überarbeitet von Gert Redlich ab Feb. 2014 - Eigentlich sprechen wir von einer Gazette - Es sind gigantische Textmengen (Buchstaben-Wüsten), die die Autoren der "FI" in den 58 Jahren zusammen getragen haben. Damit das überhaupt vernünftig zu lesen ist, haben wir die Inhalte in jährliche Themengebiete aufgeteilt, die aber nicht in jedem Jahr gleich sind. - Sehr wichtig ist, es wurden alle Informationen, die Texte und die Erkenntnisse genau in der jeweils benannten Woche aufgeschrieben und nicht später ergänzt oder korrigiert.
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FI-1951 / 2.Juli-Ausgabe - AUSLAND - USA
Die Programmgestaltung im amerikanischen Fernsehen
US-Industrie empfiehlt Sendegesellschaften sieben Punkte für die Programmgestaltung. New York; Mitte Juli 1951
Auf einem in Washington veranstalteten Kongress der amerikanischen Industrie wurde auch eingehend der Einfluß der amerikanischen Fernsehprogramme auf das öffentliche Leben erörtert. Hierbei wurden auch statistische Angaben über den prozentualen Anteil der verschiedenen Sende-Themen gemacht. Der amerikanische Durchschnittssender umfasst wöchentlich rund 5.000 Sendeminuten. Davon entfallen etwa 72% - 85% auf "Unterhaltung", 9% auf religiöse Themen, 2% auf landwirtschaftliche Sendungen, 3% auf erzieherische- und Lehr-Sendungen, 3% auf Diskussionen, ausserdem 3,2% auf ausserprogrammliche Ankündigungen (sogenannte spot announcements).
Auf dem Kongress wurde die bisherige Programmgestaltung der amerikanischen Fernseh-Sendegesellschaften kritisiert, wobei hervorgehoben wurde, daß die regionalen Fernsehsender sich mehr um die Interessen und Nöte der von ihnen belieferten Gebiete kümmern müssten. Sie sollten auch ihre Programme weniger "souverän" gestalten und sich mehr bemühen, zu erfahren, was die Leute ihres Bereiches wirklich sehen wollen.
Eine Menge herer Vorschläge :
Den Sendegesellschaften wurden 7 Punkte für eine "gute Programmgestaltung." empfohlen:
- 1. Die Programme müssten wirksame Hilfen zur Verbesserung des bürgerlichen Lebens leisten.
- 2. Die erzieherischen und kulturellen Programme müssten stärker gefördert werden.
- 3. Die Unantastbarkeit der Nachricht und die volle Erhaltung ihrer Dokumentarkraft müsste gewährleistet werden.
- 4. Fairness der Darstellung gegensätzlicher Auffassungen.
- 5. Verstärkte Initiative in der Fernsehprogrammgestaltung, die auf eine Förderung guter innerstaatlicher Arbeitsverhältnisse und auf eine Verständigung zwischen den Rassen abzielt.
- 6. Die Leiter des unterhaltenden Teils der Fernsehprogramme müssen mit einem "gesunden Sinn" und Verantwortungsbewusstsein für das Allgemeinwohl ausgestattet sein. Sie tragen Mitverantwortung für das, was am Familientisch des Landes laut wird.
- 7. Reklamesendungen müssen sich im Rahmen des guten Geschmacks halten.
FI-1951 / 2.Juli-Ausgabe - AUSLAND - USA
Fernsehschauspieler - ein harter Beruf.
Von Gerard W. Speyer - New York - Ende Juli 1951
Das Fernsehen ist eine wahre Hexerei mit Vexierspiegeln, Zerrlinsen, lautlos fahrenden Kamerawagen und hängenden Mikrophonen, die wie Fledermäuse lautlos in den Lüften kreisen. Der Hexenmeister ist der Regisseur, der seine Anweisungen dem technischen Personal in den Kopfhörer "flüstert". (Anmerkung: "nicht immer") Die Aufnahmegeräte sind wahre Ungetüme, die, Kränen oder Schlachtschiffen ähnlich, auf den von sechs Kamerawagen flankierten Schauspieler zurollen.
Die Vorarbeiten einer Fernsehsendung sind ungemein strapaziös. Zuerst kommen die Arrangierproben. Jede Stellung ist auf der Bühne mit Kreidezeichen vermerkt, nach denen sich die Schauspieler genau richten müssen. Die Dialoge werden mit der Stoppuhr verlesen. Anfangs geht der Regisseur, die Hände rahmenartig um die Augen haltend, von einer Stellung zur anderen, um die Bildschnitte und die Bildkomposition festzulegen. Bei großen Sendungen gibt es zwei Regisseure, einen für die Schauspieler und einen zweiten für die Aufnahmen. Im Zweifelsfalle ist freilich stets der Kamera-Regisseur ausschlaggebend.
Nach der Arrangierprobe die "dry show"
Auf die Arrangierprobe folgt die sogenannte "dry show". Diesmal ist auch das technische Personal mit seinen Geräten anwesend, aber noch werden keine Aufnahmen gemacht; tags darauf dann der "camera day": Aufnahme ohne Kostüme, und erst wenige Stunden vor der Sendung erfolgt eine Art Generalprobe.
Für den Schauspieler erfordert das Fernsehen eine ähnliche Umstellung wie seinerzeit der Stummfilm, der Tonfilm und das Radio. Selbst die beste Rundfunkerfahrung nützt dem Schauspieler beim Fernsehen, bei dem Stimme, Bewegung und Ausdruck äußerst genau koordiniert werden müssen, so gut wie gar nichts.
Mady Christians, den älteren deutschen Filmfreunden wohl noch bekannt, gehört zu den ersten amerikanischen Fernsehstars. Sie hat sich, seit sie wieder in Amerika lebt (in Wien geboren, wurde sie in New York aufgezogen, filmte später in Berlin und kehrte 1931 nach Amerika zurück), ganz auf dramatische Rollen umgestellt, und sie berichtet, wie sie 1938 mit Leo Slezak zum ersten Male vor der Fernsehkamera stand.
Die Lampen strahlten eine derartige Hitze aus, daß man ihr beim Garderobenwechsel die Kostüme mit der Schere vom Leibe schneiden mußte.
"Seitdem haben wir allerdings viel gelernt. Meine Filmkarriere - Mady Ohristians drehte in Hollywood "All my Sons" und "Brief einer Unbekannten" nach Stephan Zweigs gleichnamiger Novelle - war die beste Vorbereitung fürs Fernsehen. Schon beim Film lernte ich, nichts zu überspielen. Erleichternd wirkt beim Fernsehen noch, daß im Atelier Empfangsgeräte aufgestellt sind, sodaß man seine eigene Arbeit beobachten kann. - Viel habe ich auch vom Kinescope gelernt. Nach der Sendung wird nämlich dem Ensemble das gesamte Stück, wie es das Publikum zu Hause empfängt, vorgeführt. Aber nur die größeren Programme können sich diese sehr komplizierte und kostspielige Anlage leisten."
