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Vait Harlan (angeblich Professor)

Thema Nummer 1 : KOLBERG

»10000 Uniformen wurden geschneidert, 6000 Pferde bereitgestellt, mehrere Güterwagen voll Salz herangeschafft, um Stadt und Felder in eine Schneelandschaft zu verwandeln. Vor allem aber wurden 187.000 Soldaten am Drehort festgehalten, um als Statisten in den Schlachtszenen mitzuspielen. Insgesamt wurden 90 Stunden Filmmaterial belichtet. Kurz, es herrschte (...) das Gesetz des Irrsinns.« (Anmerkung : Die obigen Zahlen sind sehr weit her geholt und extrem übertrieben !!)

Der Film steckt den Rahmen ab für seine Geschichte. Das Volk sammelt sich auf den Straßen, marschiert, will in den Krieg - »nun Sturm brich los«.

Deutlicher kann die Absicht nicht vorgezeigt werden als hier, da der Herrscher noch zögert, nicht ängstlich eigentlich, aber weil der das Kriegführen für eine Angelegenheit von Soldaten, nicht von Bürgern hält - die Massen aber sind schon bereit.
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KOLBERG: Aufmarsch der Kleindarsteller

Am Ende des Films ist der Herrscher überzeugt, durch die Erzählung, die Gneisenau als Exempel darbietet. Dem Rahmen entspricht die Binnenhandlung, die aus dem Kampf um Kolberg ein Heldenlied strickt und dabei den Darstellern Sentenzen in den Mund legt, die den Zuschauern aus ihrer Realität als Durchhalteparolen bekannt waren.

An nichts wurde gespart, nicht an Komparsen noch Kostümen. Die Herstellung des Films erscheint vor allem als Glanzleistung der Logistik, nicht der Kunst. Das Melodram, von Harlan immer bevorzugt, erstickt sich selbst. Das Opfer ist ganz wörtlich die Empfehlung des Films an die Zuschauer, nichts verbrämt mehr die Botschaft.

Rainer Rother

KOLBERG - Deutschland 1944/45 - Regie: Veit Harlan - Kamera: Bruno Mondi - Darsteller: Kristina Söderbaum, Heinrich George, Paul Wegener, Horst Caspar, Gustav Diessl, Heinz Lausch - Uraufführung: 30. Januar 1945

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KOLBERG - der letzte Spielfilm des Dr. Goebbels

Otto Wernicke, Heinz Lausch, Heinrich George, Kristina Söderbaum, Gustav Diessl, Kurt Meisel

KOLBERG war der letzte Spielfilm aus der Propagandafabrik des Dr. Goebbels, der teuerste, der in der Zeit der Naziherrschaft gedreht wurde und gleichzeitig derjenige, der die wenigsten Zuschauer erreichte. Bis heute ist er weitgehend unbekannt (nach dem Stand von 1992 !!!).

Falls es ein Zufall ist, dann jedenfalls ein höchst bezeichnender, daß der erste und der letzte Film, die in Hitlers Drittem Reich gezeigt wurden, daß also beide Filme Kriegsfilme waren.

Am 3. Februar 1933, drei Tage nach der Machtübergabe, besuchte Hitler mit seinem ganzen Kabinett die Premiere des Films MORGENROT von Gustav Ucicky, ein heroisches Epos auf eine deutsche U-Bootbesatzung im ersten Weltkrieg.

Die Uraufführung am 30. Januar 1945

Joseph Dahmen, Jasper von Oertzen, Gustav Oiessl, Heinz Lausch

Fast auf den Tag zwölf Jahre später, am 30. Januar 1945, wurde der Film KOLBERG von Veit Harlan uraufgeführt, der den Verteidigungskampf dieser pommerschen Stadt gegen die Truppen Napoleons 1806/07 zum Thema hat.

Beiden Filmen ist gemein, daß sie keine ausgesprochenen NS-Filme sind, aber den Krieg als unvermeidlich darstellen und den Wert des Menschen nur daran messen, ob er zum soldatischen Opfertod bereit ist. In beiden Filmen ist vom Sterben die Rede, denn dienen und gehorchen, töten und sterben, so hieß die Lektion, die diese und noch viele weitere Filme ihren Zuschauern beibringen sollten.
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Ich könnte zehn Tode sterben für Deutschland!

In MORGENROT erklärt ein Offizier (Fritz Genschow): »Ich könnte zehn Tode sterben für Deutschland! Hundert!« Und sein Kommandant (Rudolf Forster) spricht den klassischen Satz: »Zu leben verstehen wir Deutschen vielleicht schlecht. Aber sterben können wir jedenfalls fabelhaft!«

In KOLBERG, zwölf Jahre später, klingt es ganz ähnlich, wenn Heinrich George als Führer der Bürgerwehr verkündet: »Und wenn wir uns mit unseren Nägeln in unseren Boden einkrallen, an unsere Stadt, wir lassen nicht los. Nein, da muß man uns die Hände einzeln abhacken, einem nach dem anderen (...). Lieber unter Trümmern begraben, als kapitulieren.« Worauf Horst Caspar als Gneisenau antwortet: »So wollt ich's von Ihnen hören, Nettelbeck. Jetzt können wir zusammen sterben!«

Der Krieg war längst verloren - Stalingrad fast Geschichte

Mit starrem Blick in das Desaster

Der Krieg war längst verloren, die 6. Deutsche Armee bei Stalingrad geschlagen, als Goebbels am 1.Juni 1943 an Harlan schrieb: »Hiermit beauftrage ich Sie, einen Großfilm KOLBERG herzustellen. Aufgabe dieses Films soll es sein, am Beispiel der Stadt, die dem Film den Titel gibt, zu zeigen, daß ein in Heimat und Front geeintes Volk jeden Gegner überwindet.«

Und nun kommt der entscheidende Satz: »Ich ermächtige Sie, alle Dienststellen von Wehrmacht, Staat und Partei soweit erforderlich, um ihre Hilfe und Unterstützung zu bitten und sich dabei darauf zu berufen, daß der hiermit von mir angeordnete Film im Dienste unserer geistigen Kriegführung steht.«

8,5 Millionen Reichsmark waren damals sehr viel Geld

KOLBERG wurde mit dem für damalige Verhältnisse gigantischen Aufwand von 8,5 Millionen Reichsmark produziert. Aber was in jener letzten Phase des Krieges weit mehr zählte, war der verschwenderische Aufwand an Menschen und Material.

