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Dr. Ing. e. h. Hans Bredow
Seine Tätigkeit bei Telefunken

von O. Nairz - erschienen 1950 in der „Telefunkenzeitung" Heft 87/88

Am 1. Mai 1904 trat der junge Starkstrom-Ingenieur Hans Bredow nach kurzer Tätigkeit bei der AEG in die ein Jalhr vorher gegründete Telefunken-Gesellschaft über. Er erhielt die damals übliche Spezialausbildung durch Graf Arco und wurde bereits ein Jahr später Leiter der neuerrichteten Projekten-Abteilung. Hier oblag ihm außer der Projektierung von Funkanlagen im Ausland auch die Durchführung der Verhandlungen mit den meist behördlichen Auslandsabnehmern.

Bald erweiterte sich der Geschäftsbereich seiner Projekten-Abteilung dadurch, daß ihr die Organisation der Auslandsvertretungen und ihre Betreuung übertragen wurde. So entstand die sogenannte Verkehrsabteilung und in den Jahren von 1905 bis 1907 die Grundlage der weltweiten Auslandsorganisation von Telefunken. Sie konnte sich dabei in der Hauptsache auf die Niederlassungen von Siemens und AEG stützen.

Darüber hinaus wurden aber auch eigene Telefunken-Vertretungen u. a, in Ostasien, in Nordamerika, Südamerika und in anderen Teilen der Welt geschaffen. Bredow beschränkte sich jedoch nicht auf das Verkaufsgebiet, sondern er vertrat als erster den Standpunkt, daß überall in der Welt Funk-Verkehrsverbindungen geschaffen werden sollten, deren Betrieb von Telefunken oder von im Ausland durch Telefunken ins Leben zu rufenden Betriebsgesellschaften ausgeübt werden müßten.
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Bereits 1905 neue Ideen

Als erster unternahm er auch den damals kühnen Plan, Verbindungen in eigener Regie zwischen Deutschland und seinen Kolonien bzw. mit dem Ausland zu schaffen, um Deutschland von fremden Kabeln möglichst unabhängig zu machen.

Bereits 1905 hatte er seinen ersten Plan für ein Weltfunknetz vorgelegt, der aber wegen zu großen Risikos von den Mutterfirmen abgelehnt wurde. Diese Vorlage hatte aber den Erfolg, daß nunmehr die Mittel für den Bau einer Versuchsstation bewilligt wurden, die 1906 in Nauen entstand und auf Betreiben Bredow's nach und nach zu einer Weltfunkstation ausgebaut wurde. Gleichzeitig verfolgte Bredow den Plan, den Seefunkverkehr zu erweitern und in eigener Regie zu betreiben.
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Das neue Poulsen-System und die Krise 1908

Nach dem Bekanntwerden des Poulsen-Systems im Jahre 1906 wurde das Problem der ungedämpften Schwingungen aktuell, und alle Abnehmer hielten längere Zeit mit Aufträgen zurück.

Um die drohende Krise zu überwinden, wurde es nötig, die geschäftliche Leitung einer Persönlichkeit zu übertragen, die neben wirtschaftlichen Fähigkeiten und den erforderlichen Auslandserfahrungen auch über genügend technische Kenntnisse verfügte.

Bredow steigt auf - ganz nach oben

Die Mutterfirmen übertrugen deshalb am 1.April 1908 versuchsweise und am 1. Oktober 1908 endgültig die gesamte wirtschaftliche Leitung Telefunkens einschließlich der Projektierung und des Vertriebes an Bredow.

Graf v. Arco behielt die rein technische Leitung und das Laboratorium. Bredow gelang es mit großer Tatkraft und der begeisterten Mitarbeit seiner Abteilungen, den Umsatz von 1908 auf 1909 fast zu verdoppeln, bis 1910 auf das Vierfache und bis 1912 auf das Sechsfache zu steigern.
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Die Einführung der Wien'schen Stoßerregung

Die Grundlage hierfür war die Einführung der Wien'schen Stoßerregung (Tonfunken-System). Damit wurde es möglich, die damaligen Systeme von Poulsen und Marconi leistungsmäßig zu überflügeln. Das Telefunken-System wurde dann auch in fast allen Ländern eingeführt; 1908 konnten etwa 60 Funkstationen, 1913 etwa 400 geliefert werden, unter denen sich mehrere Küstenstationen befanden.

Gleichzeitig hatte Bredow seinen Lieblingsgedanken des Seefunkverkehrs vorangetrieben. Telefunken verfügte 1908 über 30 Bordstationen und hatte nach wenigen Jahren über 500 in eigener Regie.
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Patentstreitigkeiten mit der Marconi-Gesellschaft

Diese Entwicklung führte zu schweren Konflikten mit der Marconi-Gesellschaft. Patent-Prozesse in England, Spanien, Nordamerika und Australien mit ungeheuren Unkosten fingen an gefahrdrohend zu werden.

Mit der Gründung der „Deutschen Betriebsgesellschaft für drahtlose Telegrafie m. b. H.", Berlin (Debeg), 1911 wurde die Entwicklung auf dem Gebiet des Seefunkverkehrs aber zu einem überaus wichtigen Aktivposten für Telefunken, da die Debeg sich unaufhaltsam auch auf bisher Marconi allein vorbehaltene Schiffahrts-Organisationen anderer Länder ausdehnte.
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Einigung mit Marconi 1913

Marconi wurde verständigungsbereit, und es kam zuerst zu einer Einigung über den deutschen und österreichischen Seefunk, die später auf andere Länder ausgedehnt wurde. Nach dieser Fühlungnahme war es nur noch ein weiterer Schritt zur allgemeinen Verständigung über die Patentlage.

