Will Tremper - "Große Klappe" - Meine Filmjahre (aus 1997/98)
Wie damals in Deutschland die Filme "gemacht" wurden und was nicht in den Filmheftchen und auf den Filmplakaten geschrieben stand. Auch vom Weg von der Ideenfindung über das Drehbuch bis zum ersten Drehtag wird viel aus der Schule geplaudert. Und sebstverständlich kommen bei Will Tremper auch die Filmsternchen - auch die männlichen - nicht zu kurz. Die erste Seite beginnt hier .....
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Mein aktiver Einstieg ins Filmgeschäft war für mich im Nachhinein betrachtet - deprimierend
Ich hatte in der Presse soviel Wind um meinen ersten Film gemacht, daß die Verleiher, wie es so schön heißt, Schlange standen, als er endlich fertig war. Mir aber brummte der Kopf. Ich hätte stolz und glücklich sein müssen, war aber eher deprimiert über meinen aktiven Einstieg ins Filmgeschäft.
Es ist schon ein Unterschied, ein gewaltiger, ob man sich als Regisseur von einer großen Firma engagieren läßt, ein fertiges Drehbuch und rundum gesicherte Arbeitsverhältnisse vorfindet, nach dem letzten Drehtag die letzte Rate in die Tasche steckt und, wie in Hollywood, seinen Agenten fragt: »Was machen wir als nächstes?«
Oder ob man, ohne Drehbuch, einem wahllos zusammengewürfelten Stab beibringen muß, daß man auch Regie führen kann. Und ob man auch Produzent spielen muß und eine täglich schwerer wiegende Verantwortung auf den Schultern spürt, die nach Drehschluß nicht um ein Gramm leichter geworden ist.
Denn nach Drehschluß und Musikaufnahmen erwartete mich der Schneideraum, den Karchow bei Artur Brauners CCC-Film angemietet hatte.
»Ei warum? - Ei darum .«
Und es erwartete mich eine noch ganz fesch aussehende Cutterin namens Esther Ulivelli samt ihrem Assistenten und Liebhaber, einem jungen französischen Kameramann namens Dayan, der angeblich das Schneideraum-Metier beherrschte.
Mit diesen beiden begann der ganze Zores, der sich bei den Dreharbeiten um den Neuling Tremper abgespielt hatte, von neuem.
Madame Ulivelli hatte nicht damit gerechnet, daß der Drehbuchautor, Regisseur und Produzent ihr nun auch noch sagen wollte, wie der Film geschnitten werden müßte. Es gab Streitigkeiten von der ersten Stunde an, die nicht besser wurden, als die Dame auf ihre ständige Frage, warum ich eine Szene so und nicht anders geschnitten haben wollte, schließlich nur noch zur Antwort bekam: »Darum!«
Ich war so naiv zu glauben, daß ich auf diese Weise mit ihr über die Runden kommen würde, schreckte einfach vor der Möglichkeit zurück, mit einer anderen Cutterin noch einmal ganz von vorn zu beginnen.
Ich erkannte nicht, wie sehr Madame sich durch meine autoritären Anweisungen vor ihrem jungen Liebhaber gedemütigt fühlen mußte.
Dieser Knabe rächte sie für das Ungemach, das ich ihr zufügte, indem er zahllose Geräusch-, Musik- und Sprachbänder, die am Ende zu einem Filmband zusammengemischt werden müssen, höchst ungenau vorbereitete. Hätte ich nicht einen ganz vorzüglichen Tonmeister gehabt, den jungen Toningenieur Hans-Dieter Schwarz, der mir zum Glück auch bei meinen nächsten Filmen zur Verfügung stand, wäre ich gnadenlos eingebrochen.
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Ja, die Anzahl der unvermutet auftauchenden Schwierigkeiten
Na ja, auch das ging zu Ende. Ich erwähne es überhaupt nur, und ich sage es noch einmal, um die Anzahl der unvermutet auftauchenden Schwierigkeiten zu betonen, die in keinem Lehrplan von Filmhochschulen enthalten sind.
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Celia, meine einzige Stütze, war ein Schatz
Auf dem Höhepunkt all der Unerfreulichkeiten, bei der besonders komplizierten Mischung des Schlußaktes, geschah dann aber auch etwas Erfreuliches: Celia, meine einzige Stütze, stand am Mischpult hinter mir, legte die Hände auf meine Schultern und verlangte »Hundert Mark, bitte!« Wofür? »Für die roten Rosen, die ich deiner Frau vor einer Stunde ins Eppendorfer Krankenhaus in Hamburg geschickt habe - du hast einen Sohn bekommen!«
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Jetzt war ich Vater von 2 Kindern
Das war Philip, der elf Monate nach der Geburt meiner Tochter Tina-Louise zur Welt kam. Im Schlamm des Schilfwaldes an der Havel hatte meine Frau Karin mich mit einem dicken Bauch noch besucht, und dann hatten wir uns nicht mehr gesehen.
Ich flog natürlich gleich nach Hamburg - mit dem Wagen über die Bundesstraße 5 traute ich mich, wegen meines antikommunistischen DDR-Films, nicht mehr - und ließ mich in der Stern-Redaktion feiern: »Einen Sohn und einen fertigen Film! Wenn das nichts ist!« rief Henri Nannen.
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Nannen wurde aufgeklärt, wer die Fortsetzungen schrieb
»Wann ist denn mit Ihnen wieder zu rechnen?« Im Stern lief immer noch die Serie »Deutschland, deine Stimmchen« unter meinem Kriegsnamen Petronius, und Nannen staunte, daß er die einzelnen Folgen schon drei Tage vor dem Ablieferungstermin bekam - bis ich mir ein Herz faßte und ihn aufklärte:
»Von dieser Serie habe ich nur die ersten beiden Folgen geschrieben. Als ich mich mit dem Film beschäftigen mußte, habe ich meinen Freund Dieter Bochow weiterschreiben lassen. War doch gut, oder?« Er sah mich an, schüttelte den Kopf und ging wortlos hinaus. Ich weiß bis heute nicht, ob Nannen wirklich Humor hatte.
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Jetzt waren die Verleiher am Zug
Im Vorführraum von Horst Wendlandt, der seine RIALTO-Film noch in der Hardenbergstraße betrieb, haben sich die Verleiher die erste Kopie von "Flucht nach Berlin" angesehen, das heißt, auf die ganzen Veröffentlichungen hin hatten sich die deutsche MGM und die UFA-Film-Hansa in Hamburg gemeldet, die Constantin und der Europa-Verleih und ein ganz neuer, der FTR hieß und von tausend deutschen Kinobesitzern getragen wurde.
»Mann«, sagte Heinz Dietrich, der Chef des Europa-Verleihs, am Telefon, »eben noch haben wir dich wegen deiner Stern-Serie auf die schwarze Liste gesetzt, ein interner SPIO-Beschluß (SPIO, das ist die Abkürzung für die Spitzenorganisation der Deutschen Filmwirtschaft in Wiesbaden, also die Standesvertretung der Produzenten, Verleiher und Kinobesitzer) und jetzt gehst du hin und drehst selbst einen Film, von dem alle Welt redet! Du bist mir vielleicht ein Früchtchen! Was brauchst du für eine Garantie, mein Junge?«
»Eine halbe Million«, anwortete ich. »Top!« sagte Dietrich, »das ist gelaufen. Ich komm morgen früh nach Berlin, mach mir eine Vorführung bei Knapp!« Eigentlich hätte ich lieber die Metro-Goldwyn-Mayer im Vorspann meines ersten Films gesehen, ist ja klar.
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Das Angebot der Constantin war mir sympathischer
Aber am Nachmittag kündigten sich bereits zwei Besucher von Constantin an, Weidner, der Pressechef, und Theo Hinz, so eine Art Wunderknabe des Verleihs. Die verrieten während der Vorführung mit keinem Seufzer, wie ihnen der Film gefiel, aber als es hell wurde in Wendlandts Saal, flüsterten sie am Telefon kurz mit Constantin-Boß Waldfried Barthel, dem »Konsul«, in München und bereiteten ihr Angebot: 40.000 in bar und elf Wechsel zu 40.000, insgesamt also knapp 500.000 DM.
Ich wollte eigentlich auf Dietrich warten, aber der bullige Hinz gefiel mir, und ich schlug ein: »Top!« Am Abend konnte ich mich zu meiner Intuition beglückwünschen: Heinz Dietrich sagte ab, der Inhaber des Europa-Verleihs, Walter Koppel, ein »Opfer des Faschismus«, wollte keinen »antikommunistischen Film« in seinem Verleih haben, stand der KP noch nahe.
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Michael Schwabacher - mein Schweizer Finanzier
Mein Schweizer Finanzier hätte jubeln können. Ich werde nie sein Gesicht vergessen, als er mich in den CCC-Studios besuchte und den schwarzen Karton in meiner Hand musterte, um die erste von Geyer gelieferte Kopie als erster anzuschauen; sein Gesicht wurde lang und länger:
Das war alles, was er für sein Geld bekam? Einen mit einem Strick umwickelten Karton mit elf Filmbüchsen drin, die ich eigenhändig vom Schneide- zum Vorführraum über den Hof schleppte? Auch Michael Schwabacher mußte das Filmgeschäft erst kennenlernen. Er hat danach nie wieder einen Film finanziert.
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"Flucht nach Berlin" wurde ein Flop - trotz der Lobeshymnen
Denn Flucht nach Berlin wurde, trotz der sagenhaften Kritiken, ein Flop. Ausgerechnet die Million nach Westdeutschland geflüchteter Ostdeutscher wollten offenbar an nichts mehr erinnert werden, was mit der DDR zu tun hatte, wollten sich so schnell wie möglich akklimatisieren und so tun, als ob sie schon immer »Wessis« gewesen wären. Und die echten »Wessis« waren schon überhaupt nicht am Schicksal ihrer »Brüder und Schwestern« interessiert.
Constantin hatte in Hannovers bestem und größtem Kino die Uraufführung organisiert und der Saal war proppevoll am Premierenabend, die geladenen Gäste gingen großartig mit und überschütteten mich anschließend mit Komplimenten.
In der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung hieß es am nächsten Morgen: »Ein Film, der wie ein Lichtstrahl auf die deutsche Filmwirtschaft fällt ....« Auf die » .... wirtschaft« schrieb Gert Schulte, der Starkritiker, und bewies damit seine Ahnungslosigkeit.
» .... ein Film ....« lobte die Bild-Zeitung, »der sich nahezu von allen in den letzten zehn Jahren gedrehten bundesdeutschen Streifen unterscheidet« und nannte entrüstet eine Zahl: »Das sind 1200 Stück!« Die Berliner BZ überschlug sich geradezu und schlagzeilte: »Dieser Film ist eine Bombe!«
Die Münchner Abendzeitung erklärte ihren Lesern: »Die immense Wirkung des hervorragend fotografierten (!) Films liegt in seinem realistischen Elan, in seiner Unmittelbarkeit. Fazit: Ins Schwarze getroffen!«
Und in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schrieb Martin Ruppert :
»Der Film ist, was sich zweifellos aus seinem >Sujet< ergibt, eine Mischung aus Kolportage und Kunst, eine Konfrontation zweier Systeme, bei der bisweilen die boshafte Ironie des Autors die härtere Wirklichkeit überspielt, aber er ist kühn, eindrucksvoll und im Grunde menschlich. Seiner Form und seinem Inhalt nach gehört er zu den mutigsten Werken der deutschen Nachkriegsproduktion .«
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Die Ernüchterung folgte auf dem Fuß
Hätte mir nicht der Konsul Barthel von der Constantin bereits am nächsten Abend mitgeteilt, daß er soeben die Kassenergebnisse der 18.00 Uhr-Vorstellung aus gut 200 Kinos erfahren habe und von dem Film »wegrudern« werde - ich hätte mich nach Lektüre der Kritiken besoffen, wäre Hochrad um mich selbst gefahren.
So aber fühlte ich mich jäh ernüchtert und bot dem Konsul wütend an, ihm seine Wechsel zurückzugeben und mir einen anderen, besseren Verleih zu suchen, doch da spielte mein Schweizer Partner nicht mit.
Mir war klar, was passieren würde: Der Verleih, der meinen Film nur gekauft hatte, weil ihm ein anderes Projekt geplatzt war, das er bereits 3.000 mal an die Kinos vermietet hatte, würde keinen Druck auf diese Kinos ausüben, wenn sie "Flucht nach Berlin" schon nach dem ersten Wochenende wieder absetzten. Er würde die Kinobesitzer, nachdem sie bereits einen Ersatzfilm hatten akzeptieren müssen, nicht noch mehr verärgern wollen. Das hatte der Konsul mit »wegrudern« gemeint.
Nun ja. Das schöne Gefühl, endlich selbst einen Film gemacht zu haben, und einen, der von den Kritikern auch noch hochgelobt wurde, blieb mir. Scheiß auf das blöde Publikum, dachte ich schon damals, zehn Jahre bevor sich sämtliche Jungfilmer mit »nicht rückzahlbaren Darlehen« der Filmförderung den gleichen Luxus leisteten.
Allerdings erlebte ich in der Woche nach der Hannover-Premiere, als mein Film überall in Deutschland anlief - und gleich wieder abgesetzt wurde - auch eine gewisse Genugtuung: In Konstanz am Bodensee wurde "Flucht nach Berlin" nur drei Tage gezeigt, im nur ein paar Kilometer entfernten Zürich jedoch neun Wochen!
Der Geschäftsführer des großen »Wellenbad«-Kinos hatte sein Theater mit roten Fahnen ausgeschlagen, die Platzanweiserinnen in Vopo-Uniformen gesteckt und vor dem Kino Stacheldrahtrollen aufgestellt - die Züricher gruselten sich.
Auch in Trier war mein Film nach drei Tagen abgesetzt worden, im benachbarten Luxembourg lief er 14 Wochen. Den größten Erfolg jedoch erzielte der Film ganz weit weg von der deutschen Teilung - in Tokio! Und er kam mit Hilfe der UFA-International sogar auf dem harten New Yorker Markt zum Einsatz.
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Wie erklärte sich das?
War daraus zu folgern, daß die vielzitierten »Brüder und Schwestern« von der Bundesrepublik bereits abgeschrieben waren, wie die meisten Kritiker empört folgerten?
Nach einigem Nachdenken begann ich die Sache anders zu sehen; man brauchte dazu kein Psychologe zu sein: Die Westdeutschen, unter dem Eindruck der scheinbar übermächtigen Sowjetmacht, hielten eine Wiedervereinigung für hoffnungslos.
Und wenn etwas ohne Hoffnung ist, muß man das Problem verdrängen, darf sich auch Filme darüber nicht mehr ansehen. Für jeden Ausländer aber, ob direkter Nachbar oder weit entfernt lebender, blieb die Zweiteilung Deutschlands ein aufregender Anblick.
Darum drehten Engländer und Amerikaner für ihren Markt unverdrossen in all den Jahren weiter ihre Spionagefilme in Berlin, und die deutsche Filmindustrie ruderte von dem Thema weg. Recht hatte sie. Sie wollte einfach kein Geld verlieren.
Ich blieb die Ausnahme. Dennoch glaube ich bis heute, daß auch ich einen Kassenerfolg hätte erzielen können, wenn ich einen besseren Film, mit richtigen Schauspielern, gründlicher durchdacht und sorgfältiger geplant, inszeniert hätte.
Spielberg hat es mit dem Welterfolg seiner Schindlers Liste vorgemacht (Anmerkung : aber erst viel viel später in 1993), so zweifelhaft das Ganze aufbereitet war. Ich haschte eben nur nach der Gelegenheit, holterdiepolter einen Jugendtraum zu verwirklichen.
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Die Bonner Politik wollte mit Geld Einfluß auf den Film nehmen und mich und mein Thema korrumpieren
Aus dem Bundesinnenministerium bekam ich einen Anruf von einem Ministerialrat Fuchs, zuständig für Filmangelegenheiten, also auch für die Verleihung von Bundesfilmpreisen. Ich könnte, sagte der gute Mann, alles Erdenkliche an Preisen und Prämien für meinen Film bekommen, wenn ich den Schluß ändern, nachdrehen oder einfach abschneiden würde.
In der Schlußsequenz schwimmen meine Flüchtlinge über die Havel auf eine schicke amerikanische ChrisCraft Yacht zu, auf der gerade eine Party gefeiert wird. Eine alkoholisierte Blondine sieht sie und schreit »Flüchtlinge!« und »Da schwimmen Flüchtlinge!«
Die Partygesellschaft hilft dem Bauer Güden und der Schweizer Journalistin an Bord der Motorjacht, und die grelle Blondine hebt das Champagnerglas und ruft, während das Bild erstarrt: »Es lebe die Freiheit!«
Ich sagte "NEIN" und sie taten es hinter meinem Rücken
Womit ich das bizarre Nebeneinander der beiden Welten und die Abgedroschenheit hurtiger westlicher Parolen akzentuieren wollte. So wurde es von Zuschauern und Kritikern verstanden, so hielt es Bonn für einen Affront gegen den Westen.
Ich sagte: »Nein, Herr Ministerialrat. Ich ändere überhaupt nichts!« Um so überraschter war ich, als ich bei der Bundesfilmpreisverleihung von Innenminister Höcherl dann doch eine kleine Prämie von 200.000 Mark in die Hand gedrückt bekam, zahlbar am ersten Drehtag eines neuen Films.
Indessen sorgten Bonn und mein Verleiher dafür, daß der beanstandete Filmschluß hinter meinem Rücken ganz einfach weggeschnitten wurde. Nun schwammen die Flüchtlinge schlicht in einen glitzernden Sonnenuntergang hinein, und die Schlußmusik von Peter Thomas schwoll über endlos viel Schwarzfilm an.
Ich habe diese unglaubliche Zensur erst 25 Jahre später mitbekommen, als mich ein Filmredakteur des NDR besuchte und darauf aufmerksam machte. "Flucht nach Berlin" lief gerade wieder einmal mit Bonner Schluß im Fernsehen.
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- Anmerkung : Das war wieder ein Beispiel , wie man eine gerade nicht opportune Meinungsbildung im angeblich öffentlich rechtlichen Fernsehen manipuliert.
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ZWISCHENSPIEL: DAS WAR GARY COOPER
Kurz nach der Premiere von Flucht nach Berlin, Anfang April 1961, als die Pleite felsenfest stand, war ich auf dem Weg nach Hollywood. Aber nicht, weil Louis B. Mayer mich rief, sondern auf Veranlassung von Henri Nannen.
Ich war unterdessen nach Berlin umgezogen und schaute auf einer Rückreise von London in der Stern-Redaktion in Hamburg rein. Nannen winkte mich in sein großes Arbeitszimmer und sagte: »Ich habe eben mit der amerikanischen Generalkonsulin telefoniert. Sie hält ihren Laden offen, bis Sie da sind .«
Was sollte ich im amerikanischen Generalkonsulat, dieser ebenso prächtigen wie unnahbaren weißen Villa am Harvestehuder Weg?
»Mensch«, regte Nannen sich auf, »Gary Cooper liegt im Sterben, und Sie stehen hier dumm in der Gegend rum! Setzen Sie sich schon in Bewegung, Sie brauchen ein Visum für Amerika! Fliegen Sie rüber und schreiben Sie uns eine Serie: Das war Gary Cooper. Aber ein bißchen dalli, ja?«
So schnell war ich noch nie die Treppe hinunter und im Taxi. Ein Gedanke quälte mich die paar Minuten bis zur Außenalster: Würden die Amis mir ein Visum geben, nachdem sie mich als russischen Spion verhaftet und ein halbes Jahr eingesperrt hatten? Nie im Leben! In ihren penetranten Fragebögen stand doch zum Beispiel: Sind Sie vorbestraft?
Aber die Frau Generalkonsulin war von dem stattlichen Chefredakteur des Stern wohl sehr beeindruckt, oder sie hatte in ihrem schwarzen Buch nicht nachgesehen. Jedenfalls erwartete sie mich um 18.00 Uhr herum noch ganz allein in ihrem Büro und drückte mir eigenhändig das beste Journalisten-Visum in den Paß: B1, gültig für multiple und unbegrenzte Ein- und Ausreisen in die USA. Die Redaktion hatte mich auf die 20.00-Uhr-Maschine nach Kopenhagen gebucht, von wo aus gegen Mitternacht noch eine DC 8 nach Los Angeles startete, alles 1. Klasse natürlich.
- Anmerkung : Hier breche ich dieses Kapitel ab, weil es doch nicht so interessant ist.
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