10.000 Uniformen wurden geschneidert, 6.000 Pferde bereitgestellt, mehrere Güterzüge voll Salz herangeschafft, um Stadt und Felder in eine Schneelandschaft zu verwandeln. Vor allem aber wurden 187.000 Soldaten am Drehort festgehalten, um als Statisten in den großen Schlachtszenen mitzuspielen. Insgesamt wurden 90 Stunden Filmmaterial belichtet. Kurz, es herrschte, wie Harlan in seinen Memoiren schreibt, das Gesetz des Irrsinns.
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Ein Film wichtiger als eine gewonnene Schlacht ?

Zitat: »Hitler wie Goebbels mußten von der Idee besessen sein, daß ein solcher Film ihnen mehr nutzen konnte als etwa eine gewonnene Schlacht in Russland. Vielleicht warteten sie auch nur auf ein Wunder...«

Nach 18 Monaten Produktionszeit wurde der Film Ende November 1944 fertig. Goebbels war sehr unzufrieden mit dem Resultat und ordnete zahlreiche Schnitte an, gewiß nicht nur, um die großen Überlängen des Films zu kürzen.

Aus einem Protokoll des Reichsfilmdramaturgen und den Aufzeichnungen Harlans wissen wir ziemlich genau, worum es sich da handelte. Neben einigen Dialogszenen (Klaus, Königin Luise, Gneisenau-Nettelbeck) waren es vor allem allzu realistische Darstellungen des Leidens der Zivilbevölkerung: daß eine Gebärende und ihr Kind von einem zusammenstürzenden Haus erschlagen wurden, daß die Menschen die Türen aus den Häusern rissen, um Särge für die vielen Toten zu zimmern, daß niemand mehr Wasser zu trinken wagte, weil man das Leichengift fürchtete, all das erklärte Goebbels zu sadistischen Übertreibungen, nur geeignet, Resignation statt Kampfeswillen und Siegesentschlossenheit hervorzurufen.

Auch eine der drei großen Schlachten des Films, in der die Französische Armee bei der Attacke gezeigt wird, mußte entfernt werden. »So wurden«, schreibt Harlan, »nach und nach für zwei Millionen Mark Szenen aus dem Film herausgeschnitten und weggeworfen.«
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Ein für die NS-Kriegsfilme ungewohntes Maß an Realismus

Sieht man das fertige Produkt heute an, so findet man noch immer ein für die NS-Kriegsfilme ungewohntes Maß an Realismus, das in jener Phase des Krieges wohl unumgänglich war, um den Abstand zwischen der Propaganda und jener Wirklichkeit zu verringern, für die das Publikum konditioniert werden sollte.

Und noch immer wirkt der Film, der das Melodram ebenso effektvoll ausspielt wie die großen Schlachtszenen, seltsam zerdehnt, kraftlos und ohne Überzeugung, so, als hätten Regisseur und Mitwirkende selbst nicht mehr so recht an das geglaubt, was sie da mit schmetternder Rhetorik verkündeten.
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Weit weg von »geschichtlichen Tatsachen«

Wie sämtliche anderen Propagandafilme der Nazis, die im Vorspann versichern, sich streng an die »geschichtlichen Tatsachen« zu halten, von JUD SÜSS bis OHM KRÜGER, tut auch KOLBERG der Geschichte Gewalt an.

Dabei handelt es sich hier wie dort nicht nur um die künstlerische Freiheit der Bearbeitung des Stoffes aus dramaturgischen Gründen, sondern um absichtsvolle Geschichtsklitterung mit dem Ziel, den Gegenstand für den erwünschten politischen Zweck so zurecht zu stutzen, daß er als Exempel taugt.

Der Gegensatz zwischen dem nachgiebigen Festungskommandanten Loucadou und dem kampfbereiten Vertreter des Volksheeres mußte eingebaut werden, um die These zu plazieren, mit der alle Diktatoren arbeiten: nämlich daß es das Volk selbst sei, das von ihnen immer härtere Maßnahmen verlange.

Ebenso erfunden ist der Streit zwischen den französischen Generalen, ob Kolberg erobert werden solle oder nicht. Tatsächlich wurde das Feuer auf die Stadt eingestellt, weil Preußen inzwischen einen Waffenstillstand geschlossen hatte. Daß die Franzosen anschließend in die Stadt einzogen, verschweigt der Film natürlich ebenso wie die Tatsache, daß es die Engländer waren, die zuvor den Preußen in Kolberg zuhilfe kamen. Und das sind nur Beispiele.

Einschüchterung des Volkes durch die "Geschichte"

Auf Einschüchterung durch die Geschichte, auf das große Beispiel historischer Persönlichkeiten hatte die Propaganda der Nazis mehr als einmal gesetzt, um ihre Politik zu legitimieren und sich selbst mehr Glaubwürdigkeit zu verschaffen.

In KOLBERG ist die Analogie jedoch zu platt, die Absicht zu überdeutlich, um wirksam zu werden. Bezahlte Schauspieler in historischem Kostüm spielen nach einem Drehbuch, das der Propagandaminister redigiert hatte.

Verkleidet als Nettelbeck und Gneisenau sprechen sie unüberhörbar die Parolen nach, die Goebbels in der Sportpalastkundgebung für den totalen Krieg und im Aufruf für Hitlers letztes Aufgebot, den Volkssturm, ausgegeben hatte.
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KOLBERG kam in jeder Beziehung zu spät

Aber KOLBERG kam in jeder Beziehung zu spät, um noch wirksam zu werden. Nach der Premiere in Berlin und der belagerten Festung La Rochelle, über der die Kopie mit dem Fallschirm abgeworfen werden mußte, versuchte die Zentraldisposition in Berlin vergeblich, den Film doch noch in die Kinos zu bringen.

In einem Bericht von Mitte Februar heißt es: »Eine Kopie hat Herr Pätel mit nach Breslau genommen, wohl um dort die festliche Uraufführung zu starten. Eine Kopie ist nach Danzig-Graudenz gegangen. Auch hier ist fraglich, ob die Kopie je wieder zurückkommt. Eine Kopie hat der Reichsführer SS, eine der Generaloberst Guderian.«

Und so geht die Aufzählung weiter, immer mit dem dezenten Hinweis, daß die Kopien wohl als verloren gelten müssen.

Die Wirklichkeit hatte die Propaganda endgültig eingeholt.

Krieg als Aufruhr der Elemente

Die wenigen Zuschauer, die den Film noch sahen, wurden von ihm eher erschreckt als mobilisiert. Doch die meisten sahen ihn nicht mehr. Große Teile des Publikums, für das er vor allem gedacht war, befanden sich auf der Flucht vor den heranrückenden alliierten Armeen oder waren bereits von ihnen überrollt.

