Erinnerungen von Manfred Hemmerling (2002) Kapitel 1 - 18
überarbeitet von Gert Redlich im Nov. 2015 - Bei meinem Besuch bei den Pensionären von Radio Bremen im Sept. 2015 legte Nick Kröger dieses Buch auf den Tisch, weil Herr Hemmerling an dem Zeitzeugengespräch leider nicht mehr teilnehmen konnte. Manfred Hemmerling ist wenige Tage vorher am 19. Sept. 2015 im Krankenhaus verstorben. Nach dem groben Durchlesen noch im Hotel in Bremen stand der Entschluß fest, die 260 Seiten der Erinnerungen an 40 Jahre im Rundfunk (bei Radio Bremen) einem erheblich breiteren Publikum vorzulegen.
Um das Ganze lesefreundlich zu gestalten, sind von mir weitere Überschriften zur Trennung von Lese-Blöcken eingefügt worden und natürlich auch Kommentare und Verlinkungen und weitere Bilder, die den jüngeren Lesern einiges besser veranschaulichen.
Das Inhaltsverzeichnis ist auf eine eigene Seite ausgelagert.
Kapitel 16
1987 - ARD-Aufgaben für Manfred Hemmerling
Die Fernsehbetriebsleiter von ARD, ZDF, ORF und SRG sowie von ARTE konferieren regelmäßig dreimal im Jahr. Bei Bedarf kommen sogenannte ad-hoc-Sitzungen hinzu, um aktuelle Fragen zu behandeln. Die in dieser Konferenz (FSBL-K) zu behandelnden Themen sind im Gegensatz zu manch anderer Fachkonferenz recht breit angelegt.
Die FSBL-K ist ein Entscheidungsgremium und behandelt Aufgaben der gemeinsamen Betriebsabwicklung, den Stand der Technik, Personal- und Ausbildungsfragen sowie den Arbeitsschutz/Sicherheit, um nur einige der Themen zu nennen. Dazu werden entsprechende Vorlagen (in der Regel meist von Fachkommissionen) in dieser Konferenz behandelt und entschieden. Also wahrlich ein weites Feld. In dieses Gremium kam ich 1987, zunächst als Gast, im Januar 1988 als Vollmitglied. Da ich viele Teilnehmer aus diversen anderen ARD-Sitzungen bereits kannte, war es eher wie eine Aufnahme in einen vertrauten Familienkreis.
1988 - Vorsitzender des Arbeitskreises "ARD/ZDF-Betriebshandbuch"
Aufgrund unseres relativ kleinen Betriebes bei Radio Bremen war ich mit Sachfragen gut vertraut und konnte aufgrund meiner Erfahrungen auch mühelos der Themenvielfalt folgen. Im Oktober 1988 wurde ich in einer FSBL-K-Sitzung, als Nachfolger von Gerhard Ortleb, SWF, zum Vorsitzenden des Arbeitskreises "ARD/ZDF-Betriebshandbuch" gewählt. Eine Arbeitsgruppe, die 1969 auf Initiative von G. Putnaerglis mit Vertretern der Bundespost, des ARD-Programms und der zentralen Sendeleitung und der Fernsehbetriebsleiter gegründet worden war.
Nun, nach zwanzig Jahren, war der Vorsitz dieses Arbeitskreises wieder zu Radio Bremen gekommen. Eine Vorsitzfunktion bedeutet in der Regel erhebliche Mehrarbeit, die durch Reisen, Sitzungen, schriftliche Arbeiten, usw. entsteht und zusätzlich geleistet werden muß. Obwohl ich wußte, daß unser Intendant über die wahrlich umfangreiche Schaffensperiode von G. Putnaerglis bei der Erstellung von diversen Unterlagen in den letzten Jahren keineswegs erfreut war und deshalb diese Aufgabe viel lieber an anderer Stelle der ARD gesehen hätte, akzeptierte er meine Benennung zum Vorsitzenden dieser Arbeitsgruppe, der AG F3.
