Zum Auffrischen und Erinnern . . . .
. . . sind diese Seiten hier gedacht, denn viele wissen nicht mehr oder noch nicht, wie es damals angefangen hat und wie das wirklich funktioniert mit dem Fernsehen, den Kameras, den Videorecordern, den Tonband- und den Magnetband- geräten aus alter Zeit. Viele Bilder können Sie durch Anklicken vergrößern.
Okt. 2023 - Die RCA TR22 Maschine 60 Jahre später .....
Mit 60 Jahren Abstand durchleuchten wir die Bedeutung der Entwicklung des ersten Videorecorders am Beispiel dieses TR 22 Recoders.
Die ersten großen teuren 2" Videorecorder für Fernsehsender auf der ganzen Welt sind von Storys, Mythen, Gerüchten und Legenden umwoben. Viele dieser Storys entbehren einfach der Wahrheit und kommen aus den unerfüllten Träumen.
Im Jahr 2023 ist so viel Zeit vergangen und so viele Informationen haben sich inzwischen angesammelt, daß es sich lohnt, da mal einen Einblick rein zu werfen.
Einer der wenigen ernst zu nehmenden Zeitzeugen war unser Mr. Ampex, mit vollem Namen Tomislav Marjanovic. Er hatte eigentlich bei RCA den ersten Einblick in diese völlig neue Technik, zumal er auch noch aus dem Ostblock aus Zagreb kam.
Bei Tito, dem Herrrscher des damaligen Jugoslawien, gab es das alles nicht und das geschenkte (gebrauchte und veraltete) Fernseh- Studio von Thomson hatte man dankend zurück geschickt und die Franzosen damit sehr verärgert.
Tito wollte nämlich modernste Technik aus Amerika und keinen ausrangierten Schrott aus Frankreich oder die alte unbrauchbare Fernseh- Technik aus Russland (die Darmstädter Fernseh GmbH hatte die Moskauer Fernsehstudios mit deutscher Farbfernseh- Technik ausgestattet) und Tom "mußte" quasi nach USA zu RCA zum Lernen.
Es war quasi sein Sprungbrett in die westliche Welt - mit etwa 20 oder 25 Kollegen rüber über den großen Teich zu reisen - für junge Männer aus Jugoslawien war das "die" erträumte Traumreise ihres Lebens ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten und das war damals das Land der Träume.
Diese 3 Monate in den USA - sie wurden sogar unerwartet freundlich empfangen wie bei Freunden - waren dermaßen beeindruckend für den 24 Jahre alten Tomislav, daß er davon selbst in 2014 noch stundenlang erzählen konnte.
Ihnen wurden damals sogar die RCA-Labors gezeigt, die selbst Amerikanern verschlossen waren und natürlich das Empire State Building und selbsverständlich die Niagarfälle. Die schiere räumliche Größe alleine der RCA Labors entsprach der gesamten Technischen Universität in Jugoslawien.
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Die frühen großen Videorecorder sowohl von AMPEX wie auch von RCA waren allesamt Labormuster in Kleinserie .....
Um diese 60 Jahre alten Geräte zu verstehen, müssen wir viele Jahre zurück blättern - in die Zeit um und nach 1950. Die ganze restliche Welt hatte 1935 bis 1941 von der deutschen Entwicklung der AEG K1 Tonbandmaschine nur wenig mitbekommen - selbst durch den vermeintlichen Rummel auf der Berliner Funkausstellung 1935 nicht. Dorthin haben sich nur noch wenige ausländische Journalisten getraut, später kamen so gut wie gar keine Journalisten mehr nach Berlin.
Man hatte ja die Schellack-Platten und auch den Stille- Draht-Recorder. Und die erste und einzige Vorführug des AEG K2 oder K3 in USA in 1940 (noch ohne die HF-Vormagnetisierung) - bei dem AEG-Kooperationspartner RCA in New York - ging schief. Die amerikanischen Audio-Fachleute erkannten, die Platte war (bislang) besser und einfacher zu handhaben. Den Vorteil eines Magnetbandes hatten sie damals noch nicht erkannt oder es war ihnen einfach nicht so wichtig.
Dann gewannen die Amerikaner im April 1945 in Europa den 2. Weltkrieg gegen Deutschland und nahmen einige der inzwischen enorm verbesserten AEG K4 (teils schon mit HF-Vormagentisierung) mit rüber in die Staaten.