Die Rote Armee stand an der Oder, die Amerikaner am Rhein. KOLBERG predigte den heroischen Untergang. Aber in diesen letzten Kriegsmonaten und Wochen waren die meisten Deutschen mit nichts anderem beschäftigt, als am Leben zu bleiben. Die Wirklichkeit hatte die Propaganda endgültig eingeholt.

Gerhard Schoenberner

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Merkwürdige Arbeitsteilung

Veit Harlan an der Kamera..
. und mit Darsteller Gustav Diessl

Berlin, Dezember 1943. Pressekonferenz der Ufa. Längst hatten die Dreharbeiten zu KOLBERG begonnen. Zwei Verantwortliche stellen sich einer vom Propagandaministerium definierten und eingezäunten Öffentlichkeit, »um Zweck und Ziel dieser Filmarbeit zu umreißen«.

Der Produktionschef des Konzerns und der Regisseur des Films informieren eine genau begrenzte Anzahl bestellter Multiplikatoren »über die aktuelle Bedeutung, die einem solchen historischen Film gerade in unserer Zeit zukommt«.

Zwei Funktionäre des nationalsozialistischen Regimes artikulieren sich. Zwei Künstler bemühen sich, dem Propagandaauftrag zu genügen. Zwei Honoratioren üben sich im Gleichschritt. Der eine schleicht dabei, stramm gebückt, wie eine Katze um den heißen Brei. Der andere bevorzugt den Stechschritt, mathematisch genau im Rhythmus der hämmernden Marschmusik.

Der eine wirft erst einmal eine Frage auf, der andere sagt gleich zu Beginn, er setze nicht mehr und nicht weniger als seine Ehre ein.

Liebeneiner fragt vergrübelt, »ob Filme im historischen Kostüm überhaupt gerechtfertigt seien, Filme also, die in einer Zeit spielen, da es noch gar keinen Film gab«. Harlan skandiert: »Auch wir leben heute in einer Zeit, in der es für jeden von uns auf Tod und Leben geht.« Liebeneiner laviert mit der Filmtheorie, Harlan nimmt ontologisch Haltung an, daß die Hacken knallen.
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Dezember 1943 - Liebeneiners Selbstzweifel

Eine sonderbare Frage, die Liebeneiner da stellt, als wäre er in einem Seminar der von ihm geleiteten künstlerischen Fakultät an Goebbels' Filmakademie. Sind Filme im historischen Gewand gerechtfertigt?

Warum diese Frage ausgerechnet im Zusammenhang mit KOLBERG - warum nicht dieselben Zweifel, als, nur wenige Monate zuvor, Kostümschinken wie PARACELSUS oder MÜNCHHAUSEN gedreht worden waren?

Liebeneiner Selbstsucht nach einer gewundenen Antwort, die die Lösung des Problems einer ungewissen Zukunft anvertraut: »Erst eine spätere Zeit wird es einmal so recht begreifen, daß es eine der Hauptaufgaben des Films ist, der Nachwelt ein getreues Abbild der Vergangenheit vermitteln zu können.« So gesehen, werden »alle Filme, die wir heute drehen«,einmal »wahrhaft historisch« sein.
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Eine Art Geschichtsphilosophie für den Hausgebrauch

Der Produktionschef weicht aus in eine Art Geschichtsphilosophie für den Hausgebrauch, der Spielleiter erteilt Geschichtsunterricht im Ton des Oberkommandos der Wehrmacht: Kolberg sei damals zerstört worden, »aber die Stadt wurde gehalten«.

Harlan bläst, zehn Monate nach Stalingrad, in die Fanfare:

»Kolberg, das mit seiner Bürgergarde gegen den übermächtigen Feind standhielt, bleibt ein Symbol für das Heldentum des deutschen Menschen.«

Liebeneiner windet sich weiter mit Selbstzweifeln, rhetorischen Fragen und vagen Antworten durch sein Referat: »Soll sich ein historischer Film nun bemühen, in allen Teilen der uns überlieferten Geschichte treu zu bleiben? - Im gewissen Sinne ja, denn der Film darf die Geschichte nicht verfälschen.«

Für Harlan ist alles nur eine Sache des inneren Schweinehunds: sicher - da gebe es »Skeptiker«, die »alle möglichen Argumente« gegen seinen Film vorbringen werden; er aber wolle seine Ehre »dreinsetzen«, mit KOLBERG das zu sagen, »was heute wohl jeder Bürger in einer ähnlichen Situation ausspricht«.
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Beide durften das Propagandaziel der Veranstaltung nicht verfehlen

Kamerafahrt im Wehrmachts-PKW
Volkssturm im Kino: derbes Vergnügen

Der Film dürfe die historischen Zusammenhänge nicht verfälschen, so der Ufa-Produktionschef - »aber Kunst, und die Filmkunst im besonderen, besteht zum großen Teil aus Weglassen«. Ob er die Schnitte vorausahnt, die er selbst, Liebeneiner, im Auftrag des Propagandaministers an Harlans fertigem Film noch vornehmen wird, um solche Bilder »wegzulassen«, die den Zuschauer allzu unmißverständlich an die Ruinenfelder der Gegenwart, an das eigene zerbombte Haus »erinnern« könnten?

Bei Harlan kann auch in der Rhetorik von Weglassen nicht die Rede sein - er bringt es fertig, die gesamte erste Garnitur der von Goebbels favorisierten Substantive in zwei Sätze zu packen:

»Ich will dem Publikum von heute das Heldentum seiner Vorfahren vor Augen führen, will ihm sagen: Aus diesem Kern seid Ihr geboren, und mit dieser Kraft, die Ihr von Euren Ahnen ererbt habt, werdet Ihr auch heute den Sieg erringen.«

Man merkt: irgendwie versucht auch Liebeneiner, das Propagandaziel der Veranstaltung nicht ganz zu verfehlen, aber guten Gewissens bringt er nur salbungsvollen Quark hervor. Er verweist auf sein eigenes Werk, auf die »grundverschiedene« Anlage seiner beiden Bismarck-Filme.

Geschichte kann man eben so oder so betrachten: im ersten Film sei es um »Wirklichkeit« gegangen, im zweiten dominiere »das Symbolische«. Stets aber habe er zeigen wollen, »daß Menschen und Charaktere die Geschichte machen«. »Letzten Endes« werden aber auch die großen Führer »von jedem einzelnen von uns getragen«. Und: »in gewisser Beziehung« sei jeder für das Geschehen seiner Zeit »mitverantwortlich«.

