Historisches Wissen aus Heften, Zeitschriften, Magazinen
Artikel, Zitate und Infos stammen aus der Funk-Technik, der Funkschau, den RTMs, Kameramann, der FKT, den Schriften von Philips und Zeiss Ikon und Anderen. Mehr über die verfälschten historischen Informationen ab 1933 über 1945 bis weit in die 1980er Jahre.
aus der FUNK-TECHNIK Nr. 02/1950 (2. Jan. Heft)
Das Editorial
Nr. 2/1950 - 5. JAHRGANG - CHEFREDAKTEUR CURT RINT
Zusammenarbeit
In Westdeutschland existiert die „Arbeitsgemeinschaft der deutschen Rundfunkwirtschaft". Sie besteht, um es kurz zu wiederholen, aus Wirtschaftsverbänden, also der Fachabteilung FUNK als Vertreter der Industrie, dem Verband des Elektro- und Rundfunkgroßhandels e. V. und der Arbeitsgemeinschaft des Rundfunkeinzelhandels.
Man erkennt, daß die wirtschaftlich interessierten Kreise gemeinsam am runden Tisch sitzen, wenn sie auch nicht immer an einem Strang ziehen. Aber das ist in einer demokratischen Wirtschaft weder zu erwarten, noch unbedingt zu fordern. Nun bestehen die Interessenten jener als RADIO bezeichneten Einrichtung nicht allein aus Wirtschaftlern, die Empfänger und Zubehör herstellen und verkaufen wollen.
Die weitaus größere Gruppe wird von den 7 Millionen Rundfunkteilnehmern und ihren Familienangehörigen gebildet. Hinzu treten die Rundfunkgesellschaften als Produzenten des musikalisch- literarisch- aktuellen Inhaltes der Sendungen, kurz „Programm" genannt.
Sendung, Hörer und Wirtschaft - können die miteinander ?
Bislang vermißte man schmerzlich eine engere Zusammenarbeit zwischen den drei Gruppen Sendung, Hörer und Wirtschaft. Von seiten der Hörer ist wenig oder nichts zu erwarten. Ungeachtet der Tatsache, daß sie zahlenmäßig die erdrückende Mehrheit bilden, fehlt ihnen eine Organisation. Die sich hier und da zu Worte meldenden Grüppchen finden keine Beachtung. Daher beschränkt sich die Tätigkeit der Rundfunkteilnehmer neben Hören auf das Schimpfen (letzteres vornehmlich und mit nur geringen Ausnahmen auf das Programm ihres Bezirkssenders) und auf das Verfassen jenen Briefen an die Sender, in denen häufig herzhaft vom Leder gezogen wird.
Eine berufene Kritik von dieser Seite erscheint in den inzwischen wieder kleiner gewordenen Rundfunkbeilagen einiger großer Tageszeitungen. Die Hörerpresse, also die Programmzeitschriften, entwickelt sich immer mehr zum Konkurrenten der illustrierten Zeitschriften. Meist findet man in ihr allenfalls einige Vorschauen, kaum aber eine sachliche Kritik des Programmes.
Die Sender spielen die Hauptrolle
Bleiben also die Sendegesellschaften. Ihre Stellung in Westdeutschland als „Anstalten des Öffentlichen Rechts" und ihr unbestrittener Monopolcharakter (... verzeihen Sie dieses harte Wort) haben gewisse unschöne Züge stärker als nötig hervortreten lassen, die an Behörden im weniger günstigen Sinne des Wortes, erinnern. Das ist zum Teil eine Folge des großen Personalbestandes.
