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Erinnerungen von Manfred Hemmerling (2002) Kapitel 1 - 18

überarbeitet von Gert Redlich im Nov. 2015 - Bei meinem Besuch bei den Pensionären von Radio Bremen im Sept. 2015 legte Nick Kröger dieses Buch auf den Tisch, weil Herr Hemmerling an dem Zeitzeugengespräch leider nicht mehr teilnehmen konnte. Manfred Hemmerling ist wenige Tage vorher am 19. Sept. 2015 im Krankenhaus verstorben. Nach dem groben Durchlesen noch im Hotel in Bremen stand der Entschluß fest, die 260 Seiten der Erinnerungen an 40 Jahre im Rundfunk (bei Radio Bremen) einem erheblich breiteren Publikum vorzulegen.
Um das Ganze lesefreundlich zu gestalten, sind von mir weitere Überschriften zur Trennung von Lese-Blöcken eingefügt worden und natürlich auch Kommentare und Verlinkungen und weitere Bilder, die den jüngeren Lesern einiges besser veranschaulichen.
Das Inhaltsverzeichnis ist auf eine eigene Seite ausgelagert.

Kapitel 13
Über die Programmaufgaben

Es ist nicht mein Anliegen, auf den Inhalt unserer Fernsehprogramme einzugehen (dazu wäre ein ausführliches Kapitel von kompetenter Stelle nötig), aber bei meinem Rückblick möchte ich die aus meiner Sicht besonders kreative Zeitspanne des Bremer Fernsehens von mehr als zwanzig Jahren - Anfang der 1960er bis Mitte der 1980er Jahre - nicht unerwähnt lassen. Dieser Zeitabschnitt war Dank einer Vielzahl neuer Programmvorhaben und infolge damit zahlloser Herausforderungen an die Technik besonders konstruktiv.
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Im "Konzert" der großen ARD-Anstalten mithalten

Der Anspruch, produktionstechnisch im "Konzert" mit den großen (finanzstarken) ARD-Anstalten mithalten zu können, war für uns der Antrieb nach neuen, technischen Lösungswegen zu suchen. Sie führten zu Produktionsformen, die uns viel Anerkennung und Lob auch aus der Fachwelt einbrachte. Dabei muß noch mal erwähnt werden, daß wir auch damals keine kostspieligen Geräte erwerben konnten, z. B. für spezielle Bildeffekte, sondern lediglich auf das eigene Gedankengut angewiesen waren und geeignete Mittel und Wege finden mußten, um als kleinste Rundfunkanstalt der ARD vergleichbare, wenn nicht gar oft bessere Möglichkeiten zur Umsetzung der künstlerischen Absichten zu bieten. Und zahlreiche Kollegen der Technik hatten daran einen bemerkenswerten Anteil!

Horst Bultmann und der "Musikladen"

Eingangs habe ich bereits die Ideen von Horst Bultmann erwähnt, die beim "Musikladen" die gewünschte extrem hohe Farbsättigung ermöglichten, (selbst moderne Bildmischgeräte waren damals dazu noch nicht in der Lage), oder hier sei die Farb-FAZ (Film-Aufzeichnung) genannt, auf der für die "Loriot-Produktionen" von der jeweiligen MAZ-Fassung (MAZ=Magnetband- Aufzeichnung) eine Filmkopie (mit Bild-Nummerierung, da wir noch keinen Timecode hatten) erstellt wurde, damit Herr von Bülow auf seinem Filmschneidetisch zu Hause vorab eine Schnittmontage durchführen konnte.

Herr von Bülow, der nicht nur im Studio mit großer Akribie arbeitete, legte natürlich auch höchsten Wert auf eine exakte Schnittbearbeitung.
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Vorlage für den elektronischen MAZ-Schnitt

Diese Filmschnittfassung diente beim späteren elektronischen MAZ-Schnitt als Vorlage. Das gesamte Verfahren zu beschreiben, würde hier zu weit führen, dennoch soviel dazu: Wolfgang Stöver und Jürgen Howaldt sowie Kollegen von der Meßtechnik haben den o.g. Weg aufgetan, der zum Gelingen der geforderten, pedantisch exakten MAZ-Schnitte geführt hat. Mit ihren Ideen und diesem Lösungsweg haben sie zweifelsfrei mit zum Erfolg der sehr beliebten "Loriot-Sendungen" beigetragen.

