Edy Dengel und seine frühen Filme ab 1918
Sie sind hier auf den Seiten eines ganz frühen Filmpioniers, der bereits 1918 mit 17 Jahren einen ersten 35mm Kinokrimi produziert hatte. Es war in dem kleinen selbständigen Städtchen Biebrich am Rhein - später ein Vorort südlich von Wiesbaden.
Diese Aufarbeitung des deutschlandweit einmaligen Engagements eines 17jährigen ist mit einer Menge originaler Unterlagen aufgearbeitet und hier nach Jahreszahlen aufzufinden.
Am besten beginnen Sie auf der einführenden Seite hier.
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Im Wiesbadener Tagblatt in der Rubrik
Das Wiesbadener Rheinufer - November 1949
Das Datum steht zwar auf der Zeitungsseite nicht mehr drauf, doch aus den Informationen muß es sich um Oktober oder Anfang November 1949 handeln.
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„Das Schloß des Schreckens" in 5 Akten
„Filmstadt Biebrich" bereits vor 30 Jahren:
Edy Dengel drehte seine ersten Detektivfilme / „Verbrecherjagden" an der Hammermühle / Polizei half mit.
Wenn der jetzt vor vollbesetzten Häusern über die Leinwand laufende Film „Mordprozeß Dr. Jordan" als erste Produktion der "Filmstadt Wiesbaden" bezeichnet wird, so trifft das nur insofern zu, als es sich um den ersten, in den neuen Studios „Unter den Eichen" (dieses Areal gehört zum Stadtgebiet von Wiesbaden) hergestellten Film handelt. In Wirklichkeit begann bereits im Jahre 1919, also vor 30 Jahren, die von dem (Wiesbaden-) Biebricher Bürger Edy Dengel gegründete Axa-Film GmbH mit ihrer Stummfilm-Produktion.
(Anmerkung : Biebrich gehörte damals noch nicht zu Wiesbaden und war ein selbständiger Ort am Rheinufer.)
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Wagnis eines 18jährigen
Es war ein unter den jetzigen Verhältnissen (der erste Weltkrieg war 1918 gerade katastrophal verloren gegangen) kaum noch vorstellbares Wagnis, daß der damals achtzehnjährige Filmliebhaber, den schon als Schüler alle technischen Dinge interessierten, mit der Herstellung seines ersten Filmes begann.
Ohne je ein Atelier (Glashaus nannte man es in jener Zeit) von innen gesehen zu haben und ohne ein solches auch in Anspruch nehmen zu können, holte er sich einen Frankfurter Kameramann, baute im Hofe seines elterlichen Hauses in der Weihergasse 15 eine Freilichtbühne auf und drehte „Das Schloß des Schreckens - das 1. Abenteuer des Detektivs Fred Repps in 5 Akten."
Die Außenaufnahmen entstanden in Wiesbaden, hauptsächlich aber in Biebrich und seiner näheren Umgebung. Als „Schloß des Schreckens" diente die alte Villa „Germania" in der Weinbergstraße, die Bachgasse wurde zur heute noch von den alten Gibbern so genannten „Bowery-Street", am Eisenbahnübergang an der Hammermühle spielte sich die aufregende Verbrecherjagd mit Fahrrad, Motorrad und Auto ab und „Sokrates" (das damalige Motorboot der Badeanstalt Ezelius) brauste mit Paul Ezelius am Steuer über den zum Hudson umgetauften guten Vater Rhein. Detektivfilme waren ja damals die große Mode, und Amerika gab das Vorbild dazu.
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Polizei mußte absperren
Es wurde ohne Protektorat des Bürgermeisters, aber mit tatkräftiger Unterstützung der Polizei gedreht. Dengel war Verfasser, Hauptdarsteller und Spielleiter in eigener Person. Daß der Prophet im eigenen Lande nichts gilt, bewahrheitete sich diesmal nicht. Der Andrang bei der Uraufführung war so groß, daß die Polizei absperren mußte.
