überarbeitet von Gert Redlich ab Feb. 2014 - Eigentlich sprechen wir von einer Gazette - Es sind gigantische Textmengen (Buchstaben-Wüsten), die die Autoren der "FI" in den 58 Jahren zusammen getragen haben. Damit das überhaupt vernünftig zu lesen ist, haben wir die Inhalte in jährliche Themengebiete aufgeteilt, die aber nicht in jedem Jahr gleich sind. - Sehr wichtig ist, es wurden alle Informationen, die Texte und die Erkenntnisse genau in der jeweils benannten Woche aufgeschrieben und nicht später ergänzt oder korrigiert.
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FI-1951 / 1. Jan.-Ausgabe
AUSLANDSÜBERBLICK und ANREGUNGEN
Schweiz
Die Lausanner Stadtbehörden haben mit Ermächtigung der Generaldirektion PTT und mit Unterstützung der Polytechnischen Schule der Universität Lausanne, der Societe Romande de Radio-diffusion und einer grossen Apparatefabrik die Initiative ergriffen, um die Öffentlichkeit für das Fernsehen zu interessieren. Bereits in diesem Jahr sollen Demonstrationen organisiert werden, und zwar drei- bis viermal wöchentlich mit Apparaten, die in der Halle des Hauptbahnhofes, der Halle der Hauptpost und in Schaufenstern aufgestellt werden. Das Publikum wird diesen Sendungen unentgeltlich folgen können. Es sollen Film-Vorführungen sowie Direktsendungen, für die eine Anzahl Künstler ihre Mitwirkung zugesagt haben, dargeboten werden.
Wie die Erfahrungen zeigen, benötigt der "Kundendienst" am Fernsehempfänger eine besondere Ausbildung der Radiomechaniker. In der Schweiz haben deshalb Industrie und Handel schon jetzt mit den diesbezüglichen Vorbereitungen eines "Fernseh-Service" begonnen.
FI-1951 / 1. Jan.-Ausgabe
AUSLANDSÜBERBLICK und ANREGUNGEN
Österreich
In Innsbruck wurde die erste Fernseh-Ausstellung Österreichs eröffnet, auf der moderne Fernsehgeräte der französischen Fernsehindustrie gezeigt werden.
FI-1951 / 2. Jan.-Ausgabe
AUSLAND - Schweizerische Fernsehfragen
Die Fernsehprobleme des modernen Kulturstaates
(Aus dem Jahrbuch "Die Schweiz" 1951 mit freundl. Erlaubnis des Verlages "Neue Helvetische Gesellschaft", Bern.)
von Dr. W. Gerber - Experte für Fernsehfragen der Generaldirektion PTT
(nach ihm wurde später die "Gerber Norm" benannt)
Teil 2.
Besondere Aufmerksamkeit gebührt gegenwärtig den mit der öffentlichen Aussendung des Programmes verbundenen Fragen. Über Rundstrahler im Meterwellenbereich dürfte es möglich sein, unsere grösseren Bevölkerungszentren sowie die verhältnismässig dicht bevölkerten Zonen einigermassen zu erfassen. Als Standorte dieser Rundstrahler kommen kleinere und grössere Anhöhen in Frage, die im Rahmen einer Gesamtplanung und auf Grund von Versuchen sorgfältig zu bestimmen sind. Letzten Endes ist jedoch die Planung unseres Fernsehnetzes eine internationale Angelegenheit.
Die allgemeine Unterteilung der Frequenzbänder in bestimmte Kanäle allein genügt nicht. Ist diese einmal erfolgt, so handelt es sich alsdann darum, auf regionaler Grundlage - beispielsweise Mitteleuropa - die internationale Verteilung dieser Kanäle zu regeln. Eine diesbezügliche Fühlungnahme unter den Sachverständigen hat bereits stattgefunden, und es ist damit zu rechnen, dass schon in allernächster Zeit über die internationale Verteilung der Kanäle verhandelt wird.
Fernsehempfänger und Empfangsanlagen
Fragen mehr technisch-organisatorischer Art betreffen den künftigen Unterhalt der Empfangsanlagen. Wie die Erfahrungen zeigen, benötigt der Service der Fernsehempfänger eine besondere Ausbildung des Radioreparateurs. Es ist deshalb durchaus richtig, wenn sich Industrie und Handel heute schon mit den diesbezüglichen Vorbereitungen befassen.
Weitere Aufgaben technisch-organisatorischer Art warten im übrigen auf dem Gebiet der Beeinflussungsfragen: Bekanntlich sind im Fernsehbetrieb die atmosphärischen Störungsbeiträge praktisch bedeutungslos. Dagegen besteht eine Reihe von Fremdstörungen technischen Ursprungs, herrührend von Reflexionserscheinungen an Flugzeugen, Zündmotoren, medizinischen und industriellen Hochfrequenzapparaten sowie von Radioanlagen verschiedenster Art. Man wird also auch in diesem Spektralbereich zu Schutzmassnahmen greifen, sowohl auf nationaler Basis als auch im internationalen Zusammenhang.
Weiteres Vorgehen
Wie steht es nun aber beispielsweise mit unseren Programmquellen? Die bisherigen öffentlichen Fernsehbetriebe sind bekanntlich allesamt in den grossen Weltstädten entstanden. Denn diese ungeheueren Zusammenballungen an Menschen und Mitteln, auf der Sendeseite einerseits und auf der Empfangsseite andererseits, sind die naheliegendsten Voraussetzungen eines Fernsehbetriebes. Ihre Programmquellen sind verwiegend Studios, und die arteigene Entwicklung führt zu immer grösseren Programmfabriken.
Und was da produziert wird, ist zu einem grossen Teil ein Boulevardprogramm, wofür schliesslich auch der geeignete Konsument, d.h. das Weltstadtpublikum, an Ort und Stelle vorhanden ist. Unser Land verfügt aber weder über solche Kapitalien, noch über genügend anderweitige Mittel. Selbst Zürich wäre auf die Dauer als Milieu zu klein, um ein zentrales Studio zu beherbergen.