Die Nachbearbeitung der 16mm Filmproduktion

Ferner muß die 16mm Filmproduktion in puncto Nachbearbeitung etwas näher beschrieben werden. Denn hier führte der Mangel an filmtechnischer Geräteausstattung des Kopierwerks zu Verfahren, die mit elektronischen Mitteln teilweise sogar bessere Ergebnisse brachten, als sie auf dem klassischen Weg der Kopienherstellung möglich war.

Bei der Endfertigung von Filmproduktionen wurde die Schnittfassung des Aufnahmematerials vom Filmabtaster auf MAZ umgespielt, so daß die ursprüngliche Bildschärfe erhalten blieb. Mittels entsprechender Einstellungen am Abtaster, konnten während der Umspielung erforderliche Korrekturen (Helligkeit, Kontrast, usw.) in relativ engen Grenzen durchgeführt werden.

Hier wäre jetzt eine ausführliche Beschreibung angebracht, besonders über die Kennlinien vom Umkehrfilm und die sorgfaltige Behandlung des Unikats. Dazu nur soviel: Anstelle von Korrekturkopien auf Film entstand bei uns eine MAZ-Fassung, die anschließend mit elektronisch aufgenommenen Titeln ergänzt wurde.

Üblicherweise verwendete man deshalb Negativfilm, wenn Kopien (in Fernsehgradation) erforderlich waren; aber Negativfilme konnten wir nicht selbst entwickeln (erst ab 1985). Unser damaliges Verfahren fand aber aufgrund des damit verbundenen Zeitaufwands insbesondere in FAT und MAZ nicht nur Zustimmung in Fachkreisen; es wurde aber zum Vorreiter der heute üblichen computergesteuerten Filmkorrektur.

Vorreiter der computergesteuerten Filmkorrektur

Bedeutenden Anteil hat daran Wolfgang Stöver. Er hat mit einer bemerkenswerten Sorgfalt schon Mitte der 70er Jahre Filmproduktionen elektronisch korrigiert und Sendefassungen hergestellt, die selbst mit damaligen Mitteln eines kommerziellen Kopierwerks nicht möglich gewesen wären.

Erst (viel später) in den 80er Jahren wurden von der Industrie Filmkorrekturanlagen mit Rechnersteuerung angeboten, die im wesentlichen auf das Know-how der ersten "Pioniere" basierten. In diesem Zusammenhang ist auch Jürgen Howaldt zu nennen, der die praktischen Erfahrungswerte von W. Stöver in die spezielle "Lesart" der Industrie umsetzte und an der Konzeption einer Farbfilmkorrektur-Anlage maßgeblich beteiligt war. Um keine Fehldeutung aufkommen zu lassen, selbstverständlich erfolgte auch bei uns der klassische Filmschnitt und die übliche Nachvertonung mit engagierten Fachleuten, Cutterinnen und Toningenieuren, aber die Endfertigung, also das Herstellen einer Bild-Sendefassung, wurde wie zuvor schon knapp beschrieben nach dem o. g. Verfahren durchgeführt.

Die großen Anstalten der ARD als Vorbild

Die eigentliche Aufgabenstellung entstand aber stets aus den Wünschen derer, die bei uns mindestens die gleichen Möglichkeiten der Nachbearbeitung für ihre Filmproduktionen suchten, wie sie in der ARD üblich waren. Von dem Ideengut und der Kreativität vieler Kollegen, besonders von Wolfgang Stöver, profitierten sämtliche 16mm Filmproduktionen bei der Endfertigung - über nachträglich eingefügte Beleuchtungseffekte bis hin zu komplizierten Trickeffekten.