Über die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Arbeistgruppe
Die Handbucharbeit erwähne ich aus zwei Gründen etwas ausführlicher. Zum einen, weil die Arbeit für mich eine neue Herausforderung wurde, von der ich zu Beginn aber nichts ahnte, zum anderen, weil die Gruppe, im Vergleich zu den meist fachlich besetzten anderen Arbeitsgruppen atypisch, nämlich heterogen, zusammengesetzt war. Das Gremium dieser AG behandelte Verfahrensfragen der gemeinsamen Betriebsabwicklung, z. B. die Ablauforganisation des ARD-Programms, des damals noch gemeinsamen Vormittagsprogramms von ARD und ZDF sowie zahlreiche andere diesbezügliche Themen, deren bloße Aufzählung (für einen Fachkundigen) das vielfältige Aufgabengebiet verdeutlichen würde, aber hier nicht weiter von Belang ist.
Bemerkenswert ist vielmehr, daß Kollegen aus dem ARD-Programm, der Zentralen Sendeabwicklung, der FS-Produktion und Fachleute aus technischen Betriebsstellen (Leitungsbüro, Sternpunkt, usw.) von ARD, ZDF und IRT an den Sitzungen teilnahmen und die Arbeit gemeinsam geleistet haben. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit hat sich sehr befruchtend ausgewirkt.
Über das ARD/ZDF Organisations-Handbuch
Das Handbuch ist als ein Nachschlagewerk angelegt und in vier Teile aufgegliedert. Teil 1-3 enthält Anschriften und Ansprechpartner von ARD/ ZDF, inzwischen auch die der privaten Programmgestalter (RTL, SAT1, usw.) und der Dienstleister (z.B. Studio Hamburg) sowie Regelungen der nationalen und internationalen Betriebsabwicklung. Teil 4 enthält die technischen Richtlinien, besonders die Postvorschriften zur Übergabe von Bild- und Tonsignalen, Normen und Standards sowie die Empfehlungen für technische Einrichtungen für Außenübertragungen im Hörfunk und Fernsehen.
Viele mochten die neuen "Privaten " nicht
Nach Gründung des VPRT, ein Bündnis der privaten Programmanbieter, entstand der Arbeitskreis AKE (RTL, SAT1, Studio Hamburg), der mit der damaligen Deutschen Bundespost ebenfalls technische Fragen und Probleme behandelte. Die Post sah sich aber bald gezwungen, für die neuen TV-Kunden ein ähnliches Regelwerk wie das gemeinsam mit ARD und ZDF erstellte Handbuch zu erarbeiten. Daher war es natürlich recht naheliegend, das bereits vorhandene ARD/ZDF-Regelwerk auch für die "Privaten" verwenden zu wollen.
Gegen dieses Ansinnen wurden aus den verschiedensten Bereichen von ARD und ZDF erhebliche Vorbehalte laut, weil man sich nicht "in die Karten schauen" lassen wollte. Besonders im "Leitungswesen" hatte man inzwischen mit den "Neuen" einige (nicht gerade positive) Erfahrungen gemacht und auch aus dem Programm (Zentrale Sendeabwicklung) wurden Einwände erhoben.
Auch die Interessenlage war unterschiedlich
Hinzu kam die grundsätzlich unterschiedliche Interessenlage: hier der öffentlich-rechtliche Rundfunk und dort die private, nur durch Werbung finanzierte Konkurrenz.
Nur bei den Aussenübertragungen (AÜ) gab es vergleichbare Probleme mit der Signalübertragung aus zahlreichen, neu hinzu gekommenen Stadien. Damals hatte die Post sogenannte "Anschlußkästen" für das "Vermittelte Breitbandnetz" (VBN) angeboten, welche einen recht einfachen Anschluß (z. B. in Sportstätten) zur Übertragung einer AÜ erlauben sollten.
