Über die Blütezeit der Filmstadt Wiesbaden
Unter dem Titel "Rote Rosen und weißer Flieder" wurde 1995 eine begleitende "Retro"-Broschüre aus der Vergangenheit und der kurzen Episode Wiesbadens als Filmstadt erstellt. Eigentlich als Katalog zu einer Ausstellung gedacht, werden doch viele Tatsachen, Einzelheiten und Vorkommnisse der Wiesbadener Studios, der damals in Wiesbaden gedrehten Filmen und von den Wiesbadener Kinos bis Anfang der 1970er aufgezählt. Hier geht es zum Anfang.
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Auf schwankenden Grundlagen - das Filmgelände Unter den Eichen und der deutsche Nachkriegstilm
Matthias Knop - Die Anfänge der Filmproduktion in Deutschland nach 1945
Mit Kriegsende kommt zunächst jegliche Filmtätigkeit in Deutschland zum Erliegen. Am 20. September 1945 faßt der Kontrollrat der alliierten Besatzer den Beschluß, auch das Filmwesen unter seine Kontrolle zu stellen.
Dies hat für den deutschen Nachkriegsfilm weitreichende Konsequenzen. Der Beschluß ist zum einen die Grundlage für die Beschlagnahme des gesamten UFA-Vermögens durch die Alliierten (1). zum anderen regelt er jegliche Filmtätigkeit in Deutschland: sie bedarf grundsätzlich der Lizensierung durch die Besatzungsmächte. (2)
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Mai 1946 - in Neubabelsberg darf die DEFA drehen
Der Beginn der deutschen Filmproduktion nach dem Kriege kann auf den 17. Mai 1946 datiert werden. An diesem Tag erhält die DEFA in Neubabelsberg vom sowjetischen Militäradministrator eine Lizenz zum Herstellen von Filmen.
Bis Juli des Jahres entsteht dort unter der Regie von Wolfgang Staudte der erste deutsche Nachkriegsfilm DIE MÖRDER SIND UNTER UNS.
Die britischen und amerikanischen Alliierten erteilen ihre Lizenzen später - dort heißt die Losung zunächst "reeducation" bzw. "reorientation", man unterhält sogar eigene Filmabteilungen.
"Zwar wurden von ihnen keine Spielfilme hergestellt, aber sie befaßten sich mit dem Verleih in- und ausländischer Filme, der Produktion von Wochenschauen und richteten einen umfangreichen Kulturfilmdienst bei sich ein." (3)
Nicht zuletzt aufgrund des geringen Interesses an Umerziehungsfilmen erteilen die westlichen Alliierten ab Ende 1946 Lizenzen an deutsche Spielfilmproduzenten, wobei der US-Filmoffizier Erich Pommer "eher helfend als kontrollierend" (4) vorgeht.
- Anmerkung : Das ist sehr wohlwollend geschönt. Andere Autoren aus der Zeit nach 1945 z.B. Will Tremper bezeichnen den aus Hollywood zurückgekehrten Exildeutschen Erich Pommer als eigensinnigen Kontrolleur mit leichtem Rache- bzw. Vergeltungs-Syndrom. Es gibt da fast immer 2 Seiten der Geschichte.
Das Berliner Studio 45 dreht mit SAG' DIE WAHRHEIT (ein Jahr vorher mit der Starbesetzung Rühmann/Feiler unvollendet geblieben) den ersten "westdeutschen" Nachkriegsfilm, ein "penetrant albernes Lustspiel" (5).
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Lauter "blutarme" Kleinunternehmen versuchten sich am Film
In der Folge erhalten eine Vielzahl von Personen oder Personengemeinschaften, jedoch keine Großfirmen, von den westlichen Alliierten Lizenzen. Die Kleinunternehmen erweisen sich jedoch nur in seltenen Fällen als längerfristig überlebensfähig.
Die beständigeren unter ihnen: Helmut Käutners "camera", die Junge Film Union in Hamburg, die Filmaufbau in Göttingen, die NDF in München und später Atze Brauners CCC in Berlin.
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Neu : Mehrere gleichrangige Zentren
Innerhalb der deutschen Filmindustrie bilden sich bald mehrere, gleichrangige Zentren. In der Filmprovinz siedeln sich Produktionsstätten an, so in Bendestorf (in einem früheren Tanzsaal), in Göttingen (in einer ehemaligen Flughalle) und schließlich auch in Wiesbaden (in einer ausgedienten Reithalle).
Erschwerend für die Herausbildung filmwirtschaftlich effektiver Strukturen ist die sogenannte Monopolanordnung Nr. 1, ein Erlaß der Alliierten, der verhindern soll, daß sich ein Lizenznehmer in der Filmbranche in mehr als einer Sparte betätigt.
Erich Pommer erläutert die Anordnung, die am 8. März 1948 in Kraft tritt, gegenüber der Fachpresse: "Das Wiederaufleben der deutschen Filmindustrie wird sich auf demokratischer Grundlage und im Rahmen eines freien Wettbewerbs abspielen. Es wird ein unabhängiger und freier Industrieaufbau angestrebt, d.h. eine völlige Trennung der wichtigen Industriezweige Produktion, Verleih, Filmtheaterwesen und der kinotechnischen Industrie. Nur so wird der deutsche Film seine wichtige Aufgabe erfüllen können" (6). Erst am 1. Mai 1953 wird die Anordnung wieder aufgehoben.
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Pläne zur Auflösung der UFA
Der ehedem mächtige, zum großen Teil unversehrt gebliebene UFA-Komplex (gemeint sind die Strukturen und der Grundbesitz) sollte nach Wunsch der Alliierten entflochten und, Teil um Teil, in private Hände überführt werden.
Die Militärregierungen strebten demnach an, "... in den Zonen befindliches Vermögen, welches am 8. Mai 1945 dem Deutschen Reich gehörte oder unter seiner Kontrolle stand und zur Herstellung, zum Vertrieb oder zur Vorführung von Lichtspielfilmen ... Verwendung gefunden hat, gesetzlich zu regeln. Und ... über dieses Vermögen in einer Weise zu verfügen, die zur Förderung einer gesunden, auf demokratischen Grundsätzen aufgebauten, in Privathänden befindlichen Filmindustrie in Deutschland am besten geeignet ist, wobei diese Industrie so zu organisieren ist, daß übermäßige Konzentrationen von Wirtschaftskraft... verhindert wird" (7).
Dabei waren es die westlichen Alliierten selbst, die zuvor die durch Aufteilung in verschiedene Besatzungszonen verteilten UFA-Vermögenswerte wieder zusammenführten: "Der nationalsozialistische UFI-Konzern war als Besatzungskonzern neu entstanden. Der zum Erliegen bestimmte Konzern stand als geschlossener Komplex den Wiederanläufen der deutschen Filmwirtschaft gegenüber ... Damit stellte sich der privatwirtschaftlichen Filmwirtschaft, die sich auf schwankenden Grundlagen bewegte, ein potenzierter und zentral gelenkter Wirtschaftskomplex entgegen. Dem Konzern war zwar die Eigenbetätigung in der Produktion und im Verleih untersagt, wohl aber entzog er dem filmwirtschaftlichen Kreislauf, ohne daß von ihm neue Filmvorhaben finanziert werden durften, ständig Mittel ... aus der Nutzung seiner Betriebsanlagen (Ateliers, Kopieranstalten und Filmtheater) ... Die von der alliierten und später von der deutschen Gesetzgebung vorgesehene Entflechtung und Reprivatisierung des neu gestärkten UFI-Konzerns zogen sich auf Jahre hin und verhinderten so eine organische Eingliederung in die private Filmwirtschaft" (8).
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Ausführliche Details lesen Sie in unseren UFA Seiten.
