Edy Dengel und seine frühen Filme ab 1918
Sie sind hier auf den Seiten eines ganz frühen Filmpioniers, der bereits 1918 mit 17 Jahren einen ersten 35mm Kinokrimi produziert hatte. Es war in dem kleinen selbständigen Städtchen Biebrich am Rhein - später ein Vorort südlich von Wiesbaden.
Diese Aufarbeitung des deutschlandweit einmaligen Engagements eines 17jährigen ist mit einer Menge originaler Unterlagen aufgearbeitet und hier nach Jahreszahlen aufzufinden.
Am besten beginnen Sie auf der einführenden Seite hier.
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Frankfurter Rundschau - DlE REPORTAGE DER WOCHE
Donnerstag, 24 August 1989, Nr. 195
Auch die Rundschau aus Frankfurt schaut in die Randgebiete ihres Eizugsbereiches, jedefalls damals noch. Die FAZ machte es übrigens genauso, heute noch.
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Es wird zwar emsig produziert, aber kaum einer nimmt Notiz davon
Horst Engelhardt über den gescheiterten Versuch, nach dem Zweiten Weltkrieg die Landeshauptstadt Wiesbaden zu einem nationalen Filmzentrum auszubauen
WIESBADEN. „Klappe - Wiesbaden, die erste."
Detektiv Fred Repps nimmt die Pfeife aus dem Mund, klopft die Asche aus. Seit über einer Stunde steht er vor dem Haus Nummer zehn an der New Yorker Bowery Street. Drinnen vermutet er zwei Ganoven der Unterwelt am Hudson River. Schurkische Mädchenhändler, denen er schon lange auf der Spur ist.
Dektektiv Repps kennt die Gewohnheiten der Gauner genau. Bald werden sie aus der Tür treten und zu ihrer Spelunke „Moonriver" ziehen, um die halbe Nacht am Pokertisch Mitspieler auszunehmen. Heute abend soll daraus nichts werden. Repps ist mit seiner Gehilfin Kitty wild entschlossen, die Ganoven zur Strecke zu bringen und gefesselt auf dem Polizeipräsidium abzuliefern. Plötzlich wird es stockfinster. „Was ist denn los", erkundigt sich eine Stimme aus dem Dunklen.
„Einen kleinen Augenblick", bittet Fred Dengel die Zuschauer der Wiesbadener Filmpremiere um Geduld. Der Lichtbogen zwischen den Kohlestäben im Kinematographen ist abgerissen und muß erst wieder gezündet werden - Rückblende: Wir schreiben das Jahr 1919. So oder so ähnlich dürfte in Wiesbaden die Geburtsstunde des Films vor rund 70 Jahren geschlagen haben. Der Pionier dieser ersten Stunde: Fred Dengel; Hauptdarsteller, Kameramann, Produktionsleiter und Regisseur in einer Person. Ein Selfmademan.
- Anmerkung : Also erstens war es Edwin Georg (Edy) Dengel, der den Kinematographen bedient hatte und der auch der Hauptdarsteller dieses Gangster-Films war und zweitens, das mit "Wiesbaden" ist sehr weit her geholt, obwohl es in so vielen vorangegangenen Artikeln über die AXA Film und Edy Dengel immer wieder falsch heruntergebetet wird. -
Denn das alles spielte sich in "Biebrich" ab, einen damals absolut selbständigen Ort am Rhein mit viel Industrie und relativ reich, der recht weit von Wiesbaden entfernt war. Erst 1928 wurde Biebrich nach Wiesbaden eingemeindet (die Gewerbesteuer lockt immer) und firmierte ab dann als Wiesbaden-Biebrich. So wird Wiesbaden für etwas gerühmt (oder sogar geehrt), für das es überhaupt keinen Grund gab und gibt.
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„Klappe - Wiesbaden, die zweite."
Christine Kolb hält einen Moment lang die Augen geschlossen, konzentriert sich und memoriert ihren Text, den sie gleich vor der Videokamera sprechen wird. Hinter ihr: eine große Tafel, „Vor 8 im Ersten".