Bis dahin mußten ARD und ZDF mit erheblichen Aufwand sogenannte Postübergaberäume in diversen Stadien und an besonderen Brennpunkten selbst schaffen und unterhalten. Und in diesem Zusammenhang bestand für ARD und ZDF Handlungsbedarf, um berechtigte Interessen geltend zu machen, insbesondere aus Kostengründen.
Damals nannte man es noch nicht Line-Sharing
Da die "Privaten" noch nicht über ein entsprechendes Leitungsnetz verfügten und in solchen Fällen die TV-Leitungen von ARD/ZDF mitbenutzen mußten (was zu den angedeuteten Problemen führte), und es eine Satellitentechnik, wie sie heute üblich ist (mit kleinen transportablen Anlagen von jedem beliebigen Punkt aus ins Studio zu senden), noch nicht gab, waren verständlicherweise besonders RTL und SAT1 an derartigen Anschlußkästen interessiert.
Ein Geben und Nehmen zwischen den Beteiligten
In einer Sitzung, mit Experten von ARD und ZDF, der Bundespost und den privaten Veranstaltern, konnten die zunächst unterschiedlichen Intentionen letztlich doch noch zusammengeführt und ein gemeinsames Konzept verabschiedet werden. Das war zweifellos ein großer Erfolg. Denn die Beschaffenheit und Ausgestaltung derartiger Anschlußkästen war bereits von den Privaten zur Normierung (im DIN-Normenausschuß) beantragt worden und jede Änderung wäre später erheblich schwieriger durchsetzbar gewesen.
1989 - kurz vor dem Mauerfall
Da ich den Vorsitz dieser "VBN Fachkommission" hatte, entschloß sich das Fernmeldetechnische Zentralamt (FTZ heute ARZ)) in Darmstadt, mich als Vorsitzenden für einen gemischten Arbeitskreis aus ARD/ZDF, DBP und AKE vorzuschlagen. Gerhard Weißhuhn vom ZDF und Postrat Hermann Kenter vom FTZ haben daran einen maßgeblichen Anteil gehabt.
Die Fernsehbetriebsleiter-Konferenz folgte diesem Antrag und meinem Vorschlag, an dieser neuen AG auch einige Experten aus der Handbuchgruppe, (ARD-Sternpunkt, ARD-Leitungsbüro, WDR-AÜ-Technik, SWF D2-Mac-Betriebsabwicklung und IRT) zu beteiligen. Es war die Zeit des sich abzeichnenden Umbruchs! Am 9. November 1989 war der Mauerfall in Berlin und damit der Beginn der Wiedervereinigung Deutschlands.
1991 - der Deutsche Fernsehfunk (DFF) mußte aufhören
Infolge der Wiedervereinigung von West- und Ostdeutschland (1991) mußte der Deutsche Fernsehfunk (DFF) seine Sendungen zum Jahresende einstellen und neue Länderanstalten übernahmen ab 1992 diese Aufgaben.
Die ARD war größer geworden - und einfacher dank diesem Handbuch
Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) und der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg (ORB) waren inzwischen Mitglieder der ARD geworden und hatten auch die ARD/ZDF Betriebsabwicklung zu übernehmen. Dabei leistete das alte Regelwerk des Handbuchs hervorragende Dienste. In erster Linie konnten die ostdeutschen Kollegen ihren Mitarbeitern, die bislang nur die zentrale Sendeabwicklung des DFF (Deutscher Fernsehfunk) kannten, diese Unterlagen in die Hand geben, was zum raschen Verständnis einer gemeinsamen Betriebsabwicklung erheblich beigetragen hat. Aber auch die im Handbuch aufgeführten, diversen Ansprechpartner von ARD und ZDF waren für die neuen Kollegen auf diesem Wege leicht ausfindig zu machen. Es war daher selbstverständlich nötig, die neuen Anstalten auch in das Handbuch einzugliedern.
