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Zuerst etwas Geschichte : (wir sind im Jahr 1964)

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(A) Vom Feuerzeichen zum Sendernetz
Neugierde - seit es Menschen gibt
Von den Entwicklungsstufen der Berichterstattung

Seitdem es Menschen gibt, existiert auch der Wunsch, Neues zu erfahren. Sicherlich wäre kaum etwas erkannt, entdeckt und erfunden worden, wenn es die Neugierde nicht gäbe, den Drang nach größerem Wissen, nach Information.

Als die Krieger Karls des Großen im Jahre 801 von der Kaiserkrönung in Rom zurückkamen, waren sie sicher voll der neuen Eindrücke, die sie im sonnigen Süden gesammelt hatten. Sie haben ausführlich erzählt, und die Daheimgebliebenen werden nicht genug davon bekommen haben, immer Neues aus dem unbekannten, wunderlichen Land jenseits der Alpen zu erfahren.

Überzeugung durch Augenschein

Aber wie es immer geht: Wenn das Neue gar zu unglaublich klingt, wird der Zweifel wach, ob auch alles stimmt, was da einer erzählt. Wohl dem Erzähler, der dann eine römische Öllampe in seinem Reisegepäck hatte oder ein paar Ellen von dem vornehmen Tuch, das allein vom Hörensagen die Frauen und Mädchen entzückte.

Wer also seinen Ohren nicht traute, wurde durch den Augenschein überzeugt. Die fahrenden Leute wußten das noch Jahrhunderte später, als sie - die wandernden Zeitungsleute jener Zeit - mit Tagesneuigkeiten von Ort zu Ort zogen, um Erstaunliches und Ergötzliches, Unerhörtes und Erschröck-liches unter die Leute zu bringen. Sie bedienten sich großer Moritaten tafeln mit Zeichnungen. Und in diesen Zeichnungen stellten sie das sichtbar dar, was sie singend dem staunenden Publikum mitteilten.

1616
1695
1793

Die "Zeitung" stammt aus den Jahren um 1300

Um das Jahr 1300 gab es schon das Wort ZIDUNG (= Zeitung).

Und um das Jahr 1500 wurden Neuigkeiten mehr und mehr auf Flugblätter gedruckt, die man ZEYTTUNGEN nannte. ZIDUNG und ZEYTTUNG bedeuteten damals freilich noch Bericht, Kunde oder Nachricht. Die Zahl derer, die lesen konnten, war noch gering. Das Zuhören beim Vorlesen und Erzählen war die verbreitetste Weise, Neues zu erfahren. Der mangelhaften Schulbildung trugen die Flugblätter Rechnung. Sie sind die eigentlichen Vorläufer der heutigen Illustrierten. Auf ihnen waren nicht nur Worte zu lesen, sondern auch Abbildungen zu betrachten. Was man hört oder liest, kann glaubhaft sein, was man aber dazu noch im Bilde vor sich sieht, überzeugt.

Von der Zeit der Moritatensänger und Flugblattdrucker war es ein weiter Weg bis zur Erfindung des Fernsehens, das unsere Neugierde und Schaulust in höchstem Maße befriedigt. Bisher hatte zwischen einem Geschehen und den Menschen, die davon erfuhren, immer die doppelte Mauer des räumlichen und des zeitlichen Abstandes gestanden. Von einem festlichen Ereignis in Berlin erfuhren die Münchner z.B. erst Tage später durch die Zeitung.


Durch das Fernsehen werden die größten Entfernungen überbrückt, sogar der zeitliche Abstand vom Ereignis ist bewältigt. Das gleichzeitige Miterleben in Bild und Ton schlägt alle Rekorde vergangener Nachrichtenübermittlung.

Vom Posthorn bis zur Hochfrequenz
Was hat die Post mit dem Fernsehen zu tun?

Ausschau nach den Helden von Troja
Der optische Telegraph

Klytämnestra, Gattin des Agamemnon, sitzt am heimischen Herd zu Argos und harrt eines Zeichens, das ihr der scheidende Gatte und König versprochen hat, bevor er in den Trojanischen Krieg zog. Tag um Tag und Nacht für Nacht stehen Wächter in ihren Beobachtungsständen und warten auf das Feuerzeichen, das von Berg zu Berg den Sieg über Troja verkünden soll. Da leuchtet eines Nachts auf einem fernen Berg eine Flamme auf: das Zeichen, auf das man seit 10 Jahren wartete. 10 Jahre hatte der Krieg um Troja gedauert, den Agamemnon führte. Die Nachricht vom Sieg aber war trotz der großen Entfernung in wenigen Stunden der Gattin in Argos übermittelt worden.

So beschrieben vom griechischen Tragödiendichter Äschylos in seinem Drama "Agamemnon", welches um das Jahr 458 vor Christus seine Uraufführung erlebt hat. Von der Nachrichtenmethode mit den Feuerzeichen scheint Äschylos derartig angetan gewesen zu sein, daß er Klytämnestra ihren Priestern und Bediensteten die genauen Stationen der Signalstrecke in aller Ausführlichkeit aufzählen läßt.

Aber Eines nach dem Anderen

Aber was hat diese Schilderung mit dem Fernsehen zu tun? Mit dem Fernsehen zunächst gar nichts, wohl aber mit der Post, und die Post hat ihrerseits eine ganze Menge mit dem Fernsehen zu tun.

Aber gehen wir langsam und der Reihe nach vor. - Es darf mit Sicherheit angenommen werden, daß es bereits im Altertum vielgestaltige Methoden gegeben hat, Nachrichten auf schnellstem Wege zu übermitteln. Die Ägypter, Babylonier, Assyrer und Perser verfügten über ganze Netze von Feuerwarten, Rufposten und Eilbotenlinien. Außer den Feuerzeichen, die nur eine vorher abgesprochene Bedeutung haben konnten, gab es bereits recht genau arbeitende Nachrichtenmittel, wie zum Beispiel die sinnreich erdachte Fackeltelegraphie - eine Buchstabentelegraphie - die auf die Griechen Kleoxenes und Demokleitos zurückgeht.

Das Funktionieren solcher Systeme darzustellen, würde von unserem Thema weit abführen; indessen bleibt festzuhalten, daß sich die Nachrichtenübermittlung seit alters her bestimmter Strecken mit vorher festgelegten Stationen bedient. Solche Stationen heißen lateinisch "stationes positae" und von "positae" sind unsere deutschen Worte "Posten" und "Post" abgeleitet.

