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Will Tremper - "Große Klappe" - Meine Filmjahre (aus 1997/98)

Wie damals in Deutschland die Filme "gemacht" wurden und was nicht in den Filmheftchen und auf den Filmplakaten geschrieben stand. Auch vom Weg von der Ideenfindung über das Drehbuch bis zum ersten Drehtag wird viel aus der Schule geplaudert. Und sebstverständlich kommen bei Will Tremper auch die Filmsternchen - auch die männlichen - nicht zu kurz. Die erste Seite beginnt hier .....

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Die Scheuermann KG - Wir finanzieren alles, nur keine Filme

Wir hatten, in der Tat, in den ersten Drehwochen ein bißchen viel Geld ausgegeben, und ich sah mich immer öfter jeden Morgen nach Drehschluß gezwungen, an den Kudamm zu Otto Scheuermann zu fahren, die Hände zu ringen und um Einlösung weiterer ungedeckter Schecks zu bitten.

Wie bei allen Banken damals, verfuhr auch die Otto Scheuermann KG nach einem unumstößlichen Prinzip: Keine Filmfinanzierungen! Das Filmgewerbe und seine aalglatten Vertreter hatten zu viele Banken schon dazu verlockt, gutes Geld in schlechte Unternehmen zu stecken.

Darum empfing mich, früh um halb neun, der alte Scheuermann jedesmal mit dem Ruf: »Wir finanzieren keine Filme!« - um mich dann aber doch in sein kleines Kontor zu winken und »Wollense'n Käffchen?« zu fragen.

Während das serviert wurde, stand Otto, wie zufällig auf und schloß hinter der Sekretärin die sonst immer offenstehende Tür; es brauchte ja nicht jeder mitzuhören, was er mir zu sagen hatte. Für seinen Prokuristen, den Herrn Meyer-Lüders, war das Türschließen ein Alarmzeichen, er kannte das weiche Herz des Inhabers für gewisse Filmschurken.
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Otto Scheuermann hat mich nie im Stich gelassen.

Und so holte dann der alte Herr, nervös nach der Tür schielend, die jeden Augenblick von Herrn Meyer-Lüders aufgerissen werden konnte, mit fahrigen Händen seine zerfledderte Brieftasche aus dem Rock, zeigte mir meine ungedeckten Schecks und hielt mir eine Strafpredigt.

Dem Ritual folgend, streckte ich mit gesenktem Sünderhaupt die Hand nach den Schecks aus, murmelte »Das ist dann ja wohl das Ende, Herr Scheuermann!« oder »Jetzt kann ich einpacken - alles war umsonst!« - nur um jedesmal zu erleben, daß er die Schecks brummelnd wieder in seiner Brieftasche verschwinden ließ und »Das ist das letzte Mal!« rief.

An guten Tagen konnte es sogar passieren, daß er sich hinter seinem alten Schreibtisch hinunterbeugte, eine geheimnisvolle kleine Schublade aufzog und mir ein paar Tausendmarkscheine unter dem Schreibtisch zuschob. »Hauen Sie bloß ab!« sagte er dann unwirsch, wenn ich mich allzu beflissen bedanken wollte, sprang auf, schritt zur Tür, riß sie auf und rief laut: »Schreiben Sie sich das hinter die Ohren, Tremper - wir finanzieren alles, nur keine Filme!«
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Die Sache mit Fritz Remond

Um so überraschter war ich, zehn oder noch mehr Jahre später aus dem Mund von Hans-Joachim Kulenkampff zu hören, ich hätte seinen Freund Fritz Remond mit einem ungedeckten Scheck über 2000 Mark bezahlt.

Die Sache mit Remond, der mir eine Nacht lang für ein herrliches kleines Kabinettstückchen zur Verfügung stand, war die, daß er den Scheck ganz hinten in seiner Brieftasche versteckt und offenbar vergessen hatte.

Viele Monate, wenn nicht ein paar Jahre später ging er mit Kulenkampff seiner heimlichen Leidenschaft nach - und verlor in der Spielbank in Homburg vor der Höhe wieder mal alles, kramte in sämtlichen Taschen nach und fand in der Brieftasche meinen Scheck, den ihm die Spielbank ein paar Tage später als »ungedeckt« wieder zuschickte.

Es gab längst kein Tremper-Konto mehr bei Scheuermann. Kulenkampff amüsierte sich mächtig über die Geschichte, die er mir nach einem Theater-Gastspiel in München erzählte, ich nicht. Ich zog im Geist den Hut vor dem längst verstorbenen Fritz Remond, denn er hat sich nie bei mir gemeldet. Wahrscheinlich hatte er es ehrlich gemeint, als er mir nach der Drehnacht in Tempelhof auf die Schulter klopfte und sich für »das Vergnügen« bedankte, das ihm die Rolle bereitet hätte.
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In den ersten Drehtagen ging noch alles drunter und drüber

Ebenfalls 2.000 Mark bekam die schöne blonde Wienerin Sylvia Lidi, die ich für die Rolle der Freundin von Harald Leipnitz einfliegen ließ. Das muß gleich in den ersten Drehtagen gewesen sein, an denen noch alles drunter und drüber ging.

