1937 - Das Deutsche Museum stellt "Fernsehen" aus.
Eine Fernsehausstellung 1 Jahr nach den Olympischen Spielen 1936
Die Begleitbroschüe für 50 Reichspfennige erläutert dem Publikum mit 24 handfesten Beispielen und 30 Bildern, wie das Fernsehen funktioniert bzw. was es damit auf sich hat.
(1) Physikalische Grundlagen des Fernsehens
sind in den ersten drei Räumen durch 23 Demonstrationsversuche, durch Erläuterungstafeln und historische Entwicklungsreihen der wesentlichen Bestandteile der Fernsehapparate, wie z. B. der lichtelektrischen Zelle, der Glimmlampe, des Lichtrelais, der Zerleger- und Gleichlaufeinrichtungen usw. dargestellt.
a) Natürliches und elektrisches Sehen - Vielzellenverfahren
Das Vorbild für das elektrische Fernsehen war das natürliche Sehen. Wie Abb. 1a zeigt, wirft die Augenlinse ein Bild der gesehenen Außenwelt auf die Netzhaut und hier beginnt der Prozeß des Sehens. Die Netzhaut ist mit einem feinen Raster von etwa 120.000 winzigen Nervenelementen bedeckt, den helligkeitsempfindlichen Sehstäbchen und den farbenempfindlichen Sehzapfen.
In der großen Zahl und Feinheit dieser Nervenfasern liegt die hohe Sehschärfe des Auges begründet. Die einzelnen Stäbchen enthalten eine lichtempfindliche Substanz, den Sehpurpur, der sich unter dem Einfluß des Lichtes chemisch verändert. Diese Veränderung pflanzt sich ähnlich wie ein elektrischer Strom durch einen Nervenfaden zum Gehirn fort. Hier kommt der Helligkeits- oder Farbenreiz der getroffenen Nervenelemente zum Bewußtsein.
Der Sehpurpur hat die Eigenschaft, daß die durch das Licht hervorgerufene chemische Veränderung nach Aufhören des Reizes rasch wieder verschwindet und der so aufgefrischte Sehpurpur für neue Reize empfänglich wird. Bei mittlerer Beleuchtung beträgt diese Erholungszeit etwa 1/10 Sekunde. Daher kommt es, daß Lichteindrücke, die innerhalb einer zehntel Sekunde oder in kürzerer Zeit verschiedene Stellen der Netzhaut treffen, nicht mehr getrennt werden können, sondern gleichzeitig erscheinen.
Dazu Versuch Nr. 1. Die Trägheit des Auges (10)*)
Die Lichteindrücke eines auf einer Scheibe sitzenden Glühlämpchens verschmelzen bei rascher Drehung zu einem Kreis. Andererseits können beim Film durch 25 aufeinander folgende Augenblicksbilder in der Sekunde Bewegungen vorgetäuscht werden.
Aus der punktweisen Übertragung des Netzhautbildes zum Gehirn ersahen bereits die ersten Fernseh-Erfinder, daß auch bei einer technischen Übertragung eines Bildes dieses in einzelne Punkte zerlegt werden muß. Die Wirkung des Sehpurpurs muß dabei durch einen physikalischen Vorgang ersetzt werden, durch den die Helligkeit eines Punktes in einen entsprechenden elektrischen Stromstoß umgewandelt wird. Dieser Stromstoß wird durch einen Draht oder drahtlos fortgeleitet und muß an der Stelle, an der der Bildpunkt gesehen werden soll, wieder in die entsprechende Helligkeit zurückverwandelt werden.
Die Selenzelle
Als Organ dieser Umwandlung von Licht in elektrischen Strom bot sich ursprünglich die Selenzelle, später die Photozelle, als Lichtrelais zur Zurückverwandlung des Stromes in Helligkeit die elektrische Lampe. Mit Selenzellen und Glühlämpchen wurde (Abb. 1b) bereits im Jahre 1880 das Fernsehen gedanklich gelöst.
Durch ein die Augenlinse ersetzendes Objektiv wird ein verkleinertes Bild des zu übertragenden Gegenstandes auf eine Fläche geworfen, welche mit 2500 Selenzellen besetzt ist. Die durch die verschiedene Belichtung der einzelnen Zellen entstehenden verschiedenen Ströme werden durch ein Bündel von Leitungen - entsprechend dem Sehnervenstrang - zu einer mit Glühlämpchen besetzten zweiten Fläche, dem sog. Empfänger geleitet. Hier findet Punkt für Punkt die Umwandlung der durch die belichteten Selenzellen ausgelösten Ströme in Helligkeitswerte statt.