Kaiser Augustus war der Welt weit voraus

Ein ausgezeichnetes System der Boten-Post hatte das Römische Weltreich zur Zeit des Kaisers Augustus. Durch Schnellläufer und Reiterstaffeln konnten Nachrichten und Befehle in kurzer Zeit bis in entlegenste Provinzen des Weltreiches gesandt werden. Diese Art von Post diente allerdings ausschließlich dem Staat und seinen Interessen.

dann in 1504 . . . .

Erst 1504 schuf Franz von Taxis Postverbindungen, die auch für den öffentlichen und allgemeinen Verkehr freigegeben wurden. Wie immer auch die "Post" organisiert gewesen sein mag, ihr besonderer Auftrag war zu allen Zeiten die Vermittlung von Briefschaften und Nachrichten.

weiter ging es im 18. Jahrhundert

Erstaunlich, daß gerade die Technik der schnellen Übermittlung von Nachrichten während des Mittelalters nicht vervollkommnet wurde. Tatsächlich blieben sogar die Anfänge der Telegraphie, die man im Altertum entwickelt hatte, ungenutzt. Erst im 17. und hauptsächlich im 18. Jahrhundert experimentierte man wieder mit den bereits 2000 Jahre früher bekannten optischen Telegraphen.

In Deutschland dauerte es bis nach der Französischen Revolution, ehe man sich mit "Fernschreibern" befaßte. Als 1830 der geheime Postrat Pistor eine von Berlin nach Koblenz reichende Telegraphenlinie vorschlug, die mit beweglichen Signalen arbeitete, begann der eigentliche Wettlauf der Technik im Dienste der Nachrichtenübermittlung.

1835 - Der "Telegraph" von Pistors

Pistors "Telegraph" bestand noch aus Hebelarmen, die an einem vier Meter hohen Mast, ähnlich den Signalmasten der Eisenbahn, durch Seile und Rollen in bestimmte Stellungen gebracht wurden. Diese Stellungen entsprachen wiederum bestimmten Buchstaben. Und diese Buchstaben-Zeichen las man im nächsten Stationsgebäude der Telegraphenstrecke mit dem Fernrohr ab und gab sie wiederum an die folgende Station weiter.
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Aber während man noch mit diesem optischen Telegraphen arbeitete, wurden bereits Versuche mit elektrischen Telegraphen verschiedenster Art unternommen. Einer der ersten Forscher auf diesem Gebiet war Samuel Thomasvon Soemmering. Die weitere Entwicklung und Vervollkommnung ist dann Gauß und Weber, Steinheil, Wheatstone, Cooke, Morse und Siemens zu danken. (1835 - Morse Nachbau)

1876 - das Telefon kommt

Als aber ein betriebsfähiges elektrisches Telegraphennetz existierte, wurde die Nachrichtenübermittlung durch eine weitere Erfindung vervollständigt: Mit Hilfe des Telefons konnte man seit 1876 über viele Kilometer Entfernung den Gesprächspartner mit seiner eigenen Stimme sprechen hören. Persönliche Mitteilungen brauchten dank den Erfindern Reis, Bell und Edison nicht mehr in eine schriftliche Nachricht umgeformt zu werden, man empfing und sendete sie im unmittelbaren Gespräch.

Nachdem bereits der allgemeine Telegraphendienst seit 1849 in den Händen der Post gelegen hatte, führte das Reichspostamt zu Berlin 1880 auch den Telephondienst als neuen Zweig der Nachrichtenübermittlung ein.

Fast alle Aufgaben übernahm die Post

Wie Telegraph und Telephon, so blieb auch die drahtlose Telegraphie, also die Funkübertragung mit Hilfe elektromagnetischer Wellen, Aufgabe der Post. In allen diesen Fällen handelte es sich ja zunächst um Nachrichtenmittel.

Aber auch, als Rundfunk und Fernsehen begannen, ein Programm auszustrahlen, das nicht nur aus Nachrichten bestand, blieb die Post zuständig für das technische Instrument. Das heißt, die Post ist Trägerin der Fernmeldehoheit. Ohne ihre Zustimmung darf niemand irgendwelche Sende- oder Empfangsanlagen "errichten und betreiben".

Wer das bezweifelt, sollte daran denken, daß jeder, der ein Fernsehgerät kauft und anschließt, eine Genehmigung von der Post benötigt. Wer ohne diese Erlaubnis und ohne Bezahlung der damit verbundenen Gebühren ein Fernsehgerät benutzt, macht sich als Schwarzseher strafbar. (Das ist der Stand von 1964 !)

Die Fernsehgebühren von DM 5.- gehen an die Post

Was aber macht die Post mit unseren Fernsehgebühren? Von den 5.- DM, die der Briefträger monatlich kassiert, behält die Post einen Teil, nämlich DM 1,35 für sich, der Rest wird an die Rundfunkanstalten weitergegeben, die von diesem Geld die Kosten ihres Betriebs und des Programms bestreiten.

Was fängt die Post mit dem Betrag an, den sie für sich behalten hat? Davon bezahlt sie nicht nur den Briefträger, der das Geld kassiert, sondern alle technischen Einrichtungen, die sie unterhält. Dazu gehören Leitungen und Sender, die die Post den Rundfunkanstalten zur Verfügung stellt. Zwar gab es in der Nachkriegszeit zwischen Post und Rundfunkanstalten einige Schwierigkeiten durch verschiedene Rundfunk-Gesetze in den verschiedenen Besatzungszonen und Bundesländern.

Die Aufgaben der Post gerichtlich festgelegt

Inzwischen aber wurde durch das Bundesverfassungsgericht folgender Grundsatz klargestellt: Alle funk- und fernsehtechnischen Vorgänge außerhalb der Studios fallen in den Hoheitsbereich der Bundespost. Technische Einrichtungen, soweit es sich um Neuanlagen seit Februar 1961 handelt, sind von der Bundespost gebaut worden und daher ihr Eigentum. Demnach gehören alle Sender, die das Programm des "Deutschen Fernsehens" ausstrahlen, den Rundfunkanstalten der ARD, die sie erstellt haben. Die Sender aber, die das Programm des "Zweiten Deutschen Fernsehens" ausstrahlen, sind von der Bundespost gebaut und also ihr Eigentum.

Ebenso wird es mit allen weiteren Neuanlagen sein. Um Relaisstrecken und Sender betreiben zu können, braucht man geschultes Fachpersonal, Ingenieure und Techniker. Daß die Bundespost außer Briefträgern, Schalterbeamten und Telefonistinnen auch Vertreter solcher modernen Berufe beschäftigt, darunter etwa 8000 Ingenieure, ist noch längst nicht allgemein bekannt.

