflußt als damals das Fernsehen.

.

Es war wirklich alles abgebrannt - beinahe auch der Funkturm

Neben Fernsehgeräten, die sowohl als Monitor wie auch als Sender arbeiteten, war auch Empfang über den Bild- und Tonsender möglich, die in einer Ausstellungshalle untergebracht waren und mit Antennen an der Spitze des Funkturms arbeiteten. Beide Sender wurden beim Brand zerstört.

Wieder war auf dieser Ausstellung 1935 die von der Deutschen Reichspost veranstaltete Schau der neuesten Entwicklungen auf dem Gebiete des Fernsehens die besondere Attraktion gewesen.

Der Funkturm blieb nun vornehmlich Wahrzeichen, denn die neuen Sender für das Fernsehen und ihre Antennen wurden im und auf dem Turm des Amerika-Hauses am heutigen Theodor-Heuss-Platz untergebracht. Erst 1951 wurde dem Funkturm wieder eine mastähnliche Konstruktion aufgesetzt mit Antennen für das wiedererstandene Fernsehen, für den UKW-Rundfunk, für Feuerwehr, Taxifunk und anderes. Damit ragte seine Spitze zwar 150 Meter hoch, trotzdem ist er heute kein Riese mehr im Vergleich zu anderen inzwischen in Berlin errichteten Sendetürmen. Doch sein Renommee machte ihm keiner dieser neuen Türme streitig.
.

Fernsehen aus dem Laboratorium

Politischer Ehrgeiz hatte dazu geführt, daß schon 1935/36, von der Technik her gesehen eigentlich noch viel zu früh, über den Funkturmsender von einem Postlaboratorium in der Rognitzstraße in der Nähe des Funkturms regelmäßig Fernsehsendungen ausgestrahlt wurden.

Uns Ingenieuren half der praktische Einsatz der jeweils neu entwickelten Geräte weiter, das Publikum in den wenigen von der Post eingerichteten Fernsehstuben konnte das Fernsehen in seinem Prinzip kennenlernen. Das bis 1938 auf 180 Zeilen beschränkte Fernsehen konnte man von der Rognitzstraße aus dem Poststudio nur von mechanischen Abtastern senden.

Filme konnte man damit recht gut übertragen. Allerdings bemühte man sich, Spielfilme, deren ungekürzte Wiedergabe auf den Empfängern mit recht kleinem Bildschirm doch sehr ermüdet hätte, auf maximal 30 Minuten zusammenzuschneiden, wobei man weitgehend die fernsehgeeigneten Großaufnahmen beibehielt. Es waren schon beinahe »Künstler«, denen dieses Schneiden unter Erhaltung der Handlung in Bild und Ton gelang. Wir von der Industrie ließen uns von diesen Experten auch unsere Spielfilme für technische Vorführungen zusammenschneiden. Mein Lieblingsfilm, unzählige Male vorgeführt, wurde übrigens der Streifen »Königs walzer«.

Livesendungen aus der schwarzen Kabine

Die Künstler mußten für eine Direktübertragung - »live« würde man heute sagen - in einer dunklen Kabine von der Größe einer Fernsprechzelle sitzend agieren. Durch ein kleines Fensterchen vom Durchmesser einer Kaffeetasse wurde ein scharf gebündelter Lichtstrahl in die Zelle geworfen; in 180 Zeilen tastete er die in der Dunkelheit sitzende Person ab.

War die jeweils vom Strahl getroffene Stelle hell getönt, dann wurde ein von dieser Tönung abhängiger Teil des Lichts zurückgeworfen, von um das Fensterchen aufgehängten Fotozellen aufgefangen und in ein elektrisches Signal für den Sender umgewandelt. War eine andere Stelle ganz dunkel, so kam von dort kein Licht zurück, und es gab kein Signal.

Aus dieser Zelle konnte man nur Brustbilder übertragen, trotzdem wagte man sich schon an kleine Sendespiele heran.

