Historisches Wissen aus Heften, Zeitschriften, Magazinen
Artikel, Zitate und Infos stammen aus der Funk-Technik, der Funkschau, den RTMs, Kameramann, der FKT, den Schriften von Philips und Zeiss Ikon und Anderen. Mehr über die verfälschten historischen Informationen ab 1933 über 1945 bis weit in die 1980er Jahre.
Elektroakustik im Lichtspielhaus
Dr. phil Hans Jensen bezeichnete auf einer Presseveranstaltung der Deutschen Philips-Gesellschaft in Hamburg 1954 als „das Jahr der großen Experimente" in der Kinotechnik. Inzwischen hat sich manches abgeklärt, und die Verantwortlichen können übersehen, welche der wahllosen neuen technischen Verfahren sich durchgesetzt haben. Ohne Bedeutung für den Unterhaltungsfilm blieben die echten 3D-Systeme mit dem Zwang des Brilletragens für die Zuschauer. Hingegen konnte sich der Breitwandfilm seinen endgültigen Platz erkämpfen.
In der Form „Cinemascope" ist er dank seines ungewöhnlichen Eindrucks auf die Zuschauer und des Gewichts seiner geistigen und vor allem materiellen Väter ein ganz großer Erfolg geworden. Heute sind in den USA bereits 12.000 von 20.000 Lichtspielhäusern mit CinemaScope-Einrichtungen versehen und in der Bundesrepublik können gegenwärtig rund 1.000 Lichtspieltheater (= 1/5 aller bestehenden) Breitwandfilme vorführen bzw. sind mit dem Einbau entsprechender Anlagen beschäftigt. Weil es sich durchweg um die größeren Häuser handelt, ist deren Anteil an der Zahl der Sitzplätze größer als ein Fünftel.
Eine CinemaScope-Vorführung auf der bis 16 m breiten Bildwand ist ohne den raumbezogenen, stereophonischen Ton kaum denkbar. Und hier liegt der wesentliche Fortschritt überhaupt: der Magnetton, dargestellt durch vier Tonspuren auf dem Filmband, hat voll überzeugt. Hindernisse sind vielleicht noch die hohen Kosten der Umstellung auf Vierkanal-Wiedergabe. Sie belaufen sich mit neuer Bildwand usw. auf rund 30.000 DM für ein größeres Lichtspielhaus. Außerdem werden noch nicht genügend Filme in Breitwandformat mit Magnetton hergestellt. Das gilt vor allem für unser Land. Zahlreiche kleinere Kinos sind überdies für Breitwandfilme und stereophonische Tonwiedergabe aus räumlichen Gründen ungeeignet.
Nun darf man nicht annehmen, daß es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die letzte Lichttonkopie die Vorführmaschine passiert und nur noch Magnetton verwendet wird. Die klangliche Überlegenheit des letztgenannten Verfahrens ist unbestritten, aber die bereits angedeuteten Gründe und noch manche andere lassen erwarten, daß Licht- und Magnetton noch auf lange Zeit nebeneinander leben werden. Der Elektroakustiker steht also weiterhin vor der Aufgabe, die Vorführgeräte „schmiegsam" zu halten, so daß Streifen mit beiden Tonverfahren ohne Zeitverlust hintereinander gezeigt werden können.
Mit künstlichem Nachhall eigenartig plastisch
Auf der erwähnten Presseveranstaltung führte man ein interessantes Experiment vor. Die entlang der Seitenwände des Saales verteilten, beim Vierkanal-Magnettonsystem von der sogenannten Effektspur (Zusatzgeräusche usw.) besprochenen Effektlautsprecher wurden bei einer Musikdarbietung ebenfalls einbezogen, jedoch mit einer Verzögerung von 1/6 Sekunde beaufschlagt. Technisch ist dies durch einen zweiten Abnahmekopf auf der Magnettonspur sehr einfach durchführbar, bei Redneranlagen in großen, langgestreckten Hallen hat man dieses Verfahren schon häufig angewendet. Bei der Hamburger Vorführung wurde die Musik im Saal durch diesen künstlichen Nachhall eigenartig plastisch, fast „räumlich", wobei die Stärke dieses Eindrucks durch Veränderung der Verzögerungszeit und der Lautstärke der Seitenlautsprecher im Verhältnis zum frontseitig aufgestellten Hauptlautsprecher beliebig steuerbar war. Vielleicht wird man eines Tages die Intensität des Klangerlebnisses bei Filmvorführungen auf diese Weise noch steigern können.