Doch eigentlich mußte es neu geschrieben werden
Damit war der richtige Zeitpunkt gekommen, eine Neuordnung des bestehenden ARD/ZDF-Handbuchs vorzunehmen, und die privaten Programmanbieter und Dienstleiter gleichzeitig darin aufzunehmen.
Dazu war allerdings noch erhebliche Überzeugungs- und vor allem Fleißarbeit erforderlich. Denn der gesamte Inhalt mußte neu gegliedert und die meisten Kapitel und Texte komplett überarbeitet werden. Eine wirklich außergewöhnliche Aufgabenstellung. Besonders wenn man bedenkt, daß alle Beteiligten in den Rundfunkanstalten ihren täglichen Aufgaben nachzugehen hatten und die Arbeit fürs Handbuch stets zusätzlich geleistet werden mußte.
Letztlich haben alle AG-Mitglieder dazu beigetragen, aber in besonders erwähnenswerter Weise Dieter Backhaus (ARD-Leitungsbüro) und Rolf Hengstler (IRT-RTM) bei der Erstellung der umfangreichen Neugliederung. Zulieferungen für nahezu alle Kapitel kamen von Werner Blum, SWF.
1993 war es fertig und komplett überarbeitet
In zwei Klausuren hat das "linguistisch geschulte Trio" Werner Fehler (ZDF), Arthur Heller IRT und Christian Schütze (ZSL) die ARD/ZDF-Texte komplett überarbeitet. (Für die Entwicklung des VPS-Systems, erhielt A. Heller mit einem Industriekollegen auf der IFA '85 den "Eduard Rhein-Preis").
Ebenfalls eine fast vollständige Überarbeitung sämtlicher Angaben für die Telekom leistete Volkert Buhr und für den VPRT kamen sämtliche Angaben von Ingo Boothby, von SAT 1.
Nach drei Sitzungen konnten wir im Juni 1993 beim FTZ in Darmstadt die vollständig überarbeitete Fassung als gemeinsames neues Handbuch "Fernsehbetriebsabwicklung in Deutschland" verabschieden.
Inzwischen waren beide Arbeitsgruppen (auf meinen Vorschlag hin in der FSBL-K) zu einer AG zusammengeführt worden, so daß von diesem Zeitpunkt an technische Fragen der öffentlich-rechtlichen Anstalten und der privaten Programmveranstalter gemeinsam behandelt werden konnten.
Das Konkurrenzdenken trat zurück - ein großer Fortschritt
Diese Arbeitsgruppe von ARD, ZDF, Telekom sowie RTL und SAT1 war in ihrer Zusammensetzung bislang die erste, die es überhaupt in Deutschland gab, und sie war mit Experten aus den unterschiedlichsten Bereichen des Fernsehens besetzt.
Warum erwähne ich diesen Teil so ausführlich? Weil nach anfänglicher Zurückhaltung jedes Konkurrenzdenken zugunsten der Sachaufgaben in den Hintergrund trat und ein bis dahin kaum für denkbar gehaltener Erfahrungsaustausch zustande kam.
Schließlich entstanden durch diese interessante und sehr angenehme Zusammenarbeit viele freundschaftliche Kontakte. Dieser Abschnitt ist in meiner Erinnerung noch gegenwärtig; er hat meine Zeit im Fernsehen ebenfalls mitgestaltet!
Anfang Mai 1998 verließ ich diese Arbeitsgruppe
Anfang Mai 1998 fand meine Verabschiedung in dieser AG in München statt. Als Erinnerungsgeschenk hatte man mir eine Bundhose zugedacht (es war bekannt, daß ich ein Wanderer bin). Es sollte eine Überraschung werden! Aber eigentlich war mir ein Abschiedsgeschenk eher peinlich, ich hatte so etwas auch gar nicht erwartet.
