Historisches Wissen aus Heften, Zeitschriften, Magazinen
Artikel, Zitate und Infos stammen aus der Funk-Technik, der Funkschau, den RTMs, Kameramann, der FKT, den Schriften von Philips und Zeiss Ikon und Anderen. Mehr über die verfälschten historischen Informationen ab 1933 über 1945 bis weit in die 1980er Jahre.
aus Radio-Magazin Nr.1 aus 1948 (Okt.)
Fernsehen auch wieder in Deutschland!
Für uns, die wir um die Fortführung unserer geliebten Fernsehtechnik in Deutschland nach Kriegsende durch das generelle Verbot von 1945 sehr besorgt waren, bedeutete der kleine eingeklammerte Satz im Statut, das dem Nordwestdeutschen Rundfunk im vorigen Jahr übergeben wurde, und der besagte, daß die Sendungen auch im Bild dargeboten werden sollten, nur ein kleiner, aber verheißungsvoller Hoffnungsschimmer.
Wir wissen, mit welchen Schwierigkeiten nach dem Kriege die ersten Versuche dieser Art verbunden sind, da Fernsehsender und umfangreiche Laboreinrichtungen nicht mehr zur Verfügung stehen. Der Berliner Fernsehsender wurde Ende 1943 durch Bomben und der Fernsehsender auf dem Brocken durch russische Totaldemontage ein Opfer des Krieges. Hochwertige, mit größtem Kostenaufwand gelegte Breitband-Fernsehkabel, wurden durch die östliche Besatzungsmacht entfernt.
International anerkannte Fernsehfachleute, wie Manfred von Ardenne, Prof. Dr. Fritz Schröter u. a. mußten ihre Arbeiten außerhalb Deutschlands fortsetzen. Es hatte den Anschein, als sei die Wiederaufnahme einer deutschen Fernsehentwicklung auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben. Daß der Verwaltungsrat des Nordwestdeutschen Rundfunks unter Vorsitz des Herrn Kultusministers Grimme, des jetzigen Generaldirektors des NWDR, sich so bald mit dem Gedanken des Fernsehens befaßte, erfüllte uns mit ehrlicher Freude.
Auf einer Tagung in Rolandseck wurde beschlossen, einen Fernsehversuchsbetrieb aufzuführen. Auch jetzt noch ist es mit größter Schwierigkeit verbunden, die Voraussetzungen dazu zu schaffen. Aber wir wissen, daß Rundfunk- und Fernsehtechniker Idealisten sind und mit Begeisterung die Sache ergreifen. In den Labors der Industrie, der Institute und der Fachzeitschriften wird es wieder lebendig. Man ist entschlossen, sein Bestes zu tun, die verlorengegangenen Jahre wieder aufzuholen und sich für einen zukünftigen Fernseh-Programmbetrieb in Deutschland einzusetzen.
Wir haben den Optimismus nicht verloren - und das ist das Entscheidende. Es wird nicht leicht sein, das Beginnen, aber es erfüllt uns mit Freude, wieder dabei sein zu können. Vom Verwaltungsrat des Nordwestdeutschen Rundfunks wurde die Errichtung eines Versuchssenders in Hamburg beschlossen, und es ist zu hoffen, daß auch an anderen Orten Deutschlands wieder Fernsehsender erstehen werden. Es sei nur an das dichtbevölkerte westdeutsche Rhein-Ruhr-Gebiet gedacht.
Viele Fernsehversuche können aber schon ohne Fernsehsender durchgeführt werden. In Hamburg wird der Universität ein besonderes Institut für Rundfunk- und Fernsehentwicklung angeschlossen, das in der Würdigung der großen Verdienste des Staatssekretärs Dr. Hans von Bredow, der den deutschen Rundfunk vor 1933 aufbaute und ihm Weltgeltung verschaffte, den Namen Hans-von-Bredow-Institut tragen wird.
„Das Radio-Magazin" sieht es nun wieder als eine seiner großen Aufgaben an, sich gleichfalls mit allen Kräften für die Entwicklung der Fernsehtechnik einzusetzen. Durch Beitragsreihen erster Fernsehfachleute, die zu unseren ständigen Mitarbeitern zählen, soll der Leser mit der Technik des modernen Fernsehens vertraut gemacht werden. Praktische Anleitungen sollen ihn zum eigenen Experimentieren anregen, denn nur so wird auch der jüngere Techniker, der noch nicht an der Vorkriegs-Fernsehentwicklung in Deutschland teilhaben konnte, in die Lage versetzt, mitzuwirken an der großen Aufgabe.
Eine besondere Fernsehabteilung wird unserem Labor, das das älteste Fachzeitschriftenlabor in Deutschland ist und sich schon früher mit Fernsehen befaßte, angegliedert. Als unsere vornehmste Aufgabe betrachten wir es, die Pläne des neuen deutschen Fernsehens tatkräftig zu unterstützen und dadurch an der allgemeinen Verbreitung der Idee mitzuwirken. Schon im vorliegenden Heft beginnen wir mit einer Beitragsreihe „Praxis des Fernsehens" von unserem Fernseh-Sachbearbeiter Ingenieur Heinz Richter, die ganz diesem Ziel dienen soll. Außerhalb dieser Beitragsreihe werden wir laufend unsere Leser über den neuesten Stand der Fernsehentwicklung informieren.
Unsere künftigen Beiträge der Fernseh-Praxis werden bereits die neuen Fernsehdaten berücksichtigen, die am 21. und 22, September 1948 auf einer vom NWDR durchgeführten Tagung unter Beteiligung der Rundfunkgesellschaften, der Industriefirmen, die für die Lieferung von Geräten und Einrichtungen in Betracht kommen und zahlreicher Fernseh-Spezialisten festgelegt wurden.
Die technischen Daten der neuen deutschen Fernsehnormen, die nach zahlreichen Diskussionen zu einer, von allen Teilnehmern als sehr befriedigend empfundenen Lösung geführt haben, stellen die günstigste Zusammenfassung der vielen Forderungen dar, die zu berücksichtigen waren und sich teilweise widersprachen. Zu den Festlegungen führten stets überzeugende Gründe für jedes Teilproblem. Nunmehr läßt sich nach den neuen Daten ein vollständiges Fernsehsystem aufbauen, das den modernsten Erkenntnissen und Erfordernissen entspricht.
Die Zeilenzahl wurde auf 625 festgelegt (bei 25 Bildwechseln). Sie liegt somit höher als die frühere Zeilenzahl in Deutschland (441 Zeilen) und die Englands (405 Zeilen). Es soll die negative Bildmodulation und für die Übertragung des Tones Frequenzmodulation angewandt werden. Die Betriebswellen sollen, wie in Amerika, auf dem 3m-Band (87,5—100 MHz) liegen. In den nächsten Heften berichten wir eingehend über die neuen Daten.
Es ist zu erwarten, daß etwa in zwei Jahren die ersten Fernseh-Versuchs-Sender ihren Betrieb aufnehmen und einen regelmäßigen Programm-Dienst vorbereiten werden.
„Das Radio-Magazin" wünscht dem neuen deutschen Fernsehen einen guten Start!
b.