überarbeitet von Gert Redlich ab Feb. 2014 - Eigentlich sprechen wir von einer Gazette - Es sind gigantische Textmengen (Buchstaben-Wüsten), die die Autoren der "FI" in den 58 Jahren zusammen getragen haben. Damit das überhaupt vernünftig zu lesen ist, haben wir die Inhalte in jährliche Themengebiete aufgeteilt, die aber nicht in jedem Jahr gleich sind. - Sehr wichtig ist, es wurden alle Informationen, die Texte und die Erkenntnisse genau in der jeweils benannten Woche aufgeschrieben und nicht später ergänzt oder korrigiert.
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FI-1950 / Dez-Ausgabe
Marconiphone Ltd.: Fast störfreie Fernsehröhre.
Die Marconiphone Co. Ltd. in Hayes, Middlesex, hat jetzt zwei neue Tisch-Fernseh-Empfänger mit einem neuen Röhrentyp auf den Markt gebracht. Diese Röhren mit einem 9 x 7 inch grossen Bildschirm sollen ganz besonders störungsfrei arbeiten und ein scharfes, deutliches Fernsehbild geben. Die Apparate sind mit Suppressors zur Abschwächung der Zündkerzenstörungen von Motorfahrzeugen in der Bild- und Tonwiedergabe ausgerüstet. Eine neue permanente Magneteinstellung bewirkt, dass das Bild nicht "wegschwimmt".
FI-1950 / Dez-Ausgabe - AUSLAND - England
Fortschritte und Erfahrungen im britischen Fernsehen.
Nachrichten aus der BBC
von unserem Londoner Mitarbeiter.
Der britische Generalpostmeister hat im September im britischen Parlament den Jahresbericht der British Broadcasting Corporation überreicht, in dem die BBC auch einen Überblick über die Leistungen und Erfahrungen ihres Television-Dienstes im Fernsehjähr 1949/50, das mit Ende März 1950 abschliesst, gibt.
In dieser Übersicht, die zwar zum Teil durch die weiteren Entwicklungen im Laufe dieses Jahres etwas überholt ist, wird hervorgehoben, dass das abgelaufene Fernsehjahr in der Ausgestaltung der britischen Television zweifellos fruchtbarer war als alle vorangegangenen Jahre. Es wurden hinsichtlich der Bestrebungen einen das ganze Land umfassenden Fernsehdienst aufzubauen, beträchtliche Fortschritte erzielt, zumal die Hauptanstrengungen der Gesellschaft in erster Linie auf dieses Ziel ausgerichtet waren.
Die gesamte Aufnahme- und Sendeausrüstung der Television-Abteilung der BBC wurde verbessert, wobei bei Aufnahme und Sendung erhebliche Fortschritte gemacht werden konnten. Die verbesserte Ausrüstung ermöglichte es der Programmabteilung, die Programmgestaltung vielseitiger und qualitativer durchzuführen.
Dies trifft besonders für die "News reel"-Sendungen und die Wiedergabe öffentlicher Ereignisse zu. Die Arbeiten im Studio waren allerdings das ganze Jahr hindurch durch "Raummangel" behindert. Die Lime Grove-Studios sind erst gegen Ende der Berichtszeit fertig geworden und die beiden Studios im Alexandra-Palast waren unzureichend.
Man hat äusserst viel Geduld und Beharrlichkeit aufbringen müssen, um die Schwierigkeiten dieses Raumproblems zu überwinden. Die wesentliche Verbesserung der Programme hat das Publikumsinteresse am Fernsehen in England erheblich gesteigert, wobei die Zahl der Fernseh-Teilnehmer von Monat zu Monat anstieg.
Im Fernsehjahr 1949/50 stieg die Zahl der Lizenzteilnehmer an der Television von 126.500 auf 345.100 (bis Juli 1950 hat sich die Zahl der Teilnehmer am Fernsehen weiter auf 420.000 erhöht. Bis Jahresende 1950 dürfte die Zahl der Fernseh-Empfangsberechtigten voraussichtlich bis auf 550.000 steigen).
FI-1950 / Dez-Ausgabe - AUSLAND
Fortschritte und Erfahrungen im britischen Fernsehen.
Die Programmgestaltung
Jede Woche brachte in der Television 30 Programmstunden. Es wurde ein Nachmittags- und Abend-Programm von 15 bis 16 Uhr und von 20.30 Uhr bis 22 Uhr oder später gesendet. Das Sonntag-Nachmittag-Programm wurde gewöhnlich von 17 bis 18 Uhr übertragen.
Jeden Werktag Morgen fand von 11 bis 12 Uhr eine besondere Filmübertragung statt, die hauptsächlich den Zweck hatte, dem Handel auch am Vormittag Gelegenheit zur Vorführung seiner Fernsehgeräte zu geben.
Im einzelnen setzte sich das Television-Programm der BBC in der Zeit von April 1949 bis März 1950 wie folgt zusammen:
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- Übertragungen von Sportereignissen im Freien 14,3%
- Sendung anderer Aussen-aufnahmen,einschl. nationaler Ereignisse 3%
- Leichte Unterhaltung, einschl.musikalischer Sketchs 7,5%
- Illustrierte Gespräche und Vorträge 9,7%
- Drama 15,9%
- Operndarbiet.u,Ballett 2,1%
- Aktuelle Tages- u. Wochenschauen, Nachrichten und Dokumentarfilme 19,7%
- Unterhaitungsfilme 11,7%
- Demonstrationsfilme, namentlich zu Vorträgen u.für aktuelle Veranschaulichungenil, 4%
- Kinderprogramm 4,7%
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Zwei Newsreel-Sendungen wurden wöchentlich ausgestrahlt und eine dritte soll demnächst hinzukommen. Vorbereitungen wurden auch für eine besondere Kinderstunde getroffen, die seitdem regelmässig am Sonntagnachmittag veranstaltet wird.
FI-1950 / Dez-Ausgabe - AUSLAND
Fortschritte und Erfahrungen im britischen Fernsehen.
Aktuelles BBC Fernsehen
Beträchtliche Fortschritte wurden in Bezug auf die Ausdehnung der für die Television erfassten aktuellen Sujets und hinsichtlich der Beschleunigung des aktuellen Dienstes gemacht. Durch die verbesserte Qualität der Telefilm-Aufnahmen und der Einführung des Fernsehrecording-Systems war es möglich, den Fernsehteilnehmern die öffentlichen Ereignisse innerhalb weniger Stunden, nachdem sie sich zutrugen, auf ihre Empfänger zu projizieren.
Zu den üblichen zweimal wöchentlich stattfindenden aktuellen Sendereihen wurden bei besonderen Gelegenheiten, wie z.B. der allgemeinen Wahl, zusätzliche aktuelle Sendungen eingeschaltet. Erstmalig war es auch möglich, aus den USA auf dem Austauschwege aktuelles Ergänzungsmaterial zu beziehen.
Grosses Publikumsinteresse für aktuelle Sendungen.