Die einzige Dame in der Gruppe, Frau Gerlinde Hofmann vom BR, hatte es übernommen, diese zu besorgen. Als sie von Rolf Hengstler erfuhr, daß ich bei der Suche nach einer passenden Hose (von der ich aber noch nichts wußte) wahrscheinlich dabei sein würde, war sie verständlicherweise (wegen einer möglichen Anprobe) sehr erfreut.
Frau Hofmann, Rolf Hengstler und ich trafen uns im Kasino des BR am Rundfunkplatz in der Arnulfstraße.
"Jemand" hatte nicht dicht gehalten
Als ich von ihrem Ansinnen erfuhr, (R. Hengstler hatte zwar schon einige Andeutungen gemacht) erklärte ich ihr, daß mir ein derartiges Geschenk ziemlich peinlich sei, zumal ich bereits einige, auch neue Bundhosen besaß. Leider platzte mir dabei heraus, daß ich aber auf der Suche nach einer Modelldampflokomotive vom Typ Ol Fleischmann wäre, die nicht mehr gebaut wurde.
Da ich annahm, daß ich bei der Suche nach diesem Modell in München mehr Glück haben würde, bat ich die beiden um Mithilfe. Frau Hofmann schien mein Anliegen ziemlich prekär zu sein (leider ahnte ich nicht weshalb), gleichwohl war sie doch zu höflich, um nicht konsequent auf der Bundhose zu bestehen. Also gingen wir zum Marienplatz in einige Geschäfte auf eine, vorerst vergebliche Suche nach der Lok, so daß die geplante Wanderhose schon wieder bedenklich näherrückte. Schließlich fand ich, im Kaufhof, ein ebenso legendäres Modell, die Baureihe 194, eine schwere Güterzuglok. Und die hätte ich auch trotz einer Wanderhose gekauft!
Ich hatte einen Fauxpas ersten Ranges gelandet
Erst am Abend wurde mir schlagartig klar, daß ich damit einen Fauxpas ersten Ranges begangen und meine lieben Freunde mit meinem "Lokwunsch" in arge Bedrängnis gebracht hatte. Denn was ich leider nicht gewußt habe, war, daß Arthur Heller genau diese beiden Artikel (die Lok aber in einer verneinenden Version) in der für mich bestimmten Laudatio ausdrücklich erwähnt hat. Nachfolgend der betreffende Abschnitt aus seiner köstlichen Rede:
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- "Trotzdem, zum Abschied, oh wie klug,
- kriegt er keinen Modellbahnzug!
- Dergleichen macht nämlich den Jogger
- Vielleicht gar noch zum Stubenhocker.
- Für einen, der so toll auf Draht,
- War' das ja wirklich jammerschad!
- Nein, unser Waterkant-Matrose
- Kriegt aus Bayern eine Wanderhose
- Damit er, nach der Wandrung schwitzend,
- bei einem kühlen Biere sitzend,
- die müden Knochen eingerenkt,
- Gern an die Handbuchgruppe denkt."
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Sie haben es mir verziehen
Arthur Heller hat mir in seiner menschlich großzügigen Art sogleich verziehen und meinte, daß der Spieltrieb doch ein ernst zu nehmender Faktor sei, den er aber in "diesem Falle" bewußt außer Acht gelassen habe. Es wurde ein sehr gemütliches Beisammensein und zog sich bis nach Mitternacht hin.
Und gerade die "BR 194" erinnert mich stets an diese liebenswerten Menschen und an die AG F3, besonders an unsere fast ergebnislose Suche durch die diversen Geschäfte in der Innenstadt von München. Ein Abschiedsgeschenk ist an sich nichts ungewöhnliches, sofern es den üblichen Rahmen nicht überschreitet. Aber hier hatte ich recht unsensibel reagiert, und besser eine weitere, sicher kostbare Wanderhose aus Bayern ins Regal aufnehmen sollen!