Es muß also auf der Empfängertafel augenblicklich ein Abbild des vor dem Objektiv befindlichen Gegenstandes z. B. eines Baumes entstehen. Dieses Gedankenschema erhielt bald noch eine wichtige Vereinfachung.
Nur einer anstelle von 2.500 Drähten
Da es nämlich sehr große Kosten verursachen würde, eine Fernleitung von 2.500 Drähten zwischen Sender und Empfänger zu legen, so verfiel man schon gleich im Anfang auf den technischen Kunstgriff, die in den einzelnen Zellen ausgelösten Stromstöße nicht gleichzeitig auf einem Bündel von Drähten, sondern rasch hintereinander auf einem (einzigen) Draht zu übertragen.
Wir erhalten dann das folgende Schema (Abb. 1c), bei welchem durch zwei synchron laufende Schalttrommeln rasch nacheinander jede Zelle der Sendetafel mit den entsprechenden Lämpchen der Empfangstafel verbunden wird.
Von der Selentafel zum Lampenfeld
Wird nun die Selentafel durch die verschieden hellen Punkte eines Bildes getroffen, so leuchten die Lämpchen der Empfangstafel hintereinander in verschiedener Helligkeit auf. Erfolgt das Aufleuchten vom ersten oberen Lämpchen bis zum letzten unteren Lämpchen innerhalb einer zehntel Sekunde, so erscheinen die Eindrücke dem Auge infolge der Trägheit der Lichtwirkung gleichzeitig, d. h. man sieht das Bild.
Die Verwirklichung des Fernsehens nach der gekennzeichneten Vielzellenmethode gelang erst vor etwa 12 Jahren durch die Anwendung der mit geringster Trägheit behafteten Photozelle und der Verstärkerröhre, durch welche die schwachen Photoströme auch bei raschem Wechsel beliebig hoch verstärkt werden können.
Bevor wir den in der Sonderschau aufgestellten Vielzellen-Fernsehversuch beschreiben, soll die Wirkungsweise seiner wesentlichen Elemente, nämlich der lichtelektrischen Zelle, der Glimmlampe und des Lichtrelais erklärt werden.
b) Die lichtelektrischen Zellen
Die Selenzelle besteht aus zwei in Spiralen gelegten Drähten, zwischen denen sich eine dünne Schicht von Selen, einem dem Schwefel verwandten Elemente, befindet. Die Zelle hat im Dunkeln einen Widerstand von rund 60.000 Ohm, der bei Belichtung auf 172 bis 1/10 abnimmt.
Dazu Versuch Nr. 2. Belichtung einer Selenzelle (3 u. 5) (Abb. 2)
Mit zunehmender Belichtung (öffnen der Irisblende) läßt die an eine Trockenbatterie (50V) angeschlossene Selenzelle einen Strom von 1.5mA durch. Beim Abblenden des Lichtes geht der Strom, durch die Trägheit des Selens verzögert, langsam zurück (5 u. 3). Durch ein in den Stromkreis eingeschaltetes Relais kann bei Belichtung der Selenzelle eine Glühlampe eingeschaltet werden.
Die ausgestellte Sammlung von Selenzellen (12) enthält Originale von Bronk, Giltay, Gripenberg, Mercadier, Mihäly, Siemens, Tirring und Zeifi.
Die von Elster und Geitel im Jahre 1906 konstruierte Photozelle (Abb. 3) besteht aus einer evakuierten Glasbirne, deren Innenfläche etwa zur Hälfte mit Kalium oder Cäsium belegt ist. Der Kaliumbelag wird mit dem negativen Pol einer Anodenbatterie (50-100 V) verbunden und bildet die Kathode K. Der positive Pol wird über einen Widerstand von 100.000 Ohm einer im innern der Röhre angebrachten Drahtschlinge oder einem Drahtnetz (der Anode A) zugeführt.
Versuch Nr. 3. Photozellenstrom (3)
Solange die Photozelle dunkel ist, geht kein Strom durch sie hindurch; sobald aber beim Öffnen der Blende Licht auf die Kaliumfläche fällt, wird diese zur Aussendung von Elektronen angeregt, die nach dem positiven Pol übergehen, Es geht ein Strom von 0,001 - 0,005mA durch die Zelle, den ein empfindliches Spiegelgalvanometer anzeigt. Beim Abblenden, des Lichtes geht der Photostrom ohne Verzögerung zurück.