Fernseh-Ouvertüre mit den Olympischen Spielen

August 1936:

  • »Vom Lustgarten zum Brandenburger Tor, die breite Promenade Unter den Linden entlang, durch die märchenhafte Allee des Tiergartens, den ganzen Weg durch das westliche Berlin bis vor die Tore des Stadions war die Stadt ein erschütternd farbenprächtiges, königliches Fahnenmeer: nicht nur die Häuserzeilen waren kilometerweit mit Flaggen dekoriert, sondern die ganze Anfahrt entlang erhoben sich 15 Meter hohe Fahnenmasten . . .«


So erzählt der amerikanische Schriftsteller Thomas Wolfe vom Berlin der Olympischen Spiele. (Anmerkung : Es waren überwiegend Hakenkreuzfahnen !)

»Den ganzen Tag über, vom frühen Morgen an, war Berlin ein gewaltiges Ohr, das aufmerksam-konzentriert den Ereignissen im Stadion lauschte. Überall war die Luft von einer Stimme erfüllt. Die grünen Bäume am Kurfürstendamm begannen zu reden: aus den Lautsprechern in ihren Zweigen sprach ein Ansager aus dem Stadion zur ganzen Stadt ..... Für die Zeit der Olympiade war ganz Berlin in eine Art Anhängsel des Stadions verwandelt worden ...« Und so war es auch noch zur »13. Großen Deutschen Funkausstellung«, die kurz nach Beendigung der Spiele ihre Tore öffnete. Berlin blieb für sie noch "geschmückt".
.

1936 - Die Olympischen Spiele - eine gigantische Schau

Rundfunk und Fernsehen hatten während der Spiele - indirekt - eine einmalige Werbung für diese Ausstellung gemacht. Erstmalig bei einem solchen Sportereignis waren die meisten der von Berlin erreichbaren Rundfunksender angeschlossen. 500 deutsche Berichte wurden gesendet und 2.500 Reportagen in 28 Sprachen. 67 ausländische Rundfunkreporteraus 19 europäischen und 13 überseeischen Ländern konnten über eine sogenannte 40-Länder-Zentrale ihre Berichte ihren Rundfunkanstalten direkt zuleiten.

Für die Berliner war erstmals das Fernsehen bei einem Sportereignis dabei - eine Weltpremiere. Gerade hatte man die elektronische Kamera erfunden.

Olympia wurde mit 3 elektron. Kameras aufgenommen

Von den drei Erstmustern, die direkt aus dem Laboratorium kamen, war eine unmittelbar an der Ziellinie der Laufwettbewerbe aufgestellt. Als "junger Ingenieur" (?) hatte ich die elektronischen Schaltungen dieser Kamera entwickelt, deren mechanische Konstruktion einschließlich der optischen Ausrüstung von dem berühmten Konstrukteur Emil Mechau entworfen war.

Anmerkung: Das mit der Bruchschen Kamera-Elektronik ist bislang nirgendwo erwähnt. Ich zähle das zum Bereich Legende.

Da die Kamera unmittelbar vor der Führerloge auf gestellt werden sollte, sie andererseits mit einer Riesenoptik - dem größten Fotoobjektiv aller Zeiten - auch das Geschehen aus der Spielfeldmitte heranholen sollte, durfte ihr Objektiv nur wenig über das Spielfeld ragen, damit die Sicht der Ehrengäste nicht gestört wurde.

Noch ein bißchen Legende kommt hier:

Einem vom Film kommenden Kameramann konnte man die »Kanone« nicht zur Bedienung anvertrauen, denn zur Einübung wäre keine Zeit geblieben (die Kamera war erst in der Nacht vor der Eröffnung fertig geworden).

Als erfahrener Schmalfilmamateur wurde ich von den beiden Ingenieuren, die sie im Forschungslaboratorium von Telefunken gebaut hatten, als Kameramann während der Spiele ausgewählt. In eine Olympia-Uniform gesteckt, die mir das Betreten aller Kampfstätten erlaubte, war ich im Brennpunkt des Geschehens postiert.