Und ich bekam sie etwas später, die Dampf-Lok
Kurze Zeit später, im Juni 1998, erfolgte in Nürnberg mein Ausscheiden aus der Konferenz der Fernsehbetriebsleiter. Langjährige Mitglieder der FSBL-K erhielten zu ihrer Verabschiedung ebenfalls ein Geschenk, das durch Rückfragen bei der Sekretärin des Betreffenden systematisch ermittelt wurde. Inzwischen hatte sich wohl herumgesprochen, daß ich keine Wanderhose, sondern vielmehr eine Modell-Lok suchte.
Frau Fritz, die damalige Sitzungssekretärin der Fernsehbetriebsleiter-Konferenz, hatte auch noch die richtigen Verbindungen, denn als Abschiedsgeschenk der FSBL-K erhielt ich die von mir langgesuchte Öl-Dampflok von Fleischmann. Nun habe ich zwei weitere schöne Modelle in meinen Lokbestand, die mich jedesmal an die Mitgliedschaft in diesen beiden, von mir sehr geschätzten Arbeitskreisen erinnern.
Rückblick auf die alten Freunde
Denn infolge meiner zehnjährigen Mitgliedschaft in der FSBL-K sind auch hier viele Freundschaften erwachsen, die ich nicht missen möchte und die bis heute bestehen. Dazu trägt auch die obligatorische Einladung des Vorsitzenden der FSBL-K bei, die er uns "Jungrentnern" zu der jeweiligen Abendveranstaltung weiterhin zukommen läßt. Und so treffen wir uns öfter mal wieder und es ist, als wenn man wie selbstverständlich noch immer dazugehören würde. Es vermittelt einem das Gefühl, im alten Freundeskreis zu sein.
Auch andere ehemalige FS-Betriebsleiter, wie Gerhard Weißhuhn (ZDF), Walter Schönhofen (SR) und Franz Lilli (BR) traf ich bei derartigen Abendveranstaltungen mal wieder und auch sie waren von dieser Idee angetan. Natürlich klappt es nicht immer terminlich bei allen Ehemaligen, aber die Gelegenheit eines Wiedersehens wird uns geboten, selbst wenn der Weg auch mal bis nach Wien führen sollte.
Mit Franz Lilli, den ich bereits 1958 in dem gleich zu Beginn dieser Niederschrift erwähnten Ampex-Kurs kennenlernte, verbindet mich eine über viele Jahre gewachsene Freundschaft. Wenn es mir möglich ist, dann fahre ich nach München und treffe auch Christian Schütze, Arthur Heller und Ulli Meinert (BR) in gemütlicher Runde wieder. Ich hoffe, daß ich an diesem Treffen der Kollegen vom Bayerischen Rundfunk noch möglichst viele Jahre teilnehmen kann. Die Einladungen dazu erhalte ich nach wie vor.
Franz Lilli hat ein besonnenes und eher bescheidenes Wesen. Er war in der FSBL-K als Fachmann stets hoch geschätzt und sein Rat und Urteil gaben fast immer den Ausschlag für Entscheidungen. Er war, wie ich selbst einige Male erlebt habe, der erste in der Früh und der letzte am Abend im Büro. Seine Fähigkeit, zuhören zu können und Betriebsprobleme selbst anzugehen, war bekannt und wurde nicht nur von seinen Mitarbeitern gelobt. Zu seinem Abschied vom Bayerischen Rundfunk mußte er so vielen Menschen die Hände schütteln (wie er mir später mal erzählte ca. 450mal), daß er Tage danach noch nicht wieder richtig zupacken konnte.
Zurück in den Februar 1988
Als ich im Februar 1988 Mitglied der FSBL-K wurde, konnte ich erstmals selbst einen Eindruck vom Ablauf dieser Sitzung gewinnen und erleben, wie schwierig es war, die umfangreiche Tagesordnung in der verfügbaren Zeit abzuarbeiten. Für den jeweiligen Vorsitzenden war das keine leichte Aufgabe, zumal es galt, die unterschiedlichen Interessen zu berücksichtigen und dabei doch noch einen Konsens in der Sachfrage zu erzielen. Diese Fähigkeiten habe ich, besonders in kontroversen Diskussionen, oft bewundert und das disziplinierte Verhalten der Teilnehmer.