Versuch Nr. 4. Photozellenversiärker (3 u. 14)
Der bei Belichtung der Photozelle entstehende schwache Strom wird durch eine Verstärkerröhre (R E. 604) auf 50 mA verstärkt, so daß er zur Speisung eines Glühlämpchens ausreicht. Die angewendete Gleichstromverstärkung erläutert Abb. 4. Durch eine negative Gittervorspannung (50V) wird der Anodenstrom abgedrosselt. Die bei Belichtung der Photozelle an einem Widerstand von 2 Megohm entstehende Zellenspannung erhöht die Gitterspannung und dadurch den durchgehenden Anodenstrom.
Der durch die Belichtungseinheit (das Lumen) ausgelöste Photostrom hängt außer von der Photokathode von dem Verdünnungsgrad der Röhre ab, und zwar liefern die mit Edelgas gefüllten Zellen einen 2-lOfach höheren Strom (600uA je Lumen) als die hochevakuierten Zellen; sie werden daher hauptsächlich zur Betätigung von Relais sowie zum Tonfilm verwendet.
Die Vakuumzellen haben indessen eine nahezu verschwindende Trägheit und werden daher auch zur Aufnahme rascher Lichtwechsel (bis 107 Hz), wie sie beim Fernsehen vorkommen, ausschließlich verwendet.
Versuch Nr. 5. Trägheitsunterschied zwischen Auge und Photozelle (3 u. 14)
Eine durch Wechselstrom (100 Polwechsel in der Sekunde) betriebene Glühlampe brennt für das Auge infolge der Trägheit der Lichtempfindung gleichmäßig hell. Das Auge empfindet also die periodischen Schwankungen, die trotz der Wärmeträgheit des Glühfadens vorhanden sind, nicht und es besteht deshalb kein Unterschied gegen die mit Gleichstrom betriebene Lampe.
Läßt man jedoch das Wechsellicht auf eine Photozelle fallen, so entsteht ein Wechselstrom, der nach Verstärkung in einem Lautsprecher als Ton wahrgenommen wird. Bei Belichtung der Photozelle durch die mit Gleichstrom gespeiste Lampe bleibt der Lautsprecher ruhig.
Versuch Nr. 6. Die Lichtsirene (3)
Durch eine sich drehende Lochscheibe wird eine Photozelle belichtet. Der dem Lichtwechsel ohne Verzögerung folgende Wechselstrom wird in einem angeschalteten Lautsprecher hörbar gemacht. Je rascher sich die Lochscheibe dreht, um so höher wird der Ton.
Die geringe Stromstärke der Vakuumzellen hat man durch Vergrößerung der Kathodenfläche und neuerdings durch die Elektronenvervielfachung erhöht.
Über die Elektronenvervielfachung
Die Elektronenvervielfachung (V. K. Zworykin 1932) beruht darauf, daß man die aus der Photokathode K (Abb. 5) austretenden Elektronen auf ein auf höherer + Spannung (+100V) liegendes engmaschiges Gitter (Gi) wirft, auf dem sie sich durch Auslösung von Sekundärelektronen erheblich vermehren. Diese werden von einem auf wiederum höherer Spannung (+200V) liegenden zweiten Gitter (G2) abgesaugt und treiben aus diesem wieder Sekundärelektronen aus. Die so lawinenartig anwachsenden Elektronen werden schließlich von der auf höchster Spannung (400V) liegenden Auffanganode A aufgenommen und durchfließen den Arbeitswiderstand R.
Durch Hintereinanderschaltung einer genügenden Anzahl von Gittern (sog. Prallanoden) kann man eine hohe Verstärkung schwächster Eingangsphotoströme erzielen, so daß eine nachfolgende Verstärkung außerhalb der Photozelle in Wegfall kommt.