Eine "schweizerische" Fernseh-Lösung
Gemäss der föderalistischen Struktur unseres Staatswesens sind unsere natürlichen Programmquellen mehr oder weniger über das ganze Land verteilt. In ihrer Gesamtheit sind es reiche Mittel, entsprechend der kulturellen Vielgestalt, und es handelt sich nun darum, diese im Sinne einer schweizerischen Lösung dem Fernsehen zu erschliessen.
Jedes andere Vorgehen würde zu einem Fernsehen führen, das irgendwie "in der Luft hängt", d.h. unserer Lebensart fremd wäre. Es drängt sich also eine Lösung auf, die dem heutigen Rundspruchbetrieb mit den sechs Studios entspricht, wobei allerdings - hauptsächlich aus ökonomischen Gründen - vorerst nur ein Gemeinschaftsprogramm in Frage kommen kann.
Fernsehen wird vom Bild bestimmt
Wie bereits erwähnt, prävaliert im Fernsehen die Bildkomponente, und die ist glücklicherweise nicht exklusiv wie eine bestimmte Sprache, und schliesslich wollen wir doch Fernsehen! Natürlich wird man sich, mit Rücksicht auf die verhältnismässig hohen Betriebskosten, im Aufwand für Fernsehstudios aufs Äusserste beschränken müssen.
Viele unserer Programmquellen können aber schon zu Beginn der Anlaufzeit mit mobilen Fernseh- und Filmequipen erfasst werden, unter Mitarbeit der übrigen Studios und evtl. der Schweizer Filmwochenschau.
Technisch stehen zur Verfügung die klassische Filmkamera sowie die Fernsehkamera zur Herstellung von Telefilmen, mit der späteren Möglichkeit der zeitlich unmittelbaren Übertragung über Richtstrahlverbindungen.
Auch aus dem Ausland dazukaufen
Zu den Programmquellen zählt ferner das Ausland, mit dem schon von Anfang an ein gegenseitiger Austausch anzustreben ist, einerseits über elektrische Verkehrswege und andererseits über die Mittel des Telefilmes.
Dazu wird ein zentraler Fernsehdienst notwendig sein, welcher unser Programm aus den verschiedenen nationalen und internationalen Beiträgen zusammensetzt und gleichzeitig auch unsere Programmbeiträge an das Ausland betreut. Bei dieser Gelegenheit ist nämlich daran zu erinnern, dass wir es im Fernsehbetrieb ja mit Meterwellen zu tun haben und somit normalerweise nicht mit Fernempfang rechnen dürfen. Wenn also beispielsweise jemand in Zürich später einmal einen Ausschnitt aus einem Wiener Programm zuhause empfangen will, nützt es ihm garnichts, etwa auf einen Wiener Sender einstellen zu wollen; er wird praktisch nur über den Uetliberg-Sender empfangen können.
Finanzierung - das Kardinalproblem
Wohl das Kardinalproblem der jetzigen Entwicklungsphase ist die Finanzierung. Natürlich sind die einzelnen Auffassungen noch recht verschieden. Bundesbeiträge a fonds perdu; Anleihen; Staats- und Gemeindebeiträge an Studiobauten; Radiofranken kontra Fernsehfranken, Zulassung einer differenzierten Reklame; so lauten ungefähr die einzelnen Postulate der gegenwärtigen Auseinandersetzung.
Obschon das Fernsehen an sich eine verhältnismässig geldintensive Angelegenheit ist, sind die in Frage kommenden Grössenordnungen denn aber doch nicht so, dass man sich nicht auf einen gemeinsamen Nenner einigen könnte!
Hauptphasen der Entwicklung
Die Generaldirektion der Post-, Telegraphen- und Telephonverwaltung,
in ihrer Eigenschaft als Inhaberin des Regales der Nachrichtenübertragung, hat nun eine Kommission für Fernsehfragen konstituiert als konsultatives Organ, das der zuständigen Verwaltung in allen Fragen des weiteren Vorgehens mit Rat und Tat beistehen wird.
Im wesentlichen ist diese Kommission der Auffassung, dass nur ein wohlabgewogenes, schrittweises Vorgehen in Frage kommen kann, bestehend aus drei Hauptphasen:
- den rein technisch konzipierten Übertragungsversuchen,
- dem Versuchsbetrieb und
- dem regulären Betrieb.
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Die Übertragungsversuche
Die Übertragungsversuche dienen der technischen Planung des Fernsehnetzes, also vor allem der Disposition der Verkehrswege und der Emissionszentren. Zunächst ist nun auf dem Uetliberg ein mobiler Sender installiert, um vorerst die technischen Gegebenheiten dieses Zentrums näher abzuklären. Alsdann werden die Emissionsversuche in der Westschweiz, später im Bereich vom Basel usw. fortgesetzt.
Im Laufe des Jahres 1951 kommt noch eine Richtstrahlapparatur hinzu, um auch die Fernübertragung der Bildsignale vorzubereiten. Alle diese Versuche werden gemeinsam mit der Eidg. Technischen Hochschule, Handel und Industrie und weiteren interessierten Kreisen durchgeführt. Sie dienen also gleichzeitig auch ganz allgemein der technischen Vorbereitung im kommerziellen Sektor, sind aber im übrigen nicht öffentlich. Nach den heutigen Schätzungen dürften die Übertragungsversuche sich voraussichtlich über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren erstrecken. Dipl.Ing. Harry Laett leitet diese Versuche.
Die Erzeugung des Programms
In einer weiteren Phase handelt es sich darum, mit der Erzeugung des Programmes vertraut zu werden. Diese Aufgabe besteht im wesentlichen aus Prägen der Programmgestaltung und der Bilderzeugung an sich. Beides muss aber erst noch gelernt werden! Dazu dient der Versuchsbetrieb. Aus rein praktischen Gründen wird er sich anfänglich auf verhältnismässig wenige Emissionen beschränken müssen. So könnte man sich beispielsweise ein Programm vorstellen, das zunächst mit einem Abend pro Woche beginnt und dann mit zunehmender Routine und Sachkenntnis allmählich auf zwei, drei Abende übergeht und so weiter.