Das Horn des reitenden Postillion ist noch heute das Symbol der Bundespost. Ihre Aufgaben aber haben sich erweitert und mit der Technik der modernen Nachrichtenübermittlung gewandelt.

Von der Kamera zum Bildschirm
Wie das Fernsehbild entsteht

Unsere Urgroßeltern hätten angesichts eines Fernsehgerätes noch an Zauberei geglaubt und wären vor einem tieffliegenden Düsenjäger in die Knie gefallen. Für uns sind diese Erfindungen zur Selbstverständlichkeit geworden.

Aber - Hand aufs Herz - wer weiß eigentlich, wie elektrischer Strom erzeugt wird und wie die vielverwendeten Kunststoffe entstehen, worin das Prinzip des Düsenantriebs besteht und auf welche Weise das Fernsehbild zustande kommt? Freilich, man kann unmöglich auf allen Gebieten Fachmann sein. Aber eine bescheidene Ahnung vom Funktionieren des Fernsehens sollte man doch haben.

Seit es den Menschen gelungen war, Töne in elektrische Signale umzusetzen, sie durch Drähte zu schicken und später gar in Form elektromagnetischer Wellen über weite Strecken zu senden, arbeiteten viele Forscher gleichzeitig an dem Problem, auch Bilder drahtlos zu übertragen.

Frühe Erkenntnisse der Bildübertragung

Die erste richtungsweisende Idee auf dem Weg zur Erfindung des Fernsehens beruhte auf der Erkenntnis, daß man ein Bild mit allen seinen verschiedenen Helligkeitswerten nicht in einem einzigen Augenblick elektrisch übertragen könne, sondern nur als Hintereinanderfolge von einzelnen Lichteindrücken.

Vor einer ähnlichen Frage standen bereits Jahrzehnte vorher die Drucker, als es darum ging, Fotografien in Zeitungen wiederzugeben. Sie haben sich damit geholfen, daß sie das abzudruckende Bild in viele einzelne Punkte zerlegten, von denen jeder einen bestimmten Grau- oder Schwarzwert auf dem Papier ergibt.

Die Rasterpunkte oder das Bildraster

Wenn man eine Lupe zur Hand nimmt, erkennt man heute noch genau diese einzelnen Punkte des "Bildrasters" auf den Fotos unserer Tageszeitungen. Wenn man die Zeitung auf normale Leseentfernung vom Auge weghält, treten sie zurück und ordnen sich zu verschiedenen hellen oder dunklen Flächen zusammen.

Ein Fernseh-Versuch in Gedanken

Ähnlich mußte man auch bei der Aufgabe zu Werke gehen, ein Bild elektrisch zu übertragen. Machen wir in Gedanken einen einfachen Versuch:

In einem verdunkelten Raum wird eine beschriebene Tafel aufgehängt. In der Dunkelheit ist von der Schrift nichts zu erkennen. Sobald der scharfgebündelte Lichtstrahl einer Taschenlampe auf die linke obere Ecke der Tafel gerichtet wird, erkennen wir den ersten Buchstaben des Textes. Ließe man den Strahl nach rechts wandern, würden alle Buchstaben der obersten Zeile nacheinander erscheinen. Wenn wir den Strahl sehr schnell hin- und herhuschen ließen, könnten wir sogar alle Wörter der ersten Zeile lesen.

Das mit dem Bild muß sehr schnell gehen

Wenn man sich nun vorstellt, daß man außerordentlich schnell alle Zeilen ableuchten könnte, wäre in einem Augenblick alles zu lesen, was auf der Tafel steht.

Was der Lichtstrahl der Taschenlampe auf der beschriebenen Tafel bewirkt, das bewirkt in der Fernsehkamera die Aufnahmeröhre. Das zu übertragende Bild wird mit der Kameraoptik auf eine ebene Scheibe aus besonderem Material geworfen und - vereinfacht ausgedrückt - von einem Elektronenstrahl abgetastet. Das geschieht so schnell, daß unser Auge getäuscht wird und das ganze Bild auf einmal sieht. Damit der Strahl jeden Fleck des Bildes berührt und einen immer gleichen, geordneten Weg zurücklegt, ist das Fernsehbild in der Kamera wie auf dem Empfänger in Zeilen eingeteilt.

625 Zeilen mit je 832 Einzelfeldern

In unserem deutschen System sind es genau 625. Jede dieser Zeilen, die man übrigens bei näherem Hinsehen erkennt, ist wiederum in 832 nebeneinanderliegende Einzelfelder zerlegt. Über dieses Zeilensystem ,saust' der Elektronenstrahl mit einer Geschwindigkeit von 20.000 Kilometern pro Stunde. Durch diesen Vorgang werden die Helligkeitswerte der Reihenfolge nach in elektrische Stromstöße (Impulse) umgewandelt, die dann vom Fernsehsender mit Hilfe der elektromagnetischen Wellen in alle Richtungen abgestrahlt werden.

Zuhause ist es umgekehrt

In der Bildröhre unseres Empfängers daheim vollzieht sich das gleiche im umgekehrten Sinn:

Der Elektronenstrahl, der zeilenweise über den Bildschirm gelenkt wird, zeichnet mit Hilfe der übertragenen elektrischen Impulse das Bild, das die Fernsehkamera eingefangen hat, neu. Er verteilt Hell und Dunkel über den Bildschirm, indem er mit schwachem Strahl einen dunklen und mit starkem Strahl einen hellen Bildpunkt auf dem Bildschirm erzeugt und sichtbar macht. Dabei entstehen in jeder Sekunde 25 vollständige Bilder.

Das alles klingt verhältnismäßig einfach. In Wirklichkeit verlaufen die Vorgänge sehr viel komplizierter. Wer darüber mehr wissen will, greift sicher zu technischen Fachbüchern, die sich speziell damit befassen.

Wir schalten um
Von Studios, Relaisstrecken und Sendern

Wenn das Abendprogramm des "Deutschen Fernsehens" Beiträge enthält, die von verschiedenen Rundfunkanstalten beigesteuert werden, fällt regelmäßig zwischen zwei Sendungen das Stichwort ,Wir schalten um'. Wer es weiß, daß verschiedene Rundfunkanstalten gemeinsam das ,Deutsche Fernsehen' bestreiten, versteht zweifellos den Sinn dieser Worte; vorher war vielleicht die Ansagerin des Hessischen Rundfunks zu sehen und anschließend meldet sich der Norddeutsche Rundfunk, Hamburg. Aber was bedeutet dieses Umschalten technisch? Welche Wege nimmt das Fernsehbild zwischen den einzelnen Sendern?