Das hört sich nicht gerade wie ein flammender Aufruf zum Volkssturm an.
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Veit Harlan, der in der Sprache den Meißel schwingt

Veit Harlan

Ganz anders Harlan, der ja ein Monument errichten will und auch in der Sprache den Meißel schwingt: »Das Volk soll die Kraft bekommen, es seinen Vätern gleich zu tun. Und so wird denn dieser Film zwar auch ein Denkmal für Gneisenau und Nettelbeck sein und ein Denkmal für die Bürger von Kolberg, doch vor allem soll er ein Denkmal dafür werden, wie die Deutschen heute sind.«

Zwei Bedienstete üben sich in derSprache ihres Herrn - mit geschwellter Brust und im Pathos hohler Imitation der eine, mit gekrümmter Seele und bleich vor Zweifeln der andere. Eine merkwürdige Arbeitsteilung, die den Zuhörern von damals wohl gerade darum nicht bewußt wurde, weil es die eigene Zerrissenheit, das eigene Schwanken, der eigene Opportunismus und die eigenen Zweifel waren, die sich hier Gehör verschafften.

Klaus Kreimeier
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(Die Zitate sind dem Bericht »Über die Aktualität des historischen Films«, Film-Kurier vom 21.12.1943, entnommen.)

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Aufarbeitung der Filme von Veit Harlan

Dieser Versuch leistet sich Subjektivität. Er begibt sich auf die Spurensuche nach einer Faszination durch die Filme Harlans - damals. Das Thema der Faszination war lange mit Tabu belegt, der innere Zensor erlaubte keine Identifikation mit der einst empfundenen Begeisterung.

Bis langsam die Erkenntnis reifte, lernen zu müssen, daß die Abneigung, Ablehnung einer zeitbedingten, mehr oder weniger manifesten politischen Botschaft nicht ausschließen darf, sich anderen Dimensionen eines Kunstwerks zu öffnen.

Ich muß mich nicht mit der imperialistischen Machtansprüchen der Mächtigen dienenden Interpretation der Pfingstbotschaft als Propaganda für die Kreuzzüge identifizieren, um die erregende Wirkung von Vezelay zu erleben.

Ich kann die kühne Montage-Sequenz der Ermordung Lincolns in BIRTH OF A NATION bewundern, auch wenn Griffith' Rassismus mir zuwider ist. Und ich muß mir nicht JUD SÜSS verbieten, weil Goebbels Unterstützung für antisemitische Hetze brauchte.
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Kunst lebt vom Zweideutigen, Mehrdeutigen - usw.

Ein ästhetisches Produkt hat viele Dimensionen, die sich durchaus widersprechen können. Kunst lebt vom Zweideutigen, Mehrdeutigen, von der Ambivalenz. In Harlans IMMENSEE balgen sich Reinhardt und Jester um das Album mit den zwölf Liedern für Elisabeth.

Die Balgerei ist wie eine Theaterszene vor dem Publikum der Kommilitonen inszeniert. »Ist das nun eine Keilerei oder eine Liebesszene?« fragt einer. Und der andere antwortet: »Ich glaube, die fassen das beide verschieden auf.« Es ist alles eine Frage der Perspektive.

Und vielleicht ist es fruchtbarer für den Betrachter, immer mal wieder auch aus anderen Perspektiven einen Blick auf Harlans Filme zu werfen. Das schließt das Bewußtsein für politische Dimensionen nicht aus!
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Einige Schlüsselerlebnisse für einen neuen Blick

Es bedurfte noch verschiedener Anstöße, einiger Schlüsselerlebnisse, um mir diesen neuen Blick zu erlauben. Das war die Entdeckung Sirks und des Melodrams.

Da war die sehr starke, nachhaltig wirksame Begegnung mit Nikiaus Schillings NACHTSCHATTEN. Dann kam MUTTERS MASKE von Christoph Schlingensief, seine ins Wild-Anarchische gesteigerte Paraphrase auf die fiebrige Todessehnsucht von OPFERGANG, eine unbefangene, unbelastete Auseinandersetzung einer neuen Generation.

Und schließlich eine persönliche Begegnung mit Kristina Söderbaum ... Und die alte, verschüttete Faszination durfte wieder da sein.

IMMENSEE und OPFERGANG - zwei Filme Harlans

Zwei Filme Harlans stelle ich in das Zentrum meiner Betrachtung: IMMENSEE und OPFERGANG, da ich sie für seine besten halte und sie filmhistorisch schon deswegen interessant finde, weil sie gleichzeitig parallel entstanden sind.

Eine solche Produktionspraxis zwingt zwangsläufig dazu, nach Beziehungen zwischen beiden Filmen zu suchen. Im Fall Harlan ist evident, daß sich beide Filme wie Spiegelbilder verhalten, - nicht im Sinne der Verdopplung, sondern mit entsprechenden Seitenwechseln, Brechungen. Beide Filme beschreiben Dreieckskonflikte: IMMENSEE: eine Frau zwischen zwei Männern; OPFERGANG: ein Mann zwischen zwei Frauen.

In IMMENSEE zieht der eine Mann hinaus in die Ferne, läßt die Geliebte zurück, die sich dem verbleibenden Mann verbindet. In OPFERGANG kehrt der Mann aus der Ferne zurück nach Haus zu der mit ihm Verbundenen und wird von der anderen Frau aus der Bindung gelockt.

Doch die Entfernung in IMMENSEE hebt die innere Verbindung zwischen den Liebenden nicht auf, während die Rückkehr in OPFERGANG die Bindung an den Partner lockert: Bindung in der Entfernung, Entfremdung in der Annäherung.

In IMMENSEE ist Kristina Söderbaum die Frau zwischen den Männern, Carl Raddatz der Mann, der sich entfernt. In OPFERGANG ist Carl Raddatz der Mann im Zentrum, der zurückkehrt, Kristina Söderbaum die Frau, die ihn aus der Bindung lockt.

Diese Konstellation macht die Rollen mehrdeutig, da man jeweils zwei durch die Identität der Darsteller als zwei Seiten einer Medaille zu sehen verführt wird.
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Kristina Söderbaum alias die Reichswasserleiche

Kristina Söderbaum

Vor allem Kristina Söderbaums Rollen werden dadurch ambivalent, durch Faszetten der jeweils anderen Rolle angereichert. Der Name Aels - in Bindings Novelle, der literarischen Vorlage, heißt die Fremde Joil - klingt wie ein aus fernen Bezirken herübergewehtes Echo auf Elisabeth.