Hinweise auf die Sammlung :
In der Sammlung von Photozellen sind vertreten: Maschenzellen und Kugelzellen verschiedener Größe (1, 12 u. 14), Original-Elektronenvervielfacher von V.K. Zworykin 1936 und eine große Photozelle mit siebenstufiger Elektronenvervielfachung der Fernseh-A.-G. (7).
c) Glimm- und Metalldampflampen
Das einfachste Relais zur Umwandlung der Bildströme in entsprechende Lichtstärke ist die elektrische Lampe. Bei den ersten Lampentafeln fanden kleinste Glühlämpchen Anwendung. Da diese wegen der Trägheit des Glühfadens raschen Stromwechseln nicht zu folgen vermögen, ist ihre Anwendung beim Fernsehen beschränkt. An ihre Stelle tritt für höhere Bildstromfrequenzen die Gasentladungslampe. Wir unterscheiden je nach der Entladungsform die Glimmlampe, bei welcher das Glimmlicht der Kathode ausgenützt wird und die Lampen mit leuchtenden Gasstrecken (Geißler-Röhre und Metalldampflampe).
Die Glimmlampe wurde als Flächen- und Punktglimmlampe bei den ersten Fernsehempfängern mit Nipkowscheibe (s. S. 19 und 22) verwendet.
Dazu Versuch Nr. 7. Steuerung des Glimmlichtes (3)
Legt man die in Versuch Nr. 6 erzeugten Wechselströme (z. B. Frequenz 500) an eine sich drehende Röhrenglimmlampe, so zeigt ein mehrstrahliger Stern das nahezu trägheitslose Nachfolgen des Glimmlichtes an. Die Trägheit der Glimmlampe macht sich erst bei Frequenzen über 10.000 Hz bemerkbar.
Geringere Trägheit, höhere Leuchtdichte und günstigere Energieausnutzung besitzt die im Jahre 1931 von der Studiengesellschaft für elektrische Beleuchtung entwickelte Natriumdampflampe; sie wurde zur Erzeugung heller Bilder bei Verwendung von Nipkowscheiben mit den durch die hohe Zeilenzahl bedingten engen Öffnungen mit Erfolg verwendet.
Von den ausgestellten Fernsehlampen seien erwähnt: Flächenglimmlampen mit verschieden großer Glimmfläche, Schlitzglimmlampen, Ringglimmlampen, Punktglimmlampen (sog. Lichtspritze) und Natriumdampflampen in heizbarem Gehäuse mit linien- und flächenförmig verteiltem Licht (12, 14).
d) Das Lichtrelais
Um einen Lichtstrahl durch einen elektrischen Strom zu steuern, kann man den Strahl durch einen Oszillographen abblenden oder ablenken.
Die Blende oder das Spiegelchen wird dann unmittelbar auf der Schleife des Oszillographen angebracht. Bei Drehung der Blende wird der Lichtdurchlaß vergrößert; bei Drehung des Spiegelchens pendelt der Lichtstrahl über einen keilförmigen Spalt und moduliert dadurch das Licht.
In der Sonderschau ist ein Oszillographenrelais (12) nebst einer Zeichnung zur Erläuterung der Wirkungsweise aufgestellt. Da die Grenzfrequenz dieser Oszillographenrelais etwa bei 3.000 Hz liegt, ließen sie sich trotz aller Mühe der ersten Erfinder für das Fernsehen nicht verwenden. In der Bildtelegraphie haben sie anfänglich eine Rolle gespielt, bis sie durch die Kerrzelle abgelöst wurden.
Die Kerrzelle
Ein Lichtrelais, welches ohne mechanisch bewegten Teil vollkommen trägheitslos arbeitet und sich daher für den Fernsehempfang besonders eignet, ist die von Prof. Karolus entwickelte Kerrzelle; sie beruht auf der 1875 von dem englischen Gewerbeschullehrer Kerr entdeckten Wirkung, daß gewisse Flüssigkeiten im elektrischen Feld doppelbrechend werden.
Die Kerrzelle (Abb. 6) besteht aus einem mit Nitrobenzol gefüllten Glasgefäß, in welches zwei parallel angeordnete Metallplatten, die einen Kondensator bilden, eingesetzt sind. Das Licht einer Bogenlampe wird zwischen den zwei Kondensatorplatten hindurchgeschickt. Vor und hinter der Kerrzelle befinden sich Nicolsche Prismen, die gekreuzt sind, so daß sie dem Licht den Weg sperren. Man nennt dies Auslöschen von polarisiertem Licht.
Wenn an die Metallplatten der Kerrzelle eine Spannung von einigen 1.000V angelegt wird, so ändern sich dadurch die optischen Eigenschaften des Nitrobenzols derart, daß wieder Licht austreten kann und zwar um so mehr, je höher die angelegte Spannung ist.