Ich bat Wolfgang Spier und Harald Leipnitz, mir die Dame abzunehmen und schon mal den Text mit ihr einzustudieren, den ich gerade geschrieben hatte. Eine halbe Stunde später zupften sie mich am Ärmel und zogen mich zur Seite. »Hör mal, das ist unmöglich mit dieser Wienerin, zahl sie aus und schick sie wieder nach Hause. Das wird nichts mit der .«

Ich faßte mich an den Kopf und rief nach Felix Hock: »Ist die süße kleine Schweizerin noch da? Laß sie fertigmachen, sie muß in fünf Minuten drehen!« Es handelte sich um eine Anschlußszene an den Eröffnungs auftritt von Haralds Freundin:

Er kommt aus einer Telefonzelle gerannt, als er hört, daß entgegen allen Lautsprecherdurchsagen doch noch eine Maschine aus Westdeutschland gelandet ist. Er schiebt sich durch die Statisten und starrt angestrengt den ankommenden letzten Fluggästen entgegen, dabei muß seine Freundin ratlos neben ihm stehen.

Während ich das drehte, bemerkte ich Wolf gang Spier in der Telefonzelle, die Leipnitz laut nicht vorhandenen Drehbuchseiten gerade verlassen hat, und der Wolfgang winkte mir aufgeregt zu. Aber die Kamera lief schon, Leipnitz kam angerannt, schob sich durch die Statisten, und die »süße kleine Schweizerin«, die Harald noch gar nicht kennengelernt hatte, stand neben ihm und sah ihn ratlos, aber goldrichtig, an.

Wolfgang Spier flüsterte anschließend schon wieder mit Leipnitz, und der nickte begeistert, und beide winkten mich wieder auf die Seite.

Wolfgang Spier begeisterte Karin Hübner und holte sie

Was denn nun? War auch die kleine Schweizerin - wie hieß sie noch? - nicht die richtige? »Ich habe eben mit Pfitzmann gesprochen«, sagte Wolfgang aufgeregt. »Er bringt Karin, müssen in zehn Minuten da sein!«

Wolfgang Spier hatte im Theater des Westens gerade My Fair Lady inszeniert, mit Hubschmid als Higgins und Karin Hübner als Eliza, die zu dieser Zeit mit Günter Pfitzmann verheiratet war.

»Karin Hübner würde die Rolle der Lisa spielen?« Ich wagte es kaum zu glauben. Die Hübner war nicht nur durch die Eliza-Rolle eine Sensation, sie war damals auch durch Bernhard Wickis "Wunder des Malachias" groß herausgekommen, und jeder riß sich um sie.

Mir war klar, daß sie nicht meinetwegen, sondern wegen ihres Regisseurs Wolfgang Spier dazu bereit sein würde. »Jungs«, sagte ich zu Spier und Leipnitz, »ihr seid die Größten! Was würde ich ohne euch bloß tun!« Eine halbe Stunde später war alles »geritzt«, die »kleine Schweizerin« ebenfalls ausbezahlt und nach Hause geschickt, und Christine Viertel probierte verschiedene ihrer Nerzmäntel an Karin Hübner aus.

Nur mit der Filmschminke haperte es bei Karin: Sie kam immer sofort nach der Fair Lßdy-Vorstellung nach Tempelhof geeilt, mußte als erstes ab-und neugeschminkt werden, doch ihre Haut vertrug das viele Make-up nicht, die Neufassung blieb nicht haften. Zum Entsetzen meines Kameramannes entschied ich: »Dann spielt sie den Film eben mit der Bühnenschminke!« Und so geschah es und sah auch noch höchst reizvoll aus.

Wir drehen den Film auf CinemaScope-Format

»Was schreiben wir auf die Klappe?« fragte Hans Jura und klang wieder außerordentlich sarkastisch. Der Kerl, der mir jahrelang Ansichtskarten geschickt hatte, um auf sich aufmerksam zu machen, dem ich die Chance seines Lebens bot - einen richtigen Spielfilm als alleinverantwortlicher Chefkameramann zu drehen! -, war todunglücklich. Er war ruck-zuck nach Berlin gekommen, hatte zwei Assistenten mitgebracht und gleich ein Debakel erlebt, wie er meinte:

Unser Kameraverleih Onasch hatte nicht alle die Objektive vorrätig, die Jura haben wollte. Zufällig hörte ich mit, wie er zu Felix Hock sagte: »Jo, an UltraScope-dreißiger hätt' ich haben können, aber wos will i mit dem CinemaScope-Format?!«

CinemaScope? Ich war plötzlich elektrisiert und mischte mich ein: »Mensch, Hansel, eine großartige Idee! Wir drehen den Film auf CinemaScope-Format, riesengroß und breit! Die Halle bietet sich doch geradezu an dafür!« Hans Jura verzog das Gesicht.
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..... noch zum Trinker geworden

Er sollte bis zum Ende der Dreharbeiten nur noch das Gesicht verziehen und wäre mir beinahe, aus Enttäuschung darüber, daß seine Chefkamera-Träume vor seinen Augen verwelkten, noch zum Trinker geworden. Das nächste Fiasko bahnte sich für ihn an, als wir am Abend eine Ortsbesichtigung vornahmen: die imposante Abflughalle mit ihrem glänzenden dunklen Fußboden, in dem sich tausend Neonlichter spiegelten.

»Na, so an Schaaaß!« bemerkte der Wiener. »Das g'hört alles ausgeschaltet! Da brauch ich mindestens zehn 20KW's, die ganz großen, um das auszuleuchten!«
Ich glaubte nicht recht gehört zu haben. »Bist du bescheuert?« fragte ich meinen Kameramann. »Ein schöneres Licht kann's doch gar nicht geben! Du kriegst zwei kleine Spotlichter, falls du für Großaufnahmen was brauchst, alles andere drehen wir bei der Originalbeleuchtung!«

Da sah er mich nur mitleidig lächelnd an und schüttelte den Kopf. »N-e-o-n-ü!« sagte er. »Als Laie weißt du natürlich nicht, was das heißt .«
»Was heißt das?«
»Das heißt, daß das Neon ein einziges Flimmern ist, genau wie die Filmkamera, die in der Sekunde vierundzwanzig Bilder macht. Wannst Pech hast, flimmert sie dir genau vierundzwanzigmal in den toten Neon-Punkt hinein, und hinterher schaust' dir bei Geyer Schwarzfilm an - naaa, kan Neonlicht!«

»Ich riskier das«, sagte ich selbstbewußt. »Die Chance, daß wir genau zwischen das Neonflimmern geraten, ist kleiner als beim Lotto!«
Jura sah mich kopfschüttelnd an: »Aber i net! I moch man7 ersten Film net bei hundertprozentigem Neonlicht!«
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Schon wieder eine Katastrophe - mit Hans Jura

Und dann griff er, wie alle Kameraleute, die ihrem Regisseur etwas beweisen wollen, zur letzten Waffe, dem Belichtungsmesser. Mit dem stolzierte er wie ein General vor Felix und mir durch die Riesenhalle und kam aus dem Kopf schütteln gar nicht mehr heraus, blieb alle fünf Meter vor mir stehen und hielt mir stumm seinen Belichtungsmesser vor die Nase: »Null!«

Ich nahm die Brille ab und beugte mich tief über das Gerät: »Ich lese dreitausend Lux, du Schwindler!«
»Jo«, sagte er achselzuckend, »des les' i aach, aber wos i brauch', des san zehntausend Lux minimum!«

Die gleiche Katastrophe wie bei meinem ersten Film bahnte sich an. »Bevor ich diesen Kerl ebenfalls niederschlagen muß«, sagte ich zu Felix, »frag ihn doch mal, ob er schon mal was von dem neuen hochempfindlichen Kodak-Material gehört hat!«

Hans Jura winkte ab: »Damit kömma bei UltraScope gar nichts anfangen! Des reicht vielleicht grod amal, um bei dreitausend Lux zu drehen, aber bei UltraScope brauchst Tiefenschärfe, mußt' a Blende oder zwoa zugeben, sonst kriegst an grausam-bizarren Effekt in der Tiefe!«

»Was für einen Effekt?« - Jura wurde zum Schulmeister: »Du kriegst nicht eine einfache Unscharfe im Hintergrund, sondern eine verzerrte, die höchst komisch aussieht -wannst des aach willst, lachen dich die Kritiker aus!« - So ungefähr verlief die erste Drehortbesichtigung.
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Jetzt war ich kurz vorm Überkochen

Ich zwang mich, nicht überzukochen und fragte Felix: »Hat er seinen Vertrag schon unterschrieben?« - »Das war das erste, was er getan hat!« antwortete mein Produktionsleiter. »Er bekommt pro Woche, beginnend ab heute Mittag, zwofünf, sein Schwenker einsfünf und der Assistent auch nochmal achthundert, macht zusammen viertausendachthundert Mark - wegen der Nachtarbeit!«

