Historisches Wissen (Kino) aus den Jahren 1954 bis 1958
Diese Artikel stammen aus den Blütejahren des deutschen Kinos etwa ab 1952 bis 1958, als das neue deutsche ARD Fernsehen (schwarz/weiß) die ersten Gehversuche startete und die bereits farbige Kinowelt einen neuen Konkurrenten entdeckte.
Aus Schwarz/Weiß wird Farbe
Als erster Versuch in Richtung farbiger Kinematographie kann die Handkolorierung der einzelnen Filmbildchen gelten. Positive und negative Masken erleichterten und beschleunigten die Kolorierung. Auch die Anfärbung des Schichtträgers (Viragierung) gehört zu den frühen Experimenten, obwohl hiermit nur Stimmungseffekte gewonnen wurden, ohne dem Bildinhalt eine unterschiedliche Farbigkeit zu geben. Die heutige Farbfotografie gründet sich auf einige grundsätzliche physikalische Tatsachen:
Die Entdeckung Newtons (1643—1727), daß weißes Licht spektral in Regenbogenfarben zerlegt werden kann, und daß die Mischung sämtlicher Spektralfarben wieder Weiß ergibt; die Erkenntnis (1852) von H. v. Helmholtz (1821—1894), daß das Farbensehen des Auges durch die Wahrnehmung der drei Grundfarben: Blau, Grün, Rot allein erklärt werden kann, und den Beweis (1855) von C. Maxwell (1831—1879), daß alle sichtbaren Farben durch Mischung dieser drei Komponenten in verschiedenen Anteilen herzustellen sind.
Er benutzte hierzu farbiges Licht, das durch Übereinanderprojizieren und mittels Sammellinsen gemischt wurde. Dieses additive Mischungsverfahren ergibt bei richtiger Dosierung weißes Licht aus den drei Grundfarben. Werden die Mischungsanteile der farbigen Lichter anders dosiert, so erhält man beliebige Lichtfarben.
Nachdem man gelernt hatte, orthochromatische Emulsionen herzustellen, die farbige Vorlagen in richtiger Grauwertabstufung wiedergeben, ließen sich mit Hilfe farbiger Filter die Farbauszüge der drei Grundfarben als schwarzweiße Teilbilder gewinnen. Wenn die drei Teilbilder mit Licht der zugehörigen Farben übereinander projiziert werden, entsteht durch additive Mischung ein der Vorlage entsprechendes Bild.
Farbauszüge in drei Grundfarben Blau, Grün, Rot
Die Unterbringung der drei Farbauszüge auf der Emulsionsschicht eines einzigen Filmbildchens gelang in den zwanziger Jahren mit Hilfe des Linsenraster- Verfahrens. Diese unter dem Namen Siemens-Berthon-Verfahren bekannt gewordene technische Lösung macht von der optischen Wirkung einer auf die blanke Seite des Films aufgeprägten, mikroskopischen Linsenstruktur Gebrauch.
Der Bildinhalt erscheint bei der Betrachtung schwarzweiß (reines Silberkornbild) und erhält seine Farbigkeit erst in der Projektion unter Einschaltung eines dreifarbigen Filters in den Strahlengang. Der hohe Lichtbedarf des additiven Verfahrens steht einer allgemeinen Einführung des an sich ingeniösen und mit Vorteilen verbundenen Linsenraster- Verfahrens entgegen. Man hat daher versucht, die Farbwiedergabe nach dem subtraktiven Verfahren für den farbigen Film benutzbar zu machen. Die vom Auge wahrgenommenen Körperfarben ergeben sich dadurch, daß die Körper aus dem gesamten Spektralbereich des auffallenden weißen Lichtes nur eine einzige Farbe oder eine Farbmischung selektiv reflektieren.
Der Rest des Farb-Spektrums wird absorbiert. Hieraus folgt, daß ein farbiger Körper schwarz erscheinen muß, wenn er von Licht solcher spektraler Zusammensetzung angestrahlt wird, in welcher der Anteil seiner Körperfarbe fehlt. So erscheint z. B. ein roter Körper bei Beleuchtung mit blaugrünem Licht dem Auge schwarz, weil diesem Spektrum der Rotanteil fehlt.
Es geht auch mit zwei Komplementärfarben
Zwei Spektralbereiche, die sich zu Weiß ergänzen, bezeichnet man als Komplementärfarben. Die zu den drei Grundfarben Blau, Grün, Rot (die bei dem additiven Verfahren verwendet werden) gehörenden Komplementärfarbmischungen sind Grün-Rot oder Gelb, Blau-Rot oder Purpur und Blau-Grün oder Cyan. Sie werden als "Restfarben" bezeichnet. Läßt man einen weißen Lichtstrahl durch zwei mit je einer Restfarbe gefärbte Filter fallen, so kann nur derjenige Farbanteil passieren, den beide Restfarben gemeinsam haben; also z. B. bei gelbem und purpurnem Filter: Rot. Bei Hintereinanderschaltung aller drei Restfarbenfilter entsteht völlige Auslöschung, also Schwarz. Durch geeignete Dosierung der hintereinander geschalteten Filter nach Dichte und Sättigung läßt sich nach diesem subtraktiven Verfahren jede gewünschte Farbe aus dem hindurchtretenden weißen Licht gewinnen.
Die Aufgabe war nun, die grauwertrichtigen Farbauszüge der drei Grundfarben Blau, Grün, Rot getrennt und übereinander auf einen Filmstreifen unterzubringen (Monopackfilm) und bei der Verarbeitung die entstandenen Silberbilder durch die entsprechenden Komplementärfarben zu ersetzen. Es mußten chemische Verbindungen gefunden werden, die unter bestimmten Bedingungen in der entsprechenden Schicht, und nur in dieser, die ihr zugeordnete Farbkomponente bilden. Dadurch wurde es möglich, sowohl im Umkehr als auch im Negativ-Positiv-Verfahren Farbaufnahmen herzustellen, die im Endprodukt den tatsächlichen Körperfarben entsprechen {Agfacolor, Kodachrome u. ä.).
Im Gegensatz zu den Monopack filmen arbeitet das (letzte) Technicolor-Verfahren (Version 5) mit drei getrennten Farbauszügen. Unter Umgehung der emulsionstechnisch-chemischen Probleme werden durch einen bemerkenswerten Aufwand an mechanischer Genauigkeit die drei Komplementärfarbauszüge auf einem Filmpositiv übereinander gedruckt (= belichtet). Zur Aufnahme dient eine komplizierte Spezialkamera großer Abmessungen, in der nach Dreiteilung des Lichtstrahls gleichzeitig drei getrennte Filme über die zugehörigen Filter (auf s/w Film) belichtet werden.
Die Aufnahmetechnik von Farbfilmen verlangt einen beträchtlichen Aufwand im Atelier. Die Farbstimmung von Dekorationen und Kostümen muß sorgfältig beachtet werden. Dabei spielt die spektrale Zusammensetzung des wegen der geringeren Filmempfindlichkeit intensiven Aufnahmelichtes - seine sog. Farbtemperatur - eine wichtige Rolle. Auch erfordert der geringere Belichtungsspielraum der Farbemulsionen eine exakte Lichtmessung und überlegte Helligkeitsabstufungen der Szene.