Versuch Nr. 8. Vorführung der Kerrzelle (3)
Solange an den Kondensatorplatten der Kerrzelle keine Spannung liegt, wird das auffallende Licht einer Bogenlampe durch die gekreuzten Nicols ausgelöscht. Beim Drücken des Knopfes wird eine Spannung von 2.000V an die Kerrzelle gelegt, das Licht geht durch; beim Abschalten der Spannung tritt wieder Dunkelheit ein. Ausgestellt: Mehrkanal-Kerrzelle (9).
e) Vielzellen-Fernsehversuch (9)
Die Sendeseite besteht aus einer mit 100 Cäsiumphotozellen bedeckten Tafel: die Empfangsseite enthält 100 gleichgelegene Zwergglühlampen (Abb. 7). Von jeder Photozelle führt eine Verbindungsleitung über zwei Verstärkerstufen und einen Ausgangstransformator zu der gleichgelegenen Glühlampe des Empfängers.
Wirft man auf die Photozellen z. B. das Bild eines Buchstabens, so erscheint dieser augenblicklich auf der Empfangsseite als leuchtendes Mosaikbild. Die Vorführung zeigt in eindrucksvoller Weise, welche erheblichen technischen Mittel erforderlich sind, um die den Erfindern vor 50 Jahren so einfach erscheinende Idee einer Vielzellenübertragung zu verwirklichen.
f) Das Einzellenverfahren
Die Vielzellen- und Lampentafeln sind sehr kostspielig und können daher nur in Theatern und bei Massenversammlungen ausgenützt werden.
Für den Fernseher im Heim kommt nur die Einzellenmethode in Betracht, bei der am Sender nur mit einer lichtelektrischen Zelle, am Empfänger nur mit einer Lampe bzw. einem Lichtrelais gearbeitet wird.
Der Grundgedanke der Einzellenmethode ist folgender: Auf der Sendeseite wird das Bild mit einer lichtelektrischen Zelle Zeile für Zeile und Punkt für Punkt 25mal in der Sekunde abgetastet; die erhaltenen Bildströme werden auf der Empfangsseite in Helligkeitsschwankungen einer Glimmlampe verwandelt, die durch einen genau gleichlaufenden Verteilungsmechanismus wieder zu 25 Augenblicksbildern zusammengefügt werden, die in unserer Vorstellung den Eindruck der Bewegung erwecken.
Danach besteht jeder Fernsehsender grundsätzlich aus einem Bildzerleger und einer Photozelle, jeder Empfänger aus einem Lichtrelais und einem Bildschreiber, der mit dem Zerleger auf der Senderseite synchron arbeitet.
g) Die mechanischen Zerleger- und Schreibvorrichtungen
Schon bei der Abtastung eines Bildes in 30 Zeilen innerhalb einer zehntel Sekunde kommt eine mechanische Bewegung der lichtelektrischen Zelle gegen das Bild, wie sie bei der Bildtelegraphie üblich ist, infolge der Trägheit der Massen nicht in Betracht. An ihre Stelle tritt die Abtastung durch einen rasch bewegten Lichtstrahl, wobei Bild und Zelle in Ruhe bleiben.
Das geniale Mittel für die optische Abtastung und damit für die erste Verwirklichung des Einzellenverfahrens fand bereits im Jahre 1884 Paul Nipkow in der nach ihm benannten Spirallochscheibe. Die in gleichem Winkelabstand am Rande der Scheibe angebrachten Öffnungen sind so angeordnet, daß von der äußersten angefangen jede folgende dem Mittelpunkt näher liegt, so daß also eine spiralförmige Anordnung entsteht (Abb. 8).
Dazu Versuch Nr. 10. Die Nipkowscheibe (3)
In einem die Nipkowscheibe abdeckenden Schirm ist der Lochspirale gegenüber ein Fenster eingesetzt. Hinter der Nipkowscheibe befindet sich dem Fenster gegenüber die Lichtquelle. Dreht man die Scheibe, so laufen nacheinander sämtliche Öffnungen vor dem Fenster vorbei. Zuerst kommt die am meisten außen gelegene Öffnung und tastet die oberste Zeile ab. Wenn diese am linken Rande verschwindet, erscheint am rechten Rande die nächste Öffnung und läuft durch die zweite Bildzeile, dann folgt die dritte usw. Bei einer Umdrehung der Scheibe, die leicht in 1/10 oder 1/25 Sekunde erfolgen kann, wird so Punkt für Punkt das ganze Bildfenster abgetaset.