(Anmerkung: Der Durchbruch des Videorecorders kam erst zum Ende 1956. Zuvor wurden solche Proben sehr aufwendig auf 35mm Film projiziert und aufgenommen.)
Kontrolle auf einem kleinen Glasschirm
Freilich gehen bei dem flimmernden Bild auf dem verhältnismässig kleinen Glasschirm viele mimische Feinheiten des Spiels verloren. Daher komme es, so berichtet Mady Christians weiter, weniger auf die Mimik als auf die Bewegungskunst an. Und vor allem müsse man alle Stellungen genau einhalten. Sonst könne es nämlich passieren, daß man plötzlich aus dem Bilde fällt. Sehr amüsant seien vor allem die Linsen, mittels deren man während der Aufnahme die Figur des Schauspielers nach Belieben verkürzen oder verlängern könne.
"Bei einem Monolog werde ich mit Linse Nr. 6 aufgenommen, die mein etwas rundes Gesicht künstlich verlängert. Kompliziert wird die Sache dann, wenn man mit einem hochaufgeschossenen Partner, wie Raymond Massey, spielt, der auf einer verkürzenden Linse besteht. Dabei ziehe ich buchstäblich den Kürzeren."
Es gibt heute in Amerika Fernsehstars, denen der Erfolg auf der Bühne, im Film oder im Rundfunk bisher versagt war. So etwa der großartige weibliche Clown Imogene Coca. Sie war beim Theater zunächst gar nicht durchgedrungen. Seitdem sie aber Fernsehkarriere gemacht hat, sind auch ihre Theatervorstellungen ausverkauft. Das Geheimnis ihres Television-Erfolges ist ihre großartige Zirkuskomik, ein Gesicht, dehnbar wie Gummi, und eine Exzentrik der Bewegungen, die zwar wenig bühnenwirksam, dafür aber umso effektvoller auf dem Fernsehschirm ist.
"Fernsehen" - dieser Ausdruck ist hinsichtlich der darstellenden Kunst eigentlich völlig unzutreffend. Denn das Fernsehen geht dicht an das Objekt heran und verdeutlicht insbesondere das Naheliegende.
FI-1951 / 1.August-Ausgabe - DEUTSCHLAND
Das Fernseh-Programm für die Deutsche Industrie-Ausstellung.
Eine Anregung für die Industrie - Wgf., Hamburg, Anfang August 1951
Die Programmplanung für die Deutsche Industrie-Ausstellung in Berlin soll, wie wir hören, in grossen Umrissen vom NWDF ausgearbeitet worden sein. Es ist anzunehmen, dass von morgens 10 Uhr bis gegen 19 Uhr (bis auf eine halbstündige Pause) durchgehend Fernsehsendungen verbreitet werden, damit jeder Besucher jederzeit ein Programm sehen kann und die Industrie, die Empfangsgeräte ausstellt, in der Lage ist, die Empfänger durchgehend in Betrieb zu zeigen. Einzelheiten werden in Kürze bekanntgegeben werden. Wenn sich diese Planungen verwirklichen, steht der Fernsehdienst des NWDF vor einer grossen Bewährungsprobe, die gleichzeitig den Auftakt für einen intensiven Programmdienst des NWDF nach der Ausstellung bilden kann.
Vielleicht entschliesst sich die Rundfunkindustrie auch, nach der Deutschen Industrie-Ausstellung, ihre Empfängerschau nach Hamburg zu transportieren und dort eine kleine Fernsehsonderausstellung zu zeigen. Es würde sicher auch möglich sein, die Ausstellung später in den west- und süddeutschen Raum hineinwandern zu lassen; die Zahl der interessierten Besucher dürfte gross werden.
FI-1951 / 1.August-Ausgabe - USA
Überraschende Auswirkungen einer Fernseh-Übertragung.
Ein Todeskampf auf dem Bildschirm.
Scharfe Reaktion gegen Verrohungserscheinungen im Sport.
Von Rechtsanwalt Hans Feineis (Augsburg)
Aus den Vereinigten Staaten wird über eine überraschende Auswirkung des Fernsehens berichtet, die einen wertvollen Beitrag zur heiß-umstrittenen Psychologie der Television beizusteuern vermag. Nachdem nämlich laut der Statistik eines bekannten amerikanischen Sportjournalisten, der früher selbst Boxer war, in den vergangenen vier Jahren über 50 Fälle zu verzeichnen sind, in denen Boxer infolge von im Ring erlittenen Kopfschlagen starben - allein im Jahre 1949 wurden 18 getötet - ohne daß die Öffentlichkeit durch solche Meldungen weiter beeindruckt worden wäre, hat nunmehr die Fernseh-Übertragung eines Boxkampfes mit tödlichem Ausgang eine weitreichende Reaktion ausgelöst, die zu überfälligen Gegenmaßnahmen und Reformen führen dürfte.
Fast schon Ironie
Dies erseheint uns als eine besondere Ironie und Genugtuung insofern, als man wegen der starken Ausweitung der Zuschauerschaft gerade im Fernsehen einen Segen für die Geschäftsleute des Berufsboxens erblickt hatte und andererseits gewisse Kreise auch hierin wieder ein Musterbeispiel für die angeblich alles verflachende und entmoralisierende Wirkung der Television zu haben glaubten.
Wohl brachten die Fernsehübertragungen eine wesentliche Steigerung der Einnahmen aus Boxkämpfen, aber man hatte nicht bedacht, daß die Reaktion von Abertausenden, die niemals eine Boxarena aufsuchen würden, die aber jetzt an ihren Apparaten zu Hause zu Zeugen wurden, eine ganz andere sein könnte, als die des gewohnten "abgehärteten" und wohl auch an sich härteren Zuschauertyps.
Das Publikum nimmt Anteil und schreibt
So ging nach dem tödlichen Kampf des Boxers Laverne Roaoh in der St. Nicholas-Arena in New York eine Fülle von Publikumszuschriften ein, wie die einer jungen Frau aus Chikago: "Drei von den vier Personen, die dem Kampf an unserem Fernsehapparat zusahen, wurde übel, als sie das Gesicht des armen Roach in Großaufnahme sahen. Als man ihn für die 10. Runde vorwärtsschob, war er blind, hilflos und vermochte seine Hände nicht hochzuhalten. Er stolperte umher in einem grausigen Totentanz. Man spürte, dass der Tod ganz nahe war".