Nicht nur Biebrich und Wiesbaden erlebten Aufführungen, sondern auch die Verleiher-Zentralen in Frankfurt, Düsseldorf, Berlin, Erfurt und München nahmen den gut einschlagenden Film.
Bei einem Film blieb es natürlich nicht. Die rührige Axa-Filmgesellschaft drehte mit gleichem Erfolg „Der Mann mit der Todesmaske" und „Im New Yorker Scheunenviertel". Auch einige Lustspielfilme entstanden. Dann setzte sich der Tonfilm durch, so daß der nachfolgende Film, "Bob Chelton, der Ansiedler", nicht mehr vorgeführt wurde.
Da eine Lizenz für die auch zu kostspieligen Tonfilmapparate nicht zu erhalten war, stellte das so vielversprechend gestartete Unternehmen seine Spielfilmproduktion ein und drehte Sport-, Werbe- und aktuelle Filme. Die Biebricher Filme „Rhein in Eisfesseln", „25 Jahre Gibber Kerb" und „Der 1. Biebricher Karnevalszug" entstammen dieser Produktion.
Edy Dengel erzählt . . .
Gern erzählt Edy Dengel alias Fred Repps, der auch heute noch dem Filmgeschehen seine besondere Aufmerksamkeit zuwendet, von den damals bestehenden Schwierigkeiten.
Da die Aufnahmen zu den Detektivfilmen zum größten Teil bei Nacht im Scheinwerferlicht gedreht wurden, war das Elektrizitätswerk einer solchen Stromentnahme nicht gewachsen und das Licht der Umgebung brannte nur auf halber Spannung.
Zur Erzielung besonderer Effekte wurde aus einem starken Elektromotor mit Flugzeugpropeller eine „Sturmmaschine" gebaut, um die Szenen recht realistisch gestalten zu können. Eine künstliche Regenanlage besorgte zum Sturm den Regen, wobei mit der Gießkanne nachgeholfen wurde. Das Engagement von Ringer-Weltmeister August Schneider als amerikanischer Polizist scheiterte daran, daß keine passende Uniform für seinen umfangreichen Korper aufzutreiben war.
Es wurde angeregt, eines dieser Detektiv-Abenteuer, wahrscheinlich „Der Mann mit der Todesmaske", nochmals zur Aufführung zu bringen. WS.
Im redaktionellen Teil ist weiterhin zu lesen :
PARK-LICHTSPIELE, Biebrich
„Erpressung"
Dieser Metro-Goldwin-Mayer-Streifen ist einer jener Kriminalfilme mit dramatisch-geheimnisvoller Atmosphäre. Die weibliche Hauptfigur verkörpert Joan Crawford, die als Folge einer körperlichen Mißgestaltung zur Erpresserin wird. Ihre beiden Gegenspieler sind der sympathische Chirurg Melvyn Douglas und der aus „Roman einer Tänzerin" bekannte Conrad Veidt. Starbesetzuug, meisterhafte Regie und unerhört spannende Handlung haben damit einen Publikums-Erfolg geschaffen.
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und natürlich mit einer zu bezahlenden Anzeige "flankiert"
PARK-LICHTSPIELE - Wiesbaden Biebrich
Spielplan Freitag bis einschl. Montag (Nur 4 Tage)
Joan Crawford, Melvyn Douglas, Conrad Veidt
"Erpressung"
Ein ungewöhnlicher Film voller Spannung und dramatischer Höhepunkte!
Beginn:
Fr. 20.30,
Sa. 18.30 u. 21,
So. u. Mo. 18.00 u. 20.30 Uhr
So. 13.00 Uhr, Jugend-Vorstellung:
„Sensationelle Abenteuer in fernen Ländern"
Samstag, 19. November (1949), Spätvorstellung, 23 Uhr
Sonntag, 20. Nov. (1949), Matinee, 11 Uhr
Der große Reise- u. Exped.-Film Paul Lieberens
"Wir bummeln um die Welt"
Berichte von großen Forschungs-Expeditionen in Innerasien