Ausgestellt sind Nipkowscheiben für 30, 60, 90 und 180 Zeilen, Nipkowscheiben mit Doppelspirale für 60 und 239 Zeilen (7, 12 u. 17), Scheiben mit 4 Lochspiralen für 100 (9), 180 und 375 Zeilen (7), Scheiben mit 90 und 120 konzentrischen Löchern für die Filmabtastung, Spirallochtrommel mit eingelegten Folien für 90 Zeilen (12), Spirallinsenkranz-Sendescheibe für 30 und 90 Zeilen sowie eine Zylinderlinsenkranz-Sendescheibe (17).
Versuch Nr. 11. Das Weillersche Spiegelrad (3)
Das Licht einer kräftigen Glühlampe fällt durch eine Linse auf das Spiegelrad und wird von diesem als scharfer Lichtpunkt auf einen Schirm geworfen. Wenn das Rad durch Einschalten des Motors eine kleine Drehung macht, wandert der vom Spiegel reflektierte Strahl in einem senkrechten Streifen über den Schirm, bis der nächste um einen kleinen Winkel versetzte Spiegel beleuchtet wird und einen dicht daneben liegenden Streifen abtastet usw.
Bei einer Umdrehung des Rades entsteht ein senkrecht gerastertes Rechteck (Abb. 9). Soll eine Person durch das Spiegelrad abgetastet werden, so muß sie ihren Kopf in das Abtastfeld bringen. Auf der Empfangsseite eignet sich das Spiegelrad zum Projizieren des Fernsehbildes auf einen Schirm.
Ausführungsformen des Spiegelrades:
Nirosta-Spiegelrad mit 12 Flächen für 120 Zeilen; Spiegeltrommel und 18flächiges Nirosta-Spiegelrad für den Empfang des 180zeiligen Fernsehbildes (17). l00zeiliges Spiegelrad (9). Die von Okoliczanyi im Jahre 1931 konstruierte Spiegelschraube besteht aus einer Anzahl zentral durchbohrter Lamellen aus nichtrostendem Stahl, die um gleiche Winkel verdreht sind und deren Vorderfläche poliert ist. Die fertige Spiegelschraube, welche einen vollen Gewindegang darstellt, wird auf die senkrecht stehende Achse eines Motors aufgesteckt.
Ausführungsformen: Spiegelschrauben für 45, 90 und 180 Zeilen. Waagrecht gelagerte Spiegelschraube mit phonischem Rad für 30 Zeilen, justierte Miniatur-Spiegelschraube für 90 Zeilen und 90zeilige Spiegelschraube für das Zeilensprungverfahren (17).
Versuch Nr. 12. Die Spiegelschraube (17)
Vor der Spiegelschraube ist parallel zu ihrer Achse eine Fadenlampe aufgestellt. Blickt man auf die Schraubenfläche, so sieht man in bestimmter Richtung einen kleinen der Höhe einer Spiegelkante entsprechenden Abschnitt der Lichtquelle. Dreht sich die Schraube, so wird der ins Auge fallende Lichtstrich zum Band auseinandergezogen. Er bleibt so lange sichtbar, bis der nächste in der Höhe um eine Zeile versetzte Lichtstreifen nachfolgt usw. Man sieht also in der sich drehenden Spiegelschraube eine waagrecht gerasterte rechteckige leuchtende Fläche.
h) Gleichlaufregelung
Eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen jeder punktweisen Bildübertragung ist die des absoluten Gleichlaufs der Bildzerlegungs- und Schreibvorrichtung am Sender bzw. am Empfänger. Die große Geschwindigkeit der Bildabtastung beim Fernsehen stellt an die Gleichlaufregelung hohe Anforderungen. Sie kann entweder rein örtlich oder durch Übertragung besonderer Stromsignale vom Sender zum Empfänger erfolgen.
Für die örtliche Synchronisierung verwendet man zweckmäßig zwei elektromagnetisch erregte Stimmgabeln, welche durch Betätigung eines Unterbrechers regelmäßige Stromstöße auslösen, die ein auf der Achse der Zerlegerscheibe sitzendes Polrad im Gleichlauf halten.
In der Sonderschau sind vorhanden: Elektromagnetisch erregte Stimmgabeln für 50 Perioden (12), Lacoursches Rad mit Asynchronmotor, zwei Phonische Räder mit 11 bzw. 30 Zähnen (12 u. 17).
Dazu Versuch Nr. 13.