Indessen ist die Themenvielfalt in der Fernsehbetriebsleiter-Konferenz derart angewachsen, daß es selbst für einen Insider kaum noch möglich ist, die umfangreiche Tagesordnung in eineinhalb Tagen zu bewältigen. Das führte oft dazu, daß die wichtigsten Punkte vorgezogen wurden, um diese im ganzen Forum behandeln zu können, noch bevor die ersten wieder abreisen mußten. Da die FSBL-K (wie bereits dargelegt) ein Gremium ist, daß Entscheidungen zu treffen hat und in der Regel viel fachliche Unterlagen aus anderen Arbeitsgruppen erhält, mußte man sich vorab mit diesen Themen ausführlich beschäftigen.
Der Schriftkram wurde immer mehr
Die Fülle schriftlicher Unterlagen nahm aber mit der Zeit derart rapide zu,
daß man diverse Stabsstellen nötig gehabt hätte (unser Haus konnte sich so etwas natürlich nicht leisten, zudem war ich auch im täglichen Betrieb gefordert), um "en detail" auf dem laufenden zu bleiben. Diese Entwicklung war jedoch überall zu beobachten.
Es wurde leider zur Mode, möglichst viel Schrifttum zu produzieren, das dem kritischen Leser manchmal Stunden abverlangte, um zum Kern der Aussage zu kommen. So etwas verführt letztlich zum oberflächlichen Lesen. Und nicht nur ich hatte bisweilen den Eindruck, daß manche Ausarbeitung (mit wenigen Ausnahmen) nur deshalb in epischer Breite und mit rhetorischen Worthülsen gespickt von Leuten angefertigt worden war, die ihr persönliches Ansehen damit aufbessern wollten.
Nach seitenlanger, ausführlicher Darstellung kommt man schließlich zu einem Ergebnis, das auch schon vorher feststand. Nach dem Motto: "auf die Verpackung kommt es an!" Damit sind selbstverständlich nicht fachliche Arbeiten gemeint, die einem bestimmten Leserkreis zugedacht sind, sondern vielmehr die von eindeutiger Eigenwerbung geprägten Abhandlungen.
Die Grafiken und das Internet werden kommen
Die Expansion der Grafikabteilungen in den Rundfunkanstalten in den letzten zehn Jahren beweist diese Entwicklung ebenfalls recht anschaulich. Zu diesem Thema, insbesondere wegen der damit einhergehenden Bedarfs wünsche an neue Technologien (der Markt der Computerindustrie hat rasch begriffen, daß auch hier Zuwachsraten in unvorstellbaren Größen sind, man denke nur an das 'Internet'), habe ich oft zum Verdruß auf derartige Wünsche im Hause geantwortet, daß es nicht nur auf die Oberfläche (Präsentation), sondern auf den Inhalt ankommt.
Aber die Grafikbereiche sind auch nur Teil der heute üblichen Entwicklung und müssen sich mehr mit dem "Vermarkten", als mit der eigentlichen Botschaft befassen, um die es aber gerade im Interesse unserer Zuschauer und Hörer eigentlich gehen sollte. Aber so eindeutig die erklärten Absichten aller Beteiligten in diesem Zusammenhang auch sein mögen, die Frage nach einer Präsentation ist schon längst durch die Werbewirtschaft beantwortet worden.
Dieses Thema übertrifft die alte Streitfrage "Film oder Elektronik?" um vieles!
Warum ich das mit "ARD-Aufgaben" überschrieben habe
Ich habe dieses Kapitel mit "ARD-Aufgaben" überschrieben, weil ich die Mitarbeit in vielen Arbeitskreisen und ad-hoc-Gruppen immer als eine angenehme Pflicht und zugleich als eine interessante Herausforderung empfunden habe, an den technischen Aufgaben des Fernsehens (für ARD und ZDF) mitwirken zu können. Gleichfalls war es aber auch unser Beitrag zur Gemeinschaftsarbeit, mit einem zusätzlich wertvollen Erfahrungsaustausch.