Die Wiedergabe öffentlicher Ereignisse erfreute sich augenscheinlich besonderer Beliebtheit bei den Fernsehteilnehmern. Die Fernsehsendung des Gala-Balletts anlässlich des Besuchs des französischen Staatspräsidenten mit seiner Gattin im Beisein des englischen Königspaares in Convent Garden bildeten eine für die Popularisierung des Fernsehens günstige Sensation.
Besonderer Beliebtheit erfreuten sich auch Sportsendungen. Hier allerdings hatte sich die BBC sehr ernsthaft mit den Besorgnissen der Sportveranstalter auseinanderzusetzen, die fürchteten, sie könnten durch die Fernsehsendungen eine Einbusse ihrer Besucherzahl erleiden. Diese beträchtlichen Schwierigkeiten jedoch hielten die BBC nicht ab, die meisten der populären Sportveranstaltungen einschliesslich des Fussball-Cup-Finals, der grossen Tennisveranstaltungen in Wimbledon, der Rennen in Ascot, der grossen Eishockeyveranstaltungen sowie sensationelle Boxkämpfe usw. zu übertragen.
12 Kameras schon 1950 !!!
Die Verwendung von 12 Kameras beim Wettrudern von Oxford und Cambridge machte es beispielsweise möglieh, von Anfang bis Ende eine zusammenhängende Übertragung mit laufendem Kommentar zustande zu bringen.
Es war bei den Aussenaufnahmen auch möglieh, die auftretenden Bildunklarheiten, besonders bei ungünstigem Wetter, erfolgreich zu bekämpfen. Leider sind nach wie vor einige der besonders wichtigen Sportereignisse für die Fernsehübertragungen nicht zugänglich.
Zwist um die Übertragungsrechte
Die "Association for the protection of Copyright in Sport", die über die Fernsehübertragung von Sportereignissen einen "Bannfluch"- ausgesprochen hatte, versuchte ihren Fernseh-Boykott besonders zu Beginn des Jahres 1950 zur vollen Auswirkung zu bringen.
Soweit diese Schwierigkeiten seitens der Sportveranstalter aus ernsthaften Besorgnissen heraus entstanden, hat sich die BBC bereit erklärt, alles zu tun, um durch verständnisvolle Zusammenarbeit Hindernisse zu beseitigen, die es bisher nicht immer ermöglichten, weitesten Fernsehkreisen die Veranstaltungen durch Bildübertragungen zugänglich zu machen.
Fernsehen steigert die Popularität
Grundsätzlich teilt die BBC nicht die Ansicht, dass Fernsehübertragungen den Sportveranstaltern Einbußen bringen müssen. Vielmehr vertritt sie die Auffassung, dass die Übertragung solcher Veranstaltungen noch mehr zu Popularität des Sportes und damit zum Besuch solcher Veranstaltungen beitragen dürfte.
Die ausschnittweisen Rundfunkübertragungen von Sportereignissen haben jedenfalls ungeheuer dazu beigetragen, die Sportveranstaltungen volkstümlich zu machen. Selbstverständlich sollen sich die Fernsehübertragungen von Sportereignissen in vernünftigen Grenzen innerhalb eines allgemeinen Unterhaltungsprogramms bewegen. Die Politik der BBC ist darauf ausgerichtet, dieser Schwierigkeiten Herr zu werden sowohl hinsichtlich der Funk- wie auch der Fernsehübertragungen.
Die Entwicklung der 25jährigen Rundfunk-Epoche hat deutlich gezeigt, dass diejenigen, die anfänglieh im Rundfunk eine unliebsame Konkurrenz für ihre Veranstaltungen erblickten, letzten Endes ins Unrecht gesetzt worden sind. Diese Erfahrung wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach noch einmal beim Fernsehen wiederholen.
FI-1950 / Dez-Ausgabe - AUSLAND
Fortschritte und Erfahrungen im britischen Fernsehen.
Nützliche Kritik für die Fernseh-Beriehts-Programmgestaltung
Die BBC hat im Jahr jede Woche zwei Schauspiele gesendet. Davon waren einige speziell als Fernsehspiele geschrieben, doch setzten sich die meisten aus Bearbeitungen von Theaterstücken zusammen. Es lag im Ziel der BBC, diese Spiele auf einem hohen künstlerischen Durchschnittsniveau hinsichtlich ihrer dramatischen Qualität zu halten. Klassische Werke von Shakespeare bis Shaw wechselten ab mit leichterer Muse. Die meisten der gesendeten Stücke waren bereits grosse Theatererfolge.
Seitens der Presse erfuhr die Televisionsabteilung der BBC anfänglich wachsende und scharfe Kritik, wobei die Kritiker vor allem beanstandeten, dass für die Fernsehübertragungen mit Vorliebe Stücke nach Art der bekannten Hintertreppenromane mit schauerlicher, düsterer oder morbider Atmosphäre gewählt würden.
Diese berechtigte Kritik wurde seitens der BBC mit einem Wechsel des Stoffes ihrer Stücke beantwortet, woraufhin die Kritik verstummte. Die BBC anerkennt ausdrücklich, dass ihre von Erfolg gekrönten Anstrengungen bezüglich der Hebung des Niveaus der Programmgestaltung nicht zuletzt auf ein ernst zu nehmendes und ständig wachsendes Kriterium seitens der Presse zurückzuführen ist.
Im Berichtsjahr hat die BBC Verhandlungen mit den Theatern im West-End mit dem Ziel geführt, zu einem Übereinkommen mit den Direktionen dieser Theater zu gelangen, um gelegentlich gute Theateraufführungen übertragen zu können.
FI-1950 / Dez-Ausgabe - AUSLAND
Fortschritte und Erfahrungen im britischen Fernsehen.
Information und Unterhaltung.
Das Programm für die Fernsehfreunde der "leichteren Kost" setzt sich zusammen aus unterhaltsamen Gesprächen, Musik, Ballett und Unterhaltung verschiedener Art. In jeder dieser Sparten vollzogen sich interessante Entwicklungen. Die illustrierten "Auslandskorrespondent"-Gespräche, die ein gutes aktuelles Weltbild ergaben sowie die Television-Sendereihe, die sich mit "Matters on life and death" beschäftigten, hatten bemerkenswerte Erfolge.
Weltberühmte Künstler wurden "projiziert". Gigli erschien zum zweiten Mal nach dem Kriege im Fernsehen. Versuchsweise wurden durch die Television auch Klavierstunden erteilt. Ballettkunst wurde in wirkungsvoller bildhafter Weise "erklärt", und damit das Samenkorn für künftige erzieherische Programme gelegt. Die Erweiterung des Kinderprogramms ergab bildhaft sehr eindrucksvolle Märchen für verschiedene Altersgruppen. Es wurden Kinderspiele und bebilderte Lieblingsbeschäftigungen der Kinder gezeigt. Kinder folgten am Bildschirm des Empfängerapparates aufschlussreichen Besuchen an interessanten Plätzen wie historischen Baulichkeiten und Sehenswürdigkeiten, die das Kindergemüt bildend beschäftigen können. Gegen Ablauf des Berichtsjahres wurden neue Vorbereitungen getroffen, um im Rahmen des Kinderprogramms auch aktuelle Bildreihen für Kinder zu zeigen, um das kindliche Interesse für das Zeitgesehehen zu wecken.