Sowohl an der Ost- wie auch an der Westküste wurden diese hochqualitativen deutschen AEG-Tonbandgeräte von US-Ingenieuren erstaunlich kompetent vorgestellt, aber nur an der Westküste erkannte ein sehr populärer Mann das völlig irre Potential der Magnetbandaufzeichung bei den 4 Zeitzonen der USA.
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Bing Crosby hatte es sofort geschnallt und hatte eine Vision:
Der Entertainer Bing Crosby hatte Weitsicht und Ideen und er beauftagte die kleine im Nachkriegsamerika schlingernde Firma Ampex, ihm solche deutschen Tonbandgeräte zu bauen - angeblich 20 Stück - aber es waren anfänglich deutlich weniger.
Diese Technik der Magentbandgeräte nahm recht schnell einen enormen Aufschwung, weil bis 1950/1954 bestimmt 20 oder mehr US-Firmen, Klitschen, Einmann- Garagenfirmen und einzelne Ingenieure und sonstige "Künstler" solche Bandgeräte entwickelten und zu verkaufen versuchten. Mehr darüber steht im Hifimuseum in den amerikanischen Zeitschriften.
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Nach dem "Ton" lockte das "Bild" ....
Und natürlich schwebte vielen auch die Bild- bzw. Filmaufzeichnung vor Augen oder in ihren Träumen. Je nach Intelligenz-Potential und kreativen Visionen versuchten sich viele an der Längsspur-Technik (die Technik wie beim Tonbandgerät) - auch die RCA Labors. Dazu musste das Band wegen der erheblich größeren Informationsdichte enorm schnell laufen bzw. sich an den Köpfen vorbei bewegen.
Alleine bei Ampex kam ein wirkliches Genie (das war der Teamchef Charles Ginsburg) in 1951 auf die Idee (übrigens eine deutsche Idee von Dr. Schröter), der Magnet-Kopf oder besser mehrere Köpfe müssten sich ganz schnell über das Magnetband bewegen, das Band natürlich auch ein wenig in Längsrichtung und das funktionierte dann im Labor. Diese ganze Story steht hier.
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Bei dieser sogenannten Quadruplex Technik war zu bedenken:
In dem sehr schnell drehenden Kopfrad waren nicht nur einer, sondern 4 Magnetköpfe (daher Quadro) und das in 4 Teile aufgeteilte Fernsehbild wurde im Multiplexverfahren zu einem einzigen Bild zusammengesetzt.
Der Videorecorder brauchte für diese Kopfträger-Technik schon mal Druckluft, aber bitte nicht zu feucht und auch nicht zu trocken und bitte immer gleich temperiert - und bitte absolut staubfrei, egal wo die Luft angesaugt wird - nämlich ziemlich dicht am Fußboden.
Dann braucht der Recorder auch eine spezielle Saugluft, eine Art kleines Vakuum, eher ein Unterdruck, um das Band in einem ganz speziellen "Saugschuh" um das Kopfrad zu wölben. Und natürlich sollten und mußten die beiden Pumpen so leise wie möglich arbeiten, stundenlang.
Wenn die Kopftrommel (bzw. das Kopfrad) nicht drehte (die Lebensdauer eines solchen Kopfrades betrug ja nur etwas über 150 (Kopf-) Stunden), das Band auch nicht lief, konnten die beiden Pumpen abgeschaltet werden. Doch sie mussten wieder anlaufen, bevor das Bandlaufwerk gestartet wurde.
Somit hatte solch ein Videorecorder eine Anlaufzeit von bis zu 10 Sekunden, in einer Nachrichtensendung ein schwer zu realisierender Übergang von der Ansage zum Beginn des Video-Films.
Da hätte ich doch beinahe noch die Kühl-Luft und Abluft vergessen. Die vielen Elektronik- Einschübe hatten - oberflächlich gezählt - tausende von Transistoren, unglaublich viele und die produzierten Wärme, jeder einzelne zwar nicht viel, doch in der Summe waren es Kilowatt an Wärme und die Frischluft mußte natürlich auch rein geblasen und oben drüber wieder abgesaugt werden. Auch dafür war ein größeres Gebläse notwendig.
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Der Preis : 100.000 US-Dollar waren damals eine Menge Geld
Nur zum Vergleich : Ein 6 bis 8 Meter langer US-Schlitten mit 8 Zylindern, 5 Litern Hubraum und 160 PS kostete damals (um 1960) für einen Amrikaner ab 2.500.- US-Dollar aufwärts.