Ultrakurzwellen sind gefragt

Drahtlose Fernsehübertragungen sind nur mit Ultrakurzwellen möglich. Ultrakurzwellen aber haben eine Eigenschaft, die sie von Mittel- und Langwellen, wie man sie vom Rundfunk her kennt, deutlich unterscheiden.

Während sich Mittel- oder Langwellen der Erdkrümmung anschmiegen, pflanzen sich Ultrakurzwellen nur geradlinig wie ein Lichtstrahl fort. Für das Fernsehen heißt das, daß man ein Bild immer nur bis zum sichtbaren Horizont weiterleiten kann. Hindernisse, wie hohe Gebirgszüge, können Ultrakurzwellen auf Anhieb nicht überwinden, und auch im Flachland würden sie ihrer Geradlinigkeit wegen irgendwann von der gewölbten Erdoberfläche in den Weltraum hinausgehen. Selbst wenn man einen Fernsehsender auf einen hohen Berg stellt, hat er niemals die Reichweite eines Rundfunk-Mittelwellensenders.

Man kann seine Sendung in der Regel nur im Umkreis von 50 bis 60 Kilometern empfangen.

Der Unterschied zwischen Sender und Sender

Wer vom Norddeutschen Rundfunk, vom Südwestfunk oder vom Bayerischen Rundfunk als ,Sender' spricht, hat vielleicht die Vorstellung, jede dieser Rundfunkanstalten hätte einen einzigen Fernsehsender, um damit ihr Gebiet zu versorgen. Schön wäre es, aber die Wirklichkeit sieht anders aus. Wenn es stimmt, daß jeder Fernsehsender nicht weiter als 50 oder 60 Kilometer im Umkreis reicht, muß man mehrere Sender bauen, so viele, daß jeder Fleck des zu versorgenden Gebietes von Ultrakurzwellen erreicht wird.

So kommt es, daß manche der deutschen Rundfunkanstalten 10 oder mehr Sender benötigen. Sie alle sind untereinander durch Richtfunkstrecken verbunden. Eine solche Richtfunkstrecke besteht aus einer großen Anzahl von Betontürmen, die jeweils im Abstand von etwa 50 km erbaut wurden. Genau genommen muß man von einem Turm aus den anderen sehen können. Diese Türme - man nennt sie auch Relaisstationen - sind mit großen Antennen in Form von Parabolspiegeln ausgestattet und reichen sich das Programm auf Ultrakurzwellen zu.

Dazwischen lauter Relaisstationen

Wie früher reitende Boten an vorher festgelegten Stationen die Pferde wechseln oder füttern mußten, so wird in jeder Relaisstation das ankommende Bild - genauer gesagt: seine elektromagnetischen Wellen -aufgefrischt und verstärkt, ehe es an den nächsten Turm weitergegeben wird. Solche Richtfunkstrecken verbinden alle Fernsehsender im Bundesgebiet und die Fernsehstudios miteinander. Über die Richtfunkstrecke wird auch eine laufende Sendung vom betreffenden Studio zum ,Sternpunkt Frankfurt1 gegeben.

Was heißt ,Sternpunkt Frankfurt' ?

Er ist die Schaltzentrale für das ,Deutsche Fernsehen'. Dort werden die Blitzschaltungen vorgenommen: Wir schalten um nach München - Wir schalten um nach Stuttgart - Wir schalten um nach Köln. In dem Augenblick, da das Bild des Kölner Doms und der Rheinbrücke auf dem Schirm erscheint, ist die Schaltung bereits beendet.

Das Fernsehbild legt dann folgenden Weg zurück: Vom Fernsehstudio des Westdeutschen Rundfunks in Köln über Richtfunkstrecke zum Sternpunkt Frankfurt und von dort ebenfalls über Richtfunkstrecke zu allen Sendern. Für den Hausmeister des Kölner Studios ergäbe sich die ungewöhnliche Situation, daß er das Bild der laufenden Sendung erst empfangen kann, wenn es zum Sternpunkt Frankfurt, von dort zurück zum Sender Köln gelangt und von diesem über den Bereich der Stadt Köln ausgestrahlt worden ist.

Dabei muß man sich allerdings vor Augen halten, daß die Ultrakurzwellen für diesen Umweg nur Sekundenbruchteile benötigen, weil sie jede Entfernung mit der Geschwindigkeit des Lichts überwinden. In der Tat ist die Zeit so kurz, daß man als Nichtfachmann sagen kann: das Bild kommt im gleichen Augenblick in Köln an, da es von Köln ausgegangen ist.

Aus "eingleisig" wurde "zweigleisig"

Ältere Zuschauer werden sich noch erinnern, daß das Umschalten von einer Rundfunkanstalt zur anderen früher sehr lange gedauert hat. Das kam daher, daß es zwar seit dem ersten Tag des Fernsehens in Deutschland eine Richtfunkstrecke gibt, daß sie aber zunächst nur ,eingleisig' war. Um beim Beispiel der Eisenbahn zu bleiben: Früher mußten bei einer Umschaltung erst alle Signale auf allen Bahnhöfen (Relaisstationen) umgestellt werden, damit das Programm in umgekehrter Richtung ,fahren' konnte.

Heute ist das ganze Netz ,zweigleisig', und deswegen kann man vom Sternpunkt Frankfurt aus in Sekundenschnelle umschalten.

Wer senden will, muß hoch hinaus
Fernsehtechniker im Hochgebirge

Fernsehtürme, wie den in Stuttgart und seinen ,Kollegen' in Dortmund, kannten die drei jungen Leute schon, die im Allgäu ihre Ferien verbrachten.

Sie konnten sich vorstellen, daß im Innern dieser Türme technische Anlagen verschiedenster Art untergebracht sind, die von Fachleuten bedient werden müssen. Als sie aber eines Tages bei einer Bergwanderung in die Nähe des Grünten kamen - ein Berg, der 1.750m über dem Meeresspiegel liegt - entdeckten sie auf seiner Spitze eine Sendeantenne.

Solange sie sich in der Nähe der Station aufhielten, mußten sie daran denken, daß die Besatzungen von Fernseh-Türmen in der Nähe von Großstädten abends nach Hause fahren können. Was aber machen die Techniker des Grünten? Eine Bergbahn war nicht zu sehen, nur eine bescheidene Einrichtung für Materialtransporte.