FI-1950 / Dez-Ausgabe - AUSLAND
Fortschritte und Erfahrungen im britischen Fernsehen.
Einführung der Zuschauer-Forschung
Im Dezember 1949 fügte die BBC der bisher üblichen Hörerforschung über den Geschmack, die Gewohnheiten usw. der Hörer auch eine sogenannte Zuschauerforschung hinzu, um zu ermitteln, welche Television-Sendungen für die Zuschauerschaft im allgemeinen und im besonderen am zweckdienlichsten sind.
Auf diesem Gebiet konnten inzwischen wertvolle Erfahrungen gesammelt werden. Sehr bereitwillige Auskünfte erhielt die BBC auf Grund eines Appels an die Zuschauerwünsche beim Publikum.
FI-1950 / Dez-Ausgabe - AUSLAND
Fortschritte und Erfahrungen im britischen Fernsehen.
Internationale Zusammenarbeit
Sehr viel Augenmerk und Bedeutung wird bei der Entwicklung des Fernsehens der internationalen Zusammenarbeit beigemessen. Die englische Regierung hat in diesem Zusammenhang auch ihr besonderes Interesse an dem "Brüssler Pakt" ausgesprochen und die BBC nimmt regen Anteil an den bereits eingeleiteten Besprechungen unter der Förderung des "Comite consultatif international des Radiocommunieations (C.C.I.R.)" und anderen Verständigungsbemühungen von Television-Kommissionen.
Die Fernseh-Zusammenarbeit zwischen Rundfunkorganisationen hat auch bereits Ergebnisse gezeitigt. Der Materialaustausch zwischen BBC und der National Broadcasting Company of America macht Fortschritte. Es wurden auch Vereinbarungen zwecks Materialaustausch zwischen BBC und der Radiodiffusion Frangaise getroffen. Zu diesem Zweck ist ein anglofranzösisches Komitee gegründet worden. (Dieses Komitee ist auch in letzter Zeit mehrfach in Paris zusammengetreten, wobei Fortschritte in der englisch-französischen Zusammenarbeit erzielt werden konnten.)
FI-1950 / Dez-Ausgabe - von unserem Londoner Mitarbeiter
FI-1950 / Dez-Ausgabe - AUSLAND - "Phonevision"
Ein Versuch die Fernseh- und Filminteressen auszugleichen.
In den USA und Grossbritannien verweigerte die Filmindustrie die Benützung ihrer neuen Kinofilme für Fernsehübertragungen. Sie verkauft nur solche Filme, die schon aus dem Repertoire verschwunden sind.
Immerhin wird dieses Prinzip durch den Import ausländischer Filme durchbrochen, die im Einfuhrland aus sprachlichen oder sonstigen Gründen nicht in den Filmverleih gelangen. Um nun einen Ausgleich zwischen den Interessen der Filmindustrie und der Fernsehsendegesellschaften zu ermöglichen, hat die Zenith Co. in Chicago ein neues System der "Phonevision" entwickelt.
Sie will damit der Filmindustrie eine zusätzliche Entschädigung für den Verleih ihrer laufenden Produktion verschaffen. Sie hat von der FCC im Frühjahr dieses Jahres die Bewilligung erhalten, einen auf mehrere Monate befristeten Versuch in Chicago anzustellen.
Die Fernseh-Empfangsgeräte werden mit einem kleinen Zusatzgerät ausgerüstet, das an das Telefonnetz angeschlossen wird. Solange das normale Programm läuft, bleibt das Bild ungestört. Spielfilme werden jedoch vom Fernsehsender verzerrt ausgestrahlt. Um sie klar zu empfangen, muss der Besitzer des Fernsehapparates durch telefonischen Anruf eine Schlüsselfrequenz anfordern, die ihm über die Drahtleitung zugeht. Er entrichtet dafür eine Gebühr, die zwischen der Telefongesellschaft, dem Fernsehunternehmen und dem Filmverleiher aufgeteilt wird.
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AUSLANDSÜBERBLICK und ANREGUNGEN
FI-1950 / Dez-Ausgabe - AUSLAND - Schweiz
Der gegenwärtig auf dem Uetli-Berg bei Zürich in Betrieb genommene Sender ist, wie uns von sachverständiger schweizerischer Seite mitgeteilt wird, eine transportable Anlage, die ausschliesslich für Ausbreitungsversuche benützt wird und daher im Laufe der Zeit an verschiedenen Punkten der Schweiz, speziell auch in der West-Schweiz aufgestellt werden wird.
Es werden vorläufig keine bewegten Bilder, sondern ausschliesslich elektronisch hergestellte geometrische Figuren ohne Ton gesendet, um die Empfangsverhältnisse, Störungen, Bildverzerrungen usw. in der Umgebung des Senders zu studieren.
Der für den künftigen Fernseh-Dienst zu benützende Bild- und Ton-Sender wird voraussichtlich gleichfalls auf dem Uetli-Berg bei Zürich errichtet werden. Über die Aufstellungsorte weiterer Sender kann heute noch nichts gesagt werden. Auf dem Jungfraujoch bzw. in erhöhter Lage darüber wird eine für Telephonie und Fernseh-Übertragungszwecke bestimmte Relaisstation erstellt, um die Verbindung zwischen dem Norden (Chasseral) und Süden (Monte Generoso) zu sichern. Vorläufig ist bereits eine für Telephoniezwecke verwendete, jedoch auf Meterwellen arbeitende Relaisstation auf dem Jungfraujoch in Betrieb, die die Telephonverbindung zwischen Bern und Lugano herstellt. Die Zentimeter-Wellen-Relaisstation für Telephonie und Fernsehen ist noch im Bau begriffen.
FI-1950 / Dez-Ausgabe - AUSLAND - Italien
Auf dem Monte Eremo bei Turin arbeitet bereits seit Anfang September 1949 ein aus USA bezogener Versuchssender mit 625 Zeilen Bildabtastung. Nur vorübergehend wurde im Herbst 1949 ein französischer Versuchssender mit 819 Zeilen zu VergleichsSendungen herangezogen. Die italienische Fernseh-Delegation hat sich bekanntlich inzwischen anlässlich der Festlegung der europäischen 625-Zeilen-Norm in London (Mai 1950) und Genf (Juli 1950) für diese Norm ausgesprochen.
FI-1950 / Dez-Ausgabe - AUSLAND - Österreich
Der Wiener Radiotechniker W.Kozuborski hat mit Hilfe einer Kathodenstrahlröhre eine "Fernseh-Uhr" konstruiert. Die Zeitzeichen des Rundfunks werden auf dem Schirm der Kathodenstrahlröhre als Zeiger sichtbar, die die genaue Uhrzeit anzeigen. Die richtige Auswertung dieser Erfindung wäre allerdings erst bei Einrichtung eines dauernd in Betrieb befindlichen Uhrzeitsenders möglich.