Häufig konnte ich Hitler und sein Gefolge beobachten. Ab und zu erschien Leni Riefenstahl; ihr war das alleinige Recht für den offiziellen Olympiafilm übertragen worden. Doch die Kampfbahn war internationaler Boden, ihn zu betreten, hatte sie keine Erlaubnis. Mehrfach drückte sie mir eine Filmkamera in die Hand und bat mich um eine Nahaufnahme an einer Kampfstätte. So wurde ich auch noch »Hilfs-Filmkameramann«.

Der normale Berliner konnte in die Fernsehstube gehen.

Zu Hause konnten nur ganz wenige Prominente die Übertragungen aus dem Stadion sehen. Für die »Normalberliner« waren über die ganze Stadt Fernsehempfänger in 42 sogenannten Fernsehstuben verteilt. Mehr als 100.000 Menschen sahen so, was niemals vorher jemand in der Welt gesehen hatte: Sportereignisse »live« im Fernsehen.

Anmerkung: - ja, er konnte, wenn er überhaupt davongehört hatte.
.

Die Show war gut, die Technik verbesserungswürdig

Waren auch die Witterungsverhältnisse oft sehr ungünstig und die Bilder dann nicht sehr kontrastreich, so konnten die Zuschauer begeistert miterleben, wie ein Jesse Owens seine letzte Zehntelsekunde vor dem Ziel herausholte, oder wie er direkt vor der Kamera die Muskeln über seinen durchtrainierten Körper spielen ließ. Man sah, wie Zehntausende bei deutschen Siegen jubelten, und man sah die Tränen der deutschen Mädchen, als sie bei der Staffel Stab und sicher geglaubte Goldmedaille verloren.

Die Olympischen Spiele hatten das Fernsehen populär gemacht. Deshalb stand es dann auch auf der kurze Zeit später beginnenden Funkausstellung im Brennpunkt des Interesses. Dem Fernsehen hatte man die ganz große Automobilhalle zur Verfügung gestellt. Aber was einen Monat zuvor noch neu war, gehörte nun schon fast ins Museum.
.

Die Olympia-Kamera - schon nach einem Jahr ins Museum.

Über die Fernsehnorm von 180 Zeilen hinaus, mit der wir während der Spiele die Sendungen machten - und die auch noch zwei Jahre Sendenorm blieb -, war in den Laboratorien ein 375-Zeilen-Fernsehen mit nichtflimmerndem Zeilensprung entwickelt worden. Damit konnten sehr viel bessere Bilder aufgenommen werden. Unsere Olympia-Kamera wurde im Frühjahr 1937 im Deutschen Museum in München aufgestellt - noch nicht einmal ein Jahr nach ihrer Fertigstellung. Dort hatte sie noch vielen Besuchern Fernsehen der »Zukunft« gezeigt. Während des Krieges ging sie bis auf die Optik verloren.

Die Olympia-Kamera wurde vom Verein »Museum für deutsche Fernsehgeschichte« (Anmerkung : So hieß der Verein aber gar nicht.) im Jahre 1986 für die Veranstaltung »50 Jahre Fernseh-Liveübertragung« mit finanzieller Unterstützung der Stadt Wiesbaden von deren Jugendwerkstatt mechanisch nachgebaut. Mit Hilfe des Original-Objektivs, das das Berliner Post- und Fernmeldemuseum zur Verfügung stellte, haben Mitglieder des Vereins die Kamera auch elektronisch wieder einsatzfähig gemacht. (Foto siehe Farbseiten).

Anmerkung: Auch das gehört in den Bereich der Legende. In diesem im ehemaligen Wiesbadener Fernseh-Fundus vorgefunden Holznachbau gab es keine Eektronik.

Die ebenfalls 1936 bei den Olympischen Spielen eingesetzte Farnsworth- Kamera der Fernseh-AG gehört (nach 1950) zu den Ausstellungsstücken des Berliner Post- und Fernmeldemuseums.
.