Letzte Probe für die Aufnahme ihrer Moderation. Die Decke im halbrunden Backsteinbau hängt voller Scheinwerfer. Zu ihren Füßen: ein Fernseh-Monitor. Wie im Geisterhaus kommt von unsichtbarem Ort der Hinweis: „Das Mikrofon wirft Schatten." Assistent Uli richtet das kleine Gerät aus. Auch einen großen Deckenscheinwerfer verstellt er. Moderatorin Kolb legt derweil rasch noch ein bißchen Puder auf, damit das Gesicht im gleißenden Licht nicht so glänzt.
Abermals durchbricht die Geisterstimme die Studiostille. „Könnt ihr den Lautsprecher leiser drehen. Wir haben hier eine Rückkopplung." Mehr als eine halbe Stunde sind seit der ersten Stellprobe vor Mikrofon und Kamera vergangen.
Immer wieder veränderte Uli Einstellungen verschiedener Apparate. Nun scheint der entscheidende Moment gekommen: „Achtung bitte, MAZ läuft." Christine Kolb blickt mit freundlichem Lächeln in das elektronische Auge und legt los. „Eins-Zweiunddreißig", erklärt der Unsichtbare nach dem Monolog der Moderatorin. Der heimliche Beobachter scheint zufrieden und meint: „Das war gut."
Eine Minute und 32 Sekunden. Die Zeit paßt zur Überbrückung zwischen zwei bereits fest einprogrammierten Filmbeiträgen im Vorabendprogramm des Hessischen Fernsehens. Was für die Zunft der Drucker und Zeitungsmacher die Zeilenzahl markiert, hat bei elektronischen Medien die Zeit übernommen.
Wer ist die der „Hans-Jürgen Kliebenstein Fernseh- Produktions-GmbH".
Christine Kolb ist eine von zwölf Redakteuren in der „Hans-Jürgen Kliebenstein Fernseh- Produktions-GmbH". „Wir sind wie eine kleine Rundfunkstation organisiert", brachte der Firmenchef für eine Fachzeitschrift sein Unternehmenskonzept auf den Punkt. Von einem Sendemast ist freilich weit und breit nichts zu sehen. Auftragsproduktion vor allem für TV-Stationen im Umkreis macht das Gros der Arbeit im Wiesbadener Komplex „Unter den Eichen" aus.
Eine ganze Reihe ähnlicher Firmen hat sich dort angesiedelt, wo nach dem Zweiten Weltkrieg ein deutsches Filmzentrum hätte entstehen können. Die Chance scheint vertan. München, Berlin und Hamburg haben der hessischen Landesmetropole den Rang abgelaufen (Anmerkung : beser formuliert : weggekauft). Geblieben sind aus der Gründerzeit der Nachkriegsjahre in der Bundesrepublik die
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- „Spitzunorganisation der Filmwirtschaft" (SPIO) als Interessenvertretung,
- die „Freiwillige Selbstkontrolle" (FSK),
- die „Filmbewertungsstelle" (FBW),
- das „Kuratorium junger deutscher Film",
- die „Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung" sowie gemeinsam mit Frankfurt das
- „Deutsche Institut für Filmkunde".
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„Klappe - Wiesbaden, die dritte."
„Es war schon enorm, was die Filmleute damals geleistet haben", zollt Fred Georg Dengel jun. Respekt für die Arbeit seines Vaters und Filmpioniers im Rhein-Main-Gebiet. Ohne Tricks, Stuntman oder Double wurde seinerzeit produziert. „Heute schlägt man seinem Gegner zehn speziell präparierte Flaschen auf den Kopf, ohne daß es dem anderen wehtut."
Er weiß, wovon er spricht, denn in seinem Produktionszentrum finden sich neben allen erdenklichen Produktionsausstattungen auch Kuriosa wie künstlicher Nebel oder Schnee. Damals gab es solche Hilfen nicht. Alles war echt und „life". So verletzte sich Katharina Ries, später Fred Repps - alias Edy - Dengels (erste) Ehefrau, bei einem Sprung derart schwer, daß sie eine Gehbehinderung davontrug.