Und ein bekannter Sportberichter konnte Schreiben: "Es war der erste Todesfall im Boxring, der durch Fernseh-Apparate übertragen wurde ... Diesmal kam der Tod in das große amerikanische Wohnzimmer und kauerte sich dort bei den Menschen nieder. Sie waren alle wie versteinert und am Ende wünschten sie, sie hätten es nicht mitangesehen. Laverne Roach starb nicht - wie manche Boxer vor ihm - allein sang- und klanglos. Er starb in den Herzen vieler Amerikaner, die kaum zulassen werden, dass dieser Vorfall in Vergessenheit gerät."
Genau das Gegenteil wurde bewirkt - Ablehnung
Das Ergebnis war zunächst, daß in einigen Gegenden Bestrebungen in Gang kamen, das Boxen gänzlich abzuschaffen. Zwei Mitglieder des Unterhauses des Staates New York forderten nach dem Roach-Kampf, daß das Boxen für gesetzwidrig erklärt oder strengen Vorschriften unterworfen werde. Auch dem Amateursport wurde ein Schlag versetzt. Die John-Carroll-Universität in Oleveland beschloß, an den Boxwettkämpfen der Universitäten nicht mehr teilzunehmen. Ungefähr zur selben Zeit wurden zwei Amateurtourniere im nördlichen Ohio abgesagt.
Das katholische Blatt "The Universe Bulletin" in Cleveland veröffentlichte eine Reihe von Artikeln gegen das in USA "verwilderte" Boxen und der Sportberichterstatter Jim Kelly schrieb in "The Register": "In Amerika sollte kein Platz sein für einen Sport, der - abgesehen von wirklichen Unglücksfällen oder verbrecherischer Fahrlässigkeit - einen tödlichen Ausgang haben kann."
Gemässigtere Kreise verlangen zum mindesten Massnahmen, die das Boxen leidlich gefahrlos machen. So fordert man die Einführung von KopfSchützern und Ausschaltung des K.O. als Kampfziel des Boxsports; vor allem aber müsse die psychologische Einstellung geändert und festgelegt werden, daß Boxen keine Zurschaustellung roher Kraft, sondern eine Geschicklichkeitsprobe darstelle.
Diskussionen und Denkanstöße bei uns hier
Uns kann hier nicht daran gelegen sein, eine Diskussion über den Wert oder Unwert des Boxsports und seiner Ausartungen zu entfachen. Was uns an diesen Meldungen vor allem interessiert, ist vielmehr, dass eine einzige drastische Fernsehübertragung mehr bewirkte als ein halbes Hundert Todesmeldungen, die auf anderen Publikationswegen vorausgingen. Der unmittelbare visuelle Eindruck, der sich noch mit dem akustischen paart, erweist erneut, daß er an Intensität eben allen anderen Übermittlungsmöglichkeiten überlegen ist. Über seine unüberbietbare Breitenwirkung bedarf es angesichts der dreizehn Millionen von Empfangsgeräten in den USA keiner weiteren Erörterungen. Wesentlich erscheint uns jedoch die Tatsache, daß trotzdem beim Fernsehen, über welche Beobachtung wir in anderem Zusammenhang schon wiederholt berichteten, die "Massenwirkung" im eigentlichen Sinn ausgeschaltet bleibt.
So berichteten wir von der Beobachtung, daß Darbietungen, bei denen es auf eine gegenseitig ansteckende Stimmung des Publikums ankommt, so insbesondere Schwanke und dergleichen, sich für das Fernsehen als weniger geeignet erwiesen. Diese Erscheinung, daß der einzelne Beschauer infolge der Intimität seines kleinen Kreises bei der Fernsehübertragung auf sich selbst gestellt bleibt, wirkt sich im vorliegenden Fall offensichtlich in positivster Form dahin aus, daß sie auch die Massenhysterie nicht aufkommen lässt, welche die erregten Zuschauermengen solcher Sportveranstaltungen oft in erschreckender Weise die primitivsten menschlichen Regungen vergessen lässt.
FI-1951 / 1.August-Ausgabe - WIR SAHEN und HÖRTEN
2 Filme über Rundfunk und Fernsehen
Die deutsche Rundfunkindustrie hat 2 Filme in Auftrag gegeben, die sich mit der Frage: Rundfunk oder Fernsehen bzw. Rundfunk und Fernsehen befassen. Es handelt sich um einen Trickfilm und einen Streifen, die die Frage in Form einer kleinen Spielhandlung (mit Harald Paulsen und Franz Schafheitlin) behandeln.
Die Central Europa Film G.m.b.H., die zu Beginn dieses Jahres 13 musikalische Fernsehfilme von je 26 Min. Spieldauer für Warner Brothers hergestellt hat, erhielt einen neuen USA Auftrag für eine Serie musikalischer Fernsehfilme. Die Aufnahmen erfolgen in den Berliner CCC-Studios.
FI-1951 / 1.September-Ausgabe - DEUTSCHLAND
Jetzt wieder deutsches Fernsehen in Berlin.
NWDF sendet achtstündiges Programm auf der Industrie-Ausstellung (Von unserem Hamburger Mitarbeiter) - Hamburg, Mitte September 1951
Während der Deutschen Industrie-Ausstellung in Berlin vom 6. bis 21.Oktober, wird der NWDF täglich ein achtstündiges Fernsehprogramm verbreiten. Unser Wgf-Mitarbeiter hatte eine Unterredung mit Programmdirektor Dr. Werner Pleister über die Planungen für diesen ungewöhnlich umfangreichen Sendedienst, der zurzeit von seinen Berliner und Hamburger Mitarbeitern vorbereitet wird.
Dr.Pleister erklärte, daß die deutsche Rundfunkindustrie auf der Ausstellung erstmalig die Fernsehempfänger der Nachkriegsproduktion im Betrieb vorführen wird.
Fernsehdienst des NWDR macht das Programm
Es war also selbstverständlich, dass der Fernsehdienst des NWDR während der gesamten Dauer der Ausstellung auch ein Programm zur Verfügung stellt, das in seinem Gesamtaufbau dieser Demonstration angepasst ist. Dabei wurde von dem Gedanken ausgegangen, dass die Zuschauerschaft ständig wechselt und dass nur Sendungen geboten werden sollen, die unter Fernsehgesichtspunkten gestaltet werden.