Heute bekommt ein durchschnittlicher Kameramann allein schon fünftausend in der Woche, und manche brauchen drei Assistenten. Ich nuschelte Felix ins Ohr: »Und einen Neuen schaffst du bis heute Abend wahrscheinlich nicht heran?« Er schüttelte den Kopf und meinte sehr richtig: »Um dasselbe zu erleben? Nee, wir müssen mit dem Jura zurechtkommen!«

Ich spekulierte auf die Hochachtung der Österreicher gegenüber dem »Altreich«, als ich Hans Jura in die Mangel nahm: »Ich bin der Produzent und bezahle euch alle, also sage ich auch, wo's langgeht, ist das klar? Wie alt bist du jetzt?« Er war bereits weit über vierzig. »Und du hast noch nie selbständig als Kameramann arbeiten dürfen?« fuhr ich fort. »Wie hoch rechnest du dir die Chance aus, so ein Angebot wie meines nochmal zu bekommen?« Jura zog die Schultern hoch und ließ sie wieder sinken.

»Mich interessieren weder die Kritiker noch dein Club der Kameraleute«, beendete ich das Gespräch. »Wir drehen bei Neonlicht, und du wirst dein Bestes geben! Wenn nicht, kannst du mit dem nächsten Flieger wieder abhauen. Und das ist mein letztes Wort. Drehbeginn ist 22 Uhr, hier an dieser Stelle. Ich hoffe, ich sehe dich heute abend!«
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Und schau mal, auf einmal klappte es ... er machte mit

Hans Jura war da, völlig geschafft zwar, aber er war mit seinen beiden Jungs da, die Kassetten waren mit hochempfindlichem Kodak-Film gefüllt, zwei Super-80-Lampen standen bereit, und den Belichtungsmesser nahm er nur noch in die Hand, wenn ich nicht hinsah.

Sogar einen Dolly, einen fahrbaren Kamerawagen, hatte er aufgetrieben, denn der lange und breite, vollkommen glatte Hallenboden eignete sich vorzüglich für Fahraufnahme. Der Dolly kostete nur tagsüber viel Geld, und wir gaben ihn jeden Morgen der Firma wieder zurück, die ihn uns geliehen hatte, in der Hoffnung, ihn abends wiederbekommen zu können.
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Und nochwas - Hansl Jura und ich wurden sogar Freunde

Ich habe mit meinem Hansl Jura, als es dann losging, nie mehr Schwierigkeiten gehabt, wir wurden sogar Freunde. Was auch damit zusammenhängen kann, daß wir von den Geyer-Kopierwerken niemals alarmiert wurden: »Ist nur Schwarzfilm drauf!«

Das Neon-Flimmern erwischte unsere Kamera nie. Und was die Kritiker anging, die lobten den Chefkameramann-Anfänger in den höchsten Tönen, und die Jury des Bundesinnenministeriums verlieh ihm für seine erste selbständige Arbeit dann sogar den Bundesfilmpreis. Wahrscheinlich war sie auf den »bizarren Effekt« der UltraScope-Unschärfe hereingefallen.

Meinem Freund Georg Tressler gegenüber, dem Halbstarken-Regisseur, hatte der Jura sich sogar entblößt, als er zugab: »Bei dem verrückten Tremper habe ich tatsächlich noch etwas gelernt.«

Wahrscheinlich ließ er mich deswegen immer an die Kamera, wenn ein schwieriger Schwenk zu vollführen war.
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Eine Nebelgranate Nachts um zwei Uhr auf dem Vorfeld

Doch Hans Jura war nicht das größte Problem. Mit der Flughafengesellschaft hatten wir einen günstigen Vertrag über die Hallenbenutzung für 300 Mark pro Nacht abgeschlossen, der jedoch nicht die Benutzung der Ticket-Counters einschloß - die waren Sache der einzelnen Fluggesellschaften.

Und denen konnten wir viel über »kostenlose Werbung« erzählen - als sie den Titel des Films hörten, schüttelten sie den Kopf. »Nebel«, sagte der Stationmanager von Panam, »das Wort kennen wir bei unserer Gesellschaft gar nicht!« Auch die Air France und British Airways verhielten sich daraufhin zugeknöpft.

Ich mußte erst meine Verbindungen spielen lassen und sowohl den Kommandanten des militärischen Teils der Tempelhof Air Base, Col. Pieroczek, als auch den Chef des zivilen Teils, Col. Wertenbaker, alarmieren, um von den Fluggesellschaften wenigstens die Erlaubnis zu bekommen, daß ich »nach Beendigung des Flugverkehrs« hinter ihre Tresen durfte.

Panam tat das äußerst widerwillig, die Briten geradezu enthusiastisch. Die liehen mir nicht nur eine echte Ground-Hosteß aus, die bewegten für mich sogar eine richtige Vickers Viscount auf dem Vorfeld hin und her, mit laufenden Turbinen.