Ein Spaziergang in Begleitung

Als sie am frühen Nachmittag zum Abstieg aufgebrochen und eine Weile gegangen waren, holte sie jemand ein, der einen Rucksack auf dem Rücken und schwere Bergstiefel an den Füßen trug. Es konnte nur einer vom Sender sein. Tatsächlich war es ein Ingenieur, der es eilig hatte. Aber da die drei sich so eingehend für seine und seiner Kollegen Arbeit interessierten, paßte er sich ihrem Tempo an und erzählte:

„Warum Sendeantennen des Fernsehens immer hoch über dem Land montiert sein müssen, ist euch ja klar. Das Gebiet, das von einem Sender durch Ultrakurzwellen versorgt werden kann, ist um so größer, je höher die Antenne über dem Gelände steht. Wir, hier in Bayern, brauchen keine besonderen Türme zu errichten. Unsere Berge sind höher als der höchste Fernsehturm. Man hat die besten ausgesucht, deren günstige freistehende Lage sich besonders gut eignet, den Wendel-Stein zum Beispiel und unseren Grünten. Freilich bringen die technischen Vorzüge viele Schwierigkeiten mit sich, an die die Zuschauer daheim kaum denken.

Ein Dienst zu allen Jahreszeiten

Touristen, die häufig auf den Grünten kommen, unternehmen solche Wanderungen nur bei schönem Wetter. Aber unser Dienst nimmt keine Rücksicht auf Jahreszeiten und Witterung. Das, das den anderen Freude macht, ist für uns eine ganz schöne Strapaze. Bei gutem Wetter dauert der Anstieg bis zu zwei Stunden, bei Regen und Wind wesentlich länger. Die Hänge sind glatt, der Bergpfad schmal, Lehm hängt an den Schuhen, die Kleidung ist verschmutzt und durchnäßt, und wenn es auf dem Grat ordentlich bläst, haben wir schon mehr als einmal auf allen vieren das letzte Stück des Weges überwinden müssen.

Besonders gefährlich ist der Aufstieg bei Gewitter. Dann ist es besser, den freiliegenden Grat zu meiden. Wir haben schon mehr als einmal Erste Hilfe leisten müssen, wenn Wanderer vom Gewitter überrascht und durch Blitzschlag verletzt worden sind.

Immer 8 Tage und dann noch 12 Stunden am Stück

Acht Tage dauert normalerweise unser Dienst hier oben, und in diese acht Tage fällt auch die freie Zeit - abgeschlossen von der Außenwelt. Ich kenne viele, die sich einmal eine solche Einsamkeit wünschen. Aber in der Praxis sieht das natürlich etwas anders aus.

12 Stunden dauert der Dienst, und außerdem müssen wir alle Mahlzeiten selbst kochen, das Geschirr spülen, die Zimmer in Ordnung halten usw. Praktisch kommt man aus dem Dienst nie ganz heraus, denn die Betriebsgeräusche des Senders hört man im ganzen Gebäude. Nur nachts von 1.15 Uhr bis 5.00 Uhr setzen sie aus."
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Und im Winter ist es hart hier oben

Wie es denn im Winter auf dem Grünten aussähe, wollten die drei aus dem Flachland wissen. „Ja, da ist's halt besonders lustig", lachte ihr Begleiter. „Da kann man manchmal acht und mehr Stunden für den Aufstieg rechnen, je nachdem, wie die Schneeverhältnisse sind. Und wer meint, das müßte doch für die Skifahrer unter uns herrlich sein, der hat sich verrechnet. Wir haben lieber Schneereifen; denn sie sind leichter als Skier, sinken auch nicht tiefer ein und sind beim Aufstieg wie beim Abstieg praktischer. Das schroffe Gelände auf dieser Bergseite ist nur etwas für lebensmüde Wedler.


Aber trotz der Schneereifen sinkt man oft bis zur Hüfte ein und kann sich nur Schritt für Schritt voranarbeiten. Der Vordermann tritt eine Spur, die anderen folgen ihm und zwischendurch wird natürlich immer wieder gewechselt. Vor einigen Jahren hättet ihr in einigen bayerischen Zeitungen lesen können, daß ein Schneebrett von etwa 250 Kubikmetern eine Stütze unserer Transportseilbahn umgeknickt hatte. Wir waren damit praktisch von der Außenwelt abgeschnitten, denn auf unserem Weg ins Tal lag der Schnee bis zu drei Meter hoch.

Aber einen Tag später kreiste eine einmotorige Sportmaschine um unsere Station und warf Lebensmittel ab. Erst vier Tage später, bei einsetzendem Tauwetter, konnte eine Einheit der Bundeswehr von Sonthofen aus die Verbindung zu uns wieder herstellen. Die Seilbahn wurde unter großen Schwierigkeiten ausgebessert, und dann gingen Versorgung und Ablösung wieder auf dem üblichen Wege vor sich. Als wir uns für den Abstieg fertigmachten, begann für die Angekommenen die achttägige Routinearbeit."

Eigentlich nur Wartung und Notdienst

Worin denn diese Arbeit bestünde, wollten die drei jungen Begleiter wissen.

„Ihr habt doch schon vom Wartungsdienst gehört, dem Kraftfahrzeuge in regelmäßigen Abständen unterworfen werden müssen. Bei Autos liegen große Abstände zwischen den einzelnen Wartungen. Die überaus komplizierten Einrichtungen eines Senders dagegen müssen täglich geprüft und instand gehalten werden.

Dazu gehören Messungen und das Austauschen von Röhren, deren Lebensdauer begrenzt ist.

  • Anmerkung : Bei allen technischen Einrichtungen, die im Dauerbetrieb liefen und laufen, waren die Röhren die anfälligsten "Verschleißteile". Zumal in einem Rundfunk- oder Fernseh-Sender die Röhren niemals bis an ihr Ende, also bis zum Ausfall, betrieben werden durften. Sie wurden vorab getauscht.


Die gesamte Wartung vollzieht sich nach einem genauen Plan. Im übrigen kommt es vor allem darauf an, daß man sich untereinander gut versteht. Jeder von uns weiß, was er zu tun hat. Aber er muß auch notfalls am Arbeitsplatz des Kollegen einspringen und außerdem muß eigentlich jeder von uns alles können.

Wenn zum Beispiel Störungen auftreten, heißt es genau hinschauen und rasch zupacken, damit der Fehler so schnell wie möglich beseitigt wird.

