Dez. 1988 - Dr.-Ing. Herbert Großkopf
Nach relativ kurzer, schwerer Krankheit ist - wie wir erst vor kurzem erfuhren - am 8. Dezember 1988 Dr.-Ing. Herbert Großkopf, der frühere Leiter des Fachbereichs Studiotechnik Fernsehen des IRT, im Alter von 71 Jahren gestorben.
Mit ihm verliert der Rundfunk einen seiner maßgebenden technischen Pioniere, der den Neuaufbau des Rundfunks nach dem Krieg und seine weitere technische Entwicklung entscheidend mitgeprägt hat.
Nach dem Studium in Danzig und Karlsruhe arbeitete Großkopf in der Industrie und an der Universität Kiel und wandte sich dann bereits Ende der 1940er Jahre dem Rundfunk zu. Als Gruppenleiter in der Zentraltechnik des damaligen NWDR in Hamburg entwickelte er mit großem Erfolg die technischen Grundlagen für Kondensatormikrophone mit elektrisch steuerbarer Richtcharakteristik.
Diese echte technische Pionierleistung bildete dann auch die Grundlage für seine Dissertation, mit der er 1953 zum Dr.-Ing. promovierte. 1948 bereits erhielt der NWDR von den zuständigen britischen Kontrollorganen die Genehmigung, mit den Arbeiten für den Aufbau eines Fernsehrundfunks zu beginnen.
Herbert Großkopf gehörte bald zu den Mitarbeitern von Dr. Fritz Below, der diese Arbeiten in dem legendären Hochbunker auf dem Heiligengeistfeld in Hamburg leitete.
Sein damaliger Mitarbeiter Dr. Hans Springer berichtete 1979 in den RTM über diese Anfangszeit des Fernsehens:
"Großkopf hatte ein kleines Labor mit etwa 4 Mitarbeitern; selbst für einfache Aufgaben der Fernsehmeßtechnik mußten Hilfsgeräte noch selbst entwickelt werden. Er saß viele Stunden in seinem kleinen Büroraum, skizzierte und kombinierte Kennlinien und kam nach einigen Stunden mit einem Zettel ins Labor: 'Sagen Sie mal:', und dann wurde über einen neuen Versuchsaufbau oder eine MeßSchaltung diskutiert."
Die Fernsehmeßtechnik blieb dann für mehr als 20 Jahre eigentliches Arbeitsfeld, nachdem er 1957 ins neu gegründete Institut für Rundfunktechnik zunächst nach Nürnberg und ab 1959 nach München übersiedelt war. Mit seinen richtungsweisenden Arbeiten, über die er regelmäßig in Fachzeitschriften und auf wissenschaftlichen Tagungen berichtete, erwarb er sich einen hervorragenden Ruf als Fernsehfachmann, der die Meßtechnik stets im übergeordneten Sinn als Grundlage sowohl der angewandten Betriebstechnik als auch der technisch-wissenschaftlichen Weiterentwicklung verstand.
Auch international beachtet wurden seine Arbeiten zur Qualitätsüberwachung im Fernsehen mit Hilfe der Prüfzeilentechnik sowie seine Beiträge zur Optimierung der gradationsrichtigen Fernsehwiedergabe, die er auf die psychooptischen Gesetzmäßigkeiten gründete.
Viele weitere Arbeitsgebiete, wie vor allem die Messung der Qualitätsparameter der Videoübertragung, und hier vor allem der Gradation und des Störabstands, aber auch betriebsbezogene Entwicklungen, wie die Einführung der Zeitcode-Technik im Fernsehstudio, tragen noch heute den unverwechselbaren Stempel seiner Tätigkeit.
Bei solchen Erfolgen blieb es nicht aus, daß ihm in zunehmendem Maß verantwortungsvolle Leitungspositionen im IRT übertragen wurden und er 1976 die Leitung des neugeschaffenen Fachbereichs Studiotechnik Fernsehen übernahm. Als Abteilungs- und Fachbereichsleiter hatte sich Großkopf immer in besonders starkem Maß um die Aus- und Weiterbildung seiner Mitarbeiter gekümmert.
Eine große Zahl von Diplomanden, zu denen auch der Verfasser dieser Zeilen gehört, sehen in ihm so etwas wie ihren wissenschaftlichen Ziehvater, dem sie eine wegweisende Einführung in Technik und Methodik des wissenschaftlichen Arbeitens verdanken.
Ich erinnere mich noch gut, wie der damalige Chef der Zweigniederlassung Nürnberg des IRT, Professor Theile, mir damals den Leiter der Abteilung Videomeßtechnik vorstellte: "Sie haben Glück. Da wird sich einer unserer fähigsten Wissenschaftler, Herr Dr. Großkopf, um Ihre Diplomarbeit kümmern".
Diese hohe Wertschätzung galt jedoch nicht nur dem Ingenieur und Wissenschaftler, sondern ebenso dem Menschen Herbert Großkopf, dem stets daran lag, sein Gegenüber durch die Stringenz der Gedankenführung und die logische Klarheit der Argumentation zu überzeugen.
Im temperamentvollen Engagement für die als richtig erkannte Sache war er von niemand zu übertreffen und bildete für seine Mitarbeiter und Kollegen ein richtungsweisendes Vorbild.
In der Geschichte der Fernsehtechnik wird Herbert Großkopf seinen Platz behalten, und die vielen Kollegen im In- und Ausland, die ihn entweder persönlich oder als Autor einer Vielzahl von Publikationen kannten und schätzten, werden ihn nicht vergessen.
Prof. Dr. Ulrich Messerschmid
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