Mit 83 noch einen Film gemacht : "Ein einzelner Mord"

Karl Fruchtmann, Regisseur und Autor (der bereits in den 1960er Jahren bei uns Fernseh-Spiele auf MAZ, wie "Männer am Sonntag" u. v. a. produziert hatte), schätzte - wie andere bekannte Regisseure und Kameraleute - die vielfaltigen Möglichkeiten der elektronischen Korrektur und Endfertigung. Sein letzter Film "Ein einzelner Mord" den er noch mit 83! Jahren (1998) produzierte, ist nach diesem Verfahren ebenso fabelhaft gelungen wie andere bedeutende Filmproduktionen und Filmserien, die Radio Bremen hergestellt und zahlreiche Auszeichnungen dafür erhalten hat.

Engagement und die Kreativität in den 1960er Jahren

Noch mal zurück zu den Anfangen in den 1960er Jahren. Die Aufgaben erwuchsen (wie dargelegt) aus den unterschiedlichen Anforderungen der Programmbereiche. Daher sollen hier noch zwei Produktionsformen (AÜ und Studio) geschildert werden, die mit den damals geringen technischen Mitteln, die uns zur Verfügung standen, hergestellt worden sind und das Engagement und die Kreativität der Produktionscrew verständlich werden lassen.

Als Beispiel die "Hafenmelodie" der 1960er Jahre

In Analogie zu der beliebten und erfolgreichen Sendereihe im Hörfunk "Hafenkonzerte" entstand Anfang der 1960er Jahre die "Hafenmelodie". Dabei wurden zwei Elemente vom Hörfunk übernommen, nämlich die Mischung von Information und Unterhaltung. Fürs Fernsehen boten sich natürlich zusätzlich die Schauplätze der Häfen in Bremen, Bremerhaven und an der Küste an.
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Damals sehr wichtig : Disziplin und Zusammenwirken

Bei der "Hafenmelodie", die als Außenübertragung in der Regel abends oder nachts entstand und meist bei uns im Hause auf (schwarz/weiß) MAZ aufgezeichnet wurde, war ein hohes Maß an Disziplin und ein tadelloses Zusammenwirken aller Kräfte unabdingbar.

Und schnell mußte es gehen

Dazu gehörte z. B. auch, während der Aufzeichnung eine s/w Kamera (wir hatten nur 4 Fese Kameras) zügig auf die andere Seite eines 80m breiten Hafenbeckens zu transportieren und dort an ein vorab durch das Becken verlegtes Kabel wieder anzuschließen, damit eine Totale von der gesamten Szene gezeigt werden konnte.

Und immer die Ungewißheit, ob noch alles funktioniert

Und nicht nur die Ungewißheit, ob die Kamera nach dem Einschalten wieder einwandfrei mitspielte, sondern auch, ob trotz vorheriger Proben die Zeit für den Umbau reichen würde, führten stets zu einem Nervenkitzel in der Regie und in der Technik.

Mit viel Engagement bei der Sache, auch Nachts

Ebenso war die Ausleuchtung derartiger Hafenszenen, zwangsläufig sehr weiträumige Szenenbilder, ein weiteres Problem. Abgesehen von der umfangreichen Verkabelung konnte nur unter gleichen Bedingungen wie zur Aufzeichnung, also bei Dunkelheit, festgestellt werden, ob die Ausleuchtung für alle Schauplätze ausreichte.

Und niemand schaute ständig auf die Uhr

Bernhard Leischke, zuständig fürs Licht, ein ehemaliger UFA-Experte schaffte mit seinen Beleuchtern diese gewaltige Vorarbeit. Dabei war der Personal- und Zeitaufwand für solcherlei Vorhaben im Vergleich zu heute deutlich kleiner, vielleicht auch deshalb, weil alle mit großem Engagement bei der Sache waren, auch die Richtfunk-Kollegen von der Bundespost, und niemand ständig auf die Uhr schaute!

Man müßte eigentlich das ganze Team nennen . . .