Aus diesem Grunde hat der NWDR darauf verzichtet, lange Spielfilme zu zeigen. Er werden nur Streifen von 4oom bis 6oom Länge vorgeführt, die besonders für das Fernsehen bearbeitet worden sind. Es handelt sich um die Filme "Sonne über Hellas", "Gotischer Traum", "Darüber lachen wir heute" (aus alten Filmen) und "Vom Kintopp zur lebenden Leinwand". Zurzeit befindet sich der Bearbeiter dieser Filme, Rudolf W. Kipp, auf einer Reise, um den Fernsehfilm "29 Tage Europa" (auf den Strassen unseres Kontinents) aufzunehmen.
Aktuelle Programme Kernstück der Sendungen
Die Fernsehsendungen beginnen mit der unmittelbaren Übertragung der Eröffnungsfeier. Dann wird täglich von ^10 Uhr bis 18.30 Uhr gesendet. Dr. Pleister wies zuerst auf die aktuellen Programme hin, die ein Kernstück der gesamten Arbeit bilden werden. Für sie zeichnet sein Mitarbeiter Heinz Riek (NWDR-Berlin) verantwortlich. Täglich werden drei illustrierte Nachrichtendienste von je 10 bis 15 Minuten Dauer gesendet, die sich aus einer Wetterkarte, den neuesten Photos zu Tagesereignissen, Karten usw. zusammensetzen. Die zunächst natürlich erscheinende Ergänzung durch eine Filmwochenschau findet nicht statt. Dafür wird unter dem Titel "Heute in Berlin" eine Tagesschau gestaltet, die sich aus aktuellen Filmaufnahmen und Interviews (in Direktsendungen von der Ausstellung) zusammensetzt. Sie wird rund eine Viertelstunde dauern.
Berlin ist natürlich auch das Thema
Das Thema Berlin taucht dann noch einmal in erweiterter Form unter dem Titel "Spiegelbild Berlins" auf. "Hier sind schon weitgehende Vorbereitungen getroffen", erklärte Dr. Pleister, "wir werden an jedem Tag einen der 12 Bezirke sich selbst in Bild und Wort vorstellen lassen. In einer einstündigen Sendung soll vom Bürgermeister bis zum Künstler, vom Gesangsverein bis zur Kapelle, von der Jutta-Klammt-Schule bis zur Baby-Badeanstalt alles im Bild gezeigt werden, das sich zu einem lebendigen und eindrucksvollen Querschnitt einer Stadt in der Stadt formt. An beiden Sonntagen werden einstündige Sendungen (aus dem Funkturmgarten) den Helfern vorbehalten, die für alle und allerorts da sind: Polizei und Feuerwehr. Für die Sendungen aus den einzelnen Bezirken liegt bereits eine Reihe von Filmaufnahmen vor, die zwei Berliner Kameramänner gemacht haben".
Praktische Kulturhilfe durch Fernsehen
Das Thema Berlin wird abgerundet durch eine tägliche 20-Minuten-Sendung "von
Werk und Mensch", in der Maler, Bildhauer, Forscher usw. zu Worte kommen und über ihr Schaffen berichten. Berlin von der heiteren Seite wird in einer täglichen einstündigen Sendung aus dem Funkturmgarten (oder aus einer Ausstellungshalle) gezeigt, in der bekannte Orchester (Kermbach, Lutter, Greihs usw.) und Solisten (Lommel, Kurt Engel, Bruce Low u.a.) auftreten.
Hierbei - und das unterstreicht Dr.Plei-ster besonders - ist aufs engste mit der Berliner Notgemeinschaft der Künstler zusammengearbeitet worden, und zwar bereits von der ersten Planung an.
Fernseh-Kamera auf Jagd nach Neuigkeiten
Wir senden nicht nur von der Ausstellung, sondern natürlich auch aus der
Ausstellung. Die vielen Gegenstände, die gezeigt werden, bieten sich der Kamera förmlich an, und es ist selbstverständlich, dass unsere Berichter wie Borgmann, Piecho usw. täglich auf Jagd nach Neuigkeiten sein werden, die sie vor der Fernsehkamera demonstrieren und erklären.
Natürlich können die Bildfänger auch zu einzelnen Ständen wandern und sie besuchen. Ein Übertragungswagen wird auch zum Zirkus Belli fahren, der nahe dem Funkturmgelände seine Zelte aufgeschlagen hat, und eine Zirkusvorstellung einfangen. Das wird wohl nicht der einzige Ausflug der Kameras sein - warten wir ab, was uns die Stunde bieten wird.
Der grosse Wochenplan - sie haben viel vor
Dr. Pleister zeigt mit dem Bleistift auf den grossen Wochenplan, auf dem das Minutenprogramm eingezeichnet ist. Das bedeutet allerdings, nicht, dass das Stundenschema starr aufgesetzt wurde, es soll nur einen allgemeinen Rahmen bilden.
"Es ist klar", erklärte der Programmdirektor, in dessen Händen die Gesamtleitung liegt, "dass die verantwortlichen Mitarbeiter für den technischen Bereich - Dr. Below und Blaesser - und für die Organisation - H.J. Hessling - eine Art Fahrplan haben müssen, um disponieren zu können. Die Programmleute werden ihnen schon genug mit Einfällen für aktuelle Sendungen usw. zu schaffen machen. Aber hier liegt ja gerade der Reiz der Aufgabe, die in diesem Umfang vom deutsehen Fernseh-Rundfunk bisher noch nicht durchgeführt worden ist."
Einzelheiten aus dem Tagesprogramm
Um noch einige Beispiele aus dem Tagesprogramm zu nennen: Hugo Murero wird 14 Tage
lang mittags einen halbstündigen Sportkursus durchführen und dabei Segeln, Leichtathletik, Rhönradspiele, Turnen, Fechten, Kunstradfahren, Segelfliegen usw. vorführen. Sein Hamburger Kollege, Jürgen Roland, zeigt einen Boxkursus (unter dem Titel "Ring frei" mit Kuddel und Otto Schmidt, wozu an einem Tag noch der dritte Schmidt, der berühmte Otto von der Trabrennbahn kommen wird. Täglich eine Stunde lang wird Dr.Ilse Obrig mit Kindern von Ausstellungsbesuchern vor der Kamera zu sehen sein, und für die Erwachsenen ist eine Quiz-Sendung "Einer wird glücklich" (Leitung G. Piasberg) bestimmt, die 45 Minuten dauert und in der das Publikum als Hauptakteur mitspielt. Die Besucher werden auch zu einem ganz neuen Zeichenkursus des Münchener Kunsterziehers Drexel herangezogen, der seine Sendung "Gruppenzeichnen" nennt.
Aus dem Hamburger Fernsehprogramm wird Dr.Fehse seine erfolgreichen Mikrodemonstrationen in Berlin zeigen, wie z.B. das Wachsen der Kristalle, die Kleintierwelt unter dem Mikroskop oder die Nahrungsaufnahme von Pflanzenwurzeln.