Beginn der Fernsehspielerei

Das Fernsehen hatte sich gemausert. Zwar liefen drahtlos noch die alten 180-Zeilen-Sendungen, die »live« mit dem mechanisch rotierenden Lichtstrahlabtaster in der »Dunkelkammer« abgetastet wurden; außerdem wurden Filme gezeigt. Was jedoch fürs nächste Jahr 1938 geplant war, konnte man bereits auf der Ausstellung 1937 sehen.

Kurz zuvor hatte man sich auf die endgültige Fernsehnorm mit 441 Zeilen und den flimmerfreien Zeilensprung geeinigt. Auf dem Stand der Deutschen Reichspost konnte man dieses Fernsehen mit Darbietungen von Künstlern der Reichsrundfunkgesellschaft sehen; auch die Fernseh-AG zeigte Fernsehen höchster Qualität.

Telefunken hatte sich auch sehr angestrengt

Telefunken hatte tief in die Tasche gegriffen und mit bekannten Künstlern und mit
elektronischer Mischtechnik vorgeführt, wie Fernsehen einmal werden könnte. Schon 1937 zeigte man Kabarett, aber im Programmablauf doch mehr oder minder improvisiert und auch nur mit 375 Zeilen.

Der »Donaudampfschiffahrtsgesellschaftskapitän«

Der unvergessene Peter Igelhoff hat dort seinen »Donaudampfschiffahrtsgesellschaftskapitän« kreiert, Bruno Fritz, der später durch das Rundfunkkabarett »Die Insulaner« als »Herr Kummer« bekannt gewordene Berliner Schauspieler, dann der Komponist Peter Kreuder und Kurt Engel mit seinem Xylophon - alle traten dort auf, und fast 200.000 Besucher haben sie damals gesehen.

Wirklich fernsehen konnten nur wenige Berliner

Allerdings ging es nicht ohne Drängelei, denn es gab in Berlin nur vier Empfänger. Wir hatten zwar sechs, aber zwei hatte ich zur Weltausstellung nach Paris mitgenommen. 1937 wurde auf der Funkausstellung erstmals Kabarett live gesendet. Diese »Bettszene« wurde wegen ihres Bühnenbildes »berühmt«.

Erst 1938 stand dann eine Reihe von Empfängern da (eine Art Vorläufer der jetzigen »Fernsehstraßen«), von einem Typ, der bis in die ersten Kriegstage serienmäßig für Postingenieure, die Reichsrundfunkgesellschaft und einige Prominente gebaut wurde.

Fernsehen ohne Fernsehsender

In diesem Zusammenhang eine »lustige« Geschichte: 1945 wurde ich doch tatsächlich vom Adjutanten des damaligen sowjetischen Stadtkommandanten General Bersarin aufgefordert, den im Hause von Goebbels auf Schwanenwerder gefundenen Fernsehempfänger für den Empfang in Moskau brauchbar zu machen! Ich mußte ihn vertrösten, denn Moskau hatte damals noch gar kein Fernsehen.

Diese obige Anekdote ist deshalb nicht so abwegig, weil die ersten Russen 1945 in dem Gartenhaus meiner Berliner Großeltern den Wasserhahn dort aus der Wand rissen, das Wasser war durch die Bombadements eh abgestellt, und in ihrem Quartier wieder in die Wand steckten. Dann holten sie mit drohender Kalaschnikow meinen Opa aus dem Bett, er solle gefälligst das Wasser andrehen, sonst würden sie ihn sofort erschiessen. (Kein weiterer Kommentar)

.

Ein richtiges Fernsehstudio zum Senden

Noch während der Funkausstellung bekam ich den Auftrag, das erste elektronische Fernsehstudio für den Fernsehprogrammbetrieb in Deutschland zu bauen. Zur Eröffnung der 15. Funkausstellung sollte es mit einem Sendespiel eingeweiht werden. Vieles konnte von meinen Kollegen aus dem Laboratorium Urtel übernommen werden, doch noch mehr Arbeit war in dem einen Jahr, das für Planung, Entwicklung, Konstruktion und Bau zur Verfügung stand, zu leisten.