Mit Wally Pieroczek hatte ich ausgehandelt, daß wir, nach vorheriger Anmeldung, sogar den militärischen Teil des Flughafens betreten durften. Aber der tüchtige Klaus Haase, mein Requisiteur (und Bruder meines ersten Kameramanns Günter Haase), wurde trotzdem von der Air-Force-Police im Jeep gejagt und verhaftet, als er nachts um zwei Uhr auf dem Vorfeld eine Nebelgranate zündete.
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Das nämlich war mein Hauptproblem: der Nebel.

Den hatte es bei meiner ersten Ortsbesichtigung mit Rolf Hädrich gegeben, den gab es manchmal auch bei Tag, wenn wir nicht drehen durften, aber in keiner der 44 Nächte, in denen wir den Flughafen auf den Kopf stellten, ließ er sich sehen.

Künstlerpech! Wir wußten zwar, daß es Nebelpfannen gab, aber die verströmten eine einzelne, dicke Wolke pro Pfanne, und wir hätten Hunderte von ihnen nebeneinander aufstellen müssen, um den Eindruck von totalem Nebel über Tempelhof zu erzeugen; soviel Geld, wie uns das gekostet hätte, konnten wir nicht ausgeben. Und wir hatten eine Neuheit aus Hollywood, die Hans Jura herbeischaffte: sogenannte Nebelfilter. Doch was die produzierten, war höchstens ein diesiges Bild.
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Wir waren gut, aus 4 Wochen Vorbereitung machten wir 2 Tage

Eine normale Filmproduktion hätte vier bis sechs Wochen Vorbereitungszeit gebraucht, um das auf die Beine zu stellen, was meine Leute, angetrieben von meinem Enthusiasmus, in zwei Tagen schafften. Eine »normale« Filmproduktion hätte ohne Drehbuch womöglich gar keinen Finger gerührt. »Ohne Drehbuch« heißt ja, daß du nicht weißt, was gedreht wird, ganz einfach.

Ich war der einzige, der es wußte, wenngleich manchmal im letzten Moment erst. Ich kam übernächtigt von einem kurzen Nachmittagsschlaf abends um neun, zehn Uhr in die Abflughalle, überreichte den Schauspielern, die ich bestellt hatte, höchstens fünf Drehbuchseiten und überraschte meinen Produktionsleiter mit der Mitteilung, daß ich einen schmucken Hotelpagen mit einem Strauß von hundert roten Rosen brauchte, und die Kamera hätte in einer Entfernung von fünf oder mehr Metern - gerade so weit, daß man die Leuchtschrift KLM über der Eingangstür noch im oberen Bildrand sehen könnte - Aufstellung zu nehmen.

»Und zwar mit der Gummilinse! Wir fahren, wenn der Page den Rosenstrauß an der Eingangstür festgemacht hat, langsam groß heran an die Blumen!«

Das ist ein relativ einfaches Beispiel, das nur den Anruf von Felix im Hilton oder Kempinski erforderte, die Beschaffung eines gewaltigen Rosenstraußes abends um 22 Uhr, und den Blitzstart des Requisiteurs nach dem Schlüssel des KLM-Offices, denn ich wollte auch noch zeigen, daß die Leuchtschrift nicht mehr brannte. Und das war nur die erste Einstellung der Nacht, der mindestens noch zehn weitere Seiten folgen würden, von denen fünf noch nicht geschrieben waren.
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Zwei alte Damen, so von siebzig, achtzig Jahren und mehr

Größer wurden die Anforderungen an alle, wenn mir plötzlich einfiel, daß ich zwei alte Damen, so von siebzig, achtzig Jahren brauchte, die einen alten Schlager singen sollten. Oder zwei nette kleine Kinder von sechs, sieben Jahren, die an der Hand von Werner Peters durch die Halle rennen und laut nach ihrer Mutter rufen sollten - Louise Martini.

Endlich, in den letzten beiden Nächten, war mir die Rolle für sie eingefallen, und zwar nur aus dem einen Grund, weil ich auch mein Maskottchen noch unterzubringen hatte, den Hauptdarsteller meines ersten Films Flucht nach Berlin, meinen Bulgaren Narciss Sokatscheff, genannt »Sofaschreck«.

Der wimmelte dauernd im Park-Hotel Zellermayer herum und blickte mich vorwurfsvoll an, und dauernd rief ich ihm, im Vorbeilaufen, zu: »Du kommst schon noch an die Reihe, Soka!«
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Beide sollten sie ein "heißes Pärchen" spielen

Felix Hock hatte mir allerdings auch zugetragen, daß Soka um Louise Martini hermwimmelte, und da fiel endlich der Groschen bei mir: Ich ließ beide um Mitternacht in die Abflughalle kommen und erklärte ihnen, daß sie ein heißes Pärchen spielen würden - Louise eine ungetreue Ehefrau, die Mann und Kindern mit einem italienischen Romeo - Soka - davonläuft.