Die dritte Seite der sich gegenüberliegenden Dreiecke, Oktavia in OPFERGANG und Erich in IMMENSEE, sind - mit Ausnahme ihres Geschlechts - beinahe identisch: Sie sind die im goldenen Käfig sitzenden Liebenden, die in äußerster Selbstlosigkeit ihr Glück daraus beziehen, den Geliebten, die Geliebte mit den Rivalen glücklich zu sehen. Irene von Meyendorff und Paul Klinger werden in den entsprechenden Szenen fast identische Texte in den Mund gelegt.

Die Bedeutung des Wassers und damit zugleich der Elemente bei Veit Harlan ist offensichtlich. Durchaus nicht zufällig wurde Kristina Söderbaum im Volksmund mit dem ungalanten, von Berliner Schnoddrigkeit geprägten Beinamen »Reichswasserleiche« benannt, wenngleich diese Charakterisierung eher auf das Konto Veit Harlans als das seiner Darstellerin gebucht werden müßte: Sowohl die Todesverfallenheit seiner Filme als auch die Bedeutung des Wassers werden damit angesprochen.
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Der See und die Elbe und die Elbe und das Meer

Ehepaar Harlan

Wasser spielt in beiden hier gegenübergestellten Filmen eine Rolle: der See und die Elbe in IMMENSEE, die Elbe und das Meer in OPFERGANG. Dabei ist der See in IMMENSEE das stehende Gewässer mit den Seerosen, die Elbe das fließende Wasser, dem Reinhardt seine Lieder an Elisabeth »anvertraut«.

In OPFERGANG hingegen fungiert die Elbe als See, das Meer wird nun Element der Bewegung, der Befreiung, in das Aels hineinreitet und dem ihre Asche übergeben wird.

Albrecht lernt Aels kennen, als sie sich an Albrechts Boot hängt und nackt durch das Wasser der Elbe ziehen läßt. »Einer Nixe gleich«, wird sie selbst später sagen. Reinhardt schwimmt, die Warnungen Elisabeths vor den Schlingpflanzen unterm Wasserspiegel in den Wind schlagend, hinaus auf den See zur »Seeroseninsel« und fühlt sich plötzlich tatsächlich von den Schlingen unter der Oberfläche bedroht. In OPFERGANG ist das Wasser Befreiung, in IMMENSEE lauern in ihm Gefahren, die den in die ferne Welt Strebenden an das Leben in der Provinz fesseln wollen.

Aus dem bisher Gesagten wird klar, daß eine eindeutige Definition des Rollentyps, den Kristina Söderbaum darstellte, kaum möglich ist. Die öfterzu lesende der unschuldig-naiven Blondine ist unhaltbar.

Die Aels in OPFERGANG, Hanna Amon aus dem Film gleichen Titels (1951) sind weder naiv noch unschuldig. Die Aels ist ein Elementargeist, eine Nixe, Wellen und Wind zuzuordnen, - aber auch dem Element Erde, für das das Reiten ausdrücklich in dem Film steht.

Sie liebt den Geruch des Heus, spricht mit den Tieren, und wenn ihre Asche im Meer aufgegangen ist, wird sie als Welle die Füße des Geliebten umspielen. Hanna Amon ist eine aus mythischer Vergangenheit herübergeholte Isis, die in Geschwisterliebe wie Eva dem Adam verbunden ist, während die von Außen kommende Frau zerstörerisch wirkt wie die Schlange im Paradies. Diese dörfliche Welt ist keine heile.

Kristina Söderbaum ist die »Kindfrau«

Heinrich George, Kristina Söderbaum in KOLBERG

Die ebenfalls immer wieder benutzte Vokabel der »Kindfrau« für Kristina Söderbaum ist schon angemessener: trifft sie doch eher das Ambivalente, das ich versuchte zu umreißen.

Kristina Söderbaum hatte immer etwas zwitterhaft zweideutiges, in OPFERGANG noch zusätzlich akzentuiert durch »männliche« Attribute der Kleidung wie Reithose und Zylinder. Noch zum weißen Kostüm trägt Aels einen weißen Zylinder.

Und eine fast schon gewagte Kühnheit, wie man sie unter den sich so prüde gebenden Nazis seit Schünzels VIKTOR UND VIKTORIA aus dem ersten Jahr der braunen Herrschaft meines Wissens nicht mehr gesehen hatte, findet sich in der Maskenball-Sequenz: Hier irritiert uns und Albrecht das Vexierspiel eines weiblichen Zwillings-Paares in Frack und Zylinder, und unter der einen Maske glauben wir (und Albrecht?) die Augen Kristina Söderbaums/Aels' aufleuchten zu sehen.
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Überhaupt: das Spiel mit den Augen.

Der meist so mädchenhafte Blick Kristina Söderbaums kann manchmal für Momente sich weiten, aufleuchten, den Blick in plötzlich sich auftuende Abgründe freigeben. Ich denke, daß dieses »Schillernde« ihrer Rollen, die Zwei-Poligkeit, einen Großteil der Faszination ausmachte, die die Zuschauer anzog: »Sie ist wie ein Magnet«, heißt es von Aels.

Die Musik spielt bei Veit Harlan eine Hauptrolle

Veit Harlan ist ein Melodramatiker. Die Musik spielt - das kennzeichnet das Genre Melodram - in seinen Filmen eine Hauptrolle: Einmal als »unmotivierte«, die Handlung untermalende, die Aktionen akzentuierende, Emotionen und Stimmungen der Akteure ausdrückende musikalische Folie. Zum anderen ist sie häufig selbst Bestandteil der Handlung.

Oft singen die Darsteller oder musizieren. Oktavia spielt Klavier, ebenso Ines in ICH WERDE DICH AUF HÄNDEN TRAGEN. Gleich zu Beginn dieses Films ist es Ines, die mit den von ihr auf dem Flügel gespielten Klängen von Griegs Klavierkonzert in a-Moll, Opus 16, Rudolf anlockt.

In HANNA AMON ist das von Kristina Söderbaum gesungene »Brüderlein, Brüderlein, wann kommst du nach Haus« auch - als Metapher für die inzestuöse Liebe - musikalisches Leitmotiv des ganzen Films. Und vollends in IMMENSEE verschmelzen Musik und Handlung zu untrennbarer Einheit.
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Reinhardt und seine »Die Seerose« betitelte Suite

Reinhardt ist Komponist. Gleich zu Beginn des Films - in der Rahmenhandlung - lauscht Elisabeth als Besucherin eines Konzerts den Klängen einer »Die Seerose« betitelten Suite, die Reinhardt komponiert hat und dirigiert.