FI-1950 / Dez-Ausgabe - AUSLAND - Frankreich
Eine französische Expedition, die photographische Aufnahmen für Fernsehfilme von dem Leben unter dem Wasser im Mittelmeer machen will, hat dieser Tage den Hafen von Toulon verlassen.
Der französische Ministerrat genehmigte die Finanzpläne für eine im Jahr 1955 in Paris zu veranstaltende Weltausstellung, in der 100 Jahre Weltgeschehen zur Darstellung kommen sollen. Vom Anbeginn der Industrialisierung bis zu den modernsten Erfindungen und dem Weltraumverkehr der Zukunft soll die Riesen-Ausstellung alles zeigen, das der Mensch trotz entsetzlicher Weltkriege geleistet hat. Ein grosses "Haus des Rundfunks und des Fernsehens" soll durch einen hohen Turm gekrönt werden, der das moderne Gegenstück zum Eifelturm sein und demonstrieren soll, welche konstruktiven Wege die moderne Technik beschreitet.
FI-1950 / Dez-Ausgabe - AUSLAND - Schweden
Im Rahmen des Nobel-Festes zum 50-jährigen Bestehen der Stiftung nahm König Gustav VI Adolf von Schweden am 10.Dezember im Stockholmer Konzerthaus die Überreichung der diesjährigen Nobelpreise für Physik, Chemie, Medizin und Literatur an die Nobel-Preisträger von 1950 vor. Dem feierlichen Akt wohnten 26 Träger des naturwissenschaftlichen Preises früherer Jahre, sowie weitere 2.000 Personen bei. In einem Nebensaal des Konzerthauses und im Royal-Kino folgte das Publikum der Feier in der ersten Fernseh-Übertragung, die in Stockholm gezeigt wurde. Mit dieser versuchsweisen Übertragung dürfte für die praktische Entwicklung des Fernsehens in Schweden ein guter Auftakt erfolgt sein.
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FI-1951 / 1. Jan.-Ausgabe
AUSLAND - Schweizerisehe Fernsehfragen
Die Fernsehprobleme des modernen Kulturstaates
(Aus dem Jahrbuch "Die Schweiz" 1951 mit freundl. Erlaubnis des Verlages "Neue Helvetische Gesellschaft", Bern.)
von Dr. W. Gerber - Experte für Fernsehfragen der Generaldirektion PTT
(nach ihm wurde später die "Gerber Norm" benannt)
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Teil 1
Die dem Fernsehen innewohnenden Möglichkeiten werden allmählich zu Tatsachen, die uns mit weitgespannten Erwartungen erfüllen. Immer mehr müssen wir uns mit ihnen auseinandersetzen. Natürlich interessiert die Öffentlichkeit vor allem das Heimfernsehen. Noch vor 20 Jahren war es lediglich eine Spekulation einiger Unentwegter der Wissenschaft und Technik; und heute zählt man bereits gegen 8 Millionen Empfangsstellen und über 100 Sendeanlagen, wovon sich gegenwärtig der weit überwiegende Teil in den USA befindet.
Bekanntlich ist das Fernsehproblem, so wie es sieh heute jedem modernen Kulturstaat stellt, ein recht vielseitiges: kulturelle und politische Fragen einerseits, Fragen der Technik, des Programmes und der Finanzierung andererseits. Im Sinne einer Tour d'horizon seien nun im Folgenden einige Tatsachen zu diesen Fragen vorgebracht und anschliessend das geplante, weitere Vorgehen geschildert.
Ist das Heimfernsehen überhaupt erwünscht?
Nicht wenige befürchten in der kommenden Fernsehentwicklung ein weiteres Instrument der allgemeinen geistigen Abstumpfung und Verflachung und zitieren den Rundfunk. Untersuchungen, die ungefähr auf die Mitte der dreissiger Jahre zurückgehen, zeigen, dass die tägliche mittlere Abhördauer bei uns 2 1/2 bis 3 Stunden beträgt und dass nicht wenige ihren Empfänger 7 Stunden und mehr eingeschaltet haben.
Wie ist denn das möglich?
Anhand bekannter Intellektskalen würde eine Korrelationsbetrachtung mit dem vorhandenen statistischen Material jederzeit beweisen, dass die erwähnte Auffassung nicht ganz zufällig ist. Wir dürfen nicht vergessen, dass eben der Rundfunk nur an unser Ohr appelliert, mit anderen Worten: blind ist.
Auf weite Sicht beurteilt ist nun aber das Heimfernsehen eine weitere, höhere Entwicklungsphase. Es tritt zum Ton das Bild hinzu und wird zur maßgeblichen Komponente, womit dann auch die bisherige Einseitigkeit der rein akustischen Übertragung mehr und mehr versehwindet, mit der wir uns bekanntlieh im Laufe der Jahre so oder so abgefunden haben.
Damit eröffnen sich recht interessante, neue Möglichkeiten der Erbauung, Belehrung usw., wobei die natürlichen Grenzen der arteigenen Entwicklung noch nicht einmal abzusehen sind.
Im Gegensatz zum mehr passiven Miterleben im Rundfunk erwarten wir vom Heimfernsehen, als dem wohl stärksten Ausdrucksmittel der Zukunft, eine Aktivierung unseres Miterlebens. Damit ist dann auch die Verantwortung der Programmseite eine viel grössere!
Schauermeldungen aus USA ohne Bedeutung
Den immer wiederkehrenden Schauermeldungen über die Auswirkungen des Fernsehens in den USA dürfen wir im Übrigen nicht allzuviel Bedeutung beimessen. Schliesslieh sind die beidseitigen Voraussetzungen doch grundverschieden. Anstelle einer Auswahl von sechs gleichzeitigen Programmen werden wir unsere Anstrengungen vorerst auf ein einziges konzentrieren; anstelle der Reklamefachleute wird die Schweizerische Rundspruch-Gesellschaft das Programm bestimmen; es wird sich auf Konzessionsgebühren stützen können, und vergessen wir nicht: das kulturelle Erbe und die kulturelle Vielgestali unseres Kontinents.
Glücklicherweise ist ja das Bild ebensowenig wie die Musik an die einzelnen Sprachgrenzen gebunden, weshalb wir denn auch für die Schweiz - wenigstens im Anfang - ein Einheitsprogramm vorsehen dürfen, ohne dadurch unser föderalistisches Staatsprinzip irgendwie zu verletzen.
Fernsehen nur für die Reichen ?
Gelegentlich wird die Auffassung herumgeboten, das Fernsehen sei praktisch eine Angelegenheit des reichen Mannes. Die Auffassung mag wohl für die Anfangsphase zu einem gewissen Grade zutreffen. Später aber dürfte es auch bei uns soweit kommen, dass das Fernsehen gerade von den weniger begüterten Kreisen am meisten gesehätzt wird. Die gegenwärtige Entwicklung in England tendiert bereits deutlich in dieser Richtung. Beispielsweise sind dort schon recht akzeptable Empfangsapparate für etwa £30.- auf dem Markt.