Das neue Unterhaltungsmetier entwickelte rasch eine ungeahnte Eigendynamik. „Edy" Dengel baute ein Glashaus als Studio, (falsch, die Studios wurden damals Glashaus genannt) in dem tagsüber gedreht und nachts die Zelluloid-Streifen entwickelt sowie kopiert wurden. Phantasie und Gespür für Sensationen machten den ersten Wiesbadener (falsch : Biebricher) „Filmemacher" über die Stadtgrenzen hinaus bekannt.
Sein Sohn Fred sen. weiß beispielsweise von einer Episode zur Eröffnung des einst bekannten Frankfurter Schuhmann-Theaters zu berichten. Der Vater Dengel nahm die Zeremonie auf, entwickelte den Streifen rasch im Auto und zeigte die Szenen anschließend dem erstaunten Premieren-Publikum.
„Edy" Dengels Filmschaffen sprach sich bis zur damaligen Reichshauptstadt Berlin herum. Es folgte 1930 eine Anfrage, ob er nicht zu den dortigen Studios überwechseln wolle. Aus Neigung und Liebe zur Heimatstadt blieb er Wiesbaden-Biebrich treu. Wenige Jahre später ordneten die Nationalsozialisten eine Art Berufsverbot an.
- Anmerkung : Das ist sehr ungeschickt fomuliert. Die Nazis machten das viel geschickter. "Bis Du nicht in der Partei, bekommst Du keinen Auftrag mehr."
Er hatte sich geweigert, in die Partei einzutreten. Der Wiesbaden-Biebricher Filmpionier mußte sich daraufhin nach einem anderen Broterwerb umsehen und betrieb einen schwungvollen Handel mit Elektromotoren.
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Ein „Ascania-Stativ" aus dem Keller
„Ein Zufall", erinnert sich Filius Fred sen., weckte wieder die alte Leidenschaft. Ein Kameramann hatte 1950 auf einem Nachbarhaus sein Aufnahmegerät mangels Stativ schlicht auf dem Küchentisch plaziert. „Das geht nicht an", meinte „Edy" und holte das einzige noch verbliebene Filmgerät, ein „Ascania-Stativ", aus dem Keller.
Fred Dengel: „Die Filmleute waren glücklich und mein Vater dachte, wenn die heute wieder drehen, dann kann ich das auch.
Werbung und Städtejubiläen brachten die ersten Aufträge. Die belichteten Filme wurden am gleichen Tag nachts bearbeitet und tags darauf gezeigt. „Das lief phantastisch, blieb aber letztlich unbefriedigend", blickt Sohn Fred sen. zurück.
1953 entstand das Aufnahmestudio der „Axa-Film-Produktion". Eisrevue, Harald Juhnke mit „Die unbarmherzige Lüge", Serien wie „Nachsitzen für Erwachsene" oder „Teenagerparty" bis hin zu Spielfilmen wurden gedreht. Der Sohn Fred sen., der heute ganz locker aus dem Leben seines Vaters berichtet, überwarf sich allerdings mit ihm und gründete ein eigenes Studio.
Erster freier Mitarbeiter beim ZDF samt Eschborner Barackenzeiten prägten seine Stationen bis heute zum selbständigen Unternehmer für „Film- und Veranstaltungstechnik" samt Produktion im kürzlich bezogenen Neubau an der Wiesbadener Landstraße für 38 Angestellte und einem Lagerbestand von 2.000 Scheinwerfern nebst allem nur erdenklichen Zubehör einschließlich Kamerawagen wie -kran. Moderne Videotechnik überläßt er freilich seinen inzwischen ebenfalls erwachsenen Kindern. Fred Dengel sen.: „Die elektronische Videokamera geht einem Filmkameramann absolut gegen den Strich."
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„Klappe - Wiesbaden, die vierte."