Auch hier müßte ich jetzt eine Reihe von Namen aufzählen, die auf ihre Weise zum Gelingen dieser Produktionen beigetragen haben. Einer von ihnen, Ernst W. Siedler, Bildregisseur und Manager der oft schwierigen Verhältnisse, hat stets mit beharrlicher Geduld und bemerkenswerter Fähigkeit zum Improvisieren die Aufzeichnungen der Hafenmelodien unter manch ungünstigen Bedingungen realisiert. Und das, wie es bei Außenübertragungen eben unvermeidlich ist, bei jedem Wetter und (wie gleich nachfolgend) in Abhängigkeit mit der Tide!

August 1962 - aus dem kleinen Fischereihafen

Zum besseren Verständnis hier eine ausführliche Schilderung von der Aufzeichnung (August 1962) aus dem kleinen Fischereihafen von Greetsiel, an der Nordseeküste. (Ich glaube, es war die Hafenmelodie Nr. 2).

Die Aufzeichnung fand auf MAZ in Bremen im Funkhaus statt. Für die Bild-und Tonübertragung hatte die Deutsche Bundespost (DBP) eine Richtfunkstrecke errichtet, die von Greetsiel, über Westerstede, Oldenburg nach Bremen führte. Dazu wurde von der DBP am Übertragungsort ein Mastwagen eingesetzt, der den Richtfunkspiegel auf eine Höhe von mehr als dreißig Meter positionierte. Somit konnten die Signale über höchste Dächer des kleinen Ortes ungehindert zum Empfangsspiegel (mit einer Relaisstation, wahrscheinlich in Aurich) nach Westerstede geführt und über Oldenburg nach Bremen weitergeleitet werden. Die Übertragung von Greetsiel nach Westerstede verlief über flaches Land, was theoretisch keine Probleme bereiten sollte.

Als wir damals mit dem Nebel kämpften . . .

Aber in diesen Tagen entstand abends, an feuchten Stellen in Flachgebieten Bodennebel und der beeinträchtigte die Übertragungsqualität bis hin zum Signalverlust. Mit der heutigen Satellitentechnik wäre diese Übertragung ein Kinderspiel gewesen, aber mit einer Richtfunkstrecke, gute Sende- und Empfangsbedingungen vorausgesetzt, lassen sich ca. 35 bis maximal 40 km überbrücken. Von Aurich bis Westerstede waren mehr als 40 km Luftlinie zu überwinden.

Ein romantisches Bild in der nächtlichen Umgebung

Der kleine Hafen, mit zahlreichen Fischkuttern, war hell ausgeleuchtet und bot ein romantisches Bild in der nächtlichen Umgebung. Die Kutter konnten aber erst bei Hochwasser, das kurz vor Mitternacht eintrat, auslaufen. Deshalb sollte mit der Aufzeichnung zu dieser Zeit begonnen werden, da das Auslaufen der Schiffe als Einstieg in die Sendung gedacht war. Alle anderen Aufnahmen fanden an Land statt. Hier sollten Gespräche über den kleinen Hafen und seine Anwohner geführt sowie einige Frauen beim "Krabbenpulen" beobachtet werden. Es galt die Lebensgewohnheiten und Einkünfte der hiesigen Küstenbewohner aufzuzeigen.

Selbst ein Filmgeber war am Dreh

Dazu wurden auch einige Filmteile aus einem Filmgeberwagen, der sich ebenfalls am Produktionsort befand, zugespielt. Das bedeutete zusätzliche Leitungen für Bild, Ton und Kommando und in der Regie im Ü-Wagen noch mehr Knöpfe zu bedienen. Da die Aufzeichnung in einem "Rutsch", also ohne Unterbrechung stattfinden sollte, mußten wir bis zum Ablegen und Hinausfahren der Boote warten.

