aus der FUNK-TECHNIK Nr. 8/1949
FERNSEHEN April 1949 Teil 1 (von 4)
Hier ist der erste von 4 ganz frühen 1949er Funk-Technik Fernseh-Artikeln, noch nicht aus Deutschland, sondern aus den USA - von Karl Tetzner.
Das Fernsehen hatte in Deustchland pausieren müssen, da es im Krieg komplett den militärischen Erfordernissen oder Zwängen oder der Propaganda unterstellt war. Nach den Bombardements war von der Technik sowieso fast nichts mehr übrig.
Dazu war es den Deutschen nach dem Zusammenbruch 1945 streng verboten, sich mit dieser Technologie überhaupt zu beschäftigen.
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Sept. 2010 - Über die Anfänge des Fernsehens 1949
(in den Vereinigten Staaten von Amerika)
Der Rundfunk hat im täglichen Leben des modernen Mensehen manche Veränderung bewirkt. Das Fernsehen bereitet sich vor, im reichsten und beweglichsten Land der Erde zu zeigen, daß sein Einfluß auf das Leben der Menschen noch viel größer ist.
Wir werden es feststellen können, je näher man drüben dem hartnäckig verfolgten Ziel kommt: jede der 37 Millionen Haushaltungen mit Fernsehempfängern auszustatten und das Land mit einem Netz von 500 Fernsehsendern zu überziehen. Ganz nebenbei werden sich dann die jährlichen Umsätze der Grenze von sechs Milliarden Dollar nähern und damit die bisherige Rundfunkwirtschaft um das Fünffache übertreffen.
Die Organisation
Die US amerikanischen Fernsehsender unterliegen den gleichen Bedingungen wie die Rundfunkstationen des Landes: sie werden auf Antrag von der Federal Communication Commission (FCC) in Washington (DC) genehmigt, sobald diese Behörde den Eindruck gewinnt, daß der Bewerber die Gewähr bietet für einen ernstzunehmenden Sendebetrieb mit ausreichender finanzieller Grundlage.
Mit der Baugenehmigung erfolgt zugleich die Zuteilung des Rufzeichens und des Sendekanals. Der Bewerber muß sich u. a. verpflichten, die Mindestsendezeiten einzuhalten. Sie betragen für die ersten 18 Monate nach Betriebsaufnahme 12 Stunden pro Woche, für die folgenden 6 Monate 16 Stunden usw. bis hinauf zu 28 Wochenstunden. Man erreicht mit dieser Bestimmung, daß die Erwerbung von Scheinlizenzen vermieden wird, die aus Wettbewerbsgründen beschafft und schließlich „auf Eis" gelegt werden. Die Eigentümer der bisher arbeitenden 50 Fernsehsender gehören folgenden Gruppen an:
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- Rundfunksende - Gesellschaften (National Broadcasting Company NBC, Columbia Broadcasting System CBS, American Broadcasting Company ABC usw.)
- Firmen der Fernsehindustrie (General Electric, Allan B. DuMont)
- Zeitungsverlagen (etwa die Hälfte aller Fernsehstationen werden von Zeitungs- und Zeitschriftenverlegern betrieben)
- Privatpersonen (bisher noch wenig in Erscheinung getreten, da der Kapitalaufwand für Aufbau und Betrieb eines Fernsehsenders sehr hoch und eine Rentabilität noch nicht zu erreichen ist).
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Kein Eigentümer darf mehr als fünf Fernsehsender besitzen.
400 Fernsehsender für alle Städte
Der Plan der FCC sah insgesamt 400 Fernsehsender für alle Städte über 50.000 Einwohner innerhalb der USA vor; das Maximum pro Stadt wird sieben Stationen sein, kleinere Städte werden nur eine erhalten. Die Verteilung der Sender und Kanäle wird derart vorgenommen, daß in keinem Gebiet der USA mehr als acht Stationen gleichzeitig aufzunehmen sind.