Drei Jahrzehnte, nachdem Pionier „Edy" Dengel seinen ersten Spielflilm „Das Schloß des Schreckens" gedreht hatte, begann im Wiesbadener Areal „Unter den Eichen" die industrielle Produktion. Wie die beiden Autoren Harald Schleicher und Uwe Schriefer für ihr Bändchen „Filmstadt Wiesbaden" recherchierten, errichtete die „Aktiengesellschaft für Filmfabrikation" (AFIFA) auf dem Gelände des früher dort ansässigen Reit- und Fahrvereins eine Produktionsstätte. Die AFIFA übernahm ursprünglich innerhalb der von den Nazis gegründeten Universal-Film-GmbH (Ufi) die Kopierwerke. Am 5. Mai 1949 wurden die Dreharbeiten zum ersten Wiesbadener Spielfilm nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Titel „Mordprozeß Dr. Jordan" aufgenommen, der im Oktober des gleichen Jahres Premiere hatte.
Unterdessen liefen die Bemühungen, das Vermögen der einstigen Ufi aufzuteilen. 1952 formulierte die Bundesregierung in Abstimmung mit Amerikanern und Briten ein Gesetz zur Neuordnung der deutschen Filmwirtschaft. In ihrem Abriß über die Filmstadt Wiesbaden kommen die Autoren Schleicher und Schriefer jedoch zu dem Schluß: „Die angebliche Entflechtung des ehemaligen NS-Filmkonzerns war eben vollzogen, da konnte sich die Ufa voll Stolz den größten Film-Konzern Europas nennen."
Für die Wiesbadener Filmstadt brachten Zerschlagung des alten und Gründung des neuen Konzerns nicht den erhofften Durchbruch. Die Studios hatten Schwierigkeiten, über die Runden zu kommen. Bei nur sechs bis acht abgedrehten Spielfilmen jährlich, die obendrein nicht unbedingt zu den Kassenschlagern zählten, schien die Zukunft der Studios und Produktionsstätten gefährdet.
Die Ufi-Liquidatoren wollten die Studios verkaufen, ohne die weitere Produktion zu garantieren. Sie wiesen darauf hin, daß die Ateliers Verluste erwirtschafteten. Schließlich rangen sich die Stadtverordneten 1956 dazu durch, das von der AFIFA gepachtete Areal unter der Maßgabe an die Taunusfilm GmbH zu verkaufen, daß die Gesellschaft binnen Jahresfrist auch die vorhandenen Anlagen erwirbt.
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Und wieder wird ein Klischee heruntegebetet
Inzwischen kam das Fernsehen auf und verdrängte gegen Ende der 1950er Jahre nach und nach die Kinos.
- Anmerkung : Leider farlässig falsch recherchiert. Es war immer noch nicht das niedliche Fernsehen, welches die Kinos verdrängte, es war der aufkommende Wohlstand und die neuen Freizeitmöglichkeiten. Alles andere ist nur en Verdrängen der eigenen Verfehlungen und Selbstschutzgelaber der Beteiligten Kinobetreiber und Verleihfirmen. Die intellelktuelle Qualität der Kinofilme stank damals zum Himmel.
Private TV-Gesellschaften zeigten Interesse an den Wiesbadener Studios. Da stieg der Hessische Rundfunk mit einer Beteiligung von 50 Prozent bei der Taunus-Film-GmbH ein. In diese Zeit fällte auch das Bundesverfassungsgericht das Grundsatzurteil über das von der Adenauer-Regierung vorgesehene „Deutschland Fernsehen" und ebnete damit den Weg für das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) als Länderanstalt mit Sitz in Mainz. Die ersten Sendungen kamen 1963 aus den alten AFIFA-Studios auf dem Wiesbadener Areal „Unter den Eichen". Das Provisorium sollte bis 1985 währen.
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Die IFAGE wurde gegründet
Erneut war eine Zäsur eingetreten und es galt, die Zukunft des Produktionsareals zu zementieren. „Taunusfilm" und die „Internationale Fernsehagentur" (IFAGE) gründeten eine Arbeitsgemeinschaft und präsentierten sich 1986 gemeinsam auf der Frankfurter Messe „Broadcast" als „AV Medienzentrum Wiesbaden".