Richtfunkstrecken wurden immer nach Zeit abgerechnet

Bereits nach Durchschalten der Strecke am frühen Abend zum Funkhaus (das erfolgte wegen der Kosten erst eine Stunde vor der Aufzeichnung) hatten wir in der MAZ in Bremen schon ab und zu einige Bildausfälle beobachtet, die offenbar von der Strecke kamen. Die Postleute waren zuversichtlich, daß sich die Verhältnisse (es war ruhiges Sommerwetter) bis Mitternacht verbessern würden.

Aber die Bildstörungen nahmen eher zu als ab. Es war wie ein Wettlauf mit der Zeit, da wir noch immer nicht beginnen konnten, weil zu dieser Zeit (gegen 22.30 Uhr) das Hochwasser noch nicht eingetreten war. Nur keine Panik!
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Als dann die Flut kam, brach die Richtfunkstrecke zusammen

Kurz vor Mitternacht war es dann soweit, die Flut war eingetreten, es konnte losgehen. Ernst W. Siedler gab das Kommando "MAZ Ab" nach Bremen. Wir sahen, wie die Schiffe ablegten, aber bereits nach kurzer Zeit waren die ankommenden Bilder mit einem feinen Rauschen (wie Schneetreiben) überlagert und verschwanden dann gänzlich.

Über eine Kommando Verbindung teilten wir unserer Ü-Wagen-Crew in Greetsiel diese Probleme mit und hörten, wie Ernst W. Siedler über eine Lautsprecheranlage alle an der Produktion Beteiligten im Hafen und auf den Booten über das aufgetretene Problem informierte. Alles zurück. (Also auch die bereits auslaufenden Fischkutter!)

Wir machten mehrere Anläufe, doch der Nebel um Bad Zwischenahn verhinderte immer wieder eine sichere Signalübertragung und damit eine einwandfreie Aufzeichnung. Also abwarten und in Geduld üben.
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Um drei Uhr morgens ging es endlich weiter

Kurz vor drei Uhr morgens, das Auslaufen der Fischkutter war schon wegen stark ablaufenden Wassers fraglich geworden und die Geduld der gesamten Crew fast am Ende, klappte endlich die Übertragung. Die "Postler" hatten recht behalten, denn die Streckenfehler nahmen mit der Zeit sichtlich ab. Die Produktion konnte dennoch nicht in einem Rutsch aufgezeichnet werden. Es mußte für den nächsten Abend einiges nachgeholt und der Ablauf umgestellt werden.

Und eine Nacht später klappte es dann

Also noch eine weitere Aufzeichnung in der kommenden Nacht und später MAZ-Schnitte, um eine komplette Sendefassung zu erhalten. Am nächsten Abend klappte es fast reibungslos und auch die Wetterlage blieb, wie in der Nacht zuvor, ruhig. Denn für den Anschluß wäre stürmisches Wetter oder Regen natürlich völlig unpassend gewesen. Insoweit waren Außenübertragungen immer ein gewisses Risiko, auf das man sich schon vorab einzustellen hatte.

Dann ein Bericht in der Radio-Bremen-Hauszeitung "Unser Sender"

Geduld und die Fähigkeit zum Improvisieren waren in diesen Fällen stets nötig, und über diese Eigenschaften verfügte Ernst W. Siedler. In einem Aufsatz für die Radio-Bremen-Hauszeitung "Unser Sender" hat er die aufreizenden Umstände bis zum Beginn der Aufzeichnung der Hafenmelodie (Nr. 8) in Bremerhaven kurz und prägnant geschildert. Anschaulicher lassen sich die damals üblichen Unzulänglichkeiten nicht beschreiben; sie sind in den nachfolgenden Anekdoten nachzulesen.

Hans-Heinrich Isenbart, Reporter dieser Sendereihe, wird sich noch an zahllose andere, ähnlich reizvolle Begebenheiten erinnern.

Einfach kurz mal improvisieren!