Erste Bewährungsprobe des NWDF
Der Blick gleitet langsam auf die Sendungen, die in den späten Nachmittagsstunden stattfinden. "Hier haben Oberspielleiter Hanns Farenburg mit dem Bühnenbildner Joksch und Gerhard Maass, der für den musikalischen Teil verantwortlieh ist, das Wort. "Wir nehmen", so erklärt Dr.Pleister, "aus Hamburg das Fernsehspiel 'Es war der Wind' mit, während das 'Vorspiel auf dem Theater' mit Berliner Künstlern besetzt werden wird. Eine dreiviertelstündige Sendung unter dem Titel 'Lyrik und Kammermusik' wird in Kostümen aus der Zeit der Romantik Hauskonzerte und Dichterlesungen bringen. Es sind ausserdem einige Kurzszenen vorgesehen und Bunte Stunden (verantwortlich Erwin Fuchs), bei denen Schichtls Marionettentheater nicht fehlen wird.
Sendungen wiederholen sich für wechselnde Besucher
Eine Reihe von Sendungen wiederholen sich wöchentlich einmal oder mehrfach, denn die wechselnden Besucher sollen einen möglichst umfassenden Querschnitt bekommen. Die Darbietungen des Fernsehdienstes in Hamburg laufen übrigens an den üblichen drei Wochentagen auch während der Berliner Vorführungen weiter, und ich zweifle nicht, dass der Fernsehdienst des NWDR aus dieser Bewährungsprobe ausserordentlich viel lernen wird. Es wird sich nicht nur zeigen, was eine gut eingespielte Mannschaft zu leisten vermag, es werden auch zahlreiche Erfahrungen für den späteren Programmdienst, der ja längst nicht so umfangreich sein wird, gewonnen werden können. Nicht zuletzt für eine Fernseh-Zusammenarbeit Hamburg-Berlin, die nicht nur auf die Ausstellungstage begrenzt sein sollte."
FI-1951 / 1.September-Ausgabe - WIR SAHEN und HÖRTEN
Versuchssender Hamburg hat Sendungen wieder aufgenommen
Der NWDR-Fernseh-Versuchssender Hamburg hat nach einer 3 1/2 monatigen Sommerpause, die für den Aufbau eines neuen, stärkeren Senders die technische Umstellung auf 1,5m Wellenlänge und für andere Verbesserungen in den Sende- und Studioanlagen verwendet wurde, seine Sendungen am 3. September wieder aufgenommen.
In der 37. Sendewoche (9.-l5. Sept. 51) wurden neben Kurzfilmen und Reportagen vor allem Aufführungen der Königsteiner Puppenspiele, ein Kursus "Jeder kann zeichnen" und "Ein Blick in die Kleinwelt" gebracht. In der 38. Sendewoche (16. bis 22. Sept.): Neue deutsche Wochenschau, 3 Reportagen, 2 Kurzfilme, 1 Spielfilm und 1 Märchenspiel von der Marionettenbühne Fey. Das Programm dieser beiden Sendewochen war bereits weitgehend beeinflusst von den umfassenden Vorbereitungen, die der NWDF für die Durchführungen des umfangreichen Fernseh-Programms auf der Berliner Industrie-Ausstellung trifft, und die den Mitarbeiterstab des NWDF weitgehend in Anspruch nehmen.
FI-1951 / 1.September-Ausgabe
AUSLANDSÜBERBLICK und ANREGUNGEN - USA
In Philadelphia ist das Fernsehen in Schulen am weitesten fortgeschritten. Im Vorjahr hatte man 11 Sendungen in der Woche. Im ganzen wurden 295 Programme wissenschaftlichen, mathematischen und geschichtlichen Inhalts übertragen. Auch andere Fächer wurden berücksichtigt. Nunmehr sind zusätzliche Sendungen der schönen Künste - Malerei, Drama und Tanz - vorgesehen. In den höheren Klassen sollen auch andere Programme Eingang finden. Das Schulfernsehen wird in Philadelphia vom "Board of Education" geleitet, unter der Aufsicht von Martha A. Gabel. Aus dieser Aufgabe heraus ist Miss Gabel in den vergangenen Monaten viel herumgereist, um auch in anderen amerikanischen Städten und im Ausland das Schulfernsehen einführen zu helfen. Von 20 amerikanischen Städten und aus dem Ausland kamen Sachverständige, um sich die Technik des Schulfernsehens in der Quäkerstadt anzusehen.
FI-1951 / 2.Sept + 1.Okt.-Ausgabe - DEUTSCHLAND
Die Fernseh-Gestaltung des NWDR.
Von Dr. Werner Pleister Programmdirektor des NWDR. - Hamburg, Ende September
Auf der Deutschen Industrie-Ausstellung vom 6. bis 21. Oktober 1951 in Berlin wird die deutsche Rundfunkindustrie zum ersten Mal Fernsehgeräte ausstellen und zum Verkauf anbieten. Die Funkindustrie hat uns gebeten, für diese Fernsehgeräte ein Programm zu liefern. Es ist etwas verfrüht, die Industrie-Ausstellung und unser Programm, das wir dort senden werden, als den Beginn des deutschen Fernsehens schlechthin zu bezeichnen.
Das Programm, das wir auf der Industrie-Ausstellung zeigen, wird eine Zusammenstellung unserer bisherigen Programmvorbereitungsarbeiten darstellen. Nach der Industrie-Ausstellung werden die Probeversuche in Hamburg weiter fortgeführt werden müssen. Es ist also nicht so, dass nach der Industrie-Ausstellung das grosse Publikumsfernsehen eröffnet werden könnte. Dafür ist weder die Industrie genügend weit, noch die organisatorische Form, die das Fernsehen in der Bundesrepublik einmal finden muss.
Das NWDR-Fernsehen wird die Eröffnung der Ausstellung direkt übertragen. Während der Ausstellung werden aus den verschiedensten Ständen Reportagen gesendet und gezeigt, was dort ausgestellt ist. Die Aussteller sollen Gelegenheit haben, vor der Kamera über ihre Messeobjekte zu sprechen. Im übrigen will der NWDR mit seinem Berliner Fernsehprogramm die künstlerischen und kulturellen Möglichkeiten eines deutschen Fernsehens zeigen.
In einer Sendereihe "Von Werk und Mensch" sollen Maler, Bildhauer, Forscher und Techniker zu Wort kommen, die im Bild etwas zeigen und demonstrieren können. Der NWDR will die Zuschauer aktivieren und zu eigenem Mittun veranlassen. Er wird daher u.a. auch eine Sendung "Jeder kann zeichnen" bringen, in der Hoffnung, dass durch diese Sendung viele Besucher zum eigenen Zeichnen gebracht werden.