Doch der Nebel hindert sie am Entkommen. Während sie warten, daß er sich lichtet, taucht der Ehemann mit den Kindern in Tempelhof auf, macht eine Riesenszene und bewegt die Mama, den »Itaker« schießen zu lassen und wieder mit nach Hause zu kommen.

Für den Ehemann hatte ich mir die Standardbesetzung des deutschen Spießers angelacht: Werner Peters, seit dem Untertan eine dolle Figur mit einem eigenen Synchronladen in Berlin. Auch er tauchte um Mitternacht in der Abflughalle auf und war bereit, sich für eine Stargage die Nacht um die Ohren zu schlagen.

Die dazugehörigen Kinderchen fielen mir freilich erst ein, als ich Werner Peters mutterseelenallein durch die riesige Halle wandern sah. Weiß der Kuckuck, woher Felix Hock nachts um eins zwei kleine Kinder mit Wintermäntelchen nahm, besser gesagt, wie er es schaffte, die Eltern der Kinder zu überreden, sie aufzuwecken, anzuziehen und im Taxi nach Tempelhof zu bringen. Jedenfalls spielten sie ihre Rolle wie die Teufel und hatten für den Rest ihres Lebens etwas zu erzählen.
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Die Rolle von Werner Peters

Problematischer war schon, den Auftritt von Werner Peters zu filmen, den ich mir ganz groß und geheimnisvoll vorstellte: Allein kommt er im Geschwindschritt durch die um vier Uhr morgens leere Halle gerannt und sieht sich drohend um dabei.

Das ging nur, wenn wir mit dem Dolly vor ihm herfuhren - aber den hatten wir gerade in dieser Nacht nicht bekommen, oder Felix hatte nicht daran gedacht, daß er benötigt werden könnte. Ich schnappte mir Klaus Haase und hielt ihm eine feurige Predigt über die Phantasie und Entschlußkraft, die man von einem Requisiteur verlangen müßte. »Und erzähl mir nicht, daß um diese Zeit alle schlafen - saus los und beschaff mir den Dolly!«

Eine Stunde später hoben sechs Männer den schweren Kamerawagen von einem Kleinlaster, und ich konnte mit dem Auftritt von Werner Peters beginnen. Wie hat der Haase das geschafft? Er war einfach quer über den Flughafen - über sämtliche Start- und Landebahnen - gerast, mit Hilfe jener Air-Force-Police, die ihn schon einmal verhaftet hatte, die er aber jetzt zu seinen Freunden zählte, und war, über die S-Bahngleise kommend, von hinten in das Filmstudio in der Oberlandstraße eingestiegen, wo Wolfgang Staudte mit der Knef und Sammy Davis jr. gerade Die Dreigroschenoper verfilmte, hatte offenbar sämtliche eisernen Ateliertüren aufgebrochen und mit schnell geheuerten Hilfskräften Staudtes Dolly entführt.

»Aber bevor es hell wird«, sagte Klaus, während ich ihm die Wange tätschelte, »muß das Ding wieder in der Oberlandstraße sein!« Kunststück, im Januar wurde es spät hell, und um fünf Uhr mußten wir ohnehin aufhören, weil der Betrieb mit den um sechs Uhr startenden Frühmaschinen begann.

Staudte fand den Dolly jedenfalls wieder vor, als er morgens zu drehen anfing, und hat nie erfahren, daß er mir zu einer ausgesprochen spannenden Szene verholfen hat.
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Haase machts möglich - einen Konzertflügel, morgens um 3

Angesichts dieser Unternehmung war die Beschaffung eines Konzertflügels, morgens um drei Uhr, für Haase auch kein Problem mehr. Er marschierte nur in den Club oder die Offiziersmesse im militärischen Teil Tempelhofs, und seine Freunde von der Militärpolizei halfen ihm, das musikalische Schmuckstück hinüber in die Haupthalle zu rollen, direkt vor unsere Kamera.

Ein paar Wochen vorher hatte ich einige polnisch sprechende junge Leute entdeckt, die mit der letzten Maschine aus Frankfurt gekommen waren und uns interessiert zuguckten: Das Jazz-Quintett von Andrej Trzaskowski aus Krakau mit der blonden Sängerin Wanda Warska, die vom Jazz-Festival in Newport/Rhode Island kamen und nur ein Durchgangsvisum für West-Berlin hatten.