Während der Aufbau- und Einrichtungszeit dieses neuen Fernsehzentrums lief das 180-Zeilen-Fernsehen mit der rotierenden Abtastmaschine so weiter wie seit 1936 mit der Dunkelzelle. Mit dieser Technik rettete sich die »Antike« des Fernsehens noch bis in den Sommer von 1938 hinein. Auf Funkausstellungen konnten nur die aus dem dunklen Studio kommenden Bilder gezeigt werden.

1938 - Das Fernsehen mausert sich

Es war das Jahr, in dem Otto Hahn und Fritz Straßmann in Berlin-Dahlem die Spaltung des Urans entdeckten: 1938. Noch nahm die Welt keine Notiz von dieser grundlegenden Entdeckung.

Dagegen wurde über das neue Fernsehstudio in Berlin, das am Tag der Eröffnung der 15. Funkausstellung Premiere hatte, überall berichtet. Zwar kein öffentliches Ausstellungsobjekt, so gehörte es doch dazu, indem es über seinen Sender der Funkausstellung Fernsehprogramme zuspielte.

Am ehemaligen Reichskanzlerplatz - während meiner Tätigkeit dort hieß er "Adolf-Hitler-Platz" - und heutigen Theodor-Heuss-Platz (1987) stand, sozusagen in Verlängerung des Messegeländes, das Gebäude des Deutschen Kurzwellensenders, anschließend das »Deutschlandhaus«. Diesen leerstehenden Bau mietete 1938 die Reichspost für die Einrichtung eines Fernsehstudios. (Nach dem Krieg erwarb der SFB das Gebäude.)

Bei der Ersteinrichtung für das elektronische Fernsehen in der neuen Norm mit 441 Zeilen ließ man mich (mit der Firma Telefunken im Hintergrund) sehr selbständig planen und bauen. (Anmerkung : Das ist eine Eigenaussage Bruch.)

Eine Bühne mit 50 Kilowatt Licht

Das Studio selbst war ein Rundbau von etwa 20m Durchmesser, in dessen Mitte drei Kameras standen, die sich leicht auf die verschiedenen Bühnen richten ließen. Um diesen Kreis lief eine Beleuchterbühne. Bis zu 50 Kilowatt konnten auf die armen Darsteller gerichtet werden, die oft mit geröteten (um nicht zu sagen: verbrannten) Gesichtern nach Hause gingen. Die ersten Kameras waren eben nicht sehr lichtempfindlich. Nach Kriegsausbruch gelang es der Fernseh-AG, empfindlichere Aufnahmeröhren zu bauen, die auf so extrem viel Licht verzichten konnten.

Die Eröffnung der Funkausstellung 1938 startete man mit dem Fernsehspiel »Das Flaschenteufeichen« von Robert Louis Stevenson. Da nach dem kurz zuvor erfolgten ersten Einschalten keine Zeit mehr geblieben war, die Posttechniker für die Bedienung der Elektronik anzulernen - die Kameramänner kamen von der Reichsrundfunkgesellschaft -, mußte ich selbst alle drei Kameras steuern. Von einem Bedienungsplatz zum anderen rennend, gab es zwar kleine Pannen, am Ende aber einen großen Erfolg: das erste elektronische Fernsehspiel in Deutschland war über den Sender gegangen.

Den Sender hatte man übrigens vom Ausstellungsgelände und die Antenne vom Funkturm getrennt und war in ein weiters Gebäude am Platz gezogen, ins vormalige Amerikahaus. Es hatte einen hohen Turm, in den Bild- und Tonsender gestellt wurden; auf das Dach kam eine regenschirmähnliche Sendeantenne. Die fast 50 Prozent Energieverlust vom Sender am Fuße des Funkturms bis zur Antenne an seiner Spitze konnte man einsparen. Der Funkturm war jetzt nur noch Restaurant, Aussichtsturm und Berliner Symbol.