In einer grossen Sendung "Einer wird glücklich", die in der Art der Schnelldenker-Turniere gehalten ist, soll das Publikum durch jeweils fünf ausgeloste Männer und Frauen auf der Bühne mitwirken. In einer täglichen Kinderstunde von l 1/2 stündiger Dauer sollen durch spielende und bastelnde Kinder die Mütter angeregt werden, mit ihren Kindern zu Hause das Gleiche zu tun.
In einem durchgehenden Programm unter dem Titel "Spiegelbild Berlins" sollen sich die 12 Bezirke Westberlins in ihren Besonderheiten selber vorstellen. Filmtrupps werden ständig unterwegs sein, um Aufnahmen für eine Tagesschau "Heute in Berlin" einzufangen. Neben einem bebilderten Nachrichtendienst werden diese Aufnahmen das aktuelle Geschehen den Messebesuchern im Fernsehprogramm zeigen. Reportagen über Handwerk und Mode, Sport und Sporterziehung werden das Programm weiter vervollständigen.
Für das Fernsehen eigens hergestellte Filme "Auf den Strassen Europas", "Gotischer Traum", "Sonne über Hellas" usw., sowie Mikroskopaufnahmen, die direkt auf die Kamera übertragen werden, bilden einen weiteren Bestandteil des Programms. Schliesslich sind für Unterhaltungssendungen namhafte Künstler verpflichtet worden.
An Fernsehspielen sollen "Das Vorspiel auf dem Theater" von Goethe in einer Berliner Besetzung und das grosse Sendespiel "Es war der Wind", das Hans Martin Schede nach einer englischen Novelle für Fernsehen bearbeitet und der Oberspielleiter des NWDR-Fernsehens, Hanns Farenburg, inszeniert hat, gezeigt werden.
Gegen ein vollständiges Tagesprogramm
Der NWDR wird in Berlin ein vollständiges Tagesprogramm senden, um allen
Ausstellungsbesuchern Gelegenheit zu geben, auf den Fernsehschirmen etwas zu sehen. Für die spätere Fernseharbeit des NWDR werden jedoch die Erfahrungen, die man in England mit dem Fernsehen gemacht hat, eine grosse Rolle spielen. England hat sich darauf beschränkt, nachmittags 1 1/2 Stunden und abends 2 Stunden Fernsehen zu senden. Mit dieser Beschränkung ist die grosse Gefahr, die das amerikanische Fernsehen mit einem Tagesprogramm von vormittags 9 Uhr bis abends 23 Uhr darstellt, z.B. die starke Beunruhigung der Familie, vermieden worden.
FI-1951 / 2.Sept + 1.Okt.-Ausgabe - AUSLAND - ENGLAND
Die aktuelle Tagesschau im englischen Fernseh-Programm.
Wie die Newsreel-Männer arbeiten. - Unser Wgf.- Mitarbeiter unternahm eine Studienreise, die ihm Gelegenheit gab, sich über den gegenwärtigen Stand der Fernsehvorbereitungen in Holland und über die Fernsehgestaltung bei BBC-London und Television Francaises - Paris zu informieren.
Nachstehend veröffentlichen wir einen Bericht über einen besonders interessanten Bestandteil des britischen Fernseh-Programms, die sogenannten "Newsreels". Wgf. London, im September 1951.
Dreimal wöchentlich erscheint im englischen Fernsehprogramm die Sendung "Newsreel". Sie bringt Filmstreifen von aktuellen Ereignissen, die die BBC aufnehmen ließ oder im Austausch mit anderen Ländern erwarb. Jede Sendung umfaßt 500m Film und enthält etwa sechs verschiedene Themen, also 18 Themen in der Woche, von denen etwa ein Drittel Ereignisse außerhalb Englands betreffen. .
Bald die 500. "Newsreel" Sendung
Seit Januar 1948 läuft dieses Programm; noch vor Jahresende wird es zum 500. Mal auf den Fernsehempfängern erscheinen. Einmal in der Woche werden 6 bis 8 Motive zu einer Wochenübersicht zusammgefaßt, die allerdings jedes für sich etwas gekürzt werden. Ende Dezember wird eine Jahresschau zusammengestellt, für die eine ganze Sendestunde zur Verfügung steht.
Wie sie bei der BBC dieses Programm machen
Der Fernsehdienst der BBC hat in England drei Aufnahme-Einheiten, die Material für diese - man kann schon sagen - Tagesschau heranholen. Jede Einheit umfaßt drei Mann, einen für die Kamera, einen weiteren für die Handkamera und einen Tonmeister. Wenn die Aufnahmen ohne Ton aufgenommen werden, dann kann jede Truppe in zwei Einheiten aufgeteilt werden, die gesondert allein Bildaufnahmen machen. Der verantwortliche Leiter erhält laufend von der BBC über alle wichtigen Ereignisse Nachricht und bestimmt danach den Einsatz der Einheiten. Außerdem stehen ihm Korrespondenzen in Glasgow, Manchester, Dublin, Bristol und Plymouth zur Verfügung, die grundsätzlich auf Abruf arbeiten und alle Aufnahmen ohne Tonstreifen anfertigen. Die Betextung erfolgt anschließend in der Redaktion in London. Ein Spezialkorrespondent wurde von der BBC nach Korea geschickt, der seine Aufnahmen mit dem Flugzeug an den Fernsehdienst leitet.
Aufnahmen aus aller Welt
Zu diesem Material kommen die Aufnahmen, die vom Ausland im Austausch bezogen werden. Solche Abkommen bestehen mit Österreich, Belgien, Ceylon, der Tschechoslowakei, Cypern, Dänemark, Ostafrika, Ägypten, Irland, Finnland, Frankreich, Holland, Ungarn, Indien, Italien, Kenya, Neu-Seeland, Nigeria, Norwegen, Spanien, Schweden, Schweiz, Jugoslawien, Uruguay und den USA.
Es wird allerdings nicht das gesamte Material an die BBC geschickt, sondern auf dem schnellsten Weg eine Liste der Themen mit einer stichwortartigen Inhaltsangabe, nach der dann die BBC ihre Auswahl trifft. Sie fordert den entsprechenden Streifen an und bearbeitet ihn nach ihrem Belieben. Gelegentlich nimmt die Newsreel-Abteilung auch unmittelbar aktuelle Fernsehreportagen von der Bildröhre auf, um sie später in den Newsreels zu verwenden.