Bei 100.000 Dollar für einen Videorecorder waren also keine riesen Stückzahlen zu erwarten und auch zu verkaufen und auch nicht herzustellen. Die Seriennummern begannen bei RCA und sicher auch bei Ampex mit "1000". Die beiden RCA-Maschinen bei uns haben die Nummern 1071 und 1091. Und alle Recoder bei Ampex wie auch bei RCA waren handmade, also lange nicht für eine grössere Serie optimiert.
Wie später bei der Windows Software wurde "im Feld" nachgerüstet, wenn es nicht so funktionierte wie versprochen. Bei Windows waren es Updates über Updates, hier wurde wirklich mit dem Lötkolben und der Blechschere (hinterher-) gebastelt.
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Tom - unser Mr. Ampex - hatte natürlich auch "mit gebastelt" ....
Bezüglich dieser Nachrüstungen oder Korrekturen gab es ebenfalls viele lustige Geschichten. Tom mußte es wissen, denn er war anfänglich einige Jahre bei RCA, bis ihn die (in Europa) notleidenden AMPEXER abgeworben hatten. Er hatte nämlich seinen jugoslawischen Paß behalten und durfte in die Ostblockländer und dorthin in deren Studios - rein und raus - samt Werkzeug und Ersatzteilen, denn auch dort standen die große Ampex- und RCA- Video-Maschinen.
Beide "Amerikaner" waren wirkliche Konkurrenten und haben weltweit auf "Teufel komm raus" verkauft, wer immer das bezahlen konnte.
Selbst in Ostberlin in Adlershof standen zwei mehr oder weniger "illegale" AMPEX MAZen, die dort nicht hätten stehen sollen bzw. dürfen. Das hatte Tito arrangiert. Nach der Zeit bei RCA arbeitete Tom 15 Jahre lang für Ampex, bis die 2" Zeit einfach rum war.
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Zwei traurige Geschichten - viele Jahre nach der 2 Zoll Zeit :
Es gibt da auch die traurige Seite des Lebens, nämlich die Story aus dem Haus von Radio Bremen. Dort war der Herr Hemmerling Chef der kleinen Fernseh-Technik und Radio Bremen hatte recht früh eine einzelne Ampex MAZ.
Bei meinem Besuch 2015 im Radiomuseum Bremen erzählten mir die inzwischen pensionierten Kollegen von damals, daß Manfred Hemmerling und Tom Marjanovic viele Male zu zweit im MAZ-Raum "unter" der Ampex Maschine lagen und stundenlang überkopf "irgendwas" mit schwerem Werkzeug und Lötkolben um jeden Preis reparieren mußten.
Tom war extra aus Wiesbaden angereist. Beide pafften dabei wie die Schlote und man konnte von draußen durch das Tür-Fenster weder die beiden Personen noch die Ampex MAZ erkennen, so dicht sei der Rauch bzw. der "Nebel" gewesen. Beide sind in 2014 und 2015 viel zu früh an Lungenkrebs verstorben.
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Das war die Einführung zu unserem Einblick in die TR22
Nach dem komischen Gebahren des damaligen Wiesbadener Museums-Vereins - ich durfte die großen Video-Maschinen nicht mal anfassen, sie hätten ja Schaden nehmen können - bekam ich dann endlich Gelegenheit, die Erzählungen von Tom in Natura "zu bewundern". Sowohl bei der AMPEX VR1100 aus etwa 1961 als auch bei der RCA TR22 aus 1962 findet der Betrachter eine große Zahl von Flickschusterei, kleinen nachgerüsteten Platinchen mit ein paar Transistoren und Winkelchen mit irgendwelchen Zusatzmodulen.
Von AMPEX wissen wir, daß die Entwicklung des Videorecorders für die kleine Tonbandgeräte-Firma sehr viel Geld (und kostbare Manpower = Arbeitszeit) gekostet hatte und AMPEX 1955/56 finanziell mit dem Rücken zur Wand stand, als im Herbst 1956 diese legendäre NAB Vorführung eindrucksvoll geklappt hatte - na endlich.
Angeblich kamen der oder die Vertriebs-Ampexer (= sales manager) von dieser NAB Show mit fast 100 Aufträgen - angeblich sogar auf Bierdeckeln notiert und unterschrieben - zurück nach Kalifornien. Jeder Auftrag war unbesehen 100.000 US$ wert. Ampex konnte damit neue drigend benötigte Investoren mit ins Boot holen.