Das war aus vielerlei Gründen damals auch bei Studioproduktionen üblich. In unserem kleinen Studio von ca. 130 m2 sind viele Fernsehspiele entstanden, wegen der kleinen Spielfläche zumeist als Einakter. Für die Kriminalgeschichte "Anruf am Abend", mit Hellmut Lange, Herbert Steinmetz u.v.a., Regie Günter Siebert, mußte jedoch der nebenliegende Abstellraum in das Geschehen mit einbezogen werden. Allerdings hatte er nur die übliche Deckenhöhe; eine vernünftige Lichtführung war daher fast unmöglich. Außerdem entwickelten die Scheinwerfer eine derartige Hitze, daß keine längeren Proben möglich waren.

Die Fese Kameras mochten keine hohen Temperaturen

Und auch die eine Kamera in diesem Nebenraum drohte wegen der hohen Temperatur wiederholt auszufallen. Sie bekam einen zusätzlichen Ventilator angeschnallt und überstand die Produk- tionsdauer! Daher konnten wir die 45 Minuten in "einem Rutsch" aufzeichnen. Sendung, 26. Juni 1961.
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Der "Beat-Club", eine Idee von Mike Leckebusch

DVD-Sammlung 1965-68
DVD-Sammlung 1968-70
DVD-Sammlung 1970-72

Der "Beat-Club", aus dem später der "Musikladen" hervorging, beruhte auf einer Idee von Mike Leckebusch, die als Sendereihe zum Inbegriff der jungen Generation wurde. Da wir noch kein großes Fernsehstudio sondern nur das eben erwähnte kleine Studio hatten, in dem die "Bands" und besonders deren begeisterte Anhänger nicht untergebracht werden konnten, wurde ein Behelfsstudio auf dem Hörfunkgelände errichtet.

Weder Licht, noch Klima - dafür aber extrem laut

Es war weder mit einer Lichttechnik, noch mit einer Klimaanlage ausgerüstet und ohne Schalldämmung. Die Regie (Bild und Ton) befand sich - wie die übrige Technik - im Altbau. Nur - bei starkem Regen oder anderen lauten Außengeräuschen konnten keine Tonaufnahmen stattfinden.

Doch beim Beat-Club verhielt es sich genau umgekehrt, da die Bands schon damals über Lautsprecheranlagen verfügten, mit denen sich mühelos selbst große Fußballstadien beschallen ließen. Das hatte dann auch zur Folge, daß öfter mal die Polizei erschien, wenn der Beat-Club gesendet wurde, weil die ans Funkhaus angrenzenden Nachbarn sich durch den Lärm der "Halbstarken" gestört fühlten!

Das Studio eignete sich aber bestens für diese Sendeform, und wir konnten dem Ansturm der Jugendlichen, die am Beat-Club teilnehmen wollten, einigermaßen gerecht werden.

Der Beat-Club kam sehr gut an

Pit Wieben, der spätere Tagesschausprecher, sprach mit seiner geschulten, klangvollen Stimme noch die ersten Ansagen beim Beat-Club, und erzeugte damit eine gewisse Distanz zur nachfolgenden Sendungsform. Einige Monate später übernahm Uschi Nerke diesen Part als Moderatorin inmitten der Szene und führte durch die Sendung. Das breite Publikum hatte sich an den neuen Stil und an den von der Jugend sehr begehrten Beat-Club längst gewöhnt.

Mike Leckebusch und unser "Intersync-Verfahren"

Bereits Anfang der 1960er Jahre hatte Mike Leckebusch bei der Montage der "Silvesternachlese", die aus vielen Beiträgen der beliebtesten Unterhaltungssendungen der ARD bestand, Erfahrungen mit unserem "Intersync-Verfahren" machen können.

Das Verfahren ermöglichte, daß MAZ-Beiträge, ohne mechanisch geschnitten zu werden, mittels einer Blende oder eines anderen opt Effektes aneinander gefügt werden konnten.
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Die MAZ Bänder waren damals noch sehr teuer

Eine origonale 3M Spule mit 2" Videoband

Daher mußten (durften) die Originalbänder nicht zerschnitten werden, sondern konnten als Zuspiele verwendet werden.