Zu Beginn dieser Niederschrift habe ich meine Teilnahme in der Arbeitskommission "Fernsehfilm", AK 12, erwähnt, der ich seit 1962 angehörte. (Diese und andere Arbeitsgruppen wurde Anfang der 70er Jahre aufgelöst, bzw. neu organisiert). Die AK 12 setzte sich vor allem aus Experten (Kopierwerk oder Meßtechnik), die aus den jeweiligen Rundfunkanstalten der ARD kamen, zusammen.
Im Vergleich mit dem 35mm Film war der 16mm SW-Film relativ unbedeutend
Obgleich sich meine Teilnahme zunächst mehr aufs Zuhören beschränkte, die mir andererseits wichtige Informationen für unsere Arbeit in Bremen vermittelte, wurde ich schon bald zum Mittler wie bei Themen zur Abtastung der elektronischen Wiedergabe des Filmmaterials. In dieser Zeit, also vor rund 40 Jahren, war der 16mm SW-Film relativ unbedeutend für die Industrie, wie z. B. "AGFA", "Perutz" oder "Kodak". (Der Umsatz lag beim 35mm Film für Spielfilme).
Um so mehr ist es jenen Kräften, wie Otto Schulze vom Südwestfunk, Friedrich P. H. Meier vom NDR oder Herrn Stoye vom HR zu verdanken, daß hier erhebliche Forschungs- und Entwicklungsarbeit von den Rohfilmherstellern investiert wurde. Letztlich hatte auch die ständig zunehmende Konkurrenz der elektronischen Speicherung einen maßgeblichen Anteil daran, aber die ersten Anstöße und fachliche Begleitung kamen eben aus den Reihen dieser Filmfachleute und des IRT.
Gleichwertiges wurde in den Arbeitskreisen der elektronischen Aufnahme-und Wiedergabe geleistet.
Rückblick auf 40 Jahre bei Radio Bremen
Infolgedessen war neben dem Programm die Technik eine der wichtigsten Säulen, auf denen das junge Fernsehen damals aufgebaut wurde.
Diese Pionierzeit Einzelner ist längst vorbei, heute werden komplexe Aufgaben meist von einem ganzen Team gelöst, denn anders wäre es auch kaum noch möglich, und es entspricht dem kontinuierlichen Wandel.
Was anfangs zwangsläufig eine Domäne der Technik war, infolge schwerfalliger Gerätetechnik und Verfahren, hat sich in den letzten zehn oder gar noch mehr Jahren, längst zum modernen Produktionsbetrieb verändert. Diese unausweichliche Umgestaltung vollzog sich überall und auf allen Gebieten und wirkte sich natürlich auf die Organisation in den Anstalten aus, insbesondere auf die Führungsstrukturen.
Die damit verbundenen Kosten waren hinsichtlich sogenannter "Altlasten" aber beträchtlich. Denn nicht selten stand ein älterer, meist erfahrener Mitarbeiter einer derartigen Organisationsänderung im Wege, dessen lang erworbene Rechte berücksichtigt werden mußten. Es sei denn, man übertrug seine Aufgaben kurzerhand auf jemand anderen, bis der Betroffene schließlich ganz von selbst aufgab. Ob er die Altersgrenze schon erreicht hatte, interessierte nur noch für die Statistik.
Klug waren manche "Chefs" beraten, die es verstanden haben, über Jahrzehnte erprobtes "Know-how" in neue Konzepte zu integrieren und es nicht einfach "über Bord warfen", um sich möglichst rasch davon zu trennen. Weniger Weitblick hatten jene, die glaubten, selbst alles besser zu wissen. Als Führungskräfte konnten sie damit aber niemanden motivieren!