Und jetzt ging es darum, aus dem Labormuster möglichst schnell ein funktionsfähiges Verkaufsprodukt zu entwickeln. Bislang waren das 6 oder 7 große Holzkisten mit mehreren Labor-Gestellen und dem eigentlichen Bandlaufwerk. Davon gab es nur 2 Stück. Und das mit der Produktionsreife war nämlich gar nicht so einfach, denn alles basierte auf der konventionellen Röhrentechnik und die war auf anfänglich 2 große Schränke verteilt.
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Was bei den AMPEX Tonbandgeräten nicht notwendig war ..
Das Geschäft mit den Ampex Studio-Tonbandgeräten lief zwar prächtig, forderte aber die gesamte (kleine) Mannschaft, denn auch dort gab es viele Aufträge. Jetzt auch noch Video mit ganz neuen Anforderungen - da wurde es personalmäßig eng.
Der neue Quadruplex-Magnetkopf rotierte mit 15.000 U/min und das 2" Magnetband wurde mit leicht abgewandelten 38cm/Sek leicht gewölbt an diesem Kopfrad vorbei gezogen. Bei dieser Geschwindigkeit würde der Staub (in jedem normalen Raum) wie Schleifpapier wirken, sowohl auf die Köpfe wie auch auf das Band.
Daher mußte mit einem Kompressor saubere gefilterte Luft in den Scanner-Bereich gepustet werden und sowohl vor dem Scaner als auch direkt am drehenden Kopfrad wieder kontinuierlich abgesaugt werden.
Also ein Kompressor und eine Vakuumpumpe waren jetzt mit im Boot. Das anfänglich plane Magnetband mußte - von der großen Spule kommend - mit einem Saugschuh per Vakuum deutlich gewölbt werden, damit es an der rotierenden Kopfscheibe auch satt anlag.
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Den Technikern in den Sendern wurde vorgeschrieben, daß der MAZ-Raum eine bestimmte Grenz-Temperatur nicht überschreiten durfte und eine bestimmte staubbindende Luftfeuchtigkeit erzeugt werden mußte.
Im Gegenzug mußte der Kompressor in der Maschine diese Luftfeuchte der angesaugten Luft wieder entziehen, damit das 2" Band nicht an den Führungen kleben blieb. Und auf einmal fanden sich die Ingenieure und Elektroniker in der technischen Pneumatik wieder.
Was die Ampexer und auch die Ingenieue bei RCA anfänglich noch nicht im Blick hatten, auf einmal standen diese teuren Kisten bei den stínkreichen Scheichs bei 45 °C in der Wüste und sollten auch da laufen. Andere Maschinen fuhren unten im Bauch in den großen Ozeandampern herum oder standen in Japan oder Neuseeland direkt an der Küste. Doch das war auf einmal Salzwasser- Seeluft. Die frißt sogar Goldkontakte weg.
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Und dann noch diese eigensinnigen Europäer ....
Nach schwarz-weiß kam die Farbe, in den USA deutlich früher als bei uns. Warum mußten diese Europäer nicht nur (von den USA) abweichende Zeilenzahlen beim Video-Bild und dann auch noch so komische Farb-Standards wie PAL haben, die mit dem doch so super tollen NTSC der Amerikaner nicht harmonierten. Und dann auf einmal kamen auch noch die Russen und der ganze Ostblock mit dem noch anderen französischen SECAM. Also mußten die Video-Maschinen für den Export Multiformat- tauglich gemacht werden. Und das war wieder mehr Arbeit - für gleiches Geld. Doch verkaufen wollten sie alle.
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Aber das größte Problem in Europa - die MAZ-Wagen ....
Klimamäßig war hier in Mitteleuropa die Welt noch in Ordnung, außer in Holland oder England wegen der salzhaltigen Seeluft. Es haperte aber auch beim Geld der Sender und Anstalten und so wurden die MAZen mobil und in sogenannte MAZ-Wagen eingebaut. Und die ratterten über unsere weltweit besten Autobahnen und dennoch, am Ende einer Anreise war fast immer irgend etwas defekt und die Sucherei ging los.
Tom konnte ganze Storys davon erzählen, wie sie mit List und Tücke ein Fußballspiel oder eine andere große Veranstaltung um 30 Minuten verzögern mußten und konnten, weil auf einmal - und unerwartet - beide MAZen gestreikt hatten. Und die MAZ lief ja nur 45 Minuten mit einem Band, dann mußte die andere MAZ überlappend gestartet werden.
Diese Rüttel-Problematik betraf aber durch die Bank weg alle großen Videorecorder der Frühzeit, auch die BCM-40 der FESE. Mit zunehmender Einführung von gedruckten Leiterplatten und leichteren modernen Komponenten ging aber diese Art der Fehlerrate zurück.
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