In der britischen Zone fehlt dem NWDR nur wenig am zweiten Tausend festbesoldeter Mitarbeiter, und bei den süd- und südwestdeutsehen Gesellschaften schwankt die Zahl der Angestellten zwischen 600 und 800. Allein auf Grund dieser Angaben wird es verständlich, wenn der ganze Betrieb manchmal ein wenig „nach Schema F" abläuft. Hinzu kommen die nicht zu verkennenden Schwierigkeiten der Programmgestaltung, die durch zu wenige Wellen und durch Beeinflussungsversuche von Seiten der politischen Parteien, der Gewerkschaften und auch der Kirche hervorgerufen werden. Wer wundert sich dann noch, wenn die Verantwortlichen immer mehr auf „Nummer Sicher" gehen und immer weniger wagen.
Ist die Erwartungshaltung übertrieben ?
Trotzdem muß man von den Sendegesellschaften erwarten, daß sie wichtigen Fragen gegenüber mehr als bisher aufgeschlossen sind. Nennen wir als Thema Nr. 1 die Hörerwerbung. Bisher ist auf diesem Gebiet fast nichts, geschehen und daher unser Wunsch nach Zusammenarbeit berechtigt. Wir hörten mehr als einmal aus Industrie- und Handelskreisen Äußerungen einer gewissen Verwunderung über das Schweigen der Sendegesellschaften, denen man - mit oder ohne Grund, das bleibe hier unerörtert - eine gute finanzielle Lage nachsagt, und die, so meint man, am ehesten in der Lage wären, etwas für die Steigerung der Hörerzahl zu tun.
Im Jahre 1938 kamen im Gebiet der drei Westzonen auf 1.000 Einwohner 126 angemeldete Rundfunkteilnehmer, 1940 waren es 183 - und heutzutage sind wir schließlich bei 146 gelandet! Dabei bedeutet jeder neue Hörer für die Sendegesellschaften pro Monat bare DM 1,60 (DM 2,- ./. 20% für die Deutsche Post)! Wenn der Eifer bei der Hörergewinnung ebenso groß wäre wie der an sich lobenswerte Kampf gegen die Schwarzhörer, dann wäre die Radiowirtschaft zumindest sehr dankbar.
Kann Umtausch den Verkauf ankurbeln ?
Wie wäre es, wenn die „Arbeitsgemeinschaft" in dieser Frage die Verbindung mit den Sendegesellschaften aufnehmen würde? Es kommt nicht von ungefähr, daß beispielsweise in der Schweiz im vergangenen Sommer die Umtauschaktion überalterter Rundfunkempfänger gegen neue Modelle ein durchschlagender Erfolg wurde. Alle arbeiteten vorbildlich zusammen: Schweizerische Rundspruchgesellschaft, Verband schweizerischer Radiofachgeschäfte, Anti-Störgemeinschaft „Pro Radio" und schließlich Industrie und Presse.
Wir wollen gar nicht erst den Versuch machen, die Situation vom Februar 1949 nochmals zu beleuchten, als von Frankfurt aus die westdeutsche Umtauschaktioh gestartet wurde...
Vielleicht aber stehen wir doch am Beginn einer neuen Periode. Das Gebiet des UKW-Rundfunks zwingt zu einer Koordinierung der Interessen von Hörern, Sendegesellschaften und der Radiowirtsehaft. Wir wollen es als ein gutes Zeichen ansehen, daß auf der letzten Sitzung der westdeutschen Rundfunk-Intendanten in Bad Neuenahr eine erfreuliche fruchtbare Aussprache zwischen leitenden Herren der Sender und Industrievertretern stattgefunden hat.
Man wird also bei der zur Zeit laufenden UKW-Werbung (oder Aufklärungsaktion, wenn Sie so wollen ...) eine klare und gemeinsam festgelegte Linie verfolgen. Daneben konnten auf anderen Besprechungen die technischen Einzelheiten für den Bau von UKW-Geräten zwischen Industrie und Sendegesellschaften weitgehend abgesprochen werden. Verständlich ist in diesem Zusammenhang der dringende Wunsch des Handels, zu ähnlichen Besprechungen hinzugezogen zu werden.
Karl Tetzner