Die stürmische Entwicklung des Fernsehens rief viele Interessenten auf den Plan, die sich um Sendelizenzen bemühten. Am 30. September 1948 hatte die FCC insgesamt 116 Gesuche bewilligt, weitere 304 lagen zur Genehmigung vor. Von den gesamten 116 Sendern waren am 30. September erst 37 in 21 Städten im Betrieb, am 1. Januar 1949 erhöhte sich ihre Zahl auf 50. Inzwischen hatte es sich ergeben, daß der Plan mit den 400 Sendern und zwölf Frequenzkanälen nur auf dem Papier stimmte. Es stellte sich heraus, daß die Fernwirkung der Stationen größer als angenommen ist und daß kaum einhundert Stationen derart verteilt werden könnten, daß sie sich nicht gegenseitig stören.
Baustopp
Die FCC kam daher am genannten Tag zu dem Entschluß, bis auf weiteres keine neuen Baugenehmigungen zu erteilen und die vorliegenden 304 Gesuche zurückzustellen. Nach Beratungen mit Fachleuten aus Industrie, Technik und Wissenschaft werden beschleunigt umfassende Versuche mit höheren Frequenzbändern durchgeführt, um Klarheit über die Ausbreitungsbedingungen der Frequenzen Zwischen 300 und 500 Megahertz zu gewinnen. Man hofft, in etwa acht Monaten genügend Unterlagen zur Verfügung zu haben, so daß dann neue Entscheidungen getroffen werden können. Sollte man sich zum Übergang auf höhere Frequenzen entschließen (die allerdings genügend Raum für eine große Anzahl von Fernsehkanälen bieten dürften) und würden die bisherigen Frequenzbereiche verlassen werden, dann müßten sämtliche der bisher verkauften 850.000 Fernsehempfänger umgebaut werden.
Die gegenwärtige Frequenzverteilung bzw. die Aufteilung der Kanäle, die Festlegung der Trägerwellen usw. sind aus Tabelle 1 zu erkennen, die Rufzeichen sowie weitere Angaben über alle am 1. Januar 1949 arbeitenden Fernsehsender aus Tabelle 2. Die genehmigten Fernsehsender dürfen in Großstädten maximal 50kW und in kleineren Städten nur 1kW Leistung aufweisen.
Das US Fernseh-Programm
Der kometengleiche Aufstieg der amerikanischen Fernsehwirtschaft ist nur zu verstehen, wenn man sich vor Augen hält, daß es sich um eine rein kommerzielle Angelegenheit handelt. Keiner der Fernsehteilnehmer zahlt, ebenso wie die vielen Millionen Rundfunkhörer, auch nur einen Cent Gebühren. Die Besitzer der Sender müssen zusehen, wie sie ihre Stationen finanzieren und den so sehr gewünschten Überschuß herauswirtschaften können.
Den Rundfunksendern — soweit sie auf kommerzieller Basis arbeiten und nicht etwa Universitäten, Gewerkschaften usw. gehören — gelingt das vorzüglich, indem sie einen Teil ihrer Sendezeiten an reklametreibende Firmen vermieten. Sie hatten im Jahre 1948 Einnahmen von etwa 500 Millionen Dollar. Es liegt auf der Hand, daß die Fernsehsender versuchen müssen, den gleichen Weg zu gehen.
1947 fing es an
Als der große Aufschwung des Fernsehens um die Jahreswende 1947/48 einsetzte, fanden in den Büros der Rundfunkgesellschaften und der großen Zeitungen des Landes ernste Konferenzen statt. Man erkannte sehr rasch den Werbewert der Fernsehreklame, die den Teilnehmer mit Ton und Bild gleichzeitig anspricht — und ihn zwingt, ganz dabei zu sein und nicht nur „eben mit halbem Ohr" hinzuhören, wie es beim Hör-Rundfunk so häufig der Fall ist. Die Gefahr lag nahe, daß ein gewisser Teil der Werbetreibenden Rundfunk und Zeitungen verlassen und sich der eindringlichen Fernsehreklame zuwenden würde. Die Parole lautete also „Einsteigen", und so finden sich unter den Bewerbern um die Genehmigung zum Betrieb eines Fernsehsenders hauptsächlich die Besitzer von Rundfunksendern und Zeitungen.