Die Verhandlungen mit Marconi begannen 1912 in Brüssel und wurden während der Internationalen Funk-Konferenz 1912 in London von Bredow fortgeführt. Schließlich konnte er am 6. März 1913 seine Unterschrift unter das Vertragswerk setzen, so daß dem Telefunken-System die Gleichberechtigung mit dem Marconi-System in der ganzen Welt gesichert war.

Der damit verbundene Patentfrieden und die Vereinbarungen über Austausch von Erfahrungen haben dem deutschen Funkwesen einen großen Auftrieb gegeben und sich noch nach dem ersten Weltkriege außerordentlich günstig für die nach Einführung des Rundfunks entstandene neue Rundfunkindustrie ausgewirkt.
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1914 - Der Welt größtes Funkverkehrsnetz

Auch die Verfolgung von Bredow's Weltfunkplänen wurde nun erleichtert. Es wurden Funkverbindungen unter der Regie von Telefunken zwischen den Südsee-Kolonien, zwischen Deutschland und den Afrikanischen Kolonien und mit Nord- und Südamerika geschaffen, und zwar mit dem Erfolg, daß Telefunken bei Ausbruch des Krieges über das größte Funkverkehrsnetz der Welt verfügte.

1917 reichte Bredow ein neues, erweitertes Projekt für den Internationalen Funkverkehr ein, das vom Reiche gebilligt und nach dem Kriege in neuer Zusammenarbeit mit England, Frankreich und den USA die Grundlage zu einem weltumfassenden Funkverkehr bildete.

Immer handelte Bredow nach seinem Wahlspruch:

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Von der Lieferung in das Betriebs unternehmen.
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Wie Telefunken in diesem Zeitraum in Betriebsorganisationen hineinwuchs und neue an Zahl und Größe schnell wachsende Betriebsunternehmungen schuf, das zeigt nachstehende Tabelle :

15.12.1909 Gründung der Australasian Wireless Ltd. Sydney
14.1.1911 Gründung der Deutschen Betriebsgesellschaft für drahtlose Telegrafie m. b. H. Berlin (Debeg)
12.12.1911 Gründung der Atlantic Communication Company, New York
23.5.1912 Konzessionserteilung zur Errichtung und zum Betrieb der Station Cartagena (Columbien)
24.5.1912 Konzessionserteilung zum F.T.-Betrieb auf den deutschen Südsee-Inseln
2.8.1912 Gründung der deutschen Südsee-Gesellschaft für drahtlose Telegraphie AG. Berlin
4.2.1913 Erweiterung der Atlantic Communication Co. und Übergang des Gesamtkapitals auf Telefunken
6.3.1913 Verständigung mit der Marconi-Gesellschaft
31.3.1913 Gründung der Societe Anonyme Internationale de T.S.F. Brüssel
11.7.1913 Gründung der Amalgamated Wireless Australasia Ltd. Sydney
12.7.1913 Konzessionserteilung zum FT.-Betrieb mit den Afrikanischen Kolonien
1.10.1913 Vertrag über Lieferungen an die chinesische Marine
1.8.1914 Indienststellung der Großstation Nauen für den F.T.-Weltverkehr durch das Reich
27.2.1917 Das Projekt des Weltfunknetzes von den Behörden grundsätzlich genehmigt
26.1.1918 Gründung der Gesellschaft Drahtloser Übersee-Verkehr AG. Berlin (Transradio)

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1918 - Vorsitzender im Telefunken-Direktorium

1918 wurde Bredow zum Vorsitzenden des erweiterten Telefunken-Direktoriums ernannt.

Nach Beendigung des ersten Weltkrieges war die Lage von Telefunken so schwierig geworden, daß zunächst an eine Fortsetzung der eigenen Weltfunkpläne nicht mehr zu denken war, jedoch war die Aussicht vorhanden, daß die Reichsregierung nach Verlust des Kabelnetzes nunmehr diese Aufgabe übernehmen würde.

Bredow nahm deshalb das Angebot, im Reichspostministerium eine Funkabteilung einzurichten, an, legte seine Ämter bei Telefunken und deren Zweiggesellschaften (ohne Rücksicht auf Gelderwerb) nieder und verfolgte nun seinen ursprünglichen Gedanken erfolgreich von seinem neuen Amte aus weiter.

Schon im Jahre 1919 machte Bredow als erster in Deutschland den Vorschlag, einen Rundfunk für die Allgemeinheit einzurichten, beseitigte alle entgegenstehenden Schwierigkeiten und eröffnete den Rundfunk im Jahre 1923 mit einer Organisation, die in ihren Grundlagen nicht geändert zu werden brauchte.

Gleichzeitig gelang es, in Deutschland eine große Rundfunkindustrie ins Leben zu rufen, wie sie wenige Jahre vorher noch nicht möglich gewesen wäre.
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Das Ende der Karriere kam im Januar 1933

Als Staatssekretär und Rundfunk-Kommissar des Reichspost-Ministeriums führte dann Dr. Ing. e.h. Hans Bredow die von ihm ins Leben gerufene Dachorganisation, die Reichsrundfunkgesellschaft, bis zur. Machtübernahme durch die NSDAP.

Er konnte am 28. 11.1949 in voller Frische in Wiesbaden seinen 70. Geburtstag begehen; das Funkwesen hat nach wie vor seine ganze Liebe und tatkräftige Unterstützung.
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