Fernsehen auf breiter Basis
Unser künftiges Heimfernsehen soll aber nicht nur ein neues Ausdrucksmittel und damit Selbstzweck sein. Darüber hinausgehend erwarten wir von ihm weitere Betätigungsmöglichkeiten, und nicht zuletzt soll unser Land später einmal auch am internationalen Bildaustausch teilnehmen können. Mit dem Fernsehteilnehmer sind daran unter anderem interessiert: Rundfunk, Film, Theater, Literatur und Presse, die bildenden Künste, Unterricht und Politik, Finanz, Verkehr, Handel und Industrie. .
Ein richtiggehendes Heimfernsehen ist auf die Dauer überhaupt nur auf breiter Basis möglieh. So folgt zwangsläufig der Grundsatz der Zusammenfassung der nationalen Kräfte und dementsprechend auch die enge Anlehnung an Bestehendes. Für Sonderinteressen dürfte wohl wenig Raum übrig bleiben.
Gedanken zu den Kinos, den Lichtspieltheatern
Wie bei jeder Neuerung wird natürlich auch Bestehendes in Mitleidenschaft gezogen. Dies gilt zunächst für die Lichtspieltheater. Streng genommen sind jedoch Kino und Heimfernsehen wohl wesensverwandt, aber nicht dasselbe. Die psychologische Situation zu Hause ist nicht dieselbe wie im Lichtspieltheater; im einen Falle sind Jugendliche dabei, im anderen nicht. Vor allem aber ist die Bildregie nicht dieselbe, mit Rücksicht auf das kleinere Auflösungsvermögen des Fernsehbildes.
Der grosse Spielfilm, das Farbenbild und die Fernseh-Großprojektion sind die Chancen des Lichtspieltheater und dazu kommen dann noch die elektronischen Mittel der Fernsehtechnik, welche der Filmerzeugung wiederum neue Möglichkeiten eröffnen. Zusammenfassend darf man heute wohl sagen, dass der Fernsehgedanke auch in der Schweiz durch immer weitere Kreise getragen wird und sich allmählich so etwas wie entente bildet, als Grundlage des weiteren Vorgehens.
Technische Vorbereitungen
Die Fernsehübertragung erfordert die Präzisierung einer ganzen Reihe technischer Bedingungen, wie etwa die Bildschreibweise, die Modulationsverfahren usw. Diese bilden in ihrer Gesamtheit einen bestimmten Bildstandard, wobei die Wahl der einzelnen Größen natürlich rein zweckbedingt ist.
Die Notwendigkeit des allgemeinen Programm- und Güteraustausches sowie die allfälligen Gefahren gegenseitiger Störungen durch Sender in benachbarten Ländern und Sender verschiedener Dienste machen die Normungsfragen zu solchen von internationaler Bedeutung. Insbesondere die Schweiz in ihrer Eigenschaft als kleines Land und nicht zuletzt infolge ihrer geographischen Lage, hat an den Normungsfragen ein vitales Interesse. Wir sind darin zu einer weltweiten Betrachtungsweise gezwungen.
Das CCIR
Das internationale Forum zur universellen Behandlung der Normungsfragen ist das "Comite Consultativ International des Radiocommunications" - das CCIR. In diesem Forum sind nun in den letzten Jahren grosse Anstrengungen unternommen worden: Die Züricher Konferenz vom Juli 1949, die internationalen Fernseh-Demonstrationen in Verbindung mit einer Inspektionsreise durch die USA, Frankreich, die Niederlande und England - es war auch eine größere schweizerische Delegation aus Kreisen der Verwaltung, Industrie, Hochschule und Rundfunk beteiligt -, die Londoner Konferenz vom Mai 1950 und die neulielie Expertenkonferenz in Genf.
Die Normungsfrage und der Programmaustausch
Wie dies bei den vorwiegend technischen Auseinandersetzungen im allgemeinen zu erwarten ist, hat dadurch die internationale Verständigung bedeutende Fortschritte gemacht, zum Teil auf Grund neuer Erkenntnisse. Es besteht jetzt eine weltweite Basis für den künftigen elektrischen Programmaustausch. Die einzigen Outsider sind zur Zeit noch die beiden Pionierstaaten England und Frankreich, die an ihre bisherigen Normen aus praktischen Gründen noch mehr oder weniger gebunden sind. Es ist wohl selbstverständlich, dass die Schweiz im internationalen System mitmacht, und damit ist für uns die Normungsfrage praktisch erledigt.
FI-1951 / 1. Jan.-Ausgabe - Unser künftiges System ist danach u.a. durch folgende Größen charakterisiert:
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- 625 Zeilen pro Bild, in zwei Halbraster unterteilt;
- 25 Bilder pro Sekunde;
- Bildformat 4:3 und so weiter.
Und zwar handelt es sich vorerst um das einfarbige Bild. Das Farbenfernsehen wäre an sich allerdings schon ziemlich alt, doch ist es, was das Heimfernsehen anbelangt, vom Stand der Betriebsreife offensichtlich noch weit entfernt. Im übrigen sollen Fernsehen und Rundfunk auf Meterwellen unter unseren Gegebenheiten eine Einheit bilden, das heißt, der künftige Fernsehteilnehmer soll mit ein und demselben Gerät auch Rundfunk und zwar im Wellenbereich des Fernsehens, empfangen können.
Über die Schweizer elektrischen Verkehrswege
Zu den primären technischen Aufgaben gehört ferner die Vorbereitung der elektrischen Verkehrswege. Diese sollen die einzelnen Landesteile miteinander verbinden, die Beziehungen mit den Nachbarstaaten und gleichzeitig den Transit durch unser Land gewährleisten, sowie unsere internen Programmquellen und Emissionsstellen erfassen.
Technisch stehen uns dazu die Mittel der Kabel- und Richtstrahlübertragung zur Verfügung, wobei dem letzteren zunächst eine bevorzugte Stellung zukommt. Die Gründe hierfür sind mannigfacher Art. Erstens ist der Richtstrahl dem heutigen Kabel in der Übertragung der in Frage kommenden Videosignale qualitativ überlegen. Er ist in der Instradierung flexibler und zudem ökonomischer, da wir ohnehin über ein Netz von Höhenstationen verfügen. Diese Höhenstationen dienen nämlich zugleich der Richtstrahl-Telephonie, dem mobilen Verkehr am Erdboden und in der Luft sowie der Rundstrahlung von Bild und Ton unseres künftigen Heimfernsehens usw.
Alternative wäre ein Kabelnetz
Es ist sogar anzunehmen, dass sich der Fernsehbetrieb anfänglich überhaupt nur über Höhenstationen und Höhenverbindungen abspielen wird, unsere Telephonzentralen also zunächst nicht berührt. Andererseits wird man zugeben müssen, dass vielleicht auch einmal in einer späteren Entwicklungsphase sich unser Kabelnetz an der Fernsehübertragung beteiligen kann, nicht zuletzt mit Rücksicht auf die anderweitigen Aufgaben der Radioübertragungen in den in Frage kommenden Spektralbereiehen.