Bisher hat sich das große Geschäft allerdings noch nicht eingestellt, und es besteht keine Aussicht, daß sich die Kosten der Fernsehstationen durch Reklameeinnahmen in absehbarer Zeit decken lassen. Für 1948 schätzt man die Gesamteinnahmen auf 8 Mill. Dollar, die höchstens 70% der Betriebskosten aller Sender decken. Darüber hinaus müssen alle Aufwendungen, insbesondere die Einrichtungskosten, als Kapitalinvestierungen angesehen werden.
Gewinne evtl. ab 1952
Man glaubt, daß erst im Jahre 1952 Überschüsse aus dem laufenden Betrieb erzielt werden können. Dabei ist es unbestreitbar, daß die amerikanischen Fernseh- und Rundfunksender wirtschaftlicher als ihre europäischen Schwesterunternehmen arbeiten. Allein der Zwang zum Auskommen ohne feste Hörergebühren verlangt schärfste Konzentration der Mittel auf das wirklich Notwendige und größte Sparsamkeit bei den Personalausgaben. Das bedeutet nun nicht etwa geringe Löhne und Gehälter für die Angestellten der Stationen, sondern die Verpflichtung, die Arbeitskräfte rationell einzusetzen.
Trotzdem ist es allein aus sachlichen Gründen nicht zu umgehen, daß sich auch in den USA eine Fernsehsendung um ein Mehrfaches teurer als ein vergleichbares akustisches Programm stellt. Der Veröffentlichung von DuMont über die Betriebskosten einer kleinen Fernsehstation mit nur einem Studio und tägtich sieben Stunden Sendezeit sowie 38 Mann Personal (10 Verwaltungsleute einschl. Ansager und Spielleiter und 28 Technikern und Bühnenarbeitern) ist zu entnehmen, daß man einschließlieh der Tilgung des hineingesteckten Kapitals in 10 Jahren pro Jahr etwa 315.000 Dollar aufwenden muß.
Geht man zum Zweistudiobetrieb über (und das ist für ein hochwertiges Programm unbedingte Voraussetzung), so würden Mehrkosten von etwa 100.000 Dollar entstehen. Dabei sind von den 49 Sendestunden der Woche nur 23 durch Studioaufführungen oder Außenübertragungen ausgefüllt, der Rest muß durch Filmsendungen oder durch bezogene Programme bestritten werden. — Als mögliche (und erwünschte) Einnahme berechnet die genannte Firma aus dem Verkauf von 1.780 Viertel-, 2.228 halben und 220 ganzen Stunden im Jahr zusammen US $ 386.000,—
Die frühe US Fernsehwerbung
Während im Jahre 1947 nur 31 Firmen Fernsehwerbung betrieben, sind es gegenwärtig über 300, darunter die 18 größten amerikanischen Auftraggeber für Radioreklame.
Man ist der Meinung, daß sich diese Werbung auf Grund der noch immer zu wenigen Teilnehmer noch nicht lohnt.
Die bedeutenden Firmen beteiligen sich trotzdem,
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- a) man will sich die beste Sendezeit durch langfristige Verträge sichern, da bei der Fernsehreklame die Wahl der richtigen Stunde viel wichtiger als beim Hör-Rundfunk ist,
- b) man will jetzt, da die Reklamesendung noch verhältnismäßig billig ist, die notwendigen Erfahrungen auf dem neuen Gebiet sammeln.
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Für das erste Halbjahr 1948 verlangte die NBC folgende Tarife:
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- 1 Sendestunde („live"-Sendung): $ 1000,—,
- Filmsendung: $ 250,—; V
- 2 Sendestunde („live"-Sendung): $ 600,—,
- Filmsendung: $ 200,—.
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Die Kosten für die Programme selbst, d. h. Künstler, Kostüme, Requisiten, Probezeiten bzw. der Film selbst gehen zu Lasten des Werbetreibenden; die obengenannten Beträge sind nur Gebühren für die Benutzung der Sender bzw. seiner Einrichtungen.