Und da nun die Normungsfrage neuerdings abgeklärt ist, kann der Versuchsbetrieb sozusagen von Anfang an in der Öffentlichkeit durchgeführt werden, womit es denn auch möglich wird, zu sehen, wie das Publikum reagiert. Als grösstes Milieu der Schweiz, mit einer hervorragenden Konstellation in Bezug auf den Senderstandort, ist der Platz Zürich für die Durchführung des Versuchsbetriebes geradezu prädestiniert. Die Versuchsbasis kann und soll aber eine gesamtschweizerische sein.
Die Normungsfrage ist zum Glück geklärt
Deshalb wird der Versuchsbetrieb zweckmässigerweise in direkter Zusammenarbeit der PTT-Verwaltung mit der Rundspruchgesellschaft durchgeführt, wobei der letzteren die Aufgaben der Programmerzeugung zukommen. Da das Heimfernsehen lediglich eine weitere Entwicklungsstufe des Rundspruches darstellt, gilt nämlich bereits als ausgemacht, dass die zuständige Verwaltung als Inhaberin des bereits genannten Regales, später die Programmseite in aller Form an die heutige Rundspruchgesellschaft auf dem Konzessicnswege delegiert.
Neben ihren Funktionen als Aufsichtsbehörde würde sich dann die PTT somit - ähnlich dem heutigen Rundspruchbetrieb - auf die Beschaffung und den Betrieb der technischen Anlagen beschränken. Sobald nun einige Resultate der erwähnten Übertragungsversuche vorliegen, kann auf dem Uetliberg eine definitive Sendeanlage mit einer Leistung von einigen Kilowatt disponiert werden.
Dazu kommt dann noch ein Richtstrahlanschluss an das Fernsehstudio im Stadtgebiet. Mit Rücksicht auf den gesamtschweizerischen Charakter des Versuchsbetriebs, ferner in der Absicht, voreiligen Studiobauten auszuweichen, und nicht zuletzt, um mit der Filmseite von Anfang an in Kontakt zu kommen, wird die Möglichkeit geprüft, die bereits vorhandenen technischen Anlagen der Filmstudio Bellerive A.G. als Produktionszentrum des Programmes zu verwenden.
Partner im gemeinsamen Programmbetrieb
Von der vorliegenden Gesamtkonzeption ausgehend, würde es sich alsdann darum handeln, neben Vertretern der Verwaltung und der Rundspruchgesellschaft auch solche der schweizerischen Filmproduzenten in den gemeinsamen Programmbetrieb, zur Mitarbeit und zu Ausbildungszwecken zu delegieren. Ein solcher Versuchsbetrieb kann frühestens auf Ende des Jahres 1951 verwirklicht werden - nicht zuletzt mit Rücksicht auf die Vorbereitungsmöglichkeiten und Lieferfristen unserer Industrie - und wenn alles gutgeht, dürfte er sich auf ungefähr zwei Jahre erstrecken. Unterdessen sollte es dann auch möglich sein, die bereits erwähnte mobile Aufnahmeequipe richtig vorzubereiten.
Der Beginn des regulären Betriebes ist dann dadurch gekennzeichnet, dass die Studios der Rundspruchgesellschaft - zunächst das Studio Zürich und ein westschweizerisches (Lausanne) - in ihre Rechte treten, weitere Landesteile mit Fernsehprogrammen versorgt werden, und vor allem auch der Programmaustausch mit dem Ausland richtig in Gang kommt. Es wäre wohl müssig, heute ein Näheres darüber aussagen zu wollen. Denn, wenn wir schon alles wüssten, wären ja die beiden Versuchsphasen nicht notwendig.
Amerikanische Finanzinteressen am europäischen (und am Schweizer) Fernsehen.
Als bekannt wurde, dass auch die Schweiz Vorbereitungen für die Einführung eines Fernseh-Dienstes trifft, zeigte sich ein bemerkenswertes ausländisches Interesse, den Fernsehbetrieb in der Schweiz zu übernehmen.
Der PTT-Verwaltung in Bern als Konzessionsbehörde gingen verschiedene Anfragen und Konzessionsgesuche von amerikanischen Organisationen und Unternehmern zu, das Fernsehen in der Schweiz zu finanzieren.
Ausländische Unternehmer zeigten sich bereit, - allein oder mit Schweizer Beteiligung - Fernsehsender zu errichten und die Risiken für die Einführung zu tragen, in der Hoffnung auf spätere Gewinne. Manche Projekte wollten ausser dem Fernseh-Programm auch noch den Verkauf und Vertrieb von Empfangsgeräten kontrollieren, um auf diese Weise das Fernseh-Geschäft sicherer und ertragreicher zu gestalten.
Aber nicht nur Amerikaner haben Interesse
Auch kapitalkräftige Schweizer Bewerber zeigten sich bereit, die Risiken für die Einführungszeit zu tragen, in Erwartung späterer finanzieller Gewinne aus dem Fernsehbetrieb. Wie wir hierzu erfahren, sind diese Projekte aber in der Schweiz nicht in Erwägung gezogen worden.
Nach dem offiziellen Plan wird das Fernsehen analog wie der schweizerische Rundfunk organisiert, d.h. der Programmbetrieb wird von der schweizerischen Rundspruchgesellschaft und der technische Betrieb von der PTT-Verwaltung besorgt werden. Keinesfalls werden ausländische Unternehmer finanziellen oder sonstigen Einfluss auf das Fernsehen in der Schweiz gewinnen. In den massgebenden Kreisen der Schweiz ist man sich darüber im klaren, dass eine so wichtige kulturelle Angelegenheit wie das Fernsehen nicht in ausländische Hände fallen darf, auch dann nicht, wenn der Programmdienst selbst von Schweizern kontrolliert wird.
Die Folgen eines solchen Vorgehens wären unabsehbar. Ferner wären ein Monopol oder sonstige Vorrechte, die Ausländern für den Vertrieb von Fernseh-Empfängern gegeben würden, für die schweizerische Radio-Industrie und den Radio-Handel ruinös.