Der Unterschied zu einer Wochenschau
Wenn man die immer interessanten Sendungen beobachtet, kann man feststellen, daß sie sich von einer Wochenschau in zweifacher Hinsicht unterscheiden. Einmal kann der Fernsehdienst ein Thema etwas länger ausspinnen als die Wochenschau; er kann es gründlicher behandeln, wenn es ihm interessant genug erscheint und er scheut sich nicht, die Zahl der Einzelthemen herabzusetzen, wenn der Inhalt es vertretbar erscheinen läßt. Das schließt nicht aus, daß die Newsreel unter dem Titel "Hier und da" auch Kurzszenen einflechten.
Zum anderen ist das begleitende Wort weitaus persönlicher gehalten als wir es von der Wochenschau her gewohnt sind. Im Kino wird ein Text für viele gesprochen, und das zeigt sich bereits im "sachlicheren" Aufbau der Sätze. Der Newsreel-Kommentator wird sich bemühen, den Einzelnen anzusprechen; er kann daher seinen Sätzen mehr Atmosphäre geben, er plaudert gewissermassen neben dem Zuschauer im Heim sitzend, macht ihn auf eine interessante Kleinigkeit besonders aufmerksam und flicht auch eine witzige, trockene Bemerkung ein. Ich habe gefunden, daß viele Bilder durch diese Art der Kommentierung durchaus gewonnen haben.
Um 15.oo Uhr ist in der Redaktion Annahmeschluß
Das eingehende Material wird auf dem schnellsten Wege bearbeitet. Als spätester Termin wird 15 Uhr für eine Sendung am gleichen Tage angegeben, aber es ist durchaus möglich, einmal auch nach dieser Zeit ankommende Aufnahmen noch einzufügen. Hier gilt dann allein der aktuelle Inhalt, der wichtiger ist als die sorgsame Bildmontage. Nach der Entwicklung des Streifens nehmen ihn fünf Cutter der BBC in Arbeit (Die ganze Filmabteilung hat außerdem noch eine Arbeitsgruppe für Dokumentarfilme und eine weitere Gruppe, die Filmstreifen für Fernsehspiele herstellt.) Natürlich ist die "Mannschaft" nach nunmehr über drei Jahren bereits gut eingearbeitet.
Die Tonmänner kommen meistens vom Rundfunk, die Kameramänner haben vorher ihre Praxis beim Film erworben, nur die "Redakteure" (editor) der Tagesschau werden von außen herangeholt und für ihre besondere Aufgabe im Fernsehsender selbst geschult. Sie sollen vom ersten Tage an ausschließlich unter fernsehgemäßen Gesichtspunkten arbeiten.
Eigentlich könne man gar keine Fehler machen
"Es ist schwer, ein Fernseh-Newsreel zu machen, das keinem gefällt", so wurde mir mit dem Hinweis gesagt, daß jede Ausgabe wenigstens einige so aktuelle Ausschnitte bringt, die jeden interessieren müssen. Der Satz klingt, als ob die Arbeit der Newsreel-Männer leicht wäre, als ob sie nur ins Volle hineinzugreifen brauchten, um Erfolg zu haben. Sie verschweigen dabei, welch eine sorgsame Materialauswahl getroffen werden muß, und daß es keineswegs leicht ist, das Persönliche, auf den Einzelnen Abgestellte, in dieses Material hineinzuarbeiten. Und zwar so, daß man es stets angenehm empfindet, ohne die Absicht zu spüren.
FI-1951 / 2.Sept + 1.Okt.-Ausgabe - AUSLAND - FRANKREICH
Das französische Fernseh-Programm
Der Anfang dieses Artikels steht im Bereich "Europa"
Das etwa 3 1/2 stündige tägliche Programm ist "grosso modo" folgendermaßen aufgeteilt:
Zwischen 13 und 13 Uhr 20 wird die Livesendung "Tele-Paris" ausgestrahlt, in der Persönlichkeiten, die aus irgendeinem Grunde das Publikum in Verbindung mit dem aktuellen Geschehen interessieren, vor der Kamera von zwei besonders beliebten Conferenciers interviewt werden.
Künstler, Wissenschaftler, Politiker, Sportler, Männer der Wirtschaft und Industrie und viele Andere werden hier in Fleisch und Blut dem Fernsehpublikum vorgestellt und können vor Kamera und Mikrophon von ihrer Arbeit, ihren Sorgen und ihren Plänen sprechen. Anschließend geht die ebenfalls 20 Minuten dauernde gefilmte Tagesschau, die am Vorabend zum ersten Mal gesendet worden war, in Wiederholung über den Sender.
Viermal in der Woche finden Sendungen am Nachmittag statt, deren Dauer etwa anderthalb Stunden beträgt. Eine dieser Sendungen (- die Live-Sendung am Donnerstagnachmittag -) ist für die Kinder bestimmt, ein anderer Nachmittag ist für die Frauensendung reserviert. An den beiden anderen Nachmittagen werden meist Filme gesendet.
und am Abend ....
Die Abendsendung ( - ab 20 Uhr 30 -) beginnt mit der Übertragung der neuesten Ausgabe der gefilmten Tagesschau, (- "Tele-Journal" -) deren Bestandteile im Laufe des Tages von den Operateuren der Television in Paris und in der Provinz gedreht wurden und in die auch Elemente von besonders interessanten Ereignissen des Auslandes eingeschlosssen werden.
Der Redaktionsschluss ist auf 17 Uhr festgelegt; anschliessend werden die Filmstreifen entwickelt und kopiert, die Zusammensetzung der Tagesschau festgelegt, die einzelnen Streifen geschnitten und montiert, und schließlich wird der begleitende Text geschrieben. Für alle diese Operationen steht ein Zeitraum von nur 3 1/2 Stunden zur Verfügung, in dem die Mitarbeiter der aktuellen Abteilung jeden Tag von neuem eine wahre Rekordleistung verwirklichen.
In Frankreich gehts erst um 20.50 los
Die eigentliche Abendsendung beginnt um 20 Uhr 50. Ein Abend der Woche ist einer Live-Theatersendung reserviert, die aus dem Studio gesendet wird und an der sowohl die Schauspieler-Ensembles beruhigter Pariser Theater ( - so der Comedie Francaise -) als auch die eigene Truppe der Television Francaise teilnehmen. Die Mehrzahl der hier gesendeten Stücke gehören nicht dem ständigen Repertoire der Pariser Theater an oder, wenn dies der Fall ist, werden sie in einer besonderen Fernsehinszenierung aufgeführt.