Eine detaillierte Schilderung des für uns patentierten (elektronischen) Schnitt-Verfahrens wäre an dieser Stelle zu umfangreich, deshalb nur soviel zum Verständnis: Die Beiträge wurden von zwei Abspiel-Maschinen zugespielt und von einer dritten MAZ aufgezeichnet.
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Wie das "Intersync-Verfahren" funktioniert

Obgleich die Sendefassung stets eine Kopie war (was aber nur Fachleute erkannten), wurden mit diesem Verfahren zahlreiche Studioproduktionen, bei denen z. B. Umbauten zu Schnitten geführt hätten, zeitsparend durchgeführt. Gerade besondere Gestaltungswünsche, MAZ-Aufnahmen nachträglich und recht einfach ineinander zu blenden, was ja prinzipiell beim elektronischen Schnitt nicht möglich ist, haben damals zu einer hohen Akzeptanz des Verfahrens geführt.

Wer kennt noch David Cameron-Palastanga, Regisseur und Ehemann von Hildegard Knef

David Cameron-Palastanga, Regisseur und Ehemann von Hildegard Knef, war richtig begeistert von den vielen Möglichkeiten unseres Verfahrens, das bei der Produktion von "Mrs. Daily", (Hauptdarstellerin Hildegard Knef mit Günter Pfitzmann und Volker Lechtenbrink) im April 1965 angewendet wurde. Ich kann mich noch gut an ein Gespräch mit Herrn Cameron, im Beisein von Frau Knef, über Verfahrensfragen zu dieser Aufzeichnung erinnern.

Mike Leckebusch, kreativ und seiner Zeit voraus

Noch mal zurück zu Mike Leckebusch. Er hat die elektronische Tricktechnik angewendet, wie zu der Zeit kein anderer. Er war nicht nur der Erfinder des legendären Beat-Clubs, der am Bildmischpult seine Ideen virtuos auf dem Gerät (als Redakteur!) selbst gestalten konnte, die dann auch zum Erfolg beim "Musikladen" führten, sondern er hatte auch Mitte der 1960er Jahre in Montreux bei der Verleihung der "Goldenen Rose" Rudi Carrell kennengelernt und für Radio Bremen gewinnen können, (siehe Bildanhang)

Rudi Carrell wurde nach Bremen geholt

Die ersten Shows von und mit Rudi Carrell waren Aufzeichnungen aus der Niederdeutschen Bühne in Bremen. Für Rudi Carrell waren viele Zuschauer, besonders die Reaktionen im Publikum, unerläßlich. Deshalb mußten wir auf die oben genannte Räumlichkeit ausweichen, die wir zu der Zeit im Hörfunk nicht hatten.

Die Veranstaltungen wurden mit dem Ü-Wagen aufgenommen und über Richtfunk im Funkhaus, an der Heinrich-Hertz-Straße, aufgezeichnet. Erst nach der Fertigstellung des Fernsehbetriebs in Osterholz wurden alle bekannten und beliebt gewordenen Sendungen: ("Carrell-Schau", "Am laufenden Band", usw.) in unserem großen Studio 3 mit ca. 200 Gästen sowie "Rudis Tagesshow" in Studio 2 produziert und gesendet.

Bemerkenswert war die Fähigkeit von Herrn Carrell . . .

. . .  mit drei Probentagen und nur einer Generalprobe, nach der es dann aber auch häufig Umstellungen im Ablauf gab, die jeweils 90 Minuten dauernden Live-Sendungen zu absolvieren. Das war damals eine tolle Leistung.

Die Bühne mußte rasch und geräuschlos umgebaut werden

Aber auch für die Bühnenmannschaft, die während der Live-Sendungen große Dekorationsteile rasch und geräuschlos umbauten, gilt dieser Wertmaßstab. Teamarbeit unter Heiko Röpsch! Und nicht zu vergessen sind die immensen Leistungen hinter den Kulissen: Die vielen fleißigen Hände beim Erstellen jeweils neuer Dekorationen (alle vier Wochen) in den Werkstätten, die kreative Vorarbeit unseres Ausstattungsleiters Wilhelm Lämmerhirt und die bemerkenswerten Fähigkeiten unseres Bühnenbildners Erwin Tappe.