FI-1951 / 2. Jan.-Ausgabe - AUSLANDSÜBERBLICK und ANREGUNGEN
Schweiz
Die Condor Film A.G. in Zürich, ein sauber und künstlerisch arbeitendes Unternehmen mit starker Initiative, hat sich auch frühzeitig den Aufgaben zugewandt, die das Fernsehen der Filmindustrie stellt. In diesen Tagen hat die Condor-Film nun eine interessante Demonstration durchgeführt, die beweist, was mit guten Einfällen, Initiative und Tatkraft aber auch weitsichtiger Aufgeschlossenheit zum Nutzen von Film und Fernsehen erreicht werden kann.
Der Produzent der Condor-Film A.G., Dr. Fueter, hat kürzlich mit einer Dreierequipe in einem Flugzeug die drei wesentlichsten Fernsehzentren Europas auf gesucht, über die verschiedenen Anlagen jeweils eine Kurzreportage gedreht, die in einem für die Fernsehsendung bestimmten Dokumentarstreifen "Television Hamburg-Paris-London" zusammengefasst sind.
Die Besuche galten dem Versuchssender des NWDR in Hamburg, den Studios des Postes de Television Paris, und der BBC im Alexandra Palace und in White City in London. Führende Persönlichkeiten der jeweiligen Organisation stellten sich zu einem kurzen Interview zur Verfügung, das den im Bild festgehaltenen Stand der Entwicklung wertvoll ergänzte.
Mit dem Produzenten selbst waren Chef-Operateur Rene Böniger und der Reporter Felice Vitali unterwegs. Der Film, der in erstaunlich kurzer Zeit fertiggestellt und vorgeführt wurde, und der trotzdem ein äusserst klares, übersichtliches Bild des behandelten Gegenstandes vermittelt, wird zum ersten Mal im Programm der Lausanner-Television-Versuchssendungen gezeigt werden. Es handelt sich hierbei um den einzigen Bildstreifen, der speziell für diese Sendung hergestellt wurde. Der Lausanner Versuchssender wird also als erster in der Lage sein, einen Film über das Fernsehen für das Fernsehen zu zeigen.
FI-1951 / 2. Jan.-Ausgabe - AUSLANDSÜBERBLICK und ANREGUNGEN
Italien
Der auf dem Monte Eremo bei Turin aufgestellte Sender der RAI dient vorerst Versuchszwecken. Er strahlt Programme aus, jedoch zu unregelmässigen Zeiten. Wann dieser Sender mit regelmässigen öffentlichen Sendungen beginnen wird, steht noch nicht fest, da dort noch alles "in voller Entwicklung ist".
FI-1951 / 2. Jan.-Ausgabe - AUSLANDSÜBERBLICK und ANREGUNGEN
Österreich
Zur Vorbereitung eines Fernseh-Dienstes in Österreich hat die österreichische Bundespostverwaltung Pläne für eine zu errichtende Fernseh-Versuchsstation ausgearbeitet. Ausserdem sollte der Bau von Fernsehgeräten durch die heimische Industrie gefördert werden. Der Exekutivausschuss des Alliierten Rates hat nun jedoch das Ansuchen der hiesigen Bundesregierung, das vierte in der selben Angelegenheit, abschlägig beschieden, da von sowjetrussischer Seite Bedingungen gestellt wurden, die eine freie Verfügung der österreichischen Behörden über den Femseh-Sender stark beeinträchtigen würden.
FI-1951 / 2. Jan.-Ausgabe
AUSLANDSÜBERBLICK und ANREGUNGEN
England - 500.000 Fernsehlizenzen
Nachdem im Oktober 1950 in England die 500.000ste Fernsehlizenz (Anmerkung: Empfangslizenz) vergeben wurde, hat die britische Fernsehindustrie ihre schwierigste Periode überwunden. Die Gesamtverkäufe für 1950 betragen schätzungsweise 400.000 Empfänger und dürften in diesem Jahr, wenn der Holm-Moss-Sender im Juni und der schottische Sender gegen Jahresende in Betrieb genommen werden können, 700.000 Empfänger erreichen. Gegenwärtig beträgt die industrielle Erzeugung ungefähr 50.000 Geräte monatlich. Sie liegt also beträchtlich höher als zu Anfang des Jahres 1950.
Änderungen beim Fernseh-Geräte-Absatz
Beim Fernseh-Geräte-Absatz haben sich im Rahmen der steigenden Nachfrage in letzter Zeit bemerkenswerte Änderungen vollzogen. Da sich die Qualität der Empfänger allgemein weiter verbessert, der Qualitätsunterschied zwischen den einzelnen Fabrikaten sich aber verringert hat, erstreckt sich jetzt die Hauptnachfrage auf die billigeren Tischmodelle im Preis von 40 und 50 Pfund oder noch billiger, während vorher grössere Geräte bevorzugt wurden. Der Hauptgrund dieser veränderten Absatzentwicklung ist einmal darin zu suchen, daß das Fernsehen jetzt in immer breitere Schichten eindringt und dass die Tischempfänger nun fast ebenso gute Bilder vermitteln wie die grossen Empfänger, und dies sogar auch in den Randbezirken der Empfangsgebiete.
Am stärksten ist der FS-Geräte-Absatz im Gebiet von London, das vom Alexandra Palace - Sender versorgt wird. Die Reichweite dieses Senders erstreckt sich, dank der Verbesserung von Sender und Empfangsgeräten, jetzt bis zur Südküste und der Insel Wight.
Die Markteröffnung in einem neuen Gebiet verlangt zunächst etwas Geduld und eine gute psychologische Marktvorbereitung. Die Fabrikanten, die dies übersehen haben, sind vielleicht enttäuscht über ihre Verkäufe in der Gegend von Birmingham.
Alle Kräfte für die (militärische) Wiederaufrüstung
Die weiteren Entwicklungen in der englischen Fernseh-Geräte-Industrie lassen sich noch nicht genau übersehen. Man weiss noch nicht, welchen Einfluss die (militärische) Wiederaufrüstung auf die Produktionsgestaltung der Radio- und Fernsehindustrie haben wird.