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Die AFIFA-Studios Unter den Eichen
Die für die Filmherstellung wichtigsten Komplexe der ehemaligen UFA im Westsektor befinden sich in der amerikanischen Zone: in Tempelhof das Atelier und das Kopierwerk AFIFA (Aktiengesellschaft für Filmfabrikation), in Geiselgasteig bei München die Produktionsanlage Bavaria. Die ebenfalls wichtigen Ateliers Babelsberg und Johannisthal liegen im sowjetischen Sektor.
Die Anlagen in Tempelhof sind nach dem Kriege weitgehend wiederhergestellt worden, die dramatischen politischen Auseinandersetzungen um Berlin in den Jahren 1948/49 verhindern in der Folge allerdings weitere bauliche Maßnahmen: "... weil zur Zeit der Berliner Blockade ein weiterer Ausbau Westberlins als unerwünscht erschien. Die amerikanischen Besatzungsbehörden verlangten stattdessen die Errichtung eines Auffangbetriebes in der amerikanischen Zone. Es wurde daraufhin eine Zweigniederlassung der AFIFA in Wiesbaden auf städtischem Gebiet errichtet" (9).
Curt Oertel und Oberbürgermeisters Redlhammer
Das Engagement des damaligen Wiesbadener Oberbürgermeisters Redlhammer trägt wesentlich zur Standortwahl bei. Auf dessen Einladung hat zu diesem Zeitpunkt bereits der Regisseur Curt Oertel im Biebricher Schloß seine Film-Studiengesellschaft gegründet.
Neben seiner Filmarbeit wird Oertel in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Produzentenverbandes der US-Zone zu einer wichtigen Figur der Filmindustrie Nachkriegsdeutschlands.
Im Februar 1948 lädt Oertel zu koordinierenden Gesprächen zwischen Filmproduzenten der britischen und amerikanischen Zone ein. Der "silberne Tafelaufsatz der Filmwirtschaft", wie Oertel bald genannt wird, hat im März 1947 unter den Auspizien des US-Generals McClure bereits die Statuten einer zukünftigen Freiwilligen Selbstkontrolle ausgearbeitet.
Die Bauten für das Wiesbadener AFIFA-Atelier, das im Gegensatz zur Berliner Dependance von Beginn an auch als Aufnahmestudio vorgesehen ist, beginnen im Januar 1949. Als Standort wählt man das Gelände Unter den Eichen in unmittelbarer Nähe zum Nordfriedhof.
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Wie es "Unter den Eichen" anfing
Das ehemalige Freizeitgelände mit Blick über die Stadt beherbergte ehedem das Ausflugslokal "Cafe Ritter", eine Reithalle, einen Festplatz sowie ein Luft- und Sonnenbad. 1944/45 diente das Gelände als Lager für politische Häftlinge aus Luxemburg, Belgien, Frankreich und den Niederlanden. Dafür wurden zusätzliche Unterkünfte auf dem Gelände errichtet, einige dieser Gebäude, inklusive das "Cafe Ritter", wurden später abgerissen, andere stehen noch heute und sind ins Studiogelände integriert. (10)
Unter den Eichen, von der Stadt Wiesbaden an die UFA-Gesellschaft verpachtet, sollen vier Ateliergebäude und ein Kopierwerk entstehen, letzteres soll mit 60 Räumen das größte seiner Art in Europa werden. (11)
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Die Nova-Film von Karlheinz Stroux und Georg Fiebiger
In Wiesbaden hat bereits 1947 der Theaterregisseur Karlheinz Stroux mit seinem Partner Georg Fiebiger die Nova-Film gegründet. Sitz der Produktionsfirma wird die Wiesbadner Bahnhofstraße 25. Ihr erster Film, DER GROSSE MANDARIN, eine gleichnishafte Geschichte aus dem alten China, die Parallelen zum Nachkriegsdeutschland aufweist, entsteht allerdings nicht wie geplant in Wiesbaden, sondern an verschiedenen Ortschaften an der Lahn.
Ein zweiter Nova-Film, die Goethe-Adaption BEGEGNUNG MIT WERTHER, wird 1949 erscheinen. Drei Jahre später wird die Nova jedoch aufgelöst, ohne einen weiteren Film produziert zu haben.
Die Meteor-Film und Heinrich Jonen
Eine weitaus wichtigere Figur für die Filmszene Wiesbadens wird Heinrich Jonen, ehemals Filmproduzent und später Produktionschef der der UFA angegliederten Berlin-Film.
Im März 1949 erhält Jonen für seine Meteor-Film eine Lizenz und residiert fortan im Haus "Beausite" im Nerotal. Bereits von 1935 bis 1942 hatte Jonen eine Firma gleichen Namens, und wie damals schreibt sich auch die neue Meteor die Produktion des Lustspiels und des dramatischen Kammerspiels aufs Panier. (12)
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1947 - Die Schorcht-Film von Kurt Schorcht
Als einer der ersten Filmverleiher Deutschlands erhält 1947 Kurt Schorcht für seine Wiesbadener Schorcht-Film eine Lizenz.
Mai 1949 - das Filmatelier wird langsam fertig
Bis Mitte Mai 1949 ist Unter den Eichen ein hochmodernes Atelier entstanden: "In den letzten fünf Monaten ist auf diesem Gelände mit einer unwahrscheinlichen Schnelligkeit der Grundstock zu einer neuen Produktionsstätte des deutschen Films geschaffen worden. Durch Umbau der Reithalle hat der junge Wiesbadener Architekt Rolf A. E. Zijfzer ein Filmatelier geschaffen, das in seinen Ausmaßen - 800 Quadratmeter Grundfläche - auch verwöhnten Filmarchitekten genügen wird.
Tonmeister-, Vorführ-, Schneide- und Kleberäume sowie Werkstätten, die alle in Anbauten untergebracht sind und vom Atelier leicht zu erreichen sind, wurden mit den modernsten Apparaturen ausgestattet ... In unmittelbarer Nachbarschaft des ersten fertiggestellten Ateliers ist die große Kopieranstalt der AFIFA im Aufbau.
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Hier beginnen die Träume - bis sie platzten
Das Gebäude, das bei einer Gesamtfläche von 2.000qm vierflügelig in Rechteckform mit einem Innenhof angelegt ist, steht im Rohbau. Anläßlich der Richtfestfeier ... wies der Treuhänder der AFIFA, Direktor Feldes, darauf hin, daß das Filmstudio und die Kopieranstalt Wiesbaden den Abschluß der Vorgeschichte einer Entwicklung bedeuten, die Wiesbaden als eine der bedeutendsten Filmstädte des Westens sehen wird" (13).
Leiter des Ateliers wird Dipl. Ing. Richard Steppacher, der bereits auf 25 Jahre Erfahrung bei der UFA zurückblicken kann und nach dem Kriege im Atelier in Tempelhof beschäftigt war.
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Der erste in Wiesbaden hergestellte Nachkriegsspielfilm
Kaum ist die Atelierhalle 1 des neuen Filmstudios fertiggestellt, beginnen im Mai 1949 die Dreharbeiten zum ersten in Wiesbaden hergestellten Nachkriegsspielfilm: MORDPROZESS DR. JORDAN.
Die Comedia-Film des Schauspielers Heinz Rühmann und des ehemaligen UFA-Mitarbeiters Alf Teichs, die seit Gründung 1947 neben dem Hauptsitz Berlin (später München) auch eine Niederlassung in der Wiesbadener Bahnhofstraße unterhält, verfilmt den authentischen Kriminalfall, der sich 1912 in Wiesbaden ereignet haben soll.
Nach Abschluß der Dreharbeiten zu MORDPROZESS DR. JORDAN soll die Münchner Filmproduktion Merkur mit der DACHBODEN-REVUE nach Wiesbaden kommen. Doch diese Pläne scheitern und das neue Atelier steht zunächst bis zum August 1949 leer.
Erst dann realisiert die Merkur mit WER BIST DU. DEN ICH LIEBE? den zweiten Film in Wiesbaden. Altmeister Geza von Bolvary inszeniert das harmlose Lustspiel um eine junge Frau, die sich in den Schuldner ihres verstorbenen Vaters verliebt.
