Ein Programm-Rückblick bis 1972 - Fernsehen ab 1951
Diese Programm-Seiten stammen aus einer Rückblick-Perspektive der bedeutendsten Programmzeitschrift in Deutschland West aus dem Springer Verlag - unter der Direktive von Chefredakteur Eduard Rhein. - Eduard Rhein beschreibt seinen Werdegang bei der "HörZu" in seinem dicken Buch "Ein Jahrhundert Mann". - Zur Einleitung geht es hier lang.
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Die erste Lachbombe ist Willy Millowitsch
»Ich müßte mal mit meinem Theater auf den Bildschirm«, denkt Willy Millowitsch laut. Aber die TV-Chefs winken ab: »Den kölschen Willy versteht doch keiner.« So darf der denn hin und wieder Witze erzählen: »Kennen Sie den ...?«
Als am 27. Oktober unvermutet das Eishockeyspiel Deutschland - UdSSR platzt, kommt ein Hilferuf aus dem Kölner Fernseh-Studio: »Hör mal, Willy, könntest du nicht...?« Er kann!
Abends geht Karl Bunjes berühmter Militärschwank >Der Etappenhase< über die Mattscheibe. Es ist die erste Theater-Live-Übertragung im deutschen Fernsehen - und ein Bombenerfolg für Millowitsch. Begeisterte Briefe treffen ein, auch aus dem kühlen Norden. Die kölsche >Lachbombe< hat fortan einen Stammplatz im Fernsehen.
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Echte Ganoven auf dem Bildschirm
Jürgen Roland hat einen schweren Autounfall und landet im Krankenhaus. Neun Monate brütet er dort über einer Idee, jetzt wird sie geboren: die Fernsehserie >Der Polizeibericht meldet<. Sie soll die Arbeit der Kriminalpolizei schildern und den Zuschauern zeigen, wie man sich vor Betrügern schützen kann.
Karl Breuer, Hamburgs Kriminaldirektor, sagt jede Unterstützung zu. Nach Akten der Kripo wird jeweils ein möglichst aktueller Fall aufgerollt: Falschspieler, Okkultisten, Heiratsschwindler.
Für ein paar Mark zeigen oft sogar echte Ganoven ihre Tricks. Mit dem Rücken zur Kamera, versteht sich. Rolands >Knüller< aber, ein Dokumentarspiel, ist für das Fernsehen zu aufwendig. So macht er später daraus einen Kinofilm: >Polizeirevier Davidswache<.
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Frühschoppen auf dem Tanzboden
»Verachtet mir den Pleister nicht und ehrt mir sein Programm / Es braust ein Ruf, so fern ich seh, von Grundig bis zur AEG: Fanget an! Fanget an! Fanget endlich an!« signalisiert das Düsseldorfer >Kom(m)ödchen<.
Es ist Eröffnungstag der >Großen Deutschen Funk-, Phono- und Fernsehausstellung< in Düsseldorf. Fernsehintendant Pleister hat eine >große Schau< zusammengestellt. Sechs Stunden täglich sollen die neuen Geräte in den Verkaufsständen ein attraktives Bild zeigen.
»Bringen wir doch auch mal unseren Hörfunk-Frühschoppen«, sagt Werner Höfer, »das kostet ja nichts extra.« So diskutieren am 30.8. >sechs Journalisten aus fünf Ländern< an Holztischen auf dem Tanzparkett der >Rheinterrassen<. »Eine solche Kopfparade eignet sich natürlich nicht besonders für das Fernsehen«, meint Höfer beim letzten Schluck Wein.
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Hier aber irrt der Früh-schöppner. Das Echo ist positiv. Sogar die Tageszeitungen erwähnen die Sendung.
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Wilmenrod bittet zu Tisch
»Ein kochender Schauspieler? Das ist einen Versuch wert«, sagt am 19.2. Intendant Dr. Pleister.
Schon am nächsten Tag steht Carl Clemens Hahn alias Clemens Wilmenrod mit gepflegtem Lippenbärtchen und weißer Schürze vor der Kamera:
»Ihr lieben goldigen Menschen«, begrüßt er die Zuschauer. Seine raffinierten Speisen würzt er mit schmackhaften Anekdoten. So genießerisch verdreht er die Augen, daß einem das Wasser im Munde zusammenläuft.
Man nehme ...: Wilmenrod
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Chronik 1953/II
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- Das Fernseh-Studio in München-Freimann feiert im September Richtfest.
- 23. Oktober: Eröffnung des Fünf-Millionen-Mark-Fernseh-Studios in Hamburg-Lokstedt.
- Am 7. November startet Hans Joachim Kulenkampff seine erste Serie >Wer gegen wen?«, ein vergnügliches Preisraten zwischen Mannschaften aus zwei Großstädten und dem Frankfurter Publikum.
- Im Dezember wird der 10.000ste Fernsehteilnehmer registriert.
- 19% der Sendungen kommen live, 22% sind Aufzeichnungen, 46% sind Wiederholungen.
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