Offizielle Mitteilungen über die an die Industrie gemachten oder noch zu machenden Auflagen liegen bisher noch nicht vor. Ein dringender Bedarf zeigt sich für Radar-Ausrüstungen sowie für Radio-Ausrüstungen für Flugzeuge. Auch die Produktion von ferngelenkten "Wurfgeschossen" wird Kapazitäten der Radio-Industrie und der Radio-Zubehörindustrie in Anspruch nehmen.
Die Story vom berühmten Schlossgespenst von Hampton-Court
Alle Vorbereitungen der BBC, in der Nacht zum 10. Januar das berühmte Schlossgespenst von Hampton-Court, den "Geist" von Katharina Howard, der fünften Frau Heinrich VIII., mit Hilfe zahlreicher Fernseh-Kameras für die Television "einzufangen" waren vergeblich. Nicht weniger als 2 Millionen britische Fernseh-Teilnehmer harrten gespannt und zum Teil belustigt an ihren Apparaten der Dinge, die nicht kommen wollten.
Die meisten Zuschauer waren keineswegs sehr erstaunt, dass der Star aus dem Gespensterreich, der ja im Jahr 1917 zum letzten Mal beobachtet worden war, dem Wunsch der BBC nicht Folge geleistet hat. Immerhin war es eine der populärsten Fernsehsendungen der BBC und es zeigte sich wieder einmal, dass eine "gekonnte Panne" mehr zur Popularisierung einer publizistischen Einrichtung beiträgt, als mittelmäßige Darbietungen, von denen niemand spricht - wenigstens in Ländern, deren Bevölkerung Humor besitzt.
Die British Industry Fair 1951
Die British Industry Fair 1951 findet vom 30.April bis 11.Mai in London und Birmingham statt. Nach amtlichen britischen Mitteilungen werden alle Anstrengungen gemacht werden, um die British Industry Fair 1951 zu der besten und repräsentativsten Industrie- und Handelsmesse auszugestalten, die jemals in Grossbritannien gezeigt wurde.
Auch die britische Fernseh-Industrie wird auf dieser Messe ihre neuesten Modelle zeigen. In die Ausstellungszeit fällt auch die Eröffnung des Festival of Britain, an dem sich BBC mit Fernseh-Sondersendungen und mit eigens für diese Veranstaltung in Auftrag gegebenen Fernsehfilmen beteiligen wird.
FI-1951 / 1. Feb.-Ausgabe
Diplomatisches Zwischenspiel um Bildnormen
Wir wissen, dass Frankreich mit allen Mitteln - auch diplomatischen "Anregungen" usw. - bestrebt ist, seine 819-Zeilennorm zur europäischen zu erheben. Man übersieht dabei leicht, dass in Frankreich zwei Normen, und zwar durchaus nicht zum Vorteil des Fernsehdienstes, benutzt werden. Die 451-Zeilennorm (für 10 Jahre!) nehmen z.Zt. etwa 14.000 - 16.000 Empfänger auf und die 819-Zeilennorm ganze - 2.000 Empfänger! Das ist kein grosses Gewicht für die französischen Argumente, zumal auch die Programme von der franzosischen Presse als unzureichend bezeichnet werden. Ferner sollen mit Grossbritannien (nach englischen Pressemeldungen) Besprechungen geplant sein, evtl.die BBC-Norm von 405 Zeilen auch für Frankreich anzunehmen.
England und seine alte Norm
England sucht Bundesgenossen für seine alte Norm, aber selbst wenn eine Einigung mit Frankreich zustande käme (was nach der bisherigen Haltung von Paris unverständlich wäre), würde das unseres Eraehtens keinen entscheidenden Einfluss auf die europäischen Länder haben können, die sich für die 625 Zeilen entschieden haben.
In einer propagierten Brücke London - Paris fehlen z.B. zwei wesentliche Glieder: Holland und Belgien. Die holländische 625-Zeiiennorm steht fest; in Belgien fordern die Flamen sie ebenfalls; während die Wallonen zu den französischen 819 Zeilen neigen. Z. Zt. ist ein Übergewicht für 625 Zeilen erkennbar, die heute schon allgemein als die europäischen bezeichnet werden. - Uns können diese Fragen nicht stören. Wir sind in der Lage des aufmerksamen Betrachters, wobei wir aber auch Italien, die Schweiz und die skandinavischen Länder nicht übersehen, die zur 625 Zeilennorm stehen.
FI-1951 / 1. Feb.-Ausgabe - AUSLAND
Schweiz
Schweizerische Rundspruchgesellsehaft und das Fernsehen.
Fernseh-Projekt vor dem Bundesrat. - Von unserem Schweizer Mitarbeiter - Bern, Anfang Februar 1951
Die Ankündigung eines Fernseh-Versuchsbetriebes, der etwa Mitte 1952 in Zürich aufgenommen werden soll, hat in der Schweiz zu lebhaften Diskussionen geführt. Es wird beabsichtigt, die Schweizerische Rundspruchgesellschaft (SRG), der als Dachgesellschaft die regionalen Radiogenossenschaften angehören, die Konzession für den Fernseh-Programmbetrieb zu erteilen, wogegen die PTT-Verwaltung den technischen Sendebetrieb übernehmen wird.
Die SRG "muss" bezahlen
Es versteht sieh von selbst, dass die SRG finanzielle Beiträge für die Einführung des Fernsehens bereitstellen muss. Diese Lösung findet nicht allgemeine Zustimmung. So hat der Vorstand der Radiogenossenschaft Bern auf Antrag des Berner Studiodirektors Dr. Schenker in einer Resolution Stellung zur Frage der Einführung des Fernsehens genommen, in der es heisst:
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- "Ohne ein Werturteil darüber abzugeben, ob es der technische Stand dieser neuen, noch vollständig in Entwicklung befindlichen Erfindung schon heute rechtfertigt, sie in der topographisch ungünstigen Schweiz zu propagieren und einzuführen, lenkt die Radiogenossenschaft Bern, gestützt auf die im Ausland zurzeit noch festzustellende Programmgestaltung, die Aufmerksamkeit der Behörden und der Öffentlichkeit auf die Tatsache, dass das Fernsehen grosse erzieherische und psychologische Gefahren mit sich bringt. Gefahren, die für Staat und Familie zum Teil unabsehbare zersetzende Auswirkungen im Gefolge haben können. Da sich aus finanziellen Gründen ein Schweizerischer Fernsehbetrieb weitgehend auf die ausländische Produktion stützen muss, würde er mit dazu beitragen, fremde Ideologien und unserem Volk nicht entsprechende Lebensauffassungen bei und zu verbreiten . . ."