In einer Selbstdarstellung heißt es dazu, nur Zusammenarbeit ermögliche es, „den Anspruch Wiesbadens als Filmstadt zwischen Zweitem Deutschen Fernsehen,
Hessischem Rundfunk, Südwestfunk, Westdeutschem Rundfunk, SAT 1 und der Werbewirtschaft von neuem mit Leben zu erfüllen". Fazit der Autoren Schleicher und Schriefer: „Konzentration und Zusammenarbeit - diese Stichworte stehen für die jüngste Entwicklung „Unter den Eichen".
„Klappe - Wiesbaden, die fünfte."
Draußen prasselt Sommerregen auf Eichen und Gebäude. Drinnen, im leicht abgedunkelten Studio, ist davon weder etwas zu hören noch zu sehen. Die Blicke im Regieraum sind auf die Galerie Bildschirme gerichtet, die die Dimension einer Filmwand einnehmen. Monitore für einzelne Kameras, Rekorder-Einspielungen, Trickfiguren und Summe aller Bildkomponenten auf dem Programm-Schirm.
Ein Stockwerk tiefer, im Studio, sitzen Martin Hecht und Heike Maurer, die beiden Moderatorinnen für das Lufthansa-Magazin. 20 Minuten läuft das bei der Kliebenstein-Fernseh- Produktions-GmbH gefertigte Video-Programm vor aktuellen Spielfilmen auf interkontinentalen Strecken.
Regie: „Martin, wir sind soweit." Moderator Hecht ganz locker: „Mach ich mit." Regie: „MAZ kommt ... und bitte." Der geübte Akteur spricht in die Kamera gerade so wie mit einem guten Bekannten. Kaum ist die Aufnahme im „Kasten" und die Zeit ermittelt, fragt die Regie: „Kannst Du ein bißchen im Tempo anziehen?" Antwort: „Ja." Abermals legt Hecht vor Kamera und laufender Bandmaschine für die „Magnetbildaufzeichnung" (MAZ) los. Dieses Mal war Hecht zu flott.
Beim dritten Anlauf klappt es. Die Zeit paßt in die vorgesehene Lücke.
Die Kamera wird im Studio umgestellt, Scheinwerfer auf die neue Figuration ausgerichtet, die Dekoration ein klein wenig verändert. Im Regieraum sind Assistenten derweil beschäftigt, die MAZ auf die nächste Position vorzufahren. Auf dem Kamera-Monitor kommt unterdessen Heike Maurer ins Bild. Sie zupft an ihrem Haartüchlein, legt den Ponyschnitt zurecht.
Anmoderation: Teil zwei. Beim Abhören hat sich ein knackendes Geräusch eingeschlichen. Also noch einmal von vorn. Während im Regieraum die Geräte wieder auf Anfang gestellt werden, frotzeln beide Moderatoren. Verkrampfung oder Ärger über Zeitverzögerung würde den Akteuren vor der Kamera förmlich im Gesicht geschrieben stehen. So wird's leichtgenommen und die freundliche Stimmung überträgt sich auch auf die kurze Szene vor dem nächsten vorproduzierten Beitrag.
Die Technik hat einerseits ihre Tücken, hilft aber auch. Beispielsweise per Auto Cue: ein kleiner Monitor, der Textvorlagen für den Zuschauer unsichtbar in die Optik der Fernsehkamera einspiegelt (wir nennen das heute Telepromter), die der Moderator beim Blick auf das elektronische Auge ablesen kann. Perfektion und fast Zauberei aus der Trickkiste moderner Studiotechnik.
„Klappe - Wiesbaden, die sechste."
Seit 1951 gibt es die Filmbewertungsstelle als Verwaltungsvereinbarung der Bundesländer. Sitz: Wiesbaden. 40 Beisitzer und fünf Vorsitzende - Fachjournalisten von Tageszeitungen, Dozenten der Film- und Fernseh-Hochschulen, Delegierte der Erwachsenenbildung und aus kulturellem Bereich wie Frankfurts Dezernent Hilmar Hofmann - gehören den Bewertungsausschüssen oder Hauptausschuß als Berufungsinstanz an.