Ich lud sie zum Frühstück in den kleinen Imbiß ein, der für uns die ganze Nacht offengehalten wurde, und anschließend auch noch ins Flughafen-Hotel Heinz Zellermayers, denn ich merkte, daß sie liebend gern noch ein bißchen in West-Berlin geblieben wären. »Vielleicht fällt mir was ein, und ihr könnt bei uns eine Szene spielen!?« Das wollten sie nur zu gern.

Was sind das bloß für Polen bei mir ?

Bis mich Heinz Zellermayer eines Nachts besuchte und fragte: »Was sind das bloß für Polen, die du mir da im Flughafen-Hotel einquartiert hast? Die scheinen keine müde Mark zu haben und machen inzwischen Feuerchen auf dem Zimmer und kochen darauf!« Ach, du lieber Himmel! Ich ließ sie noch in der Nacht wieder in die Abflughalle bringen und drehte mit ihnen ein paar Szenen, zu denen der Flügel gebraucht wurde - Musike tut jedem Film gut. Wir konnten ihnen sogar noch fünftausend Mark zahlen, mit denen sie sich den Traum ihres Lebens erfüllen und einen gebrauchten Volkswagen kaufen wollten.
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Die ungemein verführerisch wirkende Hannelore Elsner

Ein problemloser Farbtupfer in der Geschichte, der beim Zuschauer
jedesmal groß ankommt, wurde die sinnliche, ungemein verführerisch wirkende Hannelore Elsner, die in München mit dem späteren Klatschkolumnisten Michael Graeter zusammenlebte. Sie drehte gerade bei Wendlandt in einem Edgar Wallace und wurde sofort von mir »verhaftet«, als sie durch die Abflughalle schlenderte.

»Ich soll mitspielen? . Ja, ich weiß nicht, vielleicht, aber kann ich nicht das Drehbuch vorher lesen? Was soll ich denn spielen? . Ich habe auch gar nichts zum Anziehen da .«
»Du spielst ein Filmsternchen, das gerade von einem Edgar Wallace kommt, ihre Lohnsteuerkarte vergessen hat und darum kein Geld bei sich . Zwei böse Jungs machen sich das zunutze. Also los, Schätzchen!«

Sie war wundervoll, spielte genau auf der Grenze zwischen »Was tue ich eigentlich hier?« und »Mal sehen, was das wird!« und hätte wahrscheinlich auch noch den Bundesfilmpreis bekommen, wenn mir zu der Geschichte noch mehr eingefallen wäre.
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Dr. Dieter Wedel und Hannelore Elsner - später gabs ein Baby

An dieser Stelle habe ich zwei Stunden unterbrochen, um den genialischen Dr. Dieter Wedel zu treffen, der spätestens mit dem Großen Bellheim berühmt geworden ist. Ich erzählte ihm, daß ich gerade über meinen Tempelhof-Film schriebe, und da fängt er an zu lachen und sagt plötzlich:

»Da habe ich als Student an der Berliner FU ein paar Mark als Statist verdient! Ich war in der großen Abflughalle in Tempelhof und habe gesehen, wie Sie da auf dem Dolly herumkutschiert sind. Das hat mir toll gefallen!«

Hat er vielleicht auch gesagt, ich hätte ihn animiert, Regisseur zu werden? Ich weiß nicht, jedenfalls hat er Hannelore Elsner erst zehn oder zwanzig Jahre später kennengelernt und ist der Vater ihres Sohnes geworden. Wie das Leben so spielt.
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Wie wir Mario Adorf geködert hatten

Die scharfe, blonde Statistin beispielsweise, die jede Nacht erschien und, wenn sie nicht gebraucht wurde, in einem Mutter-und-Kind-Aufenthalts-raum der Damentoiletten schlief, bis der Pfiff des Aufnahmeleiters ertönte, wunderte sich nicht schlecht, daß sie eines Nachts in einem prächtigen Appartement des Kempinski landete - und auch noch in den starken Armen von Mario Adorf! Dem war das gleiche wie den polnischen Musikern passiert: Mit der letzten Maschine zu einem Synchrontag in Tempelhof eintreffend, hatte er zugesehen, wie in der Abflughalle ein Film gedreht wurde, und war von mir angesprochen worden: »Ach, Mario, kannst du nicht eben mal deine Nase an diesem Schaufenster hier reiben und Alexandra Stewart zuwinken?«

Adorf, kein Neuling in dem Gewerbe, hatte höflich abgelehnt: »Ich bin nur eine Nacht in Berlin und will mich vor dem Schlafengehen noch ein bißchen umsehen - du verstehst schon! Nichts für ungut, aber ich weiß doch, wie lange das dauert, tschüs, Kinder!«