Die Versorgung der Schwerhörigen
Die Versorgung der Schwerhörigen im Lichtspielhaus ist noch immer nicht befriedigend gelöst. Die übliche Form, nämlich die Ausrüstung einiger (teurer ...) Plätze mit Kopfhörer, wird vom psychologisch höchst empfindlichen Schwerhörigen häufig abgelehnt; sie erscheint ihm als eine Art „Abstempelung" als minder leistungsfähiger Mensch. Man hat nun kleine UKW-Sender im Dezimeterwellenbereich mit dem Ton moduliert und dem Schwerhörigen einen ganz einfachen Diodenempfänger gegeben. So bestechend einfach diese Lösung empfängerseitig ist, so schwierig sind Fragen der Sendegenehmigung, der Größe der Senderleistung, der unerwünschten Ausstrahlungen außerhalb des Gebäudes usw. zu beantworten. Philips führte nun in Hamburg, wiederum experimentell, eine neue Methode vor. Um den Vorführraum lag eine Drahtschleife und wurde mit einer relativ hohen Nf-Leistung vom Ausgang eines Kraftverstärkers gespeist. Das entstehende Feld konnte mit der Telefonspule, die in einigen Schwerhörigengeräten serienmäßig eingebaut ist, ausgezeichnet aufgenommen werden, so daß der Schwerhörige also den Ton z. T. mit seinem eigenen Gerät hört. Wenn sein Apparat keine Telefonspule besitzt, muß sich der Schwerhörige an der Kasse ein entsprechendes Gerät ausleihen. Er darf nunmehr auf jedem Platz sitzen. Nach bisherigen Erfahrungen rechnet man mit einer Ausgangsleistung von 0,1 Watt pro Quadratmeter Bodenfläche des Zuschauerraumes. Diese Einrichtung bedarf keiner postalischen Genehmigung und kann evtl. mit einem vorhandenen Reserveverstärker betrieben werden, dessen Ausgang mit einem Spezialübertrager entsprechend niederohmig angepaßt wird. Kritisch dürfte höchstens der Anschaffungspreis für die an der Kinokasse in ausreichender Anzahl vorrätig zu haltender Leihempfänger sein.
K. T.
Fernseh Randnotitzen April 1955
Die Spaltung des NWDR in den WDR und NDR hat zwar offiziell noch nicht stattgefunden, wird aber bis zum Spätsommer vollzogen sein. Zur Zeit finden in den drei nördlichen Ländern noch Debatten um die Staatsverträge statt. Die Vertreter für die verschiedenen Aufsichtsgremien sind noch zu wählen, und natürlich wird auch die Intendantenfrage diskutiert. Der Westen ist weiter im Aufbau seiner Organisation; er hat ja auch schon früher angefangen, seine Selbständigkeit systematisch vorzubereiten. Man hätte allerdings annehmen müssen, daß auch verbleibende gemeinsame Aufgaben ebenso sorgsam und systematisch vorgeplant worden wären . . .
Da liest man beispielsweise in einem Staatsvertrag zwischen den vier alten NWDR-Ländern im § 12, daß eine begrenzte Anzahl von technischen Aufgaben gemeinsam betrieben werden sollen. Dieser Aufgabenkreis kann nach § 13 erweitert werden. Es heißt in der Begründung zu § 13: „Die Vorschrift ist eine Generalklausel, die den beiden Anstalten die Möglichkeit gibt, dem Verband im Laufe der Zusammenarbeit je nach den praktischen Erfahrungen mit der Erledigung von Aufgaben zu beauftragen, die er neben seinen Pflichtaufgaben (§ 12) wahrzunehmen hat. Gedacht ist dabei insbesondere an die Zentralisierung der technischen Forschung und Entwicklung beim Verband."
Nach den bisherigen Ergebnissen, die die Forschungsarbeiten der Zentraltechnik des NWDR erzielt haben, kann man sich nur wundern über Formulierungen wie „Möglichkeit", „im Laufe der Zusammenarbeit", „nach den praktischen Erfahrungen", „gedacht ist" usw. Reden wir einmal deutlich: das sind doch Sprüche, durch die verdeckt werden soll, daß der Westdeutsche Rundfunk wenig Neigung zeigt, die bisherige Zentraltechnik als gemeinsame Aufgabe zu erhalten.
Eine solche Organisation ist schnell zerschlagen, aber nur mühsam wieder aufgebaut. Es besteht heute weniger denn je Veranlassung, die Zentraltechnik aufzulösen; nicht zuletzt hinsichtlich der Aufgaben, die uns für die Ausarbeitung von Unterlagen für kommende Wellenpläne erwachsen.
Es ist eine bekannte Tatsache - auch wenn sie von Köln bestritten wird - daß der „Westdeutsche Rundfunk" nur unter sehr zwingenden Voraussetzungen gemeinsame Aufgaben mit dem NDR anpacken will. Der Vertrag kann niemanden, der die wahre Situation kennt, darüber hinwegtäuschen (außer vielleicht einige Herren in der Generaldirektion des jetzigen NWDR, die sich jedoch seit Jahren berufsmäßig Illusionen über die NWDR-Entwicklung hingeben). Es ist auch nicht zu übersehen, daß durch die Nachlässigkeit der Behandlung von NWDR-Fragen, die auch im Norden längst geregelt sein könnten, die Zentraltechnik in eine sehr unsichere Lage gekommen ist. Das darf aber nicht dazu führen, daß funktionsfähige Einrichtungen ohne ausreichende Begründungen aus „organisatorischen Gründen lahmgelegt werden. Man wird wohl mit Recht erwarten dürfen, daß diese Frage bald geklärt wird. K. W.