Die Seerose ist das »Symbol ihrer Jugend« und von Reinhardt bestellter Tischschmuck beim anschließenden gemeinsamen Essen. Reinhardt enttäuschte Elisabeth durch sein seltenes Schreiben. Aber seine »Liebesbriefe« sind ein Album mit den von ihm geschriebenen und komponierten »Zwölf Liedern an Elisabeth«, ein Album, das als Symbol leitmotivisch den Film begleitet, mit Liedern, die, zweimal von anderen Frauen gesungen, schmerzliche Erinnerungen an die verlassene Elisabeth wachrufen.

Ein gewagter melodramatischer Höhepunkt in Harlans Schaffen ist die Isis-Vision in HANNA AMON, in der er kühn den Film in die Bereiche der Oper hochzieht. Es scheint, als habe Harlan hierfür wenige Augenblicke in einem anderen Sujet ein winziges Stück seines langgehegten Traums von einem eigenen NIBELUNGEN-Film realisiert, der sicher Wagner nähergestanden hätte als Langs Version.

Weitere philosophische Betrachtungen von Harlans Filmen

Kristina Söderbaum in JUD SÜSS

Aus der Liebe zum Melodram, der Nähe zur Oper ist auch die Dialogbehandlung in Harlans Filmen zu deuten. Die Melodie des leichten Akzents von Kristina Söderbaum und die Modulationen ihrer Stimme nutzend und das Tempo des Sprechens merkwürdig dehnend, geraten die Dialoge oft in die Nähe des Rezitativs, wird der Sprache durch einen befremdenden Singsang etwas betont Synthetisches verliehen.

Das Melodram lebt von der Grenzüberschreitung. Es veräußerlicht innere Vorgänge, Emotionen werden unmittelbar in Aktion umgesetzt, in reinen Ausdruck, bedürfen nicht des Umwegs über einen Psychologismus des Schauspielers. Psychisches wird physisch erfahrbar, Gefühle werden unmittelbar in Atmosphärisches übersetzt.

In dem diffusen ästhetischen Programm der Nationalsozialisten, das sich irgendwo im Dreieck zwischen »volksnahem Realismus«, Idealisierung und Antirationalismus/Irrationalismus bewegte, hatte es das Melodram nicht leicht, und Harlans Filmen merkt man diese Schwierigkeiten an.

Ein Beispiel ist sein Umgang mit der Farbe, die Harlan nach eigener Aussage stets als realistisches Mittel gesehen hat, die aber andererseits zum privilegierten melodramatischen Ausdrucksmittel prädestiniert ist.

Dieser Zwiespalt blockiert sichtbar viele Ansätze in seinen Filmen. Der Sonnenaufgang wird mehrmals beschworen, aber eine Chance wird verschenkt, wenn Reinhardt auf den Sonnenaufgang über dem See zuschreitet und dieser einfach zu »realistisch«-klein ausfällt, um zeichenhafte Kraft zu entfalten.

Bezeichnenderweise gestattet Harlan sich nur in Träumen und Visionen und in ganz exzeptionellen atmosphärischen Situationen den Vorstoß in die Abstraktion: die »goldene« Vision von der Stadt Prag etwa, das blutigschwüle Rot im Fiebertraum der Hanna Amon, die changierenden Farben beim Maskenball in OPFERGANG oder das monochrome Blau in den Blitzen im Kulminationspunkt des Konflikts in ICH WERDE DICH AUF HÄNDEN TRAGEN.

Hier sind die Grenzüberschreitungen erlaubt, derer Harlan fähig war. Das Melodram verlangt nach eindeutigem Ausdruck von Emotionen, die ihrerseits in der Tiefe jedoch höchst widersprüchlich, irrational sein können. Der Ausdruck ist plakativ, das Ausgedrückte kann ambivalent sein. Symbole bezeichnen etwas, aber das Bezeichnete kann nur eindeutig sein in Zeiten, in denen die Symbole konventionalisiert sind.

Ein Beispiel: Die Vögel, "das Vogelbauer" (= Voliere) bei Harlan und die damit verbundenen Assoziationsketten: Fliegen - Freiheit - Gefängnis - Schutz.

Der Dompfaff im Holzkäfig (IMMENSEE) ist Zeichen der Bindung zwischen Reinhardt und Elisabeth, der Vogel weckt sie mit seinem Gesang an Reinhardts Stelle. Der Kanarienvogel im goldenen Käfig von Erich ist gefangen im »goldenen Käfig Immenhof«.

Auch der goldene Käfig ist ein Gefängnis, doch er bietet auch Schutz und Sicherheit. Eindeutig ist zu Beginn von HANNA AMON "das Vogelbauer" dem Gefängnis zugeordnet und todbringend ist der Käfig in JUD SÜSS: in ihm wird an Süß-Oppenheimer das Todesurteil vollstreckt.

Die Zugvögel sind die »reichen« Vögel (HANNA AMON), sie ziehen der Sonne nach und haben immer Nahrung, aber sie sind auch gefährdet in der Ferne, wie es am Beispiel von Hannas Bruder sichtbar wird. Doch auch den daheim bleibenden »armen« Vögeln droht der Tod und die Erstarrung im Hunger und im Eis: Das Bild der Raben im Schnee, wenn Hanna erfriert.

Und wenn die Zugvögel aus der Heimat des »Zugvogels« Aels kommen, fliegen sie in Scharen gegen den Leuchtturm bei Hamburg, weil sie ihn für die Sonne halten, und zerschmettern ihre Schädel. Aels kann nicht
seßhaft sein, sie zieht »nach dem Süden oder nach dem Norden«, aber sie hat sich aus den Tropen ihre Krankheit mitgebracht, die jederzeit zum raschen Tod führen kann.
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Weiter wird philosophiert ......

Sorry, der Rest war zu hochgeistig und langweilig. Schade .........