Die örtliche Gleichlaufregelung mit Stimmgabeln (9)
Zwei Stimmgabeln (50Hz) werden elektro- magnetisch erregt, wobei je eine Verstärkerröhre in Rückkopplungsschaltung die Rolle des mechanischen Unterbrechers übernimmt. Die durch die Stimmgabeln gesteuerten Anoden- wechselströme werden über je eine zweite Yerstärkerröhre zwei elektrischen Uhren zugeführt, die dann genau gleichlaufen (Abb. 9).
Bei mechanischer Abtastung werden die Gleichlaufstromstöße unmittelbar von dem Zerleger (z. B. der Nipkowscheibe) abgenommen. Bei elektrischer Abtastung (Ikonoskop, siehe S.43) wird die Zeilenfrequenz (bei 180 Zeilen 4.500 Hz) durch einen Röhrengenerator erzeugt und aus ihr durch Frequenzteilung die Bildwechselfrequenz (25 Hz) gewonnen.
Zur Übertragung der Stromstöße für die Fern-Gleichlaufregelung auf der gleichen Trägerwelle mit den Bildströmen wendet man das von Dr. O. Schriever (Telefunken) angegebene Verfahren an. Der Sender wird - durch entsprechende Wahl des Arbeitspunktes auf der Modulationskennlinie - so moduliert, daß einer schwarzen Stelle im Bild noch ein Antennenstrom von 1/4 des größten Wertes bei Weiß entspricht. Dieser Reststrom wird am Ende jeder Zeile für eine kurze Zeit auf Null ausgetastet, ebenso am Ende jedes Bildes für eine entsprechend längere Dauer.
Versuch Nr. 14 (18)
zeigt in einem Oszillographen den Verlauf der bei Abtastung eines Rasterdiapositivs entstehenden Modulation der Trägerwelle einschließlich der Gleichlaufregelzeichen (Abb. 10).
Im Fernsehempfänger werden, wie eine Skizze zeigt, die Bildströme und Gleichlaufzeichen durch eine elektrische Weiche getrennt; die Bildströme modulieren die Helligkeit des bildzeichnenden Strahles, während die Regelzeichen die Punkt- und Zeilenfolge mit der Abtastung am Sender im Gleichlauf halten.
i) Einzellen-Fernsehversuch
dazu Versuch Nr. 15 (17)
Ein Glasbild (Abb. 11) wird durch eine Linse auf das Fenster der 30zeiligen Nipkowscheibe geworfen.
Die durchgehenden, durch den Zeichnungsinhalt modulierten Strahlen treffen auf die Photozelle (Z) und lösen dort die Bildströme (Abb. 12) aus. Diese werden verstärkt und dann der Flächenglimmlampe des Empfängers überlagert.
Betrachtet man die Glimmlampe durch eine Nipkowscheibe, welche synchron mit der Abtastscheibe läuft, so sieht man von der gesamten Glimmfläche stets nur den Lichtpunkt, der dem gleich gelegenen und gleich hellen Punkt des abgetasteten Diapositivs entspricht, d. h. man sieht das Bild.
Schaltet man die verstärkten Bildströme nach der Linienglimmlampe auf der anderen Seite um, so erscheint in der mit der Abtastscheibe synchron laufenden Spiegelschraube gleichfalls das Bild des Diapositivs.
k) Bildpunktzahl und Deutlichkeit des Bildes
werden durch fünf Rasterfilme (1) mit 1.200, 3.000, 5.000, 10.000 und 40.000 Bildpunkten bzw. mit 30, 48, 60, 90 und 180 Zeilen veranschaulicht. In diesen Stufen kommt zugleich die Verfeinerung des Fernsehbildes vom Jahre 1927 bis 1934 zum Ausdruck. Im Jahre 1936 ist man zum 375-Zeilenbild mit 100.000 Punkten übergegangen.
1) Die Übertragung von Bildströmen auf Wellen und Kabeln
Die drahtlose Übertragung der Bildströme erfolgt grundsätzlich genau so wie die der Sprechströme beim Rundfunk. Die Bildströme modulieren die vom Sender ausgestrahlte Trägerwelle. Am Empfänger, der auf die Trägerwelle abgestimmt ist, werden die Bildströme von der Trägerwelle wieder abgelöst (demoduliert) und dem Fernsehgerät zugeführt.
Die praktische Durchführung der Übertragung ist wegen des größeren Frequenzbereichs beim Fernsehen schwieriger als beim Rundfunk.