Unsere Werkstatt ist zwar gut eingerichtet, aber ein vollständiges Ersatzteillager kann man natürlich nie bereithalten. Da muß mehr als einmal behelfsmäßig gebastelt werden. Das fängt an bei kniffeligen Reparaturen an unseren empfindlichen Geräten und reicht bis zum Beseitigen von Sturmschäden an der Antennen-Anlage oder bis zum mühsamen Auftauen der eingefrorenen Wasserleitung."

Ein Fenster zu den Nachbarn - die Eurovision

Es war im Sommer des Jahres 1953. In Deutschland gab es ungefähr 200.000 Fernsehgeräte. Da drückten sich einen ganzen Tag lang Hausfrauen, Kinder und Männer die Nasen an den Schaufensterscheiben der Radio- und Fernsehgeschäfte platt. Was es auf den Bildschirmen zu sehen gab, war ein großartiges Schauspiel: Elisabeth II., die englische Königin, wurde gekrönt.

Dieses Ereignis, mit dem für Großbritannien eine neue Regentschaft eingeleitet wurde, ist zugleich für das Fernsehen in Europa entscheidend gewesen. Die jungen Fernsehanstalten verschiedener europäischer Länder hatten sich zusammengeschlossen, um ihren Teilnehmern jene prächtigen Feierlichkeiten zu übertragen.

Improvisiert bis kurz vor der Sendung

Die Bildingenieure, die damals schon mit dabei waren, erzählen, daß den ganzen Tag über fieberhaft gearbeitet wurde, um die Bildqualität zu verbessern, die am Morgen in Deutschland noch recht mäßig war, weil das britische Fernsehen mit einer anderen Zeilenzahl arbeitet.

Als dann die Übertragung ihrem Ende zuging, war der Empfang der in England aufgenommenen Bilder erstaunlich verbessert, und die europäische Zusammenarbeit von Fernsehleuten verschiedenster Länder hatte ihre Feuertaufe bestanden.

Im Juni 1954 gings dann professionell los

Kaum ein Jahr später, am 6. Juni 1954, erklangen zum ersten Male die Fanfarenklänge aus dem ,Te Deum' von Charpen-tier. Die EUROVISION war geboren. Italien, Frankreich, die Schweiz, Belgien, Holland, Dänemark, Deutschland und England übertrugen gemeinsam das Narzissenfest von Montreux, einer Stadt in der Schweiz.

Seitdem gehören Eurovisions-Sendungen wie selbstverständlich zum Programm. Durch sie ist der Bildschirm im wahrsten Sinne des Wortes ein Fenster zur Welt geworden. Spanien, Finnland, Monaco, Norwegen, Österreich, Schweden und Jugoslawien kamen nach und nach hinzu, und heute können gleichzeitig Menschen von 18 europäischen Ländern an bedeutenden politischen, sportlichen, kulturellen und religiösen Ereignissen in Bild und Ton teilnehmen.

Wie arbeitet die Eurovision?

Nun, die wichtigsten Grundzüge sind leicht zu erklären. Das Hirn der Organisation ist ein Büro in Genf. Es ist die Zentrale der UER (Union der Europäischen Rundfunk- und Fernsehanstalten), bei der die einzelnen Länder Vorschläge für Eurovisionssendungen anbieten können. Die Zentrale nimmt die Meldungen entgegen und fragt in den übrigen Ländern nach, wer sich diesen Übertragungen anschließen möchte. Besteht ein ausreichendes Interesse, so muß die technische Zentrale der Eurovision in Brüssel zusammen mit den Postverwaltungen der beteiligten Länder Vorbereitungen treffen: Leitungen und Richtfunkstrecken und was sonst alles zum reibungslosen technischen Ablauf einer solchen Sendung notwendig ist.

Wenn dann der Tag der Sendung kommt, muß alles wie am Schnürchen klappen. Dann muß auf die Sekunde genau gearbeitet werden, was sonst im Fernsehen nicht immer üblich ist. Das muß aus zwei verschiedenen Gründen so sein: Erstens, damit jedes der 18 Länder sein Programm verbindlich auf eine bestimmte Zeit einrichten kann, und zweitens, damit die Techniker aller Stationen im gleichen Augenblick die richtigen Schaltungen vornehmen können.

Ein Beispiel :

Für eine um 16.00 Uhr beginnende Übertragung aus Paris würde der Plan, vereinfacht, ungefähr so aussehen:
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  • 15.59'40" Uhr Ansage der deutschen Eurovisionszentrale Köln
  • 15.59'50" Uhr Eurovisionskranz mit Kennbuchstaben ARD - Dazu Eurovisionsfanfare
  • 15.59'55" Uhr Eurovisionskranz mit Kennbuchstaben der produzierenden Station ORT - Dazu: Eurovisionsfanfare
  • 16.00'00" Uhr Beginn der Übertragung

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Ein Spinnennetz von Sizilien bis Norwegen

Von der genauen Vorbereitung und den richtigen Handgriffen der Techniker hängt es dann ab, ob das Spinnennetz der Leitungen und Richtfunkstrecken, das sich von Sizilien bis nach Nordnorwegen erstreckt, funktioniert, ob alle Zuschauer zwischen Schottland und Jugoslawien Bild und Ton einwandfrei empfangen können.

Alle organisatorischen und technischen Entscheidungen müssen für jeden einzelnen Fall neu getroffen werden, denn je nach dem Ursprungsort der Eurovisionssendungen dient zum Beispiel ein andere deutsche Sende-Anstalt als Einfallstor, als die jeweils deutsche Eurovisionszentrale.

Für Sendungen aus Österreich ist es in der Regel München, für Sendungen aus Italien, die über die Schweiz geschaltet werden, Baden-Baden; für Übertragungen aus England, Belgien, Holland oder Frankreich ist Köln die Eurovisionszentrale, und für Sendungen aus Skandinavien stellt Hamburg das Einfallstor dar. Aber auch wenn Deutschland an einer bestimmten Übertragung nicht teilnimmt, dürfen die Techniker der Bundespost nicht feiern. Denn oft muß eine Durchgangsstrecke eingerichtet werden, auf der beispielsweise eine Sendung aus Rom - unabhängig von dem in der Bundesrepublik laufenden Programm - an Dänemark, Norwegen und Schweden weitergegeben wird.