COUNTDOWN - Der Untergang der Universum Film AG

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Plakat zur Uraufführung 1945
  1. 25. Juli 1944. Ein Führererlaß bestimmt Propagandaminister Goebbels zum »Reichsbevollmächtigten für den totalen Kriegseinsatz«. Goebbels beauftragt den SS-Gruppenführer und Reichsfilmintendanten Hans Hinkel, den Gesamtbereich des Films seinen Entscheidungen »gemäß der totaleren Kriegsauffassung raschestens anzupassen«.
  2. 2. August 1944. Nachdem Goebbels im Juli der Schauspielerin Kristina Söderbaum eine Reise nach Schweden aus Anlaß der dortigen Premiere ihres Films OPFERGANG bewilligt hatte, bittet sie nun, »in Anbetracht ihrer verhältnismäßig langen Abwesenheit ihr annähernd fünfjähriges Kind mitnehmen zu dürfen«.
  3. Am 5. August kommt die Antwort aus dem Propagandaministerium: »Der Herr Minister hat Kenntnis genommen und ist mit der Reise der Frau Söderbaum nach Schweden einverstanden, nicht aber mit der Mitnahme des Kindes. Frau Söderbaum ist bei der Entscheidung auf die Verkehrslage und den totalen Krieg hinzuweisen.«
  4. 15. August 1944. Die Ufa muß einen ihrer Filme ausleihen und die Genehmigung dafür beim Minister einholen. Der Leiter des Reichsfilmarchivs meldet, die Ufa Filmkunst GmbH wolle den nichtzugelassenen Film DER BLAUE ENGEL ausleihen. Zweck und Personenkreis: »Besichtigung durch Produktionsleiter Schönmetzier, Spielleiter Weidenmann für das Filmvorhaben DIE SCHENKE ZUR EWIGEN LIEBE.« Goebbels befürwortet.
  5. 16. August 1944. In Schlesien werden die Außenaufnahmen zu DIE SCHENKE ZUR EWIGEN LIEBE (Regie: Alfred Weidenmann) vorbereitet, Frowein berichtet: »Was die Bedenken des Herrn Ministers hinsichtlich der Tatsache, daß der Film teilweise im Katastrophenmilieu spiele, angeht, so möchte ich darauf hinweisen, daß eine eigentliche Bergwerkskatastrophe in diesem Stoff sorgfältig vermieden worden ist. Es handelt sich am Schluß vielmehr um einen Berufsunfall, wie er in jedem Milieu vorkommen kann. Was von ihm gezeigt wird, ist in erster Linie seine tatkräftige Behebung durch den Helden, der auf diese Weise in sein eigentliches Arbeitermilieu zurückfindet.« Der Goebbels-Mitarbeiter Frowein empfiehlt Genehmigung des Stoffes.
  6. 24. August 1944. Nach der Zerbombung zahlreicher Kinos im ganzen Reich war man auf die Idee verfallen, Freilicht-Theater einzurichten, »in denen während der Sommermonate die filmische Betreuung der Bevölkerung durchgeführt werden kann«. Aus Hannover meldet Hinkel seinem Minister den ersten Erfolg: »Technische Schwierigkeiten waren zu überwinden, da mit Rücksicht auf die Helligkeit des Bildes ein mit Zeltbahn verdunkelter Raum geschaffen und der helle Boden mit Kohlengruß abgedunkelt werden mußte. Das Hannoversche Freilicht-Filmtheater umfaßt 550 Sitzplätze und ist (...) ständig wie ein normales Filmtheater besucht. Bei Regen wird die Vorstellung abgebrochen, was von den Besuchern aber immer mit viel Humor in Kauf genommen wird. Das Rauchverbot der übrigen Filmtheater findet hier keine Anwendung, so daß ein weiterer Anreiz zum Besuch gerade des Freilicht-Filmtheaters gegeben ist.«
  7. Anfang September 1944. Ohne Wissen des Reichsbeauftragten für die Filmwirtschaft, Max Winkler, setzt Hinkel bei Goebbels die Ernennung des parteitreuen Heinz Tackmann zum Firmenchef der Ufa Filmkunst GmbH durch, nach Hinkels Worten »die hervorragendste Ergänzung von Liebeneiner (seit 1943 Produktionschef der Ufa, Anm.) und der erste nationalsozialistische Firmenchef im gesamten Filmbereich«. Zuvor war Tackmann Geschäftsführer der Reichsfilmkammer gewesen und später in die Zentrale der Reichskulturkammer aufgestiegen.
  8. 13. September 1944. Max Winkler wehrt sich in einem Schreiben an Goebbels gegen Hinkels Führungsanspruch im Filmbereich und glaubt noch immer an die privatwirtschaftliche Grundstruktur der nationalsozialistischen Filmproduktion: »Ich bin nach meinen Erfahrungen (...) der Überzeugung, daß die deutsche Filmwirtschaft den Anforderungen des totalen Kriegseinsatzes reibungsloser und prompter und damit erfolgreicher unter Beibehaltung der bisherigen Struktur nachkommen kann. Voraussetzung wäre zwar ein klares Bekenntnis zu der gegebenen Organisation in Gestalt der Reichsmittelbarkeit und der privatwirtschaftlichen Struktur und eine strikte Beachtung derselben durch alle beteiligten Stellen.«
  9. 2. Oktober 1944. Hinkel und Winkler einigen sich auf einen gemeinsamen »Organisationsplan«, mit dem künftig alle »die sachliche Arbeit und den totalen Kriegseinsatz hemmenden Zuständigkeitsstreitigkeiten und vermeidbaren Übergriffe endgültig ausgeschaltet« werden sollen.
  10. 9. Januar 1945. Dr.Walther Müller-Goerne, seit 1942 stellvertretender Reichsfilmintendant, sorgt sich in einem Schreiben an seinen Chef, Gruppenführer Hinkel, über sich mehrende Fälle, »in denen Filmschauspieler oder -Schauspielerinnen die Übernahme von Rollen ablehnen mit der Begründung, daß sie krank seien«. Sie hätten mit ihrer »Streichung von der Filmliste« und finanziellen Einbußen zu rechnen, »falls ausreichende Ablehnungsgründe nicht vorliegen«. Die Künstler und Künstlerinnen machen aber auch noch andere Probleme: »Es sind Fälle vorgekommen, in denen Filmschaffende abgelehnt haben, in auswärtigen Filmateliers zu arbeiten, weil sie keine Bettkarten erhalten haben. Es muß unter den heutigen Umständen von jedem Volksgenossen verlangt werden, daß er Reisen antritt, auch wenn Bettkarten nicht zur Verfügung stehen.«
  11. 22. Januar 1945. Reichsfilmintendant Hinkel appelliert an die Produktionschefs: »Sorgen Sie bitte dafür, daß unsinnige Gerüchte sofort abgestoppt und daß jede Meckerei raschestens und mit entsprechendem psychologischen Geschick unterbunden wird. Sollte sich allerdings irgendwo (theoretisch oder praktisch) Verrat aufzeigen, so ist es Ihre Pflicht, mit aller Rücksichtslosigkeit dagegen vorzugehen. (...) Ich rechne gerade für die nächsten Wochen mit Ihrer besonderen Bewährung, nicht nur als Produktions-Chef, sondern auch als Nationalsozialist.«
  12. 30. Januar 1945. Gleichzeitige Uraufführung des Films KOLBERG (Veit Harlan) in der Atlantikfestung La Rochelle und im Berliner Tauentzienpalast.
  13. Anfang März 1945. Der Kommandant des von der Roten Armee belagerten Kolberg erkennt, daß weiterer Widerstand sinnlos sei, und will die Stadt an die Sowjets übergeben. Er wird abgesetzt. Goebbels schäumt in seinem Tagebuch, dieser Kommandeur imitiere offenbar lieber den feigen Lucadou, anstatt dem tapferen Gneise-nau nachzueifern.
  14. März 1945. Hans Hinkel, von Goebbels zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Ufa Film GmbH (Ufi) ernannt, erreicht den Höhepunkt seiner Karriere.
  15. 19. März 1945. Kolberg muß evakuiert werden. Goebbels gibt Order, den Fall der Stadt nicht im Wehrmachtsbericht zu erwähnen: Er fürchtet »enorme psychologische Konsequenzen« für den Erfolg des Kolberg-Films.
  16. 17. April 1945. Goebbels appelliert an die Mitarbeiter seines Hauses: »Meine Herren, in hundert Jahren wird man einen schönen Farbfilm über die schrecklichen Tage zeigen, die wir durchleben. Möchten Sie nicht in diesem Film eine Rolle spielen? Halten Sie jetzt durch, damit die Zuschauer in hundert Jahren nicht johlen und pfeifen, wenn Sie auf der Leinwand erscheinen.«
  17. 14. und 20. April 1945. Alliierte Luftangriffe auf Potsdam beschädigen auch Teile des Ufa-Produktionsgeländes in Neubabelsberg. In der Südhalle des Tonkreuzes wird die letzte Produktion der Ufa, DIE SCHENKE ZUR EWIGEN LIEBE, abgebrochen; der Hauptdarsteller Carl Raddatz wird, zusammen mit seinem Star-Kollegen Viktor Staal, zum »Volkssturm« abkommandiert.
  18. 24. April 1945. Das Gelände der Ufa in Neubabelsberg wird von Einheiten der sowjetischen Armee besetzt.

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Klaus Kreimeier

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Dokument: Luftschutz in Babelsberg

Während an KOLBERG gedreht und für den Film enormes Material verschwendet wurde, sah sich die Belegschaft an der Heimatbasis besonderen Einsparungen ausgesetzt:

»Nach dem Angriff auf unser Werk am 6.3.1944 wurde von verschiedenen Stellen angeregt, unsere Luftschutzräume zu verstärken und zusätzlich neue Bunker zu bauen.

Herr Bartels von der Einsatzstelle sollte uns bei der Beschaffung von Materialien und Arbeitskräften behilflich sein und die erforderlichen Genehmigungen erwirken. Er sandte einige Tage nach dem Angriff Herrn Architekt Schäffer zu einer ersten Vorbesprechung zu uns und wurden Herrn Schäffer unsere Wünsche dargelegt. Herr Schäffer sah die Notwendigkeit der geplanten Verstärkungen an unseren Luftschutzräumen und Bunkerneubauten ein und wollte Herrn Bartels informieren.

Am 14.3.1944 erschien Herr Bartels und wurde in einer Unterredung mit Herrn Dir. Hölaas, Herrn Dir. Stüdemann, Herrn Dir. Schmidt und dem Unterzeichneten nochmals eingehend die geplanten Maßnahmen besprochen, wobei Herr Bartels Anregungen für den Neubau der geplanten 100-Mann-Bunker gab und uns in etwa 8 Tagen mit seinem Statiker besuchen wollte. Bis zu diesem Zeitpunkt sollten wir zeichnerische Diskussionsunterlagen schaffen, die auch inzwischen angefertigt wurden.

Wir haben Herrn Bartels mit Schreiben vom 29.3.1944 daran erinnert, daß er uns mit seinem Spezialisten bei der Planung der Luftschutzbunker unterstützen wollte. Herr Bartels hat bis jetzt nichts in dieser Angelegenheit von sich hören lassen. Über die Material- und Leutezuteilung äußerte sich Herr Bartels sehr zuversichtlich und gab uns eine feste Zusage über Lieferungen von Zement, Rundholz und Treibstoff für den Antransport von Kies zur Durchführung der Verstärkungen der vorhandenen Luftschutzkeller.

Wir sollten die erforderlichen Materialien jedoch noch schriftlich anfordern. Mit Schreiben vom 16.3.1944 haben wir 601 Sack Zement, 320 kg Treibstoff und 50 Festmeter Rundholz beantragt. Die Rundholzscheine wurden uns bald ausgehändigt, jedoch ohne den Hauptabschnitt I. Dieser wurde nach mehreren telefonischen und einer schriftlichen Anmahnung vom 4.4.1944 am 11.4.1944 zugesandt. An Zement wurden statt der angeforderten 601 Sack nur 161 geliefert. Von den angeforderten 320 kg Treibstoff haben wir nichts erhalten und Herr Bartels drückte in einem Schreiben vom 28.3.44 sein Erstaunen darüber aus, daß wir für die Durchführung der Sofortmaßnahmen auch noch Kies benötigen. Für die Beschaffung der notwendigen Treibstoffmengen wollte er noch einige Unterlagen haben, dieses ist von uns umgehend geschehen.

Nachdem wir nun die Sofortmaßnahmen zur Verstärkung der vorhandenen Luftschutzräume fast fertiggestellt und unsere letzten Baustoffreserven verbraucht haben, in dem Glauben hierfür von Herrn Bartels Ersatz zu bekommen, teilt uns mit Schreiben vom 6.4.1944 Herr Bartels mit, daß der Herr Reichsminister Speer nach Vortrag durch Herrn Dr. Rank die Errichtung von Luftschutzbunkern abgelehnt hat. Er könnte uns nun keinerlei Material wie Zement, Treibstoff usw. zur Verfügung stellen. Wir werden somit auch keinen Ersatz für die von uns bei den Sofortmaßnahmen verwandten Materialien erhalten.«

(Bundesarchiv-Filmarchiv Berlin, Aktenbestand Ufa)

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