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Erklärungen auf der Pressekonferenz in Bern
Wenige Tage später, am 23.Januar 1951 berief der Generaldirektor der SRG, Marcel Bezencon, eine Pressekonferenz nach Bern ein, in der die Haltung der Schweizerischen Rundspruchgesellschaft zur Frage der Einführung des Fernsehens dargestellt wurde.
Unterstützt durch den Verwaltungsdirektor der SRG, Georges Conus, und den Experten für das Fernsehen, Ing. Paul Bullac, wurden Angaben gemacht, die näheren Aufschluss über die Fernsehplanung in der Schweiz geben. Wie Generaldirektor Bezencon ausführte, muss sich der Schweizer Rundspruch mit dem Fernsehen befassen, wenn sich Radio und Television harmonisch ergänzen und nicht konkurrenzieren sollen. Auch muss sich die Schweiz rechtzeitig die notwendigen Frequenzen für ihre Sender sichern und auch dafür sorgen, im kommenden internationalen Programmaustausch mitzuwirken.
Um die notwendigen Erfahrungen zu sammeln, ist für die Dauer von drei Jahren ein Fernseh-Versuchsbetrieb mit einem 5kW-Sender auf dem Uetliberg bei Zürich vorgesehen, der etwa 1 Million Einwohner im weiten Umkreis bis nach Aarau, Baden und Luzern erfassen wird. Die Kosten wurden mit 1,2 Mi11. Franken pro Jahr errechnet, mit einer Sendezeit, die anfänglich zwei Stunden pro Woche betragen wird, die jedoch bis zu sieben Stunden ansteigen soll. Die Finanzierung ist heute noch nicht endgültig festgelegt. Die Schweizerische Rundspruchgesellschaft und die PTT-Verwaltung sollen dazu jährlich je 300.000 Fr. beitragen, während der Restbetrag aus verschiedenen Quellen beschafft werden soll. Dabei ist aber Vorsorge getroffen, dass die für das Radioprogramm bestimmten Beträge nicht geschmälert werden dürfen.
Schweizer Fernsehen muss kommen
Das Projekt ist in der Schweizer Presse fast durchwegs freundlich begrüsst worden. Auch jene Kreise, die im Fernsehen eine kulturelle Gefahr zu erkennen glauben, sind überzeugt, dass seine Einführung früher oder später unvermeidlich ist und sein Programm daher am besten bei der SRG- aufgehoben ist. Gegenwärtig befasst sich der Bundesrat mit diesem Projekt, das voraussichtlich auch in der März-Session des Parlaments zur Sprache kommen wird. Es wird also von den politischen Instanzen abhängen, wann und in welcher Form das Fernsehen in der Schweiz eingeführt werden wird.
P.B.
Bis hierhin ist das der Teil 2 der Europa Artikel -
es geht weiter mit Teil 3
FI-1951 / 1. Feb.-Ausgabe - AUSLAND
England
Finanzierung des britischen Fernsehens.
Am 18. Januar legte der Beveridge-Ausschuss seinen Untersuchungsbericht über die BBC, die British Broadcasting Corporation vor. Dieser Ausschuss, der 1949 von der Regierung eingesetzt worden war, um durch Prüfung aller Programm-, Organisations- und Rechtsprobleme der BBC Unterlagen für die Neufassung ihrer am 31. 12. 1951 ablaufenden Verfassung (Royal Charter) zu schaffen, kam für das Gebiet des Fernsehens zu interessanten Ergebnissen.
Seine Vorsehläge gehen dahin, der BBC das Monopol für Rundfunk und Fernsehen zu belassen. Allerdings soll der Fernseh-Dienst verwaltungsmässig und personell mit der Zeit eine weitgehende Selbständigkeit bekommen, wie sie seiner Bedeutung zukomme.
An der Frage der Finanzierung schieden sich die Geister.
Werbesendungen lehnten 7 von den 11 Mitgliedern des Ausschusses ab. Man muss dabei berücksichtigen, dass die Kosten für den Fernsehdienst von 600.000 Pfund Sterling im Jahre 1947/48 auf voraussichtlich 2.702.000 Pfund im Jahre 1950/51 angestiegen sind.
Bisher wurden sie durch die Fernsehteilnehmer-Gebühr (1 Pfund jährlich) und einen beträchtlichen Zuschuss aus den Hörergeldern der BBC gedeckt. Die Diskussion, ob Reklamesendungen oder nicht, ist schon längere Zeit im Gange. Mitte vergangenen Jahres befasste sich das Parlament damit; in der Debatte erwies sich, dass vom Standpunkt der Industrie aus die Einführung von WerbeSendungen erwünscht wäre. Als Begründung wurde angegeben, dass schon jetzt jährlich 250.000 Pfund Sterling von englischen Firmen für Reklame in amerikanischen Fernsehsendern investiert würde, und dass darin die Gefahr der Verlagerung des Absatzmarktes liege. -
Neue Einnahmequelle ?
Eine weitere neue Einnahmequelle wäre die Erhöhung der Lizenzgebühr auf 5 Pfund jährlich, das Beveridge-Committee lehnt sie aber als unsozial ab. Ausserdem fürchtet man, dass eine so hohe Gebühr zum "Schwarzseher" führen würde.