Auch die Eurovision hat sich geändert

Das alles könnte den Eindruck erwecken, als sei die Eurovision ein schwerfälliger Apparat, der nur imstande ist, lange vorher angemeldete und über Monate vorbereitete Sendungen zu übertragen. Anfangs war das auch so. Inzwischen aber sind die europäischen Fernsehleute so gut eingespielt, daß bei aktuellen Anlässen - wie zum Beispiel am 13. August 1961, als in Berlin die Mauer errichtet wurde - die normale Vorbereitungszeit bis auf wenige Stunden zusammengedrängt werden konnte.

Dann herrscht zwar Hochbetrieb bei allen Beteiligten, und die Telefonleitungen werden nicht mehr kalt, aber am Schluß klappt es genauso, als hätte man seit Wochen mit der betreffenden Übertragung gerechnet. In den vergangenen Jahren ist viel für die Einigung Europas getan worden; aber kaum etwas hat den Menschen verschiedener Sprache in solchem Maße das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit aller Europäer vermittelt wie die Eurovision.

Als vor einiger Zeit amerikanische Fernsehleute an einer Eurovisionssitzung mit Vertretern aller europäischen Länder in Paris teilnahmen und sahen, daß man sich dort genauso freundschaftlich zusammenraufte wie bei der Programmsitzung eines einzelnen Senders, meinten sie zum Schluß: „Die europäischen Fernsehleute sind den Politikern um 200 Jahre voraus."

Erdtrabanten im Dienste des Fernsehens
Möglichkeiten eines weltweiten Fernsehnetzes

Es war am Nachmittag des 25. November 1963. John F. Kennedy war Tage zuvor in den USA ermordet worden. Selbst in den Großstädten schien der Verkehr geringer zu sein als sonst zu dieser Zeit. In Büros und Wohnungen standen und saßen Menschen vor den Bildschirmen.

Staatsmänner aus vielen Ländern der Erde gingen zu Fuß durch die Straßen Washingtons. Sie folgten dem toten Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika auf seinem letzten Weg. Die Entrüstung über die Ermordung von John F. Kennedy und das Mitgefühl für seine junge Frau, die aufrecht hinter dem fahnenbedeckten Sarg herschritt, war auch in unserem Lande groß. Die Anteilnahme an dem, was dort geschah, war kaum noch zu steigern; auch nicht durch die Tatsache, daß Millionen deutscher Fernsehzuschauer 30 Minuten lang den Trauerzug begleiteten, und zwar im selben Augenblick, da er sich vom Capitol zur St. Matthews Cathedral bewegte. Aber von inhaltlich belanglosen Eröffnungssendungen abgesehen, war es das erste Mal in der Geschichte des Fernsehens, daß eine Live-Sendung den Ozean überquerte. Die Brücke zwischen Amerika und Europa stellte der Satellit ,Relay' dar.

Eine gewaltige Technik ist vonnöten

Die Technik, die aufgeboten werden muß, um eine solche Übertragung durchzuführen, ist von gewaltigen Ausmaßen. Sie zeigt sich beim Raketenabschuß, der einen Satelliten auf die vorher berechnete Bahn bringt, bei der Konstruktion des Satelliten selbst und schließlich in den Sende- und Empfangsstationen auf dem Erdboden. Man könnte sich fragen, warum solche Sende- und Empfangsstationen an den Küsten Amerikas und Europas allein nicht genügen, um sich die Fernsehwellen ,zuzureichen'.

Sie würden genügen, wenn die Erde keine Kugel wäre. Dann könnten nämlich die Ultrakurzwellen geradlinig von der Sendeantenne zur Empfangsantenne geleitet werden. Da aber die Erde rund ist, würden die gebündelten Ultrakurzwellen nach verhältnismäßig kurzen Strecken von der Erdkrümmung abweichen und in den Weltraum hinausgehen. Auf dem Festland setzt man deshalb Relaistürme in Abständen von 50 bis 60 Kilometern ein, wenn es gilt, größere Entfernungen zu überwinden.

Rein theoretisch - Türme von 200km Höhe

Um aber den Atlantik mit geradlinig verlaufenden Wellen überwinden zu können, müßte man an den Küsten zwei Relais- (Richtfunk-) türme von über 200 Kilometer Höhe bauen oder aber schwimmende Relaisstationen einrichten. Angesichts solcher wahnwitziger Vorstellungen lag für die Fernmeldeingenieure der Gedanke näher, so etwas wie einen ,Spiegel' in den Weltraum zu bringen. Dieser ,Spiegel' müßte Wellen, die von der östlichen Welthalbkugel zu ihm entsandt werden, zur westlichen Halbkugel weitergeben können.

1960 - der Test mit einem Ballon

Um einen solchen ,Spiegel' in den Weltraum zu transportieren, waren die Fernsehtechniker auf die Raketenfachleute angewiesen. Ehe nicht die NASA (National Aeronautics and Space Administration) einen Satelliten in Umlauf um die Erde gebracht hatte, konnten keine Versuche angestellt werden. Im August 1960 wurde mit einer Thor-Delta-Rakete der Ballonsatellit Echo I von Cape Kennedy aus gestartet. Die Rakete brachte den Satelliten auf rund 16.000 Meter Höhe und in eine Umlaufbahn.

In der Umlaufbahn wurde die Spezialhülle des Satelliten durch Gas zu einem Ballon aufgeblasen. Dieser Ballon wurde dazu benützt, Sprache und Bilder durch Brechung von Ultrakurzwellen an seiner Oberfläche von Europa nach Amerika zu übertragen und umgekehrt.

Doch der passive Satellit reicht nicht

Die Qualität der übermittelten Bilder reichte jedoch nicht aus. Der Grund lag nahe: Echo I war ein passiver Satellit; er bot nur seine Fläche und tat zur Übertragung nichts hinzu. Damit beim Empfänger ein Signal in brauchbarer Stärke ankam, mußte der Sender mit übermäßiger Leistung arbeiten, und die Empfangsantennen mußten außerordentlich empfindlich sein.

Deshalb entwickelte man aktive Satelliten, die ähnlich wie eine Relaisstation auf der Erde das Signal aufnehmen, verstärken und selbständig abstrahlen können.

1962 - Telstar I, ein aktiver Satellit

Der erste aktive Fernseh-Versuchs-Satellit, den man im Sommer 1962 gestartet hat, ist unter dem Namen Telstar I in die Geschichte des Fernsehens eingegangen. Er war es auch, der die ersten öffentlich ausgestrahlten Live-Sendungen von Europa nach Amerika und von Amerika nach Europa weitergab, Übertragungen von Geschehnissen also, die sich im Augenblick der Sendung ereigneten.