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Der Hickhack und das Auf und Ab um die Existenz beginnen
Von Beginn an ist die Existenz der Studios in Wiesbaden gefährdet, lassen die Alliierten doch keinen Zweifel an der geplanten Auflösung des UFA-Konzerns. So wird am 7. September 1949 das Gesetz Nr. 24 durch die britische und amerikanische Militärregierung verabschiedet, demzufolge das reichseigene Filmmonopol UFA innerhalb von 18 Monaten durch öffentlichen Verkauf an private Personen oder Unternehmungen aufgelöst werden muß.
Zur UFA-Masse gehört auch das AFIFA-Atelier in Wiesbaden. In der Fachpresse erscheint indiskreterweise schon am 10. Mai 1949 ein Hinweis auf den geplanten Studioverkauf, "um geeigneten Interessenten die Möglichkeit zu geben, zu gegebener Zeit ihr Angebot einzureichen" (14).
Doch die Hoffnung auf den Verkauf des Studios zu diesem Zeitpunkt ist mehr als unrealistisch. In einer Stellungnahme beklagt die Filmindustrie am 10. Mai 1949 die "nicht mehr zu verantwortende Zersplitterung und Fehlleitung öffentlicher Gelder" (15) beim Bau immer neuer Ateliers.
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Das Überangebot an Studios artet aus
Neben Berlin, München, Hamburg, Bendestorf, Wiesbaden, Göttingen, Remagen und Düsseldorf sollen weitere Ateliers in Kassel, Solingen, Wolfrathshausen und Rahlstedt entstehen. Die Regionen erwarten sich von den Studios vor allem die Förderung wirtschaftlicher und kultureller Belange.
Am Tage der Verkündigung des Gesetzes Nr. 24 konstituieren sich Bundestag und Bundesrat. Am 15. September wird Konrad Adenauer zum Bundeskanzler gewählt, fünf Tage später ist bereits das erste Bundeskabinett im Amt.
Die westlichen Alliierten treten nun nicht mehr als Militärregierung in Erscheinung, sondern sind als "Alliierte Hohe Kommission" (AHK) ebenbürtige Partner der Bundesregierung. Das Gesetz Nr. 24 kommt deshalb nie zur Anwendung, stattdessen formuliert nun die AHK am 1. August 1950 das Gesetz Nr. 32, das inhaltlich aber ebenso auf öffentlichen Verkauf des Reichsfilmvermögens an den Meistbietenden abzielt. (16)
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Kreditnehmer Deutscher Film - schliddert in die Krise
Als im September 1949 das AFIFA-Kopierwerk "Unter den Eichen" vor seiner Fertigstellung steht, befindet sich der deutsche Nachkriegsfilm bereits in einer ernsthaften Krise.
Die starke Konkurrenz ausländischer Spielfilme - oft Reprisen aus der Zeit vor 1945, die vom deutschen Publikum nun "nachgeholt" werden - , aber auch die finanziell hoffnungslose Situation der deutschen Produzenten, die Kreditgebern ausgeliefert sind und unter dem langsamen Rückfluß der Gelder zu leiden haben, sind für die Situation verantwortlich.
Die Dezentralisierung der deutschen Filmwirtschaft durch die alliierte Gesetzgebung, die die Machtanhäufung eines Gebildes a la UFA verhindern soll, wirkt sich hier für die im Aufbau befindliche Filmwirtschaft negativ aus, da echte Produktionszentren nicht entstehen können.
In den westlichen Besatzungszonen und Sektoren Berlins sind seit 1945 "rund vierzig Produktionsgesellschaften ... entstanden. Die Mehrzahl von ihnen erwies sich auf die Dauer als nicht lebensfähig" (17).
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Die Politik hatte grenzenlos versagt - fast keine Kredite für Filme
Vor allem die anspruchsvoller Thematik verpflichteten Produzenten wie etwa die Nova-Film bekommen mangels Einspielergebnissen keine Kredite mehr für neue Filme. Als einer der ersten und prominentesten Filmschaffenden ruft deshalb Produzent Alf Teichs nach staatlichen Bürgschaften für die junge deutsche Filmindustrie. (18)
Es geht nicht zuletzt ums nationale Prestige der Filmproduktion im jungen, noch keineswegs souveränen Staat BRD, wie es der Vorsitzende des Ausschusses des Bundestags für Film, Funk und Presse, Dr. Rudolf Vogel, formuliert:
"Wenn es nicht gelingt, in diesem Jahr mindestens 30 deutsche Filme herzustellen, wird der deutsche Markt vollständig in die Hände ausländischer Produzenten und Verleiher übergehen" (19).
Im März 1950 entschließt sich daher der deutsche Bundestag, der Filmwirtschaft die Summe von 20 Millionen DM in Form von Ausfallbürgschaften für Kredite zur Verfügung zu stellen. Bereits kurz zuvor hatte sich das Land Bayern zu einer ähnlichen Hilfsaktion entschlossen. Weitere Bundesländer, in denen sich Produktionsstätten befinden, übernehmen ebenfalls Bürgschaften, um die heimische Filmindustrie zu fördern. Von Anfang 1950 bis Ende 1952 vergibt Bayern insgesamt 31 Millionen DM als Bürgschaften, Hamburg bewilligt 1950 3,5 Millionen, Berlin 5 Millionen DM.
Das Land Hessen agiert bei der Kreditvergabe eher zurückhaltend. Zur Stützung der Ateliers Unter den Eichen gewährt man von 1950 bis 1952 insgesamt 3,3 Millionen DM für 11 Filme. Ab 1953 werden in Hessen Bürgschaften in Höhe von 2.3 Millionen DM für weitere 7 Filme vergeben werden.
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Wiesbaden - Sitz der deutschen Filmverbände
Ende 1949 ist Wiesbaden auf dem Weg zum zentralen Ort der deutschen Filmwirtschaft. Der Arbeitsausschuß der Filmwirtschaft (AdF), aus dem im Dezember die SPIO (Spitzenorganisation der Filmwirtschaft) hervorgeht, wählt das Schloß in Biebrich ebenso zum Sitz wie die Selbstkontrolle der deutschen Filmwirtschaft, die am 18.7.1949 den ersten Film (INTIMITÄTEN) prüft.
Bereits seit Oktober 1948 residiert das Archiv für Filmwissenschaft (später: Deutsches Institut für Filmkunde) im Schloß Biebrich. Der Verband deutscher Filmproduzenten und der Verband der Filmverleiher unterhalten in Wiesbaden ihre Geschäftsstellen.
Unter den Eichen herrscht verhaltener Optimismus. Zahlreiche Produktionen sind im Planungsstadium, zwei weitere Aufnahmehallen und ein Trickatelier sind fertiggestellt: "Die neue Halle, die auf dem Wiesbadener Filmgelände nahezu fertiggestellt ist, bietet dem Besucher ein imposantes Bild. Sie ist unter besonderer Berücksichtigung der Notwendigkeiten der Farbfilm-Herstellung gebaut worden und weist aus diesem Grunde eine in die Augen fallende Höhe auf Außerdem sind mehrfache Arbeitsgalerien eingezogen, die der Aufnahme von Scheinwerferbatterien dienen, die für die Farbfilm-Herstellung in starkem Maße gebraucht werden. Laufkatzen und Flaschenzüge ermöglichen schnellen und reibungslosen Transport und Wechsel der Dekorationen. Die Vervollständigung des Scheinwerferparks wird laufend durchgeführt" (20).
Bis Januar 1950 werden in das Studio Unter den Eichen rund 2 Millionen DM aus Mitteln des UFI-Vermögens investiert. Wiesbaden ist nunmehr hinter Geiselgasteig und Tempelhof hinsichtlich der überdachten Atelierfläche (1.800 qm) das drittgrößte deutsche Atelier. Man verfügt über eine Belegschaft von ca. 115 Mitarbeitern, ein Außengelände von 10.000 qm und eine Produktionskapazität von 8 Spielfilmen pro Jahr.
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1950 - Am Anfang war die Krise
Wie in Geiselgasteig und Tempelhof allerdings können die Möglichkeiten auch bei der AFIFA kaum genutzt werden: erst zwei Filme sind bis dato in Wiesbaden entstanden. So sorgt die Werbefilmherstellung für Leben in den Hallen: für einen aufwendigen PR-Film für Postsparbücher mit dem ehemaligen UFA-Star Mady Rahl beispielsweise entsteht im Studio 1 im Januar 1950 ein komplettes Postamt.
Der freudige Aufschrei "Die Wiesbadener Filmkrise ist überwunden" in der Lokalpresse zur gleichen Zeit anläßlich der Pläne der Meteor-Film, Unter den Eichen den ersten Film WENN EINE FRAU LIEBT (früherer Titel: MELODIE DES HERZENS) zu inszenieren, erweist sich indes als voreilig. (21)
Der Beginn der Dreharbeiten verschiebt sich, bis sich die Stadt Wiesbaden zu einem ungewöhnlichen Schritt entschließt, um die Produktionskrise der AFIFA zu beenden.
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1950 - Erstmalig vergibt die Stadt Wiesbaden eine Bürgschaft
Im März 1950 ist die erste Bürgschaftsaktion für eine deutsche Filmproduktion durch den Bund beschlossene Sache, die tatsächliche Gewährung der Bürgschaften setzt aber erst ab August 1950 ein. Daher vergibt Wiesbaden als erste Stadt Westdeutschlands eine entsprechende Bürgschaft.
Am 23. März 1950 bewilligt die Stadtverordnetenversammlung gegen die Stimmen der KPD und FDP im zweiten Anlauf eine Rückbürgschaft für "WENN EINE FRAU LIEBT" in Höhe von DM 100.000,-, für eine Bürgschaft des Landes Hessen in Höhe von DM 200.000,- und eine Bürgschaft für die Comedia-Produktion CAMORRA in Höhe von DM 175.000,- (ein Film, der dann doch nicht in Wiesbaden entsteht).
Wohl im Hinblick auf die Comedia, die ihren Hauptsitz in Berlin hat, kommentiert Meteor-Chef Jonen: "Es ist Bundesaufgabe, dem Film zu helfen. Es ist ein ungesunder Zustand, daß es heute in Deutschland Städte gibt, die in ihren Lockrufen an die fremden Produzenten so weit gehen, daß sie bis zu 60% Finanzierung anbieten" (22).
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Die Komödie "WENN EINE FRAU LIEBT"
Dank dieser städtischen Hilfe können die Dreharbeiten zur Komödie WENN EINE FRAU LIEBT, einem remake des Films VERSPRICH MIR NICHTS, den Jonens frühere Meteor 1937 gedreht hat, im April 1950 beginnen. Wolfgang Liebeneiner inszeniert die Geschichte eines Malerehepaares, das seinen Sorgen ein Ende bereitet, indem die Frau die Bilder ihres Mannes als die eigenen verkauft. Die Hauptrolle übernimmt der gerade in Frankfurt gastierende Johannes Heesters.
Zur Uraufführung dieses Films in Wiesbaden organisieren die Besitzer des Wiesbadener Thalia-Theaters, Rolf Theile und Siegfried Lubliner, eine Kunstausstellung.
- Anmerkung : Rolf Theile hatte seinen Kinotheater-Betrieb in Frankfurt und betrieb mehrere Kinos in Wiesbaden, Frankfurt und Darmstadt. Als sein Sohn in Wiesbaden auf der Sonnenberger Strasse mit dem Mototrrad tödlich verunglückte verkaufte es von Heute auf Morgen sämtliche Kinos und zog sich zurück.
In den städtischen Hallen vor dem Staatstheater werden Bilder von 40 Wiesbadener Malern ausgestellt: "Jeder Besucher konnte sich anhand eines Stimmzettels dazu äußern, welches Gemälde ihm am besten gefalle ... Für das Bild, das die meisten Stimmen auf sich vereinigte, hatten die Vertreter des Films einen Betrag von DM 500,- gestiftet, mit dem das Bild angekauft und der Stadt Wiesbaden zum Geschenk gemacht werden sollte" (23). Die Aktion wird ein voller Erfolg: nach drei Tagen haben 5.000 Besucher die Ausstellung gesehen.
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Die Ariel-Film von Harry Piel
Der legendäre Harry Piel, seit 1912 Held unzähliger Abenteuer- und Kriminalfilme, siedelt sich Anfang 1950 mit seiner neugegründeten Ariel-Film in Wiesbaden an.
Die Firma residiert im Nerotal 1, tritt aber in der Folge eher als Verleih früherer Piel-Klassiker in Erscheinung und produziert in Wiesbaden nur einen Spielfilm und einige Kurzfilme. Kurzfristig macht die Ariel von sich reden, als sie verkündet, den Verleih ihrer Filme selbst zu übernehmen und damit den Theaterbesitzern günstigere Bedingungen bieten zu können: "Der Plan ist neuartig und wird auch außerhalb Deutschlands einiges Aufsehen erregen " (24).
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Ein Debutfilm DIE TREPPE oder VERFÜHRTE JUGEND
Nach Beendigung der Dreharbeiten zu WENN EINE FRAU LIEBT zieht die Berliner Skala-Film in die AFIFA-Ateliers, um ihren Debutfilm DIE TREPPE (später umgetitelt in VERFÜHRTE JUGEND) zu drehen, den ersten bundesverbürgten Film überhaupt.
Der "eigenwillige deutsche Milieufilm" (25) verbindet die Schilderung der Schicksale verschiedener Mietshausbewohner mit einer spannenden Kriminalhandlung. Produzent Hans von Wolzogen, der fast den gesamten technischen Stab von WENN EINE FRAU LIEBT übernimmt, ist voll des Lobes für das Land Hessen, mit dessen finanzieller Hilfe sich sein Projekt unbürokratisch realisieren ließ: "Was in Berlin Wochen gedauert hätte, gelang hier in wenigen Tagen" (26).
Anläßlich der Feier des einjährigen Bestehens der FSK statten auswärtige Journalisten auch dem AFIFA-Atelier einen Besuch ab und zeigen sich von den technischen Möglichkeiten sehr beeindruckt, vor allem aber vom neuen Trickkran, der bei der Herstellung von DIE TREPPE eine wichtige Rolle spielt. (27)
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DIE TÖDLICHEN TRÄUME später als LIEBESTRAUM betitelt
Unmittelbar im Anschluß an die Dreharbeiten zum Film DIE TREPPE verfilmt die Hamburger Pontus-Film den E.T.A. Hoffmann-Stoff "Der Spieler" im Atelier Unter den Eichen unter dem Titel DIE TÖDLICHEN TRÄUME (später umbenannt in LIEBESTRAUM).
"Die Aufnahmehalle 1 der Wiesbadener Ateliers hat eine seltsame Veränderung erfahren. Wo sich vor Tagen das sehr geschickt gelöste Nebeneinander der Räume des Trödlers Alexis Wilbrand aus Jetztzeit und Vergangenheit aufbaute, hat Architekt Ernst Albrecht die große Halle eines kastilischen Schlosses aus dem Jahre 1680 entstehen lassen ... " (28). Will Quadflieg, Rudolf Forster und Harald Paulsen spielen im "Film der großen Rollen' (29).
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Die Aafa-Film dreht GESETZ OHNE GNADE
Die im Jahre 1950 in Wiesbaden ansässige Aafa-Film dreht im Sommer 1950 zusammen mit der Salzburger Lichtfilm den weitgehend mit Laiendarstellern besetzten GESETZ OHNE GNADE in Tirol und in der Gegend um Berchtesgaden.
Die Hauptrolle eines Seelsorgers, der in einem imaginären, totalitären Staat den Opfertod wählt, spielt der Priester Karl Loven, der in der NS-Zeit tatsächlich Jugendseelsorger war.
Die Aafa-Film siedelt später nach Düsseldorf über und dreht erst 1954 wieder. Der Film wird einer der erfolglosesten des Regisseurs Harald Reinl, der später durch Edgar-Wallace- und Karl-May-Filme populär (und reich) werden wird. (30)
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Im Filmmarkt fangen alle an zu spinnen
Während die deutschen Ateliers zu dieser Zeit verzweifelt um Aufträge kämpfen, erreicht die Zahl der in Deutschland tätigen Produktionsfirmen im Zuge der allmählich greifenden Bürgschaftsaktion am 26. Mai 1950 den Rekordstand von 117.
Auch die Planung neuer Ateliers ist ungebremst und treibt immer neue Blüten: eine weitere deutsche "Filmstadt" soll in Mannheim entstehen. Mit Hilfe des Landes Baden-Württemberg und der ansässigen Industrie sollen Mitarbeiter des ehemaligen Tobis-Konzerns der UFA ein Produktionszentrum aus dem Boden stampfen (31), ein allerdings niemals verwirklichtes Projekt.
Um die deutsche Filmproduktion zu fördern, boxt die Filmwirtschaft im September 1950 eine "Deutsche Filmwoche" durch, während der in allen Theatern Westdeutschlands und Westberlins ausschließlich neue deutsche Produktionen aufgeführt werden sollen. Die Verleiher gewähren einen Leihmietenrabatt, der zusätzlicher Werbung zugute kommen soll. Die Aktion wird als großer Erfolg bezeichnet, doch nicht wiederholt.
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Heinrich Jonen dreht HOCHZEITSNACHT IM PARADIES
Mittlerweile gelingt der Wiesbadener Meteor ein Coup: durch vorzeitigen Verkauf ins Ausland nimmt Heinrich Jonen die Summe von DM 200.000,- an Devisen ein - bis dahin ein Novum in der deutschen Nachkriegsproduktion - und kann so das Projekt HOCHZEITSNACHT IM PARADIES beginnen. Die Operette um einen Revuestar und seine Liebe zu einem bürgerlichen Mädchen ist mit Johannes Heesters und dem Frankfurter Theaterstar Fritz Remond besetzt und hat im August 1950 mit Außendrehs in Venedig Produktionsstart.
Curt Oertels Wahrheit war nicht erwünscht
Während allenthalben darüber nachgedacht wird, wie der deutsche Film gestützt werden könnte, während die Filmwirtschaft in diesem Zusammenhang über eine Kontingentierung nachdenkt und die "Deutschen Filmwochen" durchführt, macht sich Curt Oertel, der SPIO-Ehrenvorsitzende und Präsident der Freiwilligen Selbstkontrolle, unbeliebt, indem er in einem Interview den freien Wettbewerb auch in der Filmindustrie fordert und der Industrie vorwirft, den ausländischen Film mit unlauteren Mitteln vom deutschen Markt verdrängen zu wollen. (32)
Oertel bleibt Ehrenvorsitzender, verliert aber das Amt bei der FSK und wird sich in Zukunft auf seine Arbeit als Regisseur und Produzent konzentrieren. Wie sehr der Nerv der deutschen Filmindustrie getroffen ist, zeigt die Tatsache, daß sich niemand geringeres als Dr. Rudolf Vogel einschaltet und Oertel öffentlich rügt.
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- Anmerkung : Es dauerte Jahrzehnte, bis bei Zeitzeugen- Befragungen der über 90jährigen heraus kam, daß ein paar "übrig Gebliebene" und mit Persilschein entlastete Hintermänner aus den 12 Jahren davor Herrn Oertel abschiessen wollten. Der Hauptgrund war Erfolgs-Neid, weniger die nationale Einstellung.
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Der Film "ENTSCHEIDUNG VOR MORGENGRAUEN" verstört
Auf einen anderen empfindlichen Nerv trifft die amerikanische Centfox-Produktion ENTSCHEIDUNG VOR MORGENGRAUEN, zu dem im Oktober 1950 Außenaufnahmen in Wiesbaden stattfinden. Ein Stab von 200 Mitarbeitern und eine Lastwagenkolonne von 25 Wagen, vollbeladen mit technischem Gerät, hält sich für fast zwei Wochen in Wiesbaden auf: "Auf der rechtsrheinischen Rampe der kürzlich eingeweihten Mainzer Straßenbrücke drehte Regisseur Anatole Litvak die erste Einstellung.
Dem Betrachter bot sich ein ausgesprochen kriegerisches Bild. Vom erhöhten Standort dirigiert der Regisseur mit wohltuender Ruhe und Übersicht halb in englisch, halb in deutsch das wimmelnde feldgraue Geschehen" (33).
Litvak, der vor 1937 in Deutschland und Frankreich drehte, bevor er nach Hollywood ging, inszeniert einen Film, der von den Ereignissen der letzten Kriegstage erzählt. Schon während der Aufnahmen, die auch in bayerischen Städten entstehen, verbreitet sich in Deutschland das Gerücht, der Film diffamiere die Wehrmacht.
Litvak wie auch der Pressechef der Centfox beteuern immer wieder das Gegenteil, zumal ein Bezirksverband des Verbandes bayerischer Filmtheater einen Boykott des Films in Deutschland fordert. Die Dreharbeiten gehen weiter, der Film kommt aber erst 1952 in deutsche Kinos.
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"KARNEVAL IN RIO" wird nie realisiert
Während sich Meteor-Chef Heinrich Jonen in Brasilien aufhält, um als erster deutscher Produzent des Nachkriegsfilms die Möglichkeiten von Coproduktionen zu erkunden (das geplante erste Projekt eines Musicals namens KARNEVAL IN RIO wird allerdings nie realisiert), kommt es am 15. November auf dem Filmgelände "Unter den Eichen" zu einer denkwürdigen Versteigerung zweier Filmkopien aus der UFA-Masse, die von den Alliierten als symbolischer Auftakt der UFA-Entflechtung inszeniert wird.
Vorausgegangen war das bereits erwähnte Gesetz der Alliierten zur Entflechtung und ein am 17. Juni 1950 erfolgter Antrag der Bundesregierung, der auch die Unterstützung der SPIO findet, die Auflösung der UFA in eigene Hände zu nehmen. (34)
Dies lehnt die AHK ab, bietet der Bundesregierung jedoch an, ein deutsches Gremium bei der Auflösung zuzulassen. Die Bundesregierung beantwortete diesen Vorschlag mit einem eigenen Entwurf zur Abwicklung der UFA. Die AHK lehnt erneut ab und initiiert die Versteigerung.
Die Aktion wird zum Reinfall. Neun Filme werden angeboten, lediglich DER GRÜNE DOMINO und INKOGNITO können zum Mindestpreis von DM 5.000,- unter Aufsicht des Notars Dr. Alex Matschke versteigert werden.
"Nachdenklich verließen die Interessenten die Halle. Man erfuhr dazu, daß die Kosten dieser Versteigerung rund DM 45.000,- betragen hatten. Ist die Versteigerung der richtige Weg, um Reprisen an den Mann zu bringen, das fragten sich die Beobachter dieser Aktion. 'Ich kam mir wahrhaftig wie ein Hampelmann vor', grollte Dr. Matschke und packte den Hammer ein. 'Ein Versuchsballon, sagten die Kenner." (35)
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1950 - Monatelang keine Filmdrehs in den Studios
Ende 1950 klagen die Studios in Göttingen und Hamburg (wieder einmal) über Produktionskrisen, und auch Berlin kann seit fast zwei Monaten keine Atelierarbeit verzeichnen.
In Wiesbaden zieht die Filmbranche eine leidlich positive Bilanz. Mit fünf Filmen ist die Maximalauslastung von acht Produktionen zwar nicht erreicht, doch die Meteor gibt im Dezember fünf neue Projekte fürs nächste Jahr bekannt und übernimmt die Federführung in einer Arbeitsgemeinschaft von fünf deutschen Produktionsfirmen, die ihre Kräfte bündeln wollen, um finanzielle und personelle Planungen in Zukunft zu koordinieren.
Hinsichtlich des Geländes Unter den Eichen scheint die drohende AFIFA-Veräußerung im Rahmen der UFI-Liquidation angesichts der endlosen Querelen zwischen Alliierter Hoher Kommission und Regierung in weite Ferne gerückt zu sein.
Einen großen Prestigeverlust muß Wiesbaden allerdings Ende 1950 hinnehmen. Mit dem Verweis auf die Funktion als Zentrum der Filmwirtschaft wird angeregt, ab 1951 Internationale Filmfestspiele in Wiesbaden zu veranstalten. Die Wiesbadener Initiative scheitert ebenso wie Bewerbungen der Städte Travemünde und Köln. Berlin macht das Rennen und veranstaltet seitdem jährlich die Festspiele.
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1951 - Wochenschau als Broterwerb
Seit dem 1.1.1951 besitzt das Wiesbadener AFIFA-Studio neben der Filmproduktion ein wesentlich solideres Standbein: die Wochenschau-Produktion "Blick in die Welt".
Diese privatwirtschaftliche Weiterführung der ehemaligen Wochenschau der französischen Besatzer wird von Colin Reval in Baden-Baden initiiert. Unter der Leitung von Walter Rode und Heinz Salomon arbeiten unzählige Kameraleute und ein großer technischer Stab an Berichten über Neuigkeiten aus aller Welt, um sie zu Kurzprogrammen fürs Kino zusammenzustellen:
"Allwöchentlich schicken sie das mit der Kamera friedfertig 'Geschossene' gen Wiesbaden: stattliche Meterzahlen! Im Monat etwa 10 km belichtetes Filmband mit 40 bis 50 'Sujets', von der hochpolitischen Aufnahme bis zum idyllischen Filmfeuilleton reichend. Rund eine halbe Million Meter im Jahr!... Und die siebentägige Praxis? Jeden Donnerstag dreistündige Redaktionskonferenz für die nächste Woche ... Sonnabend/Sonntag treffen die ersten Reportagen ein, auf ihrer Reise nach Wiesbaden von Station zu Station sorgfältig überwacht. Hinein in die Entwicklung! Ab Montag mittag beginnt der Schnitt, gleichzeitig Belieferung des Auslands mit aktuellem deutschen Material. Dienstag 24 Uhr Redaktionsschluß" (36).
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1950/51 - Harry Piel und "DER TIGER AKBAR"
Um die Jahreswende 1950/51 zieht Harry Piel in die Wiesbadener Studios, um seinen letzten Spielfilm als Regisseur zu realisieren: DER TIGER AKBAR. Für die damalige Rekordbürgschaft von 1 Million DM dreht Piel seine Großproduktion vor allem auch im Zirkus Williamsbau in Köln. Doch "'Der Tiger Akbar' wird nur ein Achtungserfolg.
1952 gelangt Piel in den Besitz des von den sowjetischen Besatzungsbehörden beschlagnahmten Negativs seines Films 'Panik', der von Piel umgeschnitten und ergänzt, 1953 unter dem Titel 'Gesprengte Gitter' uraufgeführt wird. Obschon der Film ein Erfolg an der Kinokasse wird, findet Piel zukünftig ... keinen Anschluß mehr im deutschen Nachkriegsfilm" (37).
Seine Wiesbadener Ariel-Produktion wird 1960 aufgelöst, Piel geht nach München.
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Die Pontus-Film und DIE FRAUEN DES HERRN S..
Nachdem die Berliner Skala-Film aus finanziellen Gründen die GANGSTERPREMIERE nicht in Wiesbaden verwirklichen kann, dreht dort Anfang Februar 1951 die Hamburger Pontus-Film die Verfilmung des Amphitryon-Stoffes DIE FRAUEN DES HERRN S..
Für den Kostümfilm greift man auf den Fundus des Preußischen Staatstheaters zurück, der während des Krieges in einem Salzbergwerk bei Kassel gelagert war und nun 150 Komparsen bekleidet. Die Komödie, die im von vier Siegermächten besetzten Athen des Altertums spielt, enthält so viele aktuelle Anspielungen, daß einige Szenen von der FSK beanstandet werden.
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Die Meteor-Film und die Hamburger Fama
Im Juni 1951 nehmen die Pläne für Coproduktionen der Meteor-Film mit der Hamburger Fama konkrete Formen an. Die Einspielergebnisse von WENN EINE FRAU LIEBT und HOCHZEITSNACHT IM PARADIES entwickeln sich äußerst günstig, so daß Bund und Land Hessen neuen Bürgschaften positiv gegenüberstehen. Geplant sind Staffelbürgschaften, die vier Filme umfassen, mit einem höher verbürgten Risiko als den 35% einer Einzelproduktion.
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Die prekäre Situation der deutschen Filmproduktion
Um auf die prekäre Situation der in deutschen Filmproduktionen Beschäftigten hinzuweisen, findet am 9. August 1951 in den Räumen des Filmateliers in Geiselgasteig eine Notkundgebung statt, an der auch Hessens Filmschaffende teilnehmen.
Unter Hinweis auf mittlerweile 3 Millionen DM verlorener Bürgschaftsgelder zögert beispielsweise das Land Bayern weitere Finanzhilfen für die Filmproduktion hinaus.
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Die Situation in Wiesbaden verschärft sich zusätzlich, als bekannt wird, daß der Meteor-Film HEIDELBERGER ROMANZE nicht wie geplant in der Landeshauptstadt entsteht, sondern im Bendestorfer Atelier der Jungen Film Union.
Im Wiesbadener Arbeitsamt sind bereits rund hundert technische Kräfte angefordert worden, denen nun wieder abgesagt werden muß. Grund: Das Land Hessen lehnt unter Hinweis auf die im Drehbuch vorgefundene unzeitgemäße Verherrlichung von Burschenschaften die Bürgschaft für den Film ab.
Das Land Niedersachsen übernimmt daraufhin die Bürgschaft. Heinrich Jonen betont allerdings, das Atelier Unter den Eichen vom nächsten Film an wieder zum Stammatelier werden zu lassen.
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September 1951 - Die Ateliers Geiselgasteig und Wiesbaden
Ende September 1951 schreibt die "Alliierte Hohe Kommission" (AHK), die nun keinen Aufschub der UFA-Entflechtung mehr dulden will, die Ateliers Geiselgasteig und Wiesbaden zum Verkauf aus. Das Wiesbadener Studio wird mit einem Gesamtbuchwert von DM 2,4 Millionen taxiert. (38)
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- Anmerkung : Die UFA-Entflechtung wurde von einflußreicher Seite in den Westzonen immer wieder hinausgezögert, bis es den Amerikanern zu bunt wurde. Mehr steht ím Bereich "UFA".
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Unter diesem Eindruck, wohl auch noch unter dem Schock der soeben in Wiesbaden inszenierten öffentlichen Versteigerung von Filmkopien an Meistbietende entschließt sich die Bundesregierung im Juni 1951, ein deutsches Gesetz zur Entflechtung auszuarbeiten.
Dieser Entwurf findet die Zustimmung der AHK, nicht jedoch der damit verbundene Vorschlag, mit der Versteigerung zu warten, bis das Gesetz verabschiedet ist. Die AHK beginnt deshalb mit der Ausschreibung der beiden Ateliers, ohne jedoch ernstzunehmende Interessenten anzuziehen.
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1953 "Gesetz zur Abwicklung und Entflechtung der UFA" - Lex UFI
Erst im Dezember 1951 liegt ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, der den Segen der AHK erhält. Im Januar 1952 wird der Entwurf im Bundestag eingebracht und am 18. Juli 1952 verabschiedet.
Nach kleineren Beanstandungen durch den Bundesrat tritt schließlich am 5. Juni 1953 das "Gesetz zur Abwicklung und Entflechtung des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens" (kurz: Lex UFI) in Kraft. Damit ist der Bund nunmehr der rechtliche Nachfolger des ehemaligen reichsmittelbaren Filmvermögens. (39)
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DAS LETZTE REZEPT der Meteor-Film
Das seit Herbst 1950 geplante Projekt DAS LETZTE REZEPT der Meteor-Film geht nach Außenaufnahmen in Salzburg im Oktober 1951 in die Wiesbadener Ateliers: 'Wir sind spät im Jahr', meinte Produzent Dr. Jonen, der Grund ist das ewige Hin und Her wegen der Bürgschaft (40).
Mit großer Besetzung inszeniert Rolf Hansen die Geschichte um einen Mann zwischen zwei Frauen. Es entsteht ein "Melodram voll scheußlicher Abgründe und nobelster Gesinnungen, verziert durch Jedermann-Gewissensappelle " (41).
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Immer mehr Probleme mit den Bürgschaften der öffentlichen Hand
Mittlerweile zeigt sich, daß die Bürgschaften der öffentlichen Hand aufgrund der Verluste immer schwerer zu rechtfertigen sind. Daher zeigt sich z.B. Bayern bei der Mittelvergabe als nicht mehr so großzügig.
Entsprechende Zusagen werden nur noch gegeben, "wenn größtmögliche Gewähr dafür besteht, daß mit der Übernahme der Bürgschaft ein Werk gefördert wird, das nicht aus allgemeinen Rücksichten abzulehnen ist und daß die Gefahr einer Inanspruchnahme so gering als möglich ist" (42).
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Die Coproduktion DAS BANKETT DER SCHMUGGLER
Im Oktober 1951 entsteht als erster Film unter Protektorat der europäischen Union die Coproduktion DAS BANKETT DER SCHMUGGLER der Frankfurter E-Film und der Brüsseler Teve im AFIFA-Atelier.
Wenig später dreht Regisseur Paul Verhoeven die Außenaufnahmen zu EIN GANZ GROSSES KIND in Wiesbaden. Der Werbekulturfilm IM RHYTHMUS DER ZEIT, der im Oktober 1951 in der Kirchgasse und der Friedrichstraße entsteht, präsentiert keine Stars, sondern Wiesbadener Bürger. Die Hamburger Schrader-Film dreht diesen Film über Wiesbadens Aufschwung nach dem Kriege als bisher 18. Folge einer Städteserie.
Keinen Aufschwung verrät die Bilanz "Unter den Eichen" fürs Jahr 1951: ganze vier Filme statt möglicher acht wurden realisiert. Immerhin verfügt man über eine weiter verbesserte technische Anlage.
Ein Kopierwerk ist fertiggestellt und durch die Arbeit an "Blick in die Welt" weitgehend ausgelastet. Zwei Synchronstudios stehen vor der Vollendung, geplant sind eine Schmalfilmabteilung und eine Farbfilmentwicklung. (43)
Schwindende Kreativität aufgrund der Abhängigkeit von Bürgschaften
Dennoch: trotz Bürgschaften und technischem know-how stagniert die deutsche Filmproduktion, da vor allem die amerikanische Konkurrenz professioneller und effektiver arbeitet und die deutschen Produzenten, auch aufgrund der Abhängigkeit von Bürgschaften, kaum Originelles zustandebringen.
1952 - Zweimal Luther und Industriefilme
Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard verkündet im Januar 1952 auf eine Anfrage von Erich Mende, daß bisher ein effektiver Bürgschaftsverlust von DM 600.000,- entstanden sei.
Insgesamt wurden bis zu diesem Zeitpunkt 62 Spiel-und Kurzfilme mit Hilfe von Bürgschaften produziert. Am 23. Januar empfängt Minister Ludwig Erhard Heinrich Jonen, um die deutsche Filmkrise und in Zusammenhang damit die Exportmöglichkeiten für deutsche Produktionen zu erörtern.
Bei seinen Bemühungen in dieser Richtung erhält Jonen von Erhard die Zusicherung weitreichender Unterstützung. Jonens im Anschluß daran geführte Gespräche mit Vertretern italienischer Filmfirmen in Rom geraten aber schnell ins Stocken, als von italienischer Seite Schutzmaßnahmen der deutschen Regierung für zu entstehende Coproduktionen auf dem deutschen Markt gefordert werden. (44)
Curt Oertel bereitet einen Film über Martin Luther vor
Bereits 1937 begann Curt Oertel mit den Vorbereitungen zu einem Film über Martin Luther, der erst Anfang 1952 verwirklicht werden kann. Nach Aufnahmen in Worms, Coburg, Würzburg und an anderen historischen Stätten beginnt im Februar im Schloß Biebrich der Rohschnitt zum Dokumentarfilm DER GEHORSAME REBELL unter Beratung des damaligen evangelischen Filmbeauftragten Werner Hess, der später Intendant des Hessischen Rundfunks werden wird. Festliche Uraufführung hat der Luther-Film beim Lutherischen Weltbund-Kongress in Hannover am 27. Juli 1952.
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1952 - die Arbeitslosigkeit der Filmschaffenden
Angesichts leerstehender Ateliers droht den Filmschaffenden in Deutschland immer häufiger die Arbeitslosigkeit. In Hamburg treffen sich am 6. April Vertreter aller Filmsparten zu einer Protestkundgebung, in der die extrem hohe Besteuerung der Filmwirtschaft und die inkonsequente, schleppende Vergabe der Bürgschaften beklagt werden.
Beschlossen wird die Gründung der Dachorganisation der Filmschaffenden in Deutschland e.V.
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Hoffnung aus Auslastung durch Filmsynchronisation
Unter den Eichen verfügt man seit Mai 1952 über eine neue Abteilung, die, zusammen mit der Wochenschau, auch in spielfilmlosen Zeiten für schwarze Zahlen sorgen soll: die Filmsynchronisation.
Der erste bearbeitete Film ist die italienische Produktion EINER WAR ZUVIEL, in dem auch ein Schauspieler des Wiesbadener Theaterensembles spricht, der später zum Star werden wird: Claus Biederstaedt.
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Von Struve dreht den Film MEINE FRAU MACHT DUMMHEITEN
Mit der Viktor-von-Struve-Filmproduktion in der Tennelbachstraße 73 gründet sich Anfang 1952 eine weitere Produktionsfirma in Wiesbaden.
Von Struve, der bereits als Produktionsleiter bei MORDPROZESS DR. JORDAN fungierte, war in den dreißiger und vierziger Jahren Produktionsassistent und -leiter bei verschiedenen UFA-Töchtern und betreute u.a. VIKTOR UND VIKTORIA und DIE FLEDERMAUS.
Der erste Film eigener Produktion wird die Verwechslungskomödie MEINE FRAU MACHT DUMMHEITEN, die aber nicht in Wiesbaden, sondern in den Göttinger Ateliers entsteht und im April 1952 zur Aufführung kommt.
In einem späteren Interview reagiert er auf die Fragen nach seinem Erstling fast peinlich berührt: "Er ... winkt ab. Er hat einen Publikumsfilm gemacht, der sein Geld gebracht hat. Mehr nicht. Er wird vielleicht noch ein paar machen müssen, die nur wenig mit der 'von-Struve-Linie' gemein haben " (45). Erst zwei Jahre später wird von Struve seinen nächsten Film produzieren können.
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1952 geht endlich weiter - nach einer Pause von 30 Wochen
Nach einer Pause von 30 Wochen und sechs Tagen beginnen Mitte Juni die Dreharbeiten zur ersten Wiesbadener Spielfilmproduktion des Jahres 1952: FRITZ UND FRIEDERIKE. Das harmlose Militärlustspiel ("Die story ... hat sich einige geistige Massage gefallen lassen müssen, ehe der Segen der Bundes- und Landesbürgschaft über ihr ausgegossen wurde " (46)), das für Außenaufnahmen übrigens auch auf den diskreten Kommiß-Charme des ehemaligen Kasernengeländes der Mainzer Universität zurückgreift, ist ein Streich des Gespanns Meteor/Fama und kann in nur acht Wochen über eine Million Besucher verbuchen.
Juni 1952 - die Comedia-Filmgesellschaft macht Pleite
Konkurs anmelden muß dagegen Heinz Rühmanns Comedia-Filmgesellschaft, deren Wiesbadener Zweigniederlassung im Juni 1952 schließt. Man habe die falschen Filme zur falschen Zeit gedreht, erinnert sich der Schauspieler später, dem man angeblich noch bis 1959 jeweils die Hälfte seiner Gagen als Schauspieler pfändet.
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Der "Rheinfilm" ist immer noch Garant für volle Kinokassen
Die Münchner Trianon beginnt am 25. Juli 1952 in Wiesbaden mit den Dreharbeiten zum Film EINMAL AM RHEIN, einem "rheinischen" Lustspiel, das seinen Titel einem Kölner Stimmungslied verdankt. Der volkstümliche, unoriginelle Heimatfilm, der auch Außenaufnahmen von Eltville, Aßmannshausen und Rüdesheim enthält, wird völlig ohne Bürgschaften finanziert. Ein Indiz, daß der "Rheinfilm" immer noch Garant für volle Kinokassen ist.
Der Monumentalfilm MARTIN LUTHER
Das gleiche Ambiente ist auch für die nächste Wiesbadener Produktion gefragt: den Monumentalfilm MARTIN LUTHER über das Leben des Religionsstifters. Die eigens gegründete Stuttgarter Luther-Film GmbH realisiert das Projekt zusammen mit der New Yorker Lutheran Church Productions und wählt die Abtei Eberbach zum Hauptdrehort des Films.
Auch die Taunuslandschaft um Wiesbaden, die Städte Rothenburg und Regensburg und das Kloster Maulbronn kommen zu Ehren. "Zwischendurch wurden im Wiesbadener Atelier der Komplex 'Reichstag zu Worms' mit dem denkwürdigen Wort 'Hier steh' ich und kann nicht anders!' und kleinere im Vatikan und am Hof des Mainzer Erzbischofs spielende Szenen abgedreht. " (47)
Der eigens für die Dreharbeiten angeschaffte Drehkran - heutzutage übrigens im Foyer der Taunus-Filmgesellschaft zu besichtigen - findet größte Bewunderung: "'So etwas hat man in Deutschland noch nicht gesehen', sagt die 'Bühne', wenn sie von der neuen Eclair-Kamera des französischen Chefkameramannes Josef Brun und dem beweglichen, Zeit und Geld sparenden Trickkran spricht, den die AFIFA jüngst bei Vinten in London gekauft hat" (48).
Als Lohn für die aufwendigen Filmbauten in MARTIN LUTHER dürfen sich die Beteiligten über eine Oscar-Nominierung freuen.
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KÄPT'N BAY-BAY mit Hans Albers
Die Meteor-Produktion KÄPT'N BAY-BAY mit Hans Albers in der Hauptrolle beginnt im November 1952 bei den Außendrehs im Hafen von Ischia mit einer mittleren Katastrophe: Das gecharterte Segelschiff läuft mit der gesamten Besatzung inklusive Regisseur Helmut Käutner an Bord auf Grund.
Viel wohler fühlt sich Hans Albers dann doch laut Pressebericht im Wiesbadener Studio-Wasser: "In der Mitte des Ateliers ist ein Wasserbecken mit einer Seerose. Einer der Herren geht auf den Käpt'n zu und macht eine drohende Miene ... Eine kurze Bewegung des Käpt'n, ein energischer Stoß vor die Brust und der Angreifer liegt im Wasser ... Hans Albers steht im Atelier wie eh und je, seine Augen blitzen und der Miene nach zu schließen wird er noch mit viel dunkleren Existenzen fertig als es hier sein muß" (49).
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1952 - ICH HAB MEIN HERZ IN HEIDELBERG VERLOREN
Heiter und beschwingt dagegen gibt sich ICH HAB MEIN HERZ IN HEIDELBERG VERLOREN, für den die Hamburger Pontus-Film im Herbst 1952 den Rheingau und die Gegend um Wiesbaden und Idstein als Kulisse entdeckt: "Sommersonne und weiße Wolkenbänke gössen verschwenderisches Licht über die Taunusberge. In der Ferne fing sich der Blick an dem hochragenden Feldberg ... Diese Sonne, dieser Himmel, diese atmosphärische Leichtigkeit... " (50) ist genau das, was sich der "Heidelberg-Experte" des deutsche Films, Regisseur Ernst Neubach, für sein neuestes Epos wünscht.
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1952 - die Trans-Rhein-Film in Wiesbaden
Im September 1952 gründet sich die Produktionsfirma Trans-Rhein-Film in Wiesbaden. Inhaber sind Stuart Schulberg, Sohn des früheren Produktionschefs der Paramount, und Freiherr von Goldschmidt, Direktor der Madeleine-Films in Paris.
Sitz der Firma ist Unter den Eichen. Geplant sind neben der Produktion von Spiel-und Kurzfilmen auch Fernsehfilme für den Export, da die beiden Gründer über enge Kontakte auch nach Italien und den USA verfügen. Inhaltlich widmet sich die Trans-Rhein in ihren Spielfilmen vor allem völkerverbindenden Themen.
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Bayern muß 15 Millionen DM als Verlust abgeschreiben
Ein Fazit der Bürgschaftsaktionen des Landes Bayern Ende 1952 fällt ernüchternd aus: von den 27,4 Millionen DM, die vom Land von 1950 bis Ende September 1952 für 54 Filme gewährt wurden, müssen 15 Millionen DM als Verlust abgeschrieben werden. Der Landtagsausschuß stellt fest, daß der frühere Filmbeirat "leichtfertig an oberfaule Kunden Kredite gegeben und damit Steuergelder verwurstelt und Millionen verbuttert" (51) habe.
Die Bilanz in Hessen ist in jeder Hinsicht bescheidener. Von 1950 bis 1952 wurden für 11 Filme 3,3 Millionen DM Bürgschaften gewährt, die Verluste betragen bis dato 1,15 Millionen DM.
Die sogenannte erste Bürgschaftsaktion des Bundes endet Anfang 1953. Die vorläufige Bilanz: insgesamt 77 Spielfilme wurden unterstützt, davon 15 in Berlin, 39 im norddeutschen Raum (Hamburg, Bendestorf und Göttingen), 9 in München und 10 in Wiesbaden.
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1952 - Das Ende der UFA nimmt Gestalt an
Im November 1952 entwirft Bonn Pläne zur konkreten Abwicklung der Privatisierung des UFA-Komplexes, die auch für Wiesbaden Bedeutung hat. Zunächst ist beabsichtigt, die AFIFA-Gruppe (Tempelhof und Wiesbaden) als eine Studioeinheit zu betrachten und an einen Käufer zu veräußern.
Neben Synchronisation und Wochenschauen sieht die AFIFA angesichts der stagnierenden Spielfilmproduktion in der Herstellung von Auftragsfilmen eine Möglichkeit, die Ateliers auszulasten.
Dem trägt eine Werbeaktion Rechnung, die im April 1953 in Stuttgart stattfindet. Man lädt zu einer Schau der neuesten, soeben fertiggestellten Industrie- und Werbefilme, die Beispiele modernster Filmtechniken zeigt wie Schicht- und Röntgenfotografie, Zeitraffer und Zeitlupe. Außerdem stellt Produktionsleiter Nicholas Kaufmann in einem Vortrag Beispiele verschiedener Farbsysteme vor.
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