Abgelehnt wird auch die Möglichkeit einer Regierungs-Anleihe, weil sie die Unabhängigkeit des Fernsehbetriebes gefährden würde. Da aber der Fernsehdienst auch auf finanziellem Gebiet weitgehend unabhängig gemacht werden soll, wird erwogen, ob man ihm aus den Hörergeldern der BBC einen Vorsehuss geben soll, den es frei verwaltet und innerhalb einer bestimmten Frist zurückzahlt. Bekanntlich ist ein großzügiger Ausbau des Sendernetzes geplant und zum Teil schon in Angriff genommen, nach dessen Fertigstellung 1954 etwa 80% der Gesamtbevölkerung Groß-Britanniens durch Fernsehen erfasst werden können, wodurch die Teilnehmerzahlen und damit die Einnahmen beträchtlich anwachsen würden.
Ein Weißbuch zum Beveridge-Bericht geplant
Mit dem Beveridge-Bericht ist noch keine endgültige Entscheidung über den Status und die Zukunft des englischen Fernsehens gefallen; seine Vorschläge werden von der Regierung und dem Parlament beraten werden und erst die neue Charter der BBC wird die Klärung bringen.
Die Regierung bereitet ihrerseits ein Weißbuch zum Beveridge-Bericht vor. Bis dahin aber werden die Diskussionen weitergehen (auch gegen manche Vorschläge des Beveridge-Ausschusses erhoben sich bereits in der Presse die ersten Bedenken), und sie werden zweifellos auch wieder das Problem der Änderung der Zeilenzahl aufgreifen.
Fatale Rücksicht auf die Altegeräte
Als die BBC 1945 den durch den Krieg unterbrochenen Fernsehdienst wiederaufnahm, blieb sie mit Rücksicht auf die 10 - 15.000 bereits im Betrieb befindlichen Fernseh-Geräte bei der 405-Zeilen-Norm. Sie besteht auch weiterhin auf ihrer Beibehaltung, obwohl die europäische Tendenz auf eine Einigung auf das 625-Zeilen-System geht und sich in England selbst bereits Stimmen erhoben, die eine Erhöhung aus Qualitätsgründen forderten.
In der oben erwähnten Parlamentsdebatte wurde im Sinne der BBC als Gegenargument geltend gemacht, dass die Teilnehmerzahl bereits auf eine halbe Million angewachsen sei, sodass der Übergang auf eine höhere Zeilenzahl jetzt als eine zu grosse Belastung anzusehen sei, und dass die technische Qualität der Bilder ausreichend sei bis zu dem Zeitpunkt, da an die Einführung des Farbfernsehens gedacht werden könne. Durch diese Entscheidung schliesst sich die BBC weitgehend von einem europäischen Programmaustausch aus; lediglich mit Frankreich ist er ohne technische Komplikation möglich und auch schon in Vorbereitung.
Die Aussichten des Fernsehens, wenn ....
Val Gielgud, der seit 20 Jahren der BBC angehört, lange Jahre Leiter der Hörspielabteilung war und jetzt beim Fernsehdienst tätig ist, äusserte sich in der Zeitschrift "Television Weekly" vom 29. 12. 1950 über die Aussichten des Fernsehens.
Durch einen einjährigen Aufenthalt in den USA gewann er auch Einblick in die Arbeit sowie die Auswirkungen des amerikanischen Fernsehens. Er ist der Meinung, dass das Fernseh-Zeitalter eine ebenso grosse Bedeutung für die Verbindung der Mensehen untereinander haben wird wie die Zeit, die mit Gutenberg und Caxton begann, - wenn ....
... die Reklame-Agenten in ihren Schranken gehalten werden können,
... die Zuschauer nicht mit billiger Ware überfüttert werden,
... die Gestalter Zeit zum Nachdenken sowie genügend Zeit und Geld für Experimente haben werden,
... ihre Ansichten über Qualität, Zeitgemässheit und gute Darbietungsform sich durchsetzen werden.
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FI-1951 / 1. Feb.-Ausgabe - AUSLAND
Schweden
Vorbereitung des Fernsehens in Schweden.
Eine staatliche Kommission mit den Vorarbeiten beauftragt.
Von einem Stockholmer Mitarbeiter
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Die vom schwedischen Verkehrsminister Torsten Nilsson vor einiger Zeit angekündigte staatliche Kommission für die Einführung des Fernsehens in Schweden ist nunmehr gebildet worden. Vorsitzender dieser Kommission ist das Mitglied des schwedischen Reichstages Anders Olsson. Weitere Mitglieder sind Kanzleirat O.A. Berger, Bürodirektor E.B.Esping, Ökonomiedirektor E.H.Mattsson, Zivilingenieur H.G.Nyström und der Reichstagsabgeordnete 0.Sehstedt.
Vom Ergebnis der Arbeit dieser Fernseh-Kommission wird es abhängen, wann mit dem Fernsehdienst in Schweden begonnen werden kann, und wie hierbei die technischen und programmgestalterischen Fragen gelöst werden. Vor allem will man bestrebt sein, einen wirtschaftlich rentablen und sich finanziell selbst tragenden Fernsehdienst zu schaffen.
In erster Linie rechnet man damit, dass sieh das Fernsehen, ähnlich wie der Rundfunk, aus den Lizenzgebühren finanzieren wird, doch soll die Kommission auch die Möglichkeit weiterer Einnahmen untersuchen, beispielsweise den Verkauf von Programmzeit für Reklamesendungen, wie das in Amerika üblich ist.
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Subventionen sollen helfen
Die Anfangschwierigkeiten hofft man mit einer staatliehen Subvention überwinden zu können. In den bisher geführten Gesprächen wurde zum Ausdruck gebracht, dass man es als das Zweckmässigste ansehen würde, den ersten Sender in Stockholm zu errichten und auch in der weiteren Entwicklung des schwedischen Fernseh-Funks von der Landeshauptstadt aus ein zentrales Programm zu senden. Die Kommission wird auch untersuchen, in welcher Weise am praktischsten und mit dem geringsten Kostenaufwand ein Fernsehnetz über das ganze Land zu ziehen ist.
Erst nach dem Ergebnis dieser Untersuchungen soll entschieden werden, ob das Stockholmer Programm über Relaisstationen und Nebensender auch in den einzelnen Landesteilen ausgestrahlt werden soll, oder ob man in den volkreichsten Gegenden des Landes selbständige Regionalsender errichten will, die ihr Programm untereinander und mit dem Sender der Landeshauptstadt austauschen könnten. Später will man dann die Frage lösen, wie man auch die Bevölkerung in den weniger dicht besiedelten Landesteilen mit Telvision-Sendungen versorgen kann.