Sie können sämtlichen in bundesdeutschen Kinos laufenden Filmen die begehrten Prädikate „wertvoll" oder „besonders wertvoll" verleihen. Die Auszeichnung ist nicht nur Anhaltspunkt für Kinobesucher, sondern hat auch konkrete finanzielle Auswirkungen. Für derart eingestufte Filmvorführungen entfällt die Vergnügungssteuer. Außerdem ist das Prädikat Voraussetzung, daß Produzenten finanzielle staatliche Unterstützungen nach dem Filmförderungsgesetz erhalten.
„Im Durchschnitt reichen uns Produzenten oder Verleiher jährlich etwa 170 Spielfilme und rund 200 Kurzfilme zur Beurteilung ein", blickt Verwaltungsdirektor Steffen Wolf in die Statistik. Das Prädikat „besonders wertvoll" kann immerhin zwischen 20.000 und 30.000 D-Mark an Zuschüssen für einen Kurzfilm einbringen. Bewertungskriterien: Inhalt unter anderem Originalität, Bedeutung oder zeitkritischer Gehalt; Form: Drehbuch nach Aufbau und Stil, Besetzung und Darstellung mit Kameraführung, Schnitt sowie Ton und Musik einschlielißlich Bauten und Ausstattung; Filmgestalt als Einheit mit ausgewogenem Verhältnis von Stoff und Form. „Natürlich hat es auch Kritik an der Bewertung gegeben", bekennt Wolf. 1988 etwa bei den Einstufungen für „Rambo" oder „Die Letzte Versuchung Jesu Christi".
Seit rund fünf Jahren zeichnet sich nach Wolfs Einschätzung ab, daß die Schere zwischen minderwertigen Kassenreißern und hochwertigen Qualitätsproduktionen nicht mehr sonderlich weit auseinanderklafft.
Zumeist handele es sich dabei allerdings um US-Importe. Das hänge nicht zuletzt mit den Kosten zusammen. Auf dem englischsprachigen Markt sei es möglich, 50 Millionen einzuspielen. Ein deutscher Streifen bringe im Inland höchstens sieben Millionen Mark. Überdies kämen seiner Einschätzung nach deutsche Themen samt Verpackung selten auf dem internationalen Markt an. Coproduktionen mit dem Fernsehen streben denn auch bundesdeutsche Filmproduzenten vor allem an, um von vornherein zumindest einen Teil der Aufwendungen abzudecken.
„Klappe - Wiesbaden, die siebte."
Die hessische Landesmetropole als bundesdeutsche Filmstadt ? Dieser Film ist gelaufen. Längst haben München, Hamburg und Berlin den Studios „Unter den Eichen" den Rang abgelaufen. Dennoch wird hier emsig produziert. Fürs Fernsehen.
Einige Beispiele: Odeon hat seit 1982 den „Fall für Zwei" fest in der Hand, der ein Dauerrenner ist und auch über Bildschirme anderer Länder flimmert. Außerdem die Vorabendserie „Das Nest". Für 1990 ist eine größere Serie in der Planung. Bei der Taunusfilm sind die Akteure just von Drehterminen aus der Türkei für eine zehnteilige Serie mit Horst Jansen in der Hauptrolle zurückgekehrt. Und die IFAGE hat gerade Ende Juni ein gesellschaftskritisches Werk zum Thema Aids für das ZDF unter dem Titel „Unsichtbare Mauern" im Kasten.
Bildunterschrift
Als die Bilder laufen lernten brachte Filmpionier „Edy" Dengel noch mit der Handkurbel Leben auf die Leinwand. Auch Sohn Fred Georg sen. stand hinter der wuchtigen Filmkamera für das 35-Millimeter-Kinoformat. Moderne Studios bedienen sich statt belichteter Zelluloid-Streifen inzwischen immer häufiger der Videotechnik mit magnetischen Aufzeichnungsgeräten und riesigen Beleuchtunqsarsenalen.
(FR Bilder:Oeser)