5 kHz beim Rundfunk, 500kHz beim Fernsehen
Die durch den Lautsprecher wiedergegebenen Stromschwingungen liegen in einem Bereich von 50-5.000 Hz. (Anmerkung: Wir schreiben 1937 und da gab es maximal Mittelwellen-Radio!!) Dagegen entstehen bei Abtastung von 25 Bildern in der Sekunde mit je 40.000 Punkten eine Million Stromstöße, also eine Höchstfrequenz von 500kHz, während die niedrigste Frequenz die Bildfrequenz 25 ist. Der Frequenzbereich der Bildströme ist also lOOmal breiter als derjenige der Sprechströme. Infolgedessen werden auch die bei der Modulation einer Trägerwelle auftretenden Seitenbänder l00mal breiter sein als bei der Sprachmodulation.
Während z. B. bei einer Trägerwelle von 300m das Seitenband bei Sprachmodulation bis Welle 303 reicht, würde es bei Bildmodulation den ganzen Bereich der Rundfunkwellen, nämlich bis Welle 600m überdecken, d. h. sämtliche Rundfunksender würden gestört werden.
Da außerdem zur getreuen Übertragung einer Modulation die Trägerfrequenz etwa l00mal höher sein muß als die höchste Modulationsfrequenz, so betreibt man die Fernsehübertragung auf UKW (ultrakurzen Wellen). Auf der von der Deutschen Reichspost verwendeten Welle von 7m reicht das Seitenband bis zu Welle 6,95 m. Die Fernsehsendungen in Witzleben erfolgen durch zwei von Telefunken erbaute Kurzwellensender mit 16kW Leistung und zwar das Bild auf Welle 6,7m (44.800 kHz), der Ton auf 7,1m (42.300kHz).
Die Antennen müssen sehr hoch sein
Die Antennen der beiden Sender sind zur Erzielung einer günstigen Strahlung auf der Spitze des 138m hohen (Berliner ?) Funkturmes angebracht, der im Modell (1) in der Sonderschau zu sehen ist. Die beiden Dipole sind durch zwei Halbringe gegen den Turm abgeschirmt. Sie werden über Hochfrequenzkabel, die im Innern des Turmes hochgeführt sind, gespeist. Die Ströme zur Modulation des Ton- und Bildsenders werden über Kabel von dem in 700m Entfernung aufgestellten Tonfernkinosender zugeführt.
Nach den Versuchsergebnissen läßt sich Bild und Ton innerhalb der Stadt im Bereich von 25km, im freien Gelände bis auf 100 km gut empfangen.
Beim Fernseh-Kabel ist es anders
Bei der Übertragung der Bildströme auf Kabel ist zu berücksichtigen, daß die Dämpfung der Stromschwingungen infolge der Verluste der Papierisolation mit der Frequenz stark ansteigt. Dies hat eine Verzerrung des Frequenzgemisches und damit ein Verwischen des Bildes zur Folge. Die Konstruktion von Kabeln geringerer und bei wachsender Frequenz möglichst gleichbleibender Dämpfung war daher das erste Erfordernis für ein Fernsehen auf Kabeln.
Diese Aufgabe fand ihre Lösung in den konzentrischen Kabeln (Anmerkung: heute Koaxialkabel genannt), die man wegen des breiten Frequenzbandes, das sie unverzerrt übertragen, auch Breitbandkabel nennt.
Sie bestehen aus einem Innenleiter, der gegen den aus Kupferband gewickelten Außenleiter durch Hartgummischeiben abgestützt wird. Statt der Scheiben wird neuerdings ein als Schraubenfläche gewundenes Styroflexband verwendet. Der durch eine Kupferfolie zusammengehaltene Außenleiter ist durch eine Leinwandumwicklung und einen Bleimantel geschützt. In der Sonderschau sind 4 Abschnitte von konzentrischen Breitbandkabeln sowie Proben über die Verarbeitung des Styroflex-Werkstoffes ausgestellt (16).
Zum Auffrischen der durch die Dämpfung verminderten Schwingungsenergie ist bei dem deutschen Normalfernsehkabel (Berlin-Leipzig) von 18mm Durchmesser in Abständen von 35km ein Zwischenverstärker eingebaut.
Bemerkenswert ist, daß auf diesen Kabeln neben den beiden Frequenzbändern für das Fernsehen nach zwei Richtungen noch 200 verschiedene Trägerfrequenzen für ebensoviele Ferngespräche übertragen werden können.