Schnell soll es gehen
Während die schwedische Presse auf eine möglichst rasche Einführung des Fernsehens drängt und zum Teil in Leitartikeln mit Nachdruck betont, dass jetzt auf diesem Gebiet jeder weitere Zeitverlust vermieden werden müsse, erklärte Verkehrsminister Torsten Nilsson im Anschluss an die Bildung der Television-Kommission in einem Rundfunk-Kommentar, dass vom Standpunkt der schwedischen Regierung aus die Fernsehfrage als noch nicht so brennend angesehen werde. Der Minister gab zu, dass die Television ein nicht zu unterschätzendes Kulturinstrument sei, doch werde der unbestreitbare Nachteil, den Schweden durch ein "Kurztreten" in der Fernsehfrage in Kauf nehme, durch den Vorteil auf der wirtschaftlichen Ebene wieder aufgewogen.
Es wäre vielleicht zweckmässig, zunächst die Entwicklung des Fernsehens in den grossen europäischen Staaten abzuwarten, da ein so kleines Land wie Schweden nicht die hohen Experimentierkosten tragen könne, die das Fernsehen nun einmal verlange. Der Minister begründete seinen Standpunkt damit, dass es gegenwärtig noch nicht entschieden sei, ob sich das Schwarz-Weiss- oder das Farb-Fernsehen durchsetzen werde. Die neugebildete Fernsehkommission werde sich gerade mit diesem Thema sehr ernsthaft zu befassen haben und die Frage prüfen, ob man in Schweden zunächst das Schwarz-Weiss-Fernsehen einführen will, um später zum Farben-System überzugehen, oder ob man von vornherein
das Farb-Fernsehen anstreben solle.
Ing. E. K.
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FI-1951 / 1. Feb.-Ausgabe - AUSLAND
AUSLANDSÜBERBLICK und ANREGUNGEN
Österreich
In Gegenwart von Bürgermeister Dr. Koref wurde in Linz durch den französischen Verbindungsoffizier Geordani eine Ausstellung französischer Fernsehgeräte eröffnet. Diese Ausstellung war bereits mit beachtlichem Erfolg in Innsbruck gezeigt worden. Da infolge des sowjetischen Widerspruchs in Österreich eine Fernsehsendung noch verboten ist, konnte der dafür vorgesehene Übertragungswagen nicht nach Österreich kommen. Man hofft jedoch, dass in absehbarer Zeit die Errichtung westlicher Zwischensender auch in Teilen Österreichs den Fernsehempfang ermöglichen wird.
Im Rahmen der französischen Fernsehgeräte-Ausstellung in Linz wurden zunächst nur Filme und Wochenschaubilder übertragen. In den Strassen der Stadt wurden Filmaufnahmen gemacht, die schon wenige Stunden später über die Fernsehapparatur in der Ausstellung abrollten. Diese Strassenaufnahmen übten eine besondere Anziehungskraft auf die Bevölkerung aus.
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AUSLANDSÜBERBLICK UND ANREGUNGEN
Italien
Im Etat des Rundfunks für das Jahr 1951 wurden 180 Mill. (oder Milliarden?) Lire für die erste Phase des Fernsehausbaues vorgesehen. Geplant ist der Bau von Sendern in Mailand, Venedig, Savoia, Bologna, Turin (wo jetzt der erste Versuchssender bereits arbeitet), Ferrara, Genua und Spezia, die untereinander verbunden werden sollen. Ausserdem soll Rom einen selbständigen Sender erhalten.
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AUSLANDSÜBERBLICK UND ANREGUNGEN
England
Durch die Inbetriebnahme der beiden neuen Sender in Holme Moss (etwa im Juni) und Kirk O'Shotts wird ein Gebiet mit 26 Millionen Menschen neu für das Fernsehen erschlossen werden. Die BBC schätzt, dass bis Ende dieses Jahres die Teilnehmerzahl eine Million erreicht hat und will dementsprechend ihr Programm ausbauen und reichhaltiger gestalten.
Sie plant alle 5 Monate eine grosse Oper, dazwischen mehrere Opern-Kurzfassungen. Im Rahmen der Erweiterung des aktuellen Dienstes von 3 auf 5 Reportage-Züge wird ein Stab, der später in den Midlands stationiert sein wird, nur Übertragungen von den "Festivals of Britain" vornehmen. Vorgesehen ist die Sendung von Werken von Terence Rattigan, J.B. Priestley, James Bridie, G.B.Shaw ("Heilige Johanna") und Shakespeare ("Julius Caesar" und andere) sowie von modernen Autoren.
Schulfunkprogramme sollen frühestens 1952 eingeführt werden, wenn geeignete Senderäume und sorgsam vorbereitete Programme vorhanden sind. Mit dieser Frage befasst sich bereits ein Schulfunkausschuss. Religiöse Sendungen sollen in grösserem Umfange als in den vorhergehenden Jahren verbreitet werden (1949 fanden Übertragungen aus Anlass des Weihnachtsfestes statt, 1950 ausserdem zu Ostern und zum Erntedankfest), jedoch macht sich das Fehlen von geeigneten Kirchen bemerkbar.
Diese Pläne lassen sich durch den augenblicklichen Personalbestand des BBC-Fernsehens, der Anfang des Jahres 1.000 Personen betrug, bewältigen, (1946 waren es erst 600 Angestellte).
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AUSLANDSÜBERBLICK UND ANREGUNGEN
Kuba
In Kuba soll der erste Fernsehsender eröffnet werden. Man rechnet zunächst mit 1.000 Teilnehmern und mit einer Steigerung auf 25.000 nach 6 Monaten Fernsehdienst.
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Australien
Australien hat sich für das 625-Zeilen-System entschlossen. Es will seinen ersten Sender in Sydney mit der Leistung von 2,5kW für Ton und 5kW für Bild bauen.