Alles muß "über die Berge"
Über den Aufbau eines solchen Richtstrahlnetzes liegen bereits detaillierte Studien vor. Und für Telephonzwecke sind schon, neben einer Reihe von Lokalverbindungen, die Strecken Genf-Zürich und Bern-Lugano in Betrieb, mit den Höhenstationen: Chasseral, Jungfrau-Joch, Monte Generoso und Uetliberg. Zudem ist das Richtstrahlprinzip für den militärischen Aufgabenbereich von eminenter Bedeutung. Bereits sind auch schon mit dem benachbarten Ausland Versuchsverbindungen aufgenommen worden.
Schliesslich ist die verkehrsstrategische Stellung und somit die historische Mission der Schweiz im Bereich unserer Region immer wieder dieselbe, ganz gleich, ob es sieh um Alpenpässe, Alpentunnel, Transitkabel oder gar um Fernsehen handelt. Ein weiteres Prinzip der Fernsehübertragung, dem wenigstens im Anfangsstadium des Fernsehens in unserem Gelände einige Bedeutung zukommen dürfte, ist die sogenannte Baliübertragung. Es ist dadurch gekennzeichnet, dass das Programm einfach von Sender zu Sender weitergegeben wird, ohne Zwischenschaltung spezifischer Übertragungsmittel.
(Dieser Artikel wird in der kommenden Ausgabe mit Teil 2 fortgesetzt)
FI-1951 / 1. Jan.-Ausgabe
Frankreich: Pariser Fernseh-Programmsorgen
von unserem Pariser Mitarbeiter / Paris, Anfang Januar 1951
Das Pariser Fernseh-Publikum hatte seinen ersten öffentlichen "Televisionstreit".
Objekt: die Programmgestaltung.
Ursache: die Sendung der dramatischen Dichtung "Chloe" von Ribemont-Desaignes. Schon während der Sendung hagelte es erregte Telefonanrufe, die den verantwortlichen Regisseur und Bühnenbildner Jean Vigneau zur Verantwortung zu ziehen suchten für die angeblich herausfordernde Kühnheit, dieses für das Fernsehprogramm besonders konzipierte Stück zu bringen. Andere fanden es in duldsamerer Formulierung ihrer Kritik allzu "intellektuell" und darum gefährlich, während wieder andere es für ein Meisterwerk halten und die Programmleitung besonders beglückwünschten.
"Chloe" ist die - etwa im Stil von Cocteau's "Orphee" - ins Moderne übertragene Geschichte von Däphnis und Chloe. Sie spielt in den Ruinen einer vom Kriege zerstörten Stadt. Die dreizehnjährige Chloe wird durch Daphnis echte Liebe vor dem Schmutz und den Gefahren einer üblen Umwelt von kupplerischen Tanten, dem Gangster Bobi, einem vergreisten Baron, einem südamerikanischen Kapitän und einem das Leben nach seinen Verkehrsvorschriften regeln wollenden Polizeiinspektor, schliesslich doch mit Erfolg beschützt.
Auch in Frankreich here Absichten der Macher
Nach ihren eigenen Angaben war es die Absicht der Programmleitung, bei der Wahl gerade dieses Dramas, zu versuchen, die Television auf ein höheres intellektuelles Niveau zu heben durch ein Werk, in welchem sich aktuelle Sozialkritik im Stile Prevert's mit der dichterischen Gestaltungskraft eines Valery vereint. Auf Grund der Reaktion der Mehrheit des Fernsehpublikums ist dieser Versuch ein eklatanter Misserfolg.
Dabei ist zu erwähnen, dass auch Cocteau's "Orphee" vom Pariser Publikum und der Pariser Presse nicht der enthusiastische Empfang bereitet wurde, mit dem in den deutschen Großstädten Cocteau's Film aufgenommen wurde. Jedenfalls hat der französische Fernsehfunk heute noch nicht das anspruchsvolle Publikum, um mit Aussieht auf Erfolg solche Experimente unvermittelt zu wagen. Die Besitzer von Fernsehempfangsgeräten sind zurzeit in Paris und in Lille in der Hauptsache Neureiche und der Teil der Bourgeoisie, der seine festen Traditionen betont und im allgemeinen gern als stehengeblieben oder gar rückständig bezeichnet wird, sowie die Bastler, die sich ihre Apparate selber bauten.
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Der Preis ging an einen 15jährigen
Es fehlen noch völlig die gewichtige Schicht der modernen, fortschrittlieh gesinnten Intelligenz sowie die künstlerisch Interessierten und selbst künstlerisch Tätigen, die es erst zur Mitarbeit heranzuziehen gilt.
Es ist interessant in diesem Zusammenhang, dass bei einem neulich von der französischen Television veranstalteten Wettbewerb für ein Fernsehszenarium den Preis ein Rene Briot zugesprochen erhielt, von dem es sich hinterher herausstellte, dass er eben 15 1/2 Jahre zählt.
Der "Eingebildete Kranke" in der französischen Television.
Die Programmleitung der französischen Television hatte bisher für ihre Sendungen klassischer Werke stets die Mitglieder der staatliehen Comedie Frangaise eingesetzt (Regie: Claude Barma). Änlässlieh einer Sendung von Molitres "Eingebildetem Kranken" versuchte sie es zum ersten Mal mit einem neuen Ensemble unter der Regie von Bernard Hecht und mit Fernand Ledoux in der Titelrolle. Entzückend geistvolle Einfälle, überaus geschickte Bildsehnitte - besonders geglückt in diesem Zusammeniiang die Szene des jungen Diafoirus und der unglücklichen Angelika mit ausgezeichnet placierten Akzenten des Minenspiels in Grossaufnahmen und ein diabolischer Rhythmus voll Charme und Elan, die Akteinsehnitte waren ganz weggefallen. - Ein Moliere unter völlig neuen und bisher unbekannten Gesichtswinkeln offenbarte sich. Die Programmdirektion ist zurzeit auf diese Versuche am klassischen Repertoire besonders angewiesen, da es nicht immer gelang, mit dem Autorenverband zu einer Einigung über die Abgeltung der Rechte zu gelangen.
P.Ellmar. - im Januar 1951
FI-1950 / 1.Nov-Ausgabe - AUSLAND
Der Aufschwung des britischen Fernsehens.
von Gerald Sharp, BBC London
London, 25.Okt.1950 - Der Fernsehdienst der BBC arbeitet gegenwärtig mit zwei Sendern: einem in der Nähe von London, dem zweiten in Sutton Coldfield bei Birmingham in Mittel-England. Beide Sender übertragen zur Zeit das gleiche, aus London stammende Programm.
FI-1951 / 1. Jan.-Ausgabe - Fernsehen auf der Kino-Leinwand - Ein interessantes Experiment der französischen Television.