Radio Bremen produzierte sämtliche "Carrell-Sendungen"

Daß Radio Bremen sämtliche "Carrell-Sendungen" produzieren und ausstrahlen konnte, obgleich unser Pflichtanteil im ARD-Programm nur 3% betrug, lag an einer Kooperationsvereinbarung mit dem WDR. Auch wenn die meisten Ansagen am Samstagabend vor "Carrell" für den FS-Zuschauer aus Köln kommen mußten, die jeweils anschließenden Live-Sendungen kamen stets aus unseren Studios in Bremen.

Das lag auch an unseren Möglichkeiten, gerade bei Änderungswünschen an der Bühnendekoration diese sofort umsetzen zu können. Denn beim WDR in Köln lag die Ausstattungabteilung am Stadtrand, bei uns dagegen direkt am Studio, so daß wir ohne großen Zeitaufwand und Transportwege jederzeit rasch reagieren konnten.

Auch "Loriot" (alias von Bülow) wurde nach Bremen geholt

Mit Rudi Carrell sowie mit dem "Musikladen" und mit "Loriot" (alias Viktor von Bülow), den Dieter Ertel, Fernsehprogrammdirektor (RB), vom Süddeutschen Rundfunk mit nach Bremen bringen konnte, war es eine schaffensreiche, wenn nicht gar die kreativste Periode, die das gesamte Haus, besonders alle Kräfte aus Programm, aus der Produktion und Technik, voll in Anspruch nahm. Hinzu kam, daß wir im dritten FS-Programm (N3) mit dem NDR und dem SFB kooperierten (III nach 9, Extratour usw.) und mit dem NDR das Schulfernsehen und die damalige "Nordschau" produzierten und sendeten.

Ich könnte tagelang aus alten Zeiten berichten

Gleich zu Beginn meiner Niederschrift ist mir klar geworden, daß es nur ein Streifzug in die Vergangenheit werden kann, der an auch dieser Stelle deutlich werden läßt, daß noch viele andere Radio Bremen-Sendungen zu erwähnen gewesen wären.

Deshalb sind die genannten Produktionen nur als Beispiel, lediglich in bezug auf die Herstellungsart, zu verstehen, die durch manche Idee einzelner Mitarbeiter verbessert werden konnte. Insgesamt war es eine kreative und schaffensreiche Periode, dazu ein Umfeld, das engagierten Journalisten, mutigen Redakteuren, ideenreichen Regisseuren sowie vielen bekannten Darstellern ideale Bedingungen für ihre schöpferischen Tätigkeiten geboten hat.

Wir erhielten viele hohe Auszeichnungen für Radio Bremen

Das belegen hohe Auszeichnungen, die Radio Bremen für unzählige herausragende Fernsehspiele, Dokumentationen und Produktionen erhalten hat. Um einige davon zu nennen: "Grabbes letzter Sommer", "Kaddisch nach einem Lebenden", "Strafmündig", "Halbgott in Weiß", "Er Moretto, von der Liebe leben", oder auch die Dokumentarserien von Gordian Troeller: "Frauen der Welt" und "Kinder der Welt" sowie die von Elmar Hügler (Redakteur) initierte Sendereihe "Unter deutschen Dächern", die mehr als zwanzig Jahre unter diesem Titel als RB-Produktion ihren festen Sendeplatz im Ersten Programm hatte.

Dafür erhielten wir Ehrungen wie den "Grimme-Preis", "Bundesfilmpreis", "DAG-Preis" "Preis goldener Europa" (für die Carrell-Schau), "Preis der darstellenden Künste" usw. Es ist nicht möglich, alle Auszeichnungen an dieser Stelle aufzuführen, sie würden einige Seiten dieser Niederschrift füllen. Für das Fernsehen von Radio Bremen war es jedenfalls ein besonders konstruktiver Zeitabschnitt!

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