Was ist der Unterschied zwischen dem passiven Satelliten Echo I und diesem aktiven Satelliten Telstar I? Telstar enthält einen Empfänger, einen Verstärker und einen Sender. Alles das, samt einer feinnervigen und empfindlichen elektronischen Ausrüstung ist in einer Kugel von 86cm Durchmesser untergebracht. Den Strom für den Betrieb der technischen Einrichtung bezieht der Satellit aus Speicherbatterien, die ihrerseits durch Sonnenzellen ständig aufgeladen werden. Die Sonnenzellen bedecken die gesamte Außenhülle des kugelförmigen Raumkörpers.

86cm Durchmesser und 5600km weit weg

Wenn man daran denkt, daß eine solche Kugel von nur 86cm Durchmesser am erdnächsten Punkt ihrer Bahn 930km, am weitesten Punkt 5600 Kilometer von unserem Planeten entfernt ist, so kann man sich leicht vorstellen, wie außerordentlich schwierig es ist, diesen Stecknadelkopf im Weltraum von Bodenstationen aus anzupeilen. Man verwendet dafür Parabolspiegelantennen verschiedener Ausführung mit Durchmessern von 45 bis 65 Metern, die unter großen Kuppeln vor Sonne und Witterungseinflüssen geschützt werden.

Am schwierigsten ist es, Antennen haargenau dem sich am Himmel bewegenden Satelliten nachzuführen. Für diese Aufgabe sind umfangreiche elektronische Steuereinrichtungen erforderlich. Sie werden nach einem durch Rechenmaschinen ermittelten genauen Zeitplan in Gang gesetzt.
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  • (Anmerkung : So nannte man 1963 die ersten Computer) 

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In 2 1/2 Stunden um die Erde - das ist zu schnell

Der Nachteil, den Telstar 1 und der etwas später gestartete Relay aufweisen, besteht in der Geschwindigkeit ihrer Erdumkreisung. Telstar 1 zum Beispiel benötigt nur 2 Stunden 38 Minuten für eine Erdumrundung.

Dieses Tempo bringt es mit sich, daß der Satellit nur für eine viertel bis eine halbe Stunde von Amerika und Europa aus gleichzeitig gesehen und für Übertragungen genutzt werden kann. (Daher die befristete Übertragung von der Beisetzung Präsident Kennedys). Will man einen pausenlosen Übertragungsdienst ermöglichen, so gibt es zwei denkbare technische Lösungen.
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  • Die erste besteht darin, daß man einen Kranz von Satelliten in eine Umlaufbahn um die Erde schickt, damit für zwei Stationen, die sich Sendungen übermitteln wollen, immer ein Satellit greifbar ist. Wenn dieser eine Satellit am Horizont verschwindet, muß der nächste bereits aufgetaucht sein, damit er für die Fortführung der Sendung zur Verfügung steht.
  • Die zweite Lösung sieht folgendermaßen aus: Man schickt einen Satelliten in eine Umlaufbahn von großer Höhe über dem Äquator (die übrigen Satelliten laufen über die Pole) und sorgt dafür, daß sich der Satellit in 24 Stunden einmal um die Erde dreht. Ist das gelungen, dann steht der künstliche Himmelskörper - von der Erde aus gesehen - immer an derselben Stelle, weil er die Erdumdrehung mitvollzieht.

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Eigentlich brauchte man nur 3 Satelliten

Mit drei richtig plazierten Synchron-Satelliten solcher Art könnte man - ausgenommen einige Landstriche in Polnähe - die gesamte Erde fernmeldetechnisch erreichen.

Der erste Versuch in dieser Richtung war der Satellit Syncom II. Er wurde im Juli 1963 mit einer Thor-Delta-Rakete zunächst in eine elliptische Bahn gebracht. Der Satellit führte einen eigenen Raketenmotor mit sich, der gezündet wurde, als er sich im erdfernsten Punkt seiner Bahn befand.

Dadurch wurde aus der elliptischen Bahn eine fast kreisförmige Bahn mit einem Radius von 36.795km Erdabstand. Auf dieser Bahn benötigte der Satellit zu einer Erdumrundung 23 Stunden, 28 Minuten. Damit bewegte er sich etwas schneller als die Erde um ihre Achse. Durch Feinkorrekturen der Umlaufgeschwindigkeit mit Hilfe von Gasabstrahlungen erreichte man schließlich genau die Umlaufzeit, in der die Erde sich einmal um ihre Achse dreht. Der Satellit Syncom II ,stand still'!

"Unsere" in der ,Raistinger Wanne'

Amerikanische Wissenschaftler und Techniker haben die ersten Schritte zu einem weltweiten Fernsehaustausch unternommen. Inzwischen schlossen sich andere Nationen diesen Bemühungen an: Neben Brasilien, Japan, England, Frankreich und Italien hat sich die Bundesrepublik Deutschland in einem Abkommen mit der NASA bereits im Juni 1961 in die gemeinsame Arbeit eingeschaltet. Die Bodenstation der deutschen Bundespost wurde in der Nähe der bayerischen Stadt Weilheim in der ,Raistinger Wanne' gebaut. Der Wahl dieses Ortes gingen langwierige Messungen voraus, bei denen sich dieses Gelände als besonders geeignet erwies.

Die ärgsten Feinde einer Satelliten-Bodenstation sind nämlich die Einstrahlungen bestehender Richtfunkstrecken. Wo solche Strahlungen nicht abgeschirmt sind, machen sie die Richtfunkarbeit zwischen Bodenstation und Satellit zunichte. Noch ist die Entwicklung der Übertragungsmöglichkeiten von Kontinent zu Kontinent nicht abgeschlossen.

Ein Blick in die Zukunft - (wir schreiben 1964)

Von einem Raketenstart zum anderen gibt es Verbesserungen: günstiger errechnete Umlaufbahnen und vollkommenere technische Ausrüstungen der künstlichen Erdtrabanten. Es ist deshalb zu befürchten, daß kein Kapitel dieses Buches so sehr gefährdet ist, durch die Geschwindigkeit des technischen Fortschritts überholt zu werden, wie dieses.

Am Ende der Entwicklung steht möglicherweise ein System von Satelliten, die nicht nur als Überbrückung zur empfangenden Bodenstation, sondern selber als Sender dienen. Das wären dann Satelliten, die verschiedene, ihnen zugereichte Programme über die ganze Welt ausstrahlen könnten. Dann wäre es keine Utopie mehr, auf verschiedenen Kanälen New York, London, Moskau und Tokio anzuwählen wie derzeit die Programme des Deutschen Fernsehens und des Zweiten Deutschen Fernsehens.
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