Über die Blütezeit der Filmstadt Wiesbaden
Unter dem Titel "Rote Rosen und weißer Flieder" wurde 1995 eine begleitende "Retro"-Broschüre aus der Vergangenheit und der kurzen Episode Wiesbadens als Filmstadt erstellt. Eigentlich als Katalog zu einer Ausstellung gedacht, werden doch viele Tatsachen, Einzelheiten und Vorkommnisse der Wiesbadener Studios, der damals in Wiesbaden gedrehten Filmen und von den Wiesbadener Kinos bis Anfang der 1970er aufgezählt. Hier geht es zum Anfang.
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Vorwort von Matthias Knop / Harald Schleicher
Das Attribut Filmstadt wird in Zusammenhang mit Wiesbaden meist in Anführungszeichen verwendet: die leise Ironie zeugt von der Kurzlebigkeit der hochfliegenden Pläne, Wiesbaden nach dem Zweiten Weltkrieg zum Zentrum der westdeutschen Filmproduktion machen zu wollen.
Daß diese Pläne fehlschlugen und das AFIFA-Filmstudio "Unter den Eichen" nach knapp neun Jahren 1958 die Spielfilmproduktion nahezu einstellte, kann allerdings nur im Zusammenhang mit der Entwicklung des deutschen Films nach 1945 gesehen und beurteilt werden.
Das ehemalige AFIFA-Studio, 1949 als Teil der "alten" UFA gegründet und 1959 von Karl Schulz (der übrigens 1995 ebenfalls 100-jährigen Geburtstag gefeiert hätte) gekauft und in Taunus-Film umbenannt, ist heute das größte private Dienstleistungszentrum für Film- und Fernsehproduktionen im Rhein-Main-Gebiet.
Im Zuge der Einrichtung des AFIFA-Studios zogen nach dem Kriege nahezu alle namhaften filmwirtschaftlichen Verbände nach Wiesbaden, wo sie bis heute ihren Sitz haben.
Mit den Archiven der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung und des Deutschen Instituts für Filmkunde und ihren historischen Filmbeständen verfügt Wiesbaden ferner über ein umfassendes "Filmgedächtnis".
Trotz aller Versäumnisse und Krisen bleibt also die Diskussion um die Möglichkeit des Ausbaus des Medienstandortes Wiesbaden/Rhein-Main aktuell.
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Jetzt ein Wort zur Ausstellung
Die Ausstellung "Rote Rosen - weißer Flieder" im Museum Wiesbaden nimmt den hundertjährigen Geburtstag des Mediums Film zum Anlaß, diese Diskussion wieder anzuregen. Die hier vorliegende begleitende Publikation bildet dazu eine Grundlage, indem sie die Historie des Films in Wiesbaden aufzeichnet.
Im Mittelpunkt steht die wechselhafte Geschichte des Studios "Unter den Eichen", erst Produktionsstätte von 1950er-Jahre- Kassenhits wie "WENN DER WEISSE FLIEDER WIEDER BLÜHT" und "ROSEN-RESLI", danach Entstehungsort zahlreicher TV-Klassiker.
In einem Exkurs wird außerdem die Frühgeschichte von Kino und Film in der "Weltkurstadt" skizziert. Der Initiator der Konzentration filmwirtschaftlicher Verbände in Wiesbaden, Curt Oertel, wird ebenso portraitiert wie die Verbände und Institutionen selbst, die seit Jahrzehnten (von vielen leider unbemerkt) in Wiesbaden tätig sind.
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"Akademie für Bühne, Film und Rundfunk"
Kurios mutet die kurze Geschichte der "Akademie für Bühne, Film und Rundfunk" an, kompliziert vollzog sich die Konzentration der Filmfachpresse in Wiesbaden.
Einige sowohl in positiver wie auch in negativer Weise herausragende, letztlich zeittypische Spielfilme Wiesbadener Produktion werden vorgestellt und damit der "Wiederentdeckung" preisgegeben, eine Chronik der Ereignisse rund um den Aufenthalt berühmter Filmstars in Wiesbaden zeigt, mit welch (oft unfreiwillig absurdem) Starrummel die Leinwandhelden der fünfziger Jahre konfrontiert waren.
Eine abschließende aktuelle Bestandsaufnahme filmischer Aktivitäten in Wiesbaden zeigt auf, welche Voraussetzungen die Stadt als Medienstandort bietet.
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Unsere Unterstützer
Die Recherchen für die Ausstellung und den Katalog sind maßgeblich von folgenden Institutionen unterstützt worden, denen unser Dank gilt: die Hessische Landesbibliothek Wiesbaden, das Archiv des Wiesbadener Tagblatts (namentlich Frau Pietsch), das Deutsche Institut für Filmkunde in Frankfurt, die Taunus-Film, die Fred-Dengel-Filmproduktion, die Neue Filmproduktion (NFP), Archive des ZDF, das Archiv des Hessischen Rundfunks, Archiv O. F. Herber (bzw. der in 2010 "aufgelöste" Fernsehmuseums-Verein), die Statistische Abteilung der SPIO, die Taurus-Film in Ismaning und die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung.
Anregungen und Unterstützung erfuhren wir durch Martin Loiperdinger, Horst Goschke, Heide Kaiser, Horst Klös, Brigitte und Bernt Rhotert, Günther Schmidt, Hildegard Schulz, Astrid Pohl und durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Museums Wiesbaden.
Last not least ein herzliches Dankeschön an die Landeshauptstadt Wiesbaden, das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst, die Taunus-Film, die Verwertungsgesellschaft Film und die Stiftung der Nassauischen Sparkasse, die das Vorhaben förderten.
Matthias Knop / Harald Schleicher
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