Im Kino "Madelaine", einem der grössten Lichtspieltheater in Paris, wird gegenwärtig die tägliche Fernseh-Sendung "Teleparis", eine aktuelle Pariser Tagesschau, auf grosser Leinwand projiziert. Um die Wirkung auf das Publikum und sein Urteil kennenzulernen, findet dieses Experiment vorerst bei freiem Eintritt statt und jeder Besucher kann sich an einer anschliessenden Diskussion beteiligen. Ausserdem wurde in das tägliche Programm des Kinos "Madelaine" eine Fernsehsendung eingeschlossen. Es handelt sich um Aufnahmen aus dem Beiprogramm des Kinos Gaumont Palace (Montmartre) mit Variete-, Gesang-, Tanz- und ähnliehen Darbietungen.
Ein Fernsehsender auf dem Dach des Gaumont Palace strahlt die Sendungen auf die Antenne des Kino Madelaine, von der sie dann in einem vor dem Kino stationierten, fahrbaren "Umformer-Atelier" empfangen, auf Filmstreifen gebracht, entwickelt und sofort den Zuschauern im Saal Madelaine gezeigt werden.
Fast wie eine Direktsendung
Der Zeitraum zwischen dem Verlauf der "Qriginal"-Vorstellung im Gaumont Palace und der Projektion auf der Leinwand des "Madelaine" ist derart kurz,daß die Übertragung fast einer Direktsendung gleichkommt. Die Ausführung dieses neuen sensationellen Fernsehprogramms soll nach französischen Darstellungen die amerikanischen Methoden an Präzision und Schnelligkeit weit übertreffen und soll mit amerikanischem Material nicht erreicht werden können. Die französische Presse bezeichnet die Einführung dieser neuartigen Fernsehsendungen, die bemerkenswerte Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit zwischen Fernsehrundfunk und Kino aufzeigt, als ein epochemachendes Ereignis, das der Projektion des ersten Filmstreifens am 28.Dezember 1895 gleichkomme.
FI-1951 / 1. Jan.-Ausgabe
England - In vier Jahren Fernsehen für 90% des Landes
Anläßlich einer Ausstellung "Die BBC und das Fernsehen" in Nottingham sprach Lord Simon, Vorsitzender der Gouverneure von BBC, über die Vorzüge der regionalen Sende-Einteilung und erläuterte die Ausgleichsfunktion der BBC-Zentrale zwischen London und dem übrigen Land.
Dieses Bestreben war auch in der Ausstellung veranschaulicht. Nottingham wird nun sein eigenes Fernsehstudio erhalten, in welchem ein BBC-Vertreter dafür Sorge trägt, dass die Qst-Midland-Grafschaften voll ins Bild kommen. Im Verlauf seiner Rede erklärte Lord Simon, dass jetzt zwar die Arbeiten an dem Sendemast in Holme Moss infolge besonderer Umstände gestoppt werden mussten, dass aber doch die berechtigte Hoffnung bestünde, innerhalb von vier Jahren den Fernsehdienst auf 90% des Landes auszudehenen. Noch in diesem Jahre, und zwar nach den "Festival of Britain", werde eine Rundfunk-Fernseh-Gruppe nach Birmingham gehen und von dort regelmässig die Hauptereignisse dieses Gebietes übertragen.
FI-1951 / 1. Jan.-Ausgabe
England erhält das dichteste Fernsehnetz der Welt.
Grosse Aktivität in der Entwicklung des britischen Fernsehens.- BBC stellt in den nächsten drei Jahren 60% ihres Investitionskapitals für das Fernsehen zur Verfügung.
Welch ausserordentliche Bedeutung Grossbritannien dem beschleunigten Ausbau seines Fernsehnetzes und der Ausgestaltung seines Fernsehdienstes beimisst, wird aus den Erklärungen des Generaldirektors der BBG, Sir William Haley, deutlich, die er dieser Tage auf einer Pressekonferenz abgab.
Der Direktor (bei uns der Intendant) erklärte . . .
Sir William Haley erklärte, dass die Ausgaben für den britischen Fernsehdienst für 1950/51 schätzungsweise 2.702.000 £ betragen werden. Das sind um 718.000 £ mehr als im Jahr 1949/50. Er sagte ferner, dass, trotz der Beibehaltung eines mögliehst hohen Standards für den Rundfunk, die BBC vorgesehlagen habe, in den nächsten drei Jahren über 60% ihres gesamten für Investitionen zur Verfügung stehenden Kapitals für den Fernsehdienst zur Verfügung zu stellen. Damit erhält erstmalig in England hinsichtlich der Investitionen das Fernsehen die Priorität vor dem Rundfunk.
Der Entschluss der BBC bedeutet, dass ungefähr 4.250.000 £ strlg in diesen drei Jahren für den Ausbau des Fernseh-Netzes und des Fernseh-Dienstes ausgegeben werden sollen.
- "Trotz der angespannten wirtschaftlichen Situation und aller gegenwärtigen Schwierigkeiten ist es wahrscheinlich", so erklärte Sir William Haley, "dass, wenn wir unser Programm durchführen können, in drei Jahren England prozentual das grösste Fernsehnetz der Welt besitzt und gleichzeitig auch, so hoffe ich, das anspruchsvollste Programm."
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Im Verlauf seiner Rede kam er auch darauf zu sprechen, dass die Verteidigung des Landes möglicherweise auch die BBC in Mitleidenschaft ziehen könne, da die englische Wirtschaft durch die Rüstung stark angespannt sei.
- "Gegenwärtig glauben wir jedoch, dass wir die fünf vorgeschlagenen Großsender (high-powered-stations) gemäss dem Programm errichten werden können."
Die Pläne sehen vor, 6 Rundfunk-Nebensender von BBC Mitte dieses Jahres mit Television-Einrichtungen auszustatten, gegenüber 2, die jetzt bereits diese Einrichtungen haben. Dadurch können auch Ereignisse, die bisher zu weit entfernt waren, um übertragen zu werden, ebenfalls mit in das Fernsehprogramm aufgenommen werden, wie Z.B. das Grand National in Liverpool.
Folgende neuen Fernsehstationen werden errichtet:
- Holme Moss (Nordengland) Mitte 1951;
- Kirk of Scotts (Zentral-Sehottland) Ende 1951;
- Bristol Channel (Wales und Westengland) Mitte 1952;
- Southampton 1952;
- Belfast 1953;
- Aberdeen 1953 und Plymouth 1954.
Nach Fertigstellung der fünf high-powered-stations können 78% der englischen Bevölkerung mit Fernsehsendungen versorgt werden. Drei Sender mit geringerer Leistung (low-powered-stations) sind bereits in Auftrag gegeben worden.
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FI-1951 / 1. Jan.-Ausgabe
Farbfernseh-Versuche in England.
Zur Entwicklung des Farbfernsehens erklärte Sir William Haley:
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- "Wir haben die Absicht, auf einer experimentellen Basis Aufträge an verschiedene Firmen zur Entwicklung des Dreifarben-Systems zu geben, damit auf diesem Gebiet ein Anfang gemacht werden kann. Wir haben für die Beschaffung des notwendigen Ausrüstungsmaterials Beträge in ! Höhe von 500.000 bis 750.000 £ strlg. bereitgestellt.
