Historisches Wissen aus Heften, Zeitschriften, Magazinen
Artikel, Zitate und Infos stammen aus der Funk-Technik, der Funkschau, den RTMs, Kameramann, der FKT, den Schriften von Philips und Zeiss Ikon und Anderen. Mehr über die verfälschten historischen Informationen ab 1933 über 1945 bis weit in die 1980er Jahre.
aus der FUNK-TECHNIK Nr. 18/1950 (2. Sept. Heft)
Das Editorial
BERLIN . FRANKFURT/M. • Nr. 18/1950/5.JAHRGANG FUNKTECHNIK CHEFREDAKTEUR CURT RINT
Der Deutschen Industrie-Ausstellung zum Gruß!
Von WALTHER M. LESER, Vorsitzender des Verbandes der Berliner Elektroindustrie
Wenn am 1. Oktober auf dem traditionellen Gelände am Berliner Funkturm die Flaggen vieler Nationen der Welt im Winde wehen und der Rundfunk die feierliche Eröffnung der Deutschen Industrie-Ausstellung 1950 um den Erdball verbreitet, dann bedeutet dies mehr als nur ein neues Glied in der langen Kette ähnlicher Veranstaltungen. Hier wird der überzeugende Beweis für zwei unstreitige Tatsachen geliefert: erstens, daß die deutsche Industrie auf allen ihren vielfältigen Arbeitsgebieten fünf Jahre nach einem Zusammenbruch ohnegleichen den Anschluß an die internationale Entwicklung wieder in vollem Maße erreicht hat, und zweitens, daß Berlin, dessen Antlitz härter als das irgendeiner anderen Metropole durch Leiden und Sorgen zerfurcht ist, wieder an die Überlieferung als führende Ausstelungs- und Messestadt anknüpfen kann.
Man wird es den Berlinern nicht verübeln können, daß sie mit bitteren Gefühlen in den letzten Jahren beobachteten, wie die Leistungsschauen so manches Industrie- und Wirtschaftszweiges in vermeintlich ruhigere und sichere Gefilde abwanderten und ihre eigentliche Geburtsstätte auf spätere bessere Zeiten vertrösteten.
Berlin bleibt Deutschlands heimliche Hauptstadt
Um so freudiger begrüßt nun Berlin in seinen Mauern die Gäste aus aller Welt. In Deutschlands heimlicher Hauptstadt schimmert in diesen Tagen nicht nur die Erinnerung an eine glanzvolle Vergangenheit, mehr noch leuchtet die Hoffnung auf eine im Licht der Freiheit strahlende Zukunft. Auch in den dunkelsten Perioden seiner bewegten Nachkriegsgeschichte hat Berlin - dem werden Freund und Gegner zustimmen müssen - niemals den Mut und den Willen zum Wiederaufstieg verloren.
Büßte die Stadt durch den Verlust ihrer Funktion als Regierungs- und Verwaltungszentrum Deutschlands auch die eine Hälfte ihrer wirtschaftlichen Potenz weitestgehend ein, so war Berlin andererseits mit äußerster Anstrengung stets bemüht, seine industrielle und handwerkliche Leistungskraft, allen Unbilden und Widerständen trotzend, so gut es eben ging, zu erhalten, zu erneuern und zu stärken.
Nachdem die Westberliner Industrie nunmehr auch an den Hilfen aus dem europäischen Wiederaufbau-Programm teilnehmen durfte, hat sie in der Qualität ihrer Erzeugnisse mit dem Westen uneingeschränkt gleichziehen können; daß sie endlich auch mengenmäßig durch eine vermehrte Ausnutzung der wiedergewonnenen Kapazitäten sich dem westlichen Niveau anzugleichen vermag, auf diesem bisher so schweren und dornenvollen Wege wird hoffentlich die Deutsche Industrieausstellung einen wesentlichen Markstein bedeuten.
Eine große Erwartung
Denn Berlin hegt die Erwartung, daß alle, die in die Hallen am Funkturm strömen werden, nicht nur einen überwältigenden Eindruck von dieser Ausstellung, sondern darüber hinaus das feste Vertrauen zu der wettbewerbsfähigen, pünktlichen und stetigen Leistung der Berliner Industrie gewinnen.
Innerhalb der Berliner Industrie hat die Elektro- und Radiotechnik seit je eine Vorrangstellung innegehabt. Daran hat auch das "Jahrfünft" nach Beendigung des zweiten Weltkrieges nichts geändert. Rund 40% der in der Westberliner Industrie Beschäftigten haben ihren Arbeitsplatz in den Werken, in denen alle Sparten der elektrotechnischen Fertigung betrieben werden. Freilich hat Berlin seine Stellung als überragendes elektro-industrielles Zentrum Deutschlands, in dem vor dem Kriege über 50% der gesamtdeutschen Produktion erstellt wurden, durch die Verlagerung des wirtschaftlichen Schwergewichts nach Westdeutschland nicht halten können.
Stolz auf die Westberliner Elektroindustrie
Mit berechtigter Genugtuung kann jedoch die Westberliner Elektroindustrie feststellen: keine andere Branche hat in den vergangenen schweren Zeiten eine so große Stabilität bewiesen und damit einen höchst gewichtigen Beitrag indem Kampf gegen das Kernübel Westberlins, gegen die Arbeitslosigkeit, geleistet. Und weiter: nicht nur in den absoluten Zahlen zeigt die Westberliner Elektrofertigung nach einer bedrückend langen Stagnation jetzt eine deutlich ansteigende Tendenz, sondern auch ihr verhältnismäßiger Anteil an der gesamtdeutschen Fertigung und erfreulicherweise insbesondere an der Auslandsausfuhr wächst nun wieder.
So bietet die Westberliner Elektro- und Radioindustrie, gestützt ebenso auf die unverzagte Initiative des Unternehmers wie auf die nimmermüde Bereitschaft der rund sechzigtausend fleißigen, tüchtigen und unerreicht wendigen Facharbeiter, ein Beispiel für jenen optimistischen Zukunftsglauben, ohne den das Bollwerk der Freiheit hätte zusammenbrechen müssen und der die unerläßliche Voraussetzung für die Durchführung der Veranstaltung war, der heute dieser Gruß gilt, für die Deutsche Industrie-Ausstellung 1950 in Berlin.
Direktor WALTHER M. LESER