Historisches Wissen aus Heften, Zeitschriften, Magazinen
Artikel, Zitate und Infos stammen aus der Funk-Technik, der Funkschau, den RTMs, Kameramann, der FKT, den Schriften von Philips und Zeiss Ikon und Anderen. Mehr über die verfälschten historischen Informationen ab 1933 über 1945 bis weit in die 1980er Jahre.
Die erste Seite der ersten Nummer des 1. Jahrganges
vom FUNKSCHAU-Vorläufer „Der Bastler"
1. Jahrgang, Nr.1 - 2. Januar 1927
Des Rundfunks doppeltes Gesicht
Der Rundfunk hat ein zweifach Gesicht: ein künstlerisch-geistiges und ein technisches. Das künstlerisch-geistige war es zunächst, das die breite Masse in seinen Bann zwang. Das Wie, das Werkzeug des Wunderbaren, erregte nicht so sehr das Interesse als das Was, der Inhalt. Die Sendegesellschaften haben ihr Bestes getan, um den Rundfunk aus einer Erscheinung mechanisierter Zivilisation in die Sphäre lebendiger Kultur zu erheben. Das soll nicht heißen, daß man in der Programmgestaltung zu einem Abschluß gelangt sei; zu einem Abschnitt sicherlich.
Auf der Gebeseite ist man rasch zu einer hohen Stufe der Leistung gekommen. Wie aber steht's auf der Empfangsseite, bei den Hörern? Vielen, ja vielleicht den meisten der Rundfunkteilnehmer ist der Apparat eben ein Automat, der für 2.- Mark pro Monat allerlei Genüsse liefert und, wie jeder Automat, manchmal nicht geht. Die Zahl derer, die in ihrem Gerät ein formgebundenes Werkzeug der Technik sehen, das mit kundiger Hand gebraucht werden muß und mit Liebe verstanden werden will, um das Möglichste herzugeben — die Zahl derer ist verhältnismäßig gering.
Dem technischen Gesicht des Rundfunks wurde bislang noch nicht der freundliche Blick gezollt, der wünschenswert wäre. Mag sein, daß technische Dinge für viele das Odium des Nüchternen, Unverdaulichen, Unverständlichen in sich tragen, mag sein, daß die Art wie das, was der Laie und Nichtfachmann vom Wesen und Wirken seines Gerätes wissen soll, zu fremd, zu kalt war, mag sein, daß Mißerfolge bei der Ausführung die beginnende Liebe ertöten ließ.
Hier möchte „Der Bastler" einsetzen und das Ziel verfolgen, daß jeder Rundfunkhörer ein Fünkchen Begeisterung zur Technik der drahtlosen Telephonie in sich aufnimmt, das genährt, zur hellen Freude wird und dem Raunen von Rundfunkmüdigkeit ein Ende bereitet.
Nach dem Satze: „Aus der Praxis für die Praxis" soll die neue technische Beilage ausgebaut werden. „Der Bastler" wird nichts veröffentlichen, was als Theorie ein papierenes Dasein führt, er wird nicht zum Bau von Geräten verlocken, die von den Praktikern noch als problematisch befunden wurden. Der Süddeutsche Radio-Klub, der schon vor der Eröffnung des Rundfunks in Bayern das Häuflein derer sammelte, in denen die Liebe zur drahtlosen Technik durch Beruf oder Tradition verankert ist, hat es übernommen, mit der Schriftleitung des „Bastler" unter voller Wahrung der Freiheit der Meinungen Hand in Hand zu arbeiten und in seinem Laboratorium die zu veröffentlichenden Geräte zu prüfen. Er will mitsorgen helfen, daß auch für die Nichttechniker und Nichtwissenschaftler die Kunst des drahtlosen Empfangs nicht ewig ein Buch mit sieben Siegeln bleibt.
Techniker und Wissenschaftler wissen ja meist selbst, wo sie schwierige Formeln und theoretische Untersuchungen finden, und sollte ein fortgeschrittener Funkfreund die im „Bastler" gebotene Kost zu leicht verdaulich finden, so sind das Laboratorium und Fachleute des Südd. Radioklubs berufen und bereit, seine Wünsche zu befriedigen.
Die weiten Kreise der Rundfunkhörer aber, die die Meisterschaft noch nicht erreicht haben oder die sich erst der technischen Seite zuwenden, mögen sich vertrauensvoll der Führung bedienen, die ihnen im „Bastler" von sachkundiger und verantwortungsbewußter Hand geboten wird.
Die Aufgabe, auch den in erster Linie künstlerisch und geistig am Rundfunk Interessierten das Technische des den Genuß vermittelnden Geräts mit seinem Drum und Dran näherzubringen, ist nicht leicht, aber sie ist der Mühe wert, und die Schriftleitung des „Bastler" sowie der Südd. Radioklub sind sich in der Hoffnung einig, daß viele in nicht ferner Zeit sagen werden:
- „Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen
und haben sich, eh' man es denkt, gefunden.
Der Widerwille ist auch mir geschwunden
und beide scheinen gleich mich anzuziehen."
(Goethe.)
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