Diese Kosten werden nicht sämtlich aus den Fernsehgebühren bestritten, doch hoffen wir, daß es einst so sein wird. Wenn dies zurzeit noch nicht möglich ist, so hält es uns doch nicht davon ab, Vertrauen in die Zukunft des Fernsehens zu setzen und die Entwicklung nach Kräften zu fördern."
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FI-1951 / 1. Jan.-Ausgabe
AUSLANDSÜBERBLICK und ANREGUNGEN
Frankreich
Der französische Informationsminister Albert Gazier (Sozialist) äusserte sich vor der Pressekommission der Nationalversammlung über die augenblickliche Situation und die Pläne der franzosischen Television im neuen Jahr 1951. Danach wird das offizielle 819-Zeilen-System auf alle Fälle beibehalten und weiter ausgebaut neben dem alten System mit 441 Zeilen, das für den Pariser Sender mindestens bis 1958 fortgeführt wird.
Das Sendeprogramm, das zur Zeit für die alte Definition 25 Stunden pro Woche beträgt, wird bereits zu Beginn des neuen Jahres auch für die neue Definition dieselbe Stundenzahl erreichen. Der Sender in Lille, der ausschliesslich auf 819 Zeilen eingerichtet ist, wird ein Programm von 15 Stunden pro Woche bringen.
Befriedigende Resultate ermöglichen 1,5 Mill DM Budget
Der franzosische Informationsminister teilte ferner mit, dass die bisherigen Versuchssendungen des französischen Farbfernsehfunks überaus befriedigende Resultate ergeben haben und daß die neuen Empfangsapparate für das 819-Zeilen-System die Farbfernsehsendungen in Schwarz-Weiß wiedergeben, ohne besondere Zusatzapparate, wie sie in Amerika erforderlich sind. (Anmerkung : Dieses incompatible US-Farb-System mit Farbscheiben wurde später wieder gekippt.)
Der Kredit, den die französische Regierung im Jahre 1951 für die Television vorsieht, wurde auf 115 Mill. Francs (rd. 1 l/2 Mill. DM) erhöht, gegenüber 90 Mill. Francs im Jahre 1950.
Dennoch Verwirrung beim französischen Publikum
Eine beträchtliche Verwirrung besteht zur Zeit im französischen Publikum durch die gleichzeitigen Sendungen nach zwei Definitionen (441 Zeilen, noch nach dem alten System, und seit November 1950 daneben 819 Zeilen nach dem neuen System). Die neuen Empfangsapparate für 919 Zeilen sind seit Nov. 1950 im Handel zum Preise von 85.000. Francs (rd. 1.000 DM). Das veranlasste die Fabrikanten und Verkäufer von Empfangsapparaten alten Systems, besonders die Firma Philips, ihre Preise herabzusetzen, sodass vor Weihnachten 1950 ein besonders starker Absatz von Apparaten des alten Systems zu verzeichnen war.
FI-1951 / 1. Jan.-Ausgabe
AUSLANDSÜBERBLICK und ANREGUNGEN
England
Mit der besonderen Erlaubnis des Premierministers Attlee wurde im Konferenzsaal des britischen Aussenministeriums (Downingstreet Nr. 10), in dem für gewöhnlich die Sitzungen des Kabinetts stattfinden, zum erstenmal eine Fernseh-Aufnahmekamera installiert zur Fernsendung des Empfangs der Minister der Dominions anlässlich der grossen Konferenz des Common Wealth.
Das Gespenst von Canterville ? nein von Hampton Court
Es zeugt für den Spürsinn der Programmgestalter der Fernsehabteilung der BBC, interessante und für das Fernsehen auch werbewirksame Sujets ausfindig zu machen, wenn die BBC jetzt erstmalig ein "Historisches Schloßgespenst" mit der Fernsehkamera einfangen und es hunderttausenden "Sehern" in ihren Heimen sichtbar machen will.
Auch die Fernsehtechniker der BBC meinen voll Optimismus, sie seien heute in der Lage, auch "übernatürliche Dinge und Erscheinungen" zu senden und treffen alle Vorbereitungen zu einer aussergewöhnlichen Programmnummer: die Erscheinung eines authentischen Gespenstes!
Mit allen nur möglichen Tricks gegen den Geist
Im Schlosse von Hampton Court, der berühmten von Kardinal Woolsey erbauten und Heinrich VIII. überlassenen Residenz placierte ein Dutzend Televisions-Techniker die Scheinwerfer, Aufnahmeapparaturen und drei Sender, um Erscheinung und Klagelaute der 1542 von ihrem Gatten Heinrich VIII. enthaupteten fünften Gemahlin, - Katharina Howard - , in Bild und Ton festzuhalten. Dieses historische Gespenst pflegt alljährlich am 10. Januar um Mitternacht im Schlosse von Hampton-Court zu "spuken".
Sogar ein Detektor für infrarote Strahlen wird an der Stelle postiert, an der das Gespenst "mit Bestimmtheit" umzugehen pflegt. - Wie immer dieses originelle Experiment ausgehen mag, es bildet schon heute das interessierte Gespräch nicht nur des "spiritistisch" angehauchten, sondern auch des humorbegabten englischen Publikums.
Während das erstere die Sensation der "optischen und akustischen Konservierung" eines historischen Schloßgespenstes durch die Fernsehapparatur mit grossen Erwartungen entgegensieht, ist der andere Teil schadenfroh-neugierig, wie sich BBC aus dieser "geistvollen" Affaire ziehen wird, wenn der prominente Star aus dem Gespensterreich nicht mitmachen sollte. In jedem Fall hat dieser begabte Einfall der BBC-Leute zur Folge, dass das Fernsehen in England noch populärer wird. Über das Ergebnis dieser Londoner Fernsehsendung werden wir berichten.
Die erste Fernseh-Amateur-Lizenz
Die erste Lizenz, eigene Fernsehbilder zu übertragen, erhielt nun Englands führender Fernseh-Amateur Mr.J. Howard aus Stotfold, Beds. Es ist dies die erste Lizenz, die an Fernsehamateure überhaupt gegeben wurde. Der Generalpostmeister versprach ihm eine bestimmte Wellenlänge, die später von G.P.O. Ingenieuren für experimentelle Amateurübertragungen benutzt werden soll. Mr. Howard sendete kürzlich ein Varieteprogramm für 400 Zuschauer in Letchworth. Howard baute sich seine eigene Fernsehkamera samt Zubehör mit einem Kostenaufwand von 250 Pfund. Er ist nun dabei, Farbfernsehsendungen vorzubereiten, die er bald senden zu können hofft.
Wenn seine neue Wellenlänge in Betrieb ist, will er die Londoner Fernseh- Amateure mit Bildsendungen versorgen. Der Generalpostmeister sagte zu ihm: "Wir wollen nicht, dass uns die Amerikaner auch auf dem Fernseh-Amateur-Gebiet zuvorkommen." In Anerkennung seiner Pionierverdienste erhielt der 29-jährige Amateur vom britischen Amateur-Television-Club einen der neuesten Elektronen-"Messer", um Elektronen-Kreisläufe zu prüfen.