An einem zweiten Abend jeder Woche wird eine Variete-Sendung gebracht; in diesen Rahmen gehören auch Ballett-Übertragungen, die sich als besonders geeignet für das Fernsehen erwiesen und eine sehr günstige Aufnahme beim Publikum gefunden haben. Es gibt wohl keinen bekannten Ballettstar unserer Zeit, der nicht bei einem noch so kurzen Aufenthalt in Paris im Studio des Centre Cognacq-Jay vor der Kamera seine Kunst gezeigt hätte. Eine dritte wöchentliche Live-Sendung bringt Sketch—Folgen, an denen die bekanntesten französischen Komiker, wie z.B. Noel-Noel regelmäßig mitwirken.
am Mittwoch kommt dieses :
Besondere Schwierigkeiten bereitet die Mittwoch-Abend-Sendung, die so wohl für die Kinder als auch für die Erwachsenen bestimmt ist und für die noch eine befriedigende Formel gefunden werden muß. Was hier besonders augenfällig wird, gilt im übrigen ganz allgemein für das gesamte Fernsehen. Es erfordert einen ganz eigenen Stil, der von dem des Theaters, des Films und des Rundfunks verschieden ist und der nur gefunden werden kann, wenn es gelingt, eine echte, eigene Ästhetik des Fernsehens zu schaffen.
Paris versucht, das Niveau hoch anzusiedeln
Dieser schwierigen Aufgabe sind sich die Verantwortlichen des französischen Fernsehens wohl bewußt, und sie lehnen es bewußt ab, einfach gefilmtes Theater oder sichtbar gemachte Rundfunkprogramme über die Wellen der Television hinaus zusenden.
Ob es ihnen bereits gelungen ist, den Stein der Weisen zu finden, d.h. der Eigengesetzlichkeit des Fernsehens gerecht zu werden, mag hier dahingestellt bleiben. Jedenfalls sind ihr suchender Eifer und ihre Ablehnung jedes von außen kommenden Formalismus als Positivum zu werten.
An einem fünften Abend jeder Woche werden Versuchs-Live-Sendungen eines eigenen Stils gebracht, die nach dem Beispiel der beliebten Rundfunksendung: "Wer bist Du ?" einen engen Kontakt zwischen dem Fernsehen und dem Publikum, das an einer Art psychologischen Wettbewerbs teilnimmt, herstellen sollen. Die beiden restlichen Abende sind im Prinzip Filmsendungen sowohl unterhaltender als auch belehrenden Charakters reserviert. Darüber hinaus werden bei besonderen Gelegenheiten andere in dem obigen Rohschema nicht erwähnte Programme sowohl aus dem Studio als auch von außen über den Sender übertragen.
Am Sonntag Morgen wird eine religiöse Sendung gebracht, in deren Verlauf eine Messe übertragen wird. Bisher wurde diese Messe in einem Studio des Centre Gognacq-Jay zelebriert, doch ist daran gedacht, sie in Zukunft direkt aus einer Kirche zu übertragen. Es sei bei dieser Gelegenheit erwähnt, daß es die Television Francaise war, die als erster Fernsehsender der Welt eine Heilige Messe übertrug und zwar die Mitternachtsmesse Weihnachten 1948 aus der Pariser Kathedrale von Notre-Dame.
Für internationale Zusammenarbeit
Dieser kurze Überblick über das französische Fernsehen wäre unvollständig, wenn man nicht darauf hinwiese, daß die Verantwortlichen des französischen Fernsehens die Rolle dieses wichtigen Informationsmittels keinesfalls auf den nationalen Rahmen eines Landes beschränken wollen. Sie sind der Auffassung, daß das Fernsehen in Europa erst dann seine wahre Aufgabe erfüllen kann, wenn eine enge Gemeinschaft die Fernsehnetze West- und Mitteleuropas zusammenfaßt. In welcher praktischen Form sich diese Zusammenarbeit verwirklichen wird, ( - durch Programmaustausch oder gemeinsame Produktion - ), kann hier dahingestellt bleiben.
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Es muß aber darauf hingewiesen werden, daß die im letzten Juli in Genf tagende Sitzung des C.C.I.R. (Comite Consultatif de Radiocommunications), die es für verfrüht hielt, eine einzige Definition als alleinige europäische Fernsehnorm zu empfehlen, die Chancen für den Abschluß eines allgemeinen oder regional beschränkten Abkommens zwischen den europäischen Fernsehsendern wesentlich vergrößert hat. Man kann hoffen, daß die bereits angebahnten Kontakte auf internationaler Ebene bald zu dieser Einigung führen werden, die es den europäischen Fernsehnetzen ermöglichen soll, das künstlerische und kulturelle Niveau ihrer Sendungen durch die internationale Zusammenarbeit auf eine bisher nie erreichte Höhe zu bringen und darüber hinaus ihre Aufgabe als Verbindungsglied zwischen den Nationen zu erfüllen.
FI-1951 / 2.Okt.-Ausgabe
Der grosse Fernseherfolg des NWDR in Berlin.
AFR fordert regelmässigen Fernsehprogrammdienst.
Berlin, 20.Oktober - Der Arbeitskreis für Rundfunkfragen, der sich aus unabhängigen Rundfunkfachleuten zusammensetzt, faßte folgende Erschliessung:
"Die nach Umfang und inhaltlicher Vielfalt bisher einmaligen Fernsehvorführungen auf der Deutschen Industrie-Ausstellung in Berlin haben bewiesen, dass die Voraussetzungen für einen regelmässigen Programmdienst gegeben sind. Nach diesen ermutigenden Ergebnissen und nachdem die Rundfunkindustrie nunmehr ihre Empfänger auf den Markt bringt, könnte der seit einem Jahr durchgeführte Versuchsbetrieb des NWDR in kürzester Frist in einen täglichen Programmdienst übergeleitet werden."
Meldung nach Redaktionsschluss:
NWDR sendet ab 22.Oktober tägliches Fernsehprogramm in Berlin!
Drahtbericht unseres Wgf. Mitarbeiters - Berlin, 21.Oktober 1951
NWDR sendet ab 22.10. (also nach Schluss der Deutschen Industrie-Ausstellung) weiterhin für Berlin ein Fernsehprogramm, das zunächst täglich ab 20 Uhr ausgestrahlt wird.
Eine Weiterführung der Fernsehsendungen des NWDR in Berlin, die allgemein erwartet wurde, ist die richtige Konsequenz, die aus dem Erfolg des NWDR-Fernsehens in Berlin gezogen werden musste. Sie bedeutet auch eine Anerkennung der Arbeit der Berliner NWDR-Männer, die nun ein eigenes Programm für ihre Stadt gestalten werden. Hamburg wird nunmehr schnell den gleichen Weg gehen müssen.