1939 - Für viele Jahre die letzte Funkausstellung

Die 16. Funkausstellung begann früher als alle vorherigen; irgendwie hatte wohl der Zweite Weltkrieg seine Schatten vorausgeworfen. Goebbels eröffnete die Ausstellung selber am 28. Juli 1939 mit den Worten: »Das 20.Jahrhundert ist das Jahrhundert der technischen Erfindungen. Der Nationalsozialismus ist für diese Zeit. Er verneint sie nicht, er bejaht sie bedingungslos!«

Und dann folgte ein begeistertes Preislied auf Rundfunk und Fernsehen, auf die »Technik des kleinen Mannes«. Erst zum Schluß kam die Andeutung, daß dieser Rundfunk schon bald eine Waffe sein werde.

Es sollte der Beginn des regelmäßigen Fernsehens werden

Kurz vor Ausstellungseröffnung hatte Reichspostminister Ohnesorge den Beginn des regelmäßigen Fernsehens für die Zeit gleich nach der Ausstellung angekündigt. Im Auftrag der Post hatte die Industrie in einer Gemeinschaftsarbeit den sogenannten Fernseh-Einheitsempfänger entwickelt, der wie der Rundfunk-Volksempfänger in einer Gemeinschaftsproduktion hergestellt werden sollte. 50 Geräte hatte man für die Ausstellung gebaut. Im Jahre 1940 sollte er für 650 RM auf den Markt kommen.

Telefunken und die erste Rechteck-Bildröhre der Welt

Telefunken hatte dafür die erste Rechteck-Bildröhre der Welt geschaffen; die Schaltungsentwicklung war ein Gemeinschaftswerk der Firmen Blaupunkt, Lorenz, Telefunken und der Fernseh-AG.

Das Ende für den Einheitsfernseher und das Fernsehprogramm nahte

Doch es kam weder zur Serienproduktion dieses Empfängers noch zu einem öffentlichen Fernsehprogramm. Die an Rundfunk und Fernsehen forschenden Physiker und Ingenieure nahmen - wie schon seit Jahren nach dem Abschluß der Funkausstellung - ihren Urlaub. Sie ahnten nicht, daß es - für 20 Jahre - die letzte Funkausstellung in Berlin war. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 fiel für die Funkausstellung »der Strom aus«.

Am selben 1. September wurde das »Abhören feindlicher Sender« verboten und unter strenge Strafen gestellt.

Am 30. April 1945 waren 12 Jahre 1000jähriges Reich zuende.

Am 30. April 1945 verstummten die Rundfunksendungen aus dem Haus des Rundfunks in der Masurenallee. Die dort beschäftigten Mitarbeiter verhinderten die befohlene Sprengung des Baues und der technischen Anlagen. Zwei Tage vor diesem Ende hatte Goebbels noch eine Sondersendung aus dem Funkhaus veranlaßt, in der Männer, Frauen und Kinder der »Festung Berlin« zum Durchhalten bis zum letzten Atemzug aufgefordert wurden.

Messehallen, Funkturm und Funkhaus lagen schon unter sowjetischem Beschuß, aus dem das Funkhaus verhältnismäßig unbeschädigt hervorging. Am Morgen des 1. Mai wurde es von der Roten Armee besetzt. Eine neue Zeit begann.

- Werbung Dezent -
Zur Startseite - © 2006 / 2024 - Deutsches Fernsehmuseum Filzbaden - Copyright by Dipl.-Ing. Gert Redlich - DSGVO - Privatsphäre - Redaktions-Telefon - zum Flohmarkt
Bitte einfach nur lächeln: Diese Seiten sind garantiert RDE / IPW zertifiziert und für Leser von 5 bis 108 Jahren freigegeben - Tag und Nacht, und kostenlos natürlich.