Und jetzt ein Sprung nach 1957 - auf dem Kohlheck gibt es ein neues Kino.
Herr Huthmann geht das unternehmerische Risiko ein, im Vorort (Kohlheck) eines Vorortes (Dotzheim) ein weiteres Kino zu eröffnen. Die Chancen scheinen gut zustehen, ist doch die hessische Polizeischule direkt nebenan.
Und die jungen Leute dort haben im weiten Umfeld überhaupt keine Freizeitbeschäftigung im Bereich der anspruchlosen "geistigen" und "seelischen" Erholung.
Da kommt das Kino mit einem nahezu täglich wechselnden Programm gerade recht. Dennoch pfeiffen es zu der Zeit (Anfang 1957) bereits die Spatzen von den Dächern, mit "dem Kino" stimmt etwas nicht (mehr).
Die Steigerungsraten brechen ein bzw. sind bereits eingebrochen und die Umsätze sinken.
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ROXY - Filmtheater am Kohlheck
Hasenspitz 18/20 - Fernsprecher 41223
Endlich ist es soweit! - Kohlheck hat sein Filmtheater! - Unsere jahrelang erprobte Fachkenntnis hat in langer Arbeit ein Schmuckkästchen mit 300 Sitzplätzen erstellt, auf das die Einwohner unseres schönen Stadtteiles so sehnsüchtig gewartet haben. Das äußere Bild ist zwar noch nicht fertig gestaltet, der Zuschauerraum und die technische Anlage werden Sie jedoch aufs Angenehmste überraschen.
Wir glauben sicher, daß Sie, liebe Besucher, mit uns auf Ihr neues Kino stolz sein werden, und daß Sie uns als Stammgäste mit ihrem Besuch beehren. Wir werden stets bemüht sein, Ihnen eine Auswahl der besten Filme zu zeigen und sind für Anregungen und Wünsche dankbar.
Wir freuen uns auf Ihren baldigen Besuch.
Einiges über das ROXY-Filmtheater am Kohlheck!
Woher eigentlich der Name Roxy?
Roxy war der Spitzname eines Amerikaners, der in Manhattan ein Lichtspieltheater besaß. Um etwas Besonderes zu bieten, zeigte er erstmals im Filmprogramm Tanz- und Varieteeinlagen. Seitdem ist „Roxy" ein Begriff für etwas Außergewöhnliches geworden und zahlreiche Kinos, Hotels und dergl. haben diesen Namen angenommen, zumal er leicht einprägsam ist.
Unser Roxy hat eine Reihe von Besonderheiten, die es aus dem üblichen Rahmen herausheben. Zuerst einmal liegt es fast ganz unter der Erde. Beinahe 1000 Kubikmeter Erde mußten hierzu ausgeschachtet werden. Das hat den Vorteil, daß es im Winter warm und im Sommer schön kühl ist. Das Dach wurde eine 150 Quadratmeter große, begehbare Freiterasse. Die Decke ist in ihrer Art einmalig. Sie repräsentiert sich in 4 Farben und zieht sofort den Blick an sich. Die Wandbespannung ist lila mit Goldleisten.
Die große, über die ganze Vorderwand gehende Leinwand für Normal - Breitwand - Cinemascope, wird durch einen grünen Plüschvorhang abgedeckt. Der Reihenabstand der modernen Bestuhlung ermöglicht auch den längsten Beinen ein bequemes Sitzen. Die technische Einrichtung entspricht dem neuesten Stand und garantiert eine ausgezeichnete Wiedergabe von Bild und Ton.
Und was gab es zur Eröffnung 1957 ?
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- Am Dienstag, 21. und Mittwoch, 22. Mai 1957, 20 Uhr, zeigen wir: „Ich denke oft an Piroschka"
- Am Donnerstag, 28. Mai 1957, 20 Uhr: „Das Höllenriff" ein Cinemascope-Film der Centfox
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Unsere nächsten Filme:
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- „Der Kurier des Zaren" in Cinemascope
- „Salzburger Geschichten" in Cinemascope
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- Anmerkung : Da hatte der Herr Huthmann die neue und moderne Cinemascope Technik bei der Bildwand installiert, jedoch nur mit einkanaligem mit Lichtton.
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Wie kommen (Anmerkung: es müsste heute heißen "kamen") wir zum ROXY Filmtheater:
Für weniger Ortskundige sei gesagt, daß das Roxy- Filmtheater von der Schönbergstraße aus in wenigen Minuten zu erreichen ist, wenn man vor der (Anmerkung: Wiesbadener-) Polizeischule in die Fasanenstraße einbiegt und den Fußweg Spechtweg zur Hasenspitz benuzt. Von der Panoramastraße aus geht man durch den Langendellschlag. Von dem hinter der Kirche liegenden Teil der Siedlung benutzt man am besten die vor dem Gelände der Polizeischule liegende Kranichstraße.
- So viel von 1957 und dem kleinen Kino auf dem Kohlheck, einem Vorort eines Vorortes von Wiesbaden.
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Ein Blick auf die Gratulationen von damals.
Solch eine Kino-Eröffnung selbst in einem Vorort eines Vorortes, das war noch etwas Besonderes. Wir Redlichs wohnten ja dort auf dem "Kohlheck" (bis 1960), alleine der Name spricht Bände. Und außer, daß sich der Pfarrer mal das Bein gebrochen hatte, passiert da Woche für Woche nichts.
Und jetzt gab es ein Kino, wie toll. Und alle (wirklich alle) gratulierten Herrn Huthman zu seinem Mut, dieses Experiment zu wagen.
Dazu muß man wissen, daß Mitte -Ende 1956 der Zenith der Zuschauerzahlen überschritten war und der vater des Autors gr (also mein Vater) ab 1958 fast nichts mehr verkaufen konnte. Die Übersättigung des Kinomarktes an technischem Gerät war nahezu perfekt.
Doch in einigen Gegenden Deutschlands ging es schon bergab mit dem Kino
Die Kino-Dichte in Deutschland war schon gespenstisch, speziell auf den Dörfen gab es Unmengen an kleinen und kleinsten Kinos, die die Woche über gähnend leer wurden, nach dem anfänglichen Boom in 1950.
Hier kommt noch mehr, bitte etwas Geduld . . . . . .
Haben Sie noch Bilder von alten Kinos draußen und/oder drinnen ?? Wir hätten die gerne (aber nur leihweise !!! weil wir eine Ölheizung haben).
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Wußten Sie daß es das ZDF bereits schon einmal vorher gegeben hatte ?
Also ich wußte es auch nicht. Es war auch nicht das "Zweite Deutsche Fernsehen".
Darum schmunzeln Sie über diesen Brief vom ZDF aus 1957 an Herrn Huthmann mit seinem neuen ROXY Kino in Wiesbaden Dotzheim Ortsteil Kohlheck.
Das war bis hierher ein kleiner historischer Weg des (kleinen) Kinos und des Films, bis das Fernsehen mit Macht kam.
Beachten Sie immer wieder mal die Zuschauer- bzw. Besucher- Statistik bezüglich der (zahlenden) Kinobesucher, die bereits Mitte/Ende 1956 ihren Zenith erreicht hatte (eine ganz typische Glockenkurve) und dann brachial eingebrochen war.
Sobald weitere Dokumente vorliegen, geht es hier weiter.