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1955 - Der "Neue Filmpalast" in Wiesbaden

Dieses ehemals sehr große Kino (mehr darüber steht hier) ist schon lange Geschichte.

Es ist aber ein sehr eindrucksvolles Beispiel, wie die Renovierung eines Kinos sogar in einer mittleren Großstadt damals bewertet wurde und den potentiellen Besuchern nahe gebracht wurde. Bereits 1955 hatten wir wirklich genügend Kinos in Wiesbaden. Zur Wiedereröffnung im Juli 1955 waren für eine ganze Abend-Vorstellung alle Honoratioren (also die vermeintlich wichtigen Mitbürger der Stadt) zur kostenlosen - und natürlich geschlossenen - Gala- oder Premieren-Veranstaltung geladen - "man traf sich (unter sich - wie sooft)".

Große Berichte in beiden Tageszeitungen

Und so war es natürlich üblich, dieses "Groß-Ereignis" gebührend zu würdigen (oder auch zu feiern). Die Zeitungen konnten dann nämlich Anzeigen rund um den redaktionellen Teil der Berichte "verkaufen". Es war auch üblich, daß sich die beteiligten Firmen an dem Eröffnungsrummel - zumindest mit mehr oder weniger großen Anzeigen in der Zeitung - beteiligten, so auch die UFA Handel aus Frankfurt, die die gesamte Projektionstechnik sowie die Tontechnik erneuert hatte.

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Der Betreiber - Richard Theile - schrieb ein Grusswort :

Richard Theile schreibt:

In seinem Grusswort an die "lieben" (hoffentlich zahlenden und zukünftigen) Besucher verweist der Betreiber des "Neuen Filmpalast" (Richard Theile) auf das andere in Wiesbaden von ihm betriebene Kino, das auch sehr große "Thalia Theater" in der hinteren Kirchgasse, das es in dieser Form in 2010 auch nicht mehr gibt.

  • "Liebe Filmfreunde,
    Ich habe dem Haus ein neues Gesicht gegeben, es mit der modernsten technischen Einrichtung ausgestattet -CinemaScope, Raumton etc. - und werde meine Gäste mit besten deutschen und ausländischen Filmen zu er­freuen versuchen, wie ich dies seit 25 Jahren in meinem „Thalia-Theater", Kirchgasse, zu tun bestrebt bin."

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Dieser Film lief aber nicht lange.

Die eine Zeitung schreibt:

"IN frischem Glanz und GANZ MODERN"
Nach einer mehrwöchigen Spielpause, die voll genutzt wurde zur Verschönerung des Hauses und zur Vervollkommnung der technischen Anlagen, hat gestern abend mit einer geschlossenen Veranstaltung der Neue Filmpalast seine Pforten wieder geöffnet, und ab heute läuft der deutsche Farbfilm „Der Pfarrer von Kirchfeld" im vollen Programm.

Man ist beim Betreten des sich in frischem Glanz präsentierenden Hauses vor allem entzückt von der farblichen Gesamtwirkung. Sie steigert sich vom Grau der Fassade an der Sehwalbacher Straße und im Kassenraum über das Goldgelb des Foyers mit seinen rostroten Geländern und eine zartrosa Wandbespannung aus Baumwolldamast im Zuschauerraum zu einer wahren Farbensymphonie auf der Bühnenverkleidung.
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Der Originaltext 1

Vom dunklen Altrosa bis zum blassen Elfenbein enthält der nach oben zu öffnende, aus Seidenatlas wolkenförmig gearbeitete große Vorhang acht Farbtöne. Ein zweiter ist in dunklem Blau gehalten, weitere Vorhang-Garnituren in Silber und Königsblau sind für besondere Verwendungszwecke vorgesehen. An den Rängen rechts und links im Zuschauerraum wiederholt sich - hier als Bemalung und durch Weiß und Gold belebt - der Farbton der Wandbespannung. Jeder Raum, den der Besucher betritt, ist mit Teppichen ausgelegt.

Technisch ist der Neue Filmpalast
gemäß dem eigentlichen Zweck seiner baulichen Modernisierung jetzt mit hochwertigen Apparaten für jedes Verfahren ausgestattet. Die Bildfläche für Breitwandfilme ist fünf mal zwölf Meter groß. Für die Bildwand wurde eine bewegliche Eisenkonstruktion eingebaut, die auf der Bühne zurückgefahren werden kann. Im Zuschauerraum sind verdeckt zwölf Effektlautsprecher, auf der Bühne drei Lautsprecher-Kombinationen angebracht. Das Vorführgerät ist eine nach den neuesten technischen Erkenntnissen konstruierte Stereophon-Anlage. Das alles läßt erwarten, daß hier in stilvoll gepflegtem Rahmen eine technisch einwandfreie Wiedergabe den Kinobesuch zur ungetrübten Freude werden läßt.

Die andere Zeitung schreibt:

Neue Effekte wurden beim Umbau des Theaterraumes erzielt
Der Originaltext 2
Zeitgenössische Werbung 1954

Neuer Filmpalast erhielt repräsentative Gestaltung.

Durch eine grundlegende technische Modernisierung und eine mit feinem Stilempfinden und erlesenem Geschmack durchgeführte dekorative Neugestaltung verwandelte sich der Neue Filmpalast in der Schwalbacher Straße zu einem eleganten Lichtspielhaus.

Die großen Wandfelder des Zuschauerraumes erhielten eine Bespannung aus lachsfarbenem Faltenstoff, die zusammen mit den weißen Säulenrahmen und den harmonischen Farbabstufungen der Decken einen ausgezeichneten Gesamteffekt erzielt. Darüber hinaus ergeben sich durch die Wandbespannung hervorragende akustische Verhältnisse an jeder Stelle des Zuschauerraumes.

Im Zuge des technischen Umbaues wurde die Bühne geringfügig in den Zuschauerraum vorgezogen und erhielt zur Vorführung von CinemaScope-Filmen eine Breitbildwand mit den Abmessungen 11,50 x 5 Meter. Eine neuartige technische Einrichtung ermöglicht das Versenken der Breitbildwand, so daß die geräumige Bühne für Darbietungen aller Art ausgenutzt werden kann. Modernste Anlagen wurden für eine erstklassige Wiedergabe des Tones nach dem Magnet- bzw. Raumtonverfahren geschaffen. Die Bühne weist drei Lautsprecherkombinationen auf, weitere zwölf Lautsprecher verteilen sich im Zuschauerraum.

Der neue Vorhang wird sich nicht mehr seitlich öffnen, sondern ist nach oben aufziehbar. Dadurch erhält der Bühnenrahmen einen besonders dekorativen Abschluß.

Der Vorführraum wurde erheblich vergrößert und den neuen Anforderungen entsprechend mit Apparatetypen neuester Bauart ausgerüstet. Damit sind in vollem Umfang alle Voraussetzungen geschaffen, die einen einwandfreien technischen Ablauf der Programme gewährleisten. Auch die Kassenhalle, die breiten Treppenaufgänge und das Foyer sind wirkungsvoll in die Neugestaltung einbezogen. Weiße, gelbe und braune Pastelltöne erzeugen eine warme, vornehme Atmosphäre, die im innenarchitektonischen Bild des Zuschauerraumes ihre, Krönung findet.

Gestern wurde der Neue Filmpalast durch die Vorführung des Filmes „Der Pfarrer von Kirchfeld" in einer Festvorstellung vor geladenen Gästen eröffnet. Heute läuft mit dem gleichen Film das offizielle Programm an. Täglich finden, beginnend um 14 Uhr, vier Vorstellungen statt. An den Samstagen wird die Spielfolge um eine Nachtvorstellung erweitert. Die zukünftige Programmgestaltung wird sich mit einer sorgfältigen Auswahl interessanter Filme dem neuen eindrucksvollen Rahmen angleichen.

Im zweiten Bauabschnitt wird die Passage von der Schwalbacher Straße her modern ausgebaut. Die Renovierung der Fassade des Vorderhauses vervollständigt den repräsentativen Gesamteindruck.

Der "Neue Filmpalast" wurde auch wieder abgerissen

Im Rahmen der Sucht der damaligen Stadtväter nach einer richtigen Stadtautobahn auch für Wiesbaden wurde die Schwalbacher Strasse Ende der 1960er Jahre kräftig verbreitert. Heute in 2012 und danach versucht man mit Gewalt, das alles wieder "zurück zu bauen". Die gigantische Hochbrücke - auch in der Schwalbacher Straße - mußte bereits (wieder) weichen. Nur Wenige erinnern sich an den so hochgelobten Unsinn von damals.

Und niemand hatte Schuld.

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