Doch da kannte er uns schlecht: Der Produktionsleiter hatte kurz mal in die Damentoilette hineingepfiffen, und eine scharfe Blondine war aufgetaucht, dem Mario das »Umsehen« vor dem Schlafengehen ersparend, und dem Star aus Rom blieb gar nichts anderes übrig, als seine prägnante Nase nun doch am Schaufenster der KLM zu reiben und Alexandra Stewart zuzuwinken - »danke, das war's auch schon, Mario, und viel Vergnügen!«

Natürlich hat er sich später geärgert, als er den Film zu sehen bekam und seinen Namen groß als »Gaststar« auf dem Plakat gedruckt fand. Ich gebe zu, so etwas tut man nicht, obwohl das »Honorar« für seine kurze Mühe recht ansehnlich ausgefallen ist.
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Evelyn Renziehausen taucht auf

Oder diese hinreißend aussehende Evelyn Renziehausen, die nachts um eins plötzlich in der Abflughalle auftauchte und auf ihren langen Beinen einen hübschen Burschen hinter sich herzog:

»Kennen Sie mich noch, Herr Tremper? Ich war mal sonntags zum Crocketspiel in Ihrem Garten, mit diesem amerikanischen Produzenten Walter Wood, wissen Sie noch? Ich bin jetzt Schauspielerin und wollte fragen, ob Sie noch jemanden gebrauchen können?«

Aber ja, antwortete ich, stellt euch da hinten an die Säule und küßt euch leidenschaftlich, wenn es »Achtung, Aufnahme« heißt, - mir wird schon was einfallen.

Zwei Stunden lang hat dieses wilde Geschöpf mit ihrem Freund an wechselnden Säulen stehen und sich küssen müssen, bis sie so um drei Uhr morgens die Geduld verlor.

Da gellte ein gequälter Aufschrei durch die Halle, und Evelyn Renziehausen verschwand so einfach, wie sie gekommen war, ihren Küsser hinter sich herziehend.
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Sie sind mir zu unseriös, Herr Tremper!

Das hätte sie nicht tun sollen: in dieser Nacht hat sie ihre Tochter empfangen, aber davon später.

Was hat sie noch gerufen, Felix? »Sie sind mir zu unseriös, Herr Tremper!« hat sie geschrien. Und das waren wir wohl auch, keine Frage.
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Unser Film wurde »Omnibus-Film« genannt

Aber wenn du unter diesen Umständen einen Film drehst, kannst du nicht auch noch »seriös« bleiben. Wir konnten uns gerade mal noch bemühen, jedem Mitwirkenden sein zugesagtes Geld zu geben, mehr war nicht drin in diesem »Omnibus-Film«, wie das zufällige, von äußeren Umständen bedingte Zusammentreffen mehrerer Schicksale im Fachjargon genannt wird.

Die spontane, von grotesken Zufälligkeiten bestimmte Art meiner Inszenierung ließ den alten Filmhasen unter den Mitwirkenden natürlich die Haare zu Berge stehen. Andere wieder lebten schier auf in dem Schwebezustand, etwas Geheimnisvolles spielen zu müssen, ohne zu wissen, warum.

So ein Film, ohne Drehbuch, inspiriert von im Augenblick stattfindenden Ereignissen, ziehe ich heute noch jedem genau geplanten, eisern festgeschriebenen Film vor.

Nicht nur die Berufskritiker, auch der Zuschauer fühlt sich von der Spontaneität angesprochen. Das erfordert ein bißchen mehr Geduld bei allen Beteiligten, auch ein bißchen mehr Geld, denn zu Requisiten, die nach Mitternacht beschafft werden müssen, gesellen sich horrende Trinkgelder, das ist nun einmal so.

Doch das alles wird aufgewogen, durch den Zwang, mit der Produktion selbst »schlank« zu bleiben, nicht für jede Handreichung jemand einstellen zu müssen.
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Was schreiben wir auf die Klappe, Will ?? - Zwei Beispiele

Zwei Beispiele: Wann immer ein neuer Schauspieler auftauchte, wurde er mit größter Neugierde von meinem Stab betrachtet - was der wohl spielen wird? Und es wurden Wetten, besonders unter Juras Kameraleuten, abgeschlossen, daß der Regisseur selbst noch nicht wüßte, was er mit dem oder der Neuen anfangen sollte. Es wurde jedesmal mucksmäuschenstill, wenn Hans Jura lauthals die Frage stellte: »Was schreiben wir auf die Klappe, Will??«

Denn die Cutterin mußte ja eine Nummer oder sonst einen Anhaltspunkt haben, um sich in den Dutzenden von Szenen, die täglich aus der Kopieranstalt kamen, noch zurechtzufinden. Ich schaute dann nachdenklich in die Luft, bewegte wie im Selbstgespräch die Lippen - es wurde noch stiller um mich herum - und sagte mit großer Sicherheit:

»Das ist die zwohunderteinundneunzig, erste Einstellung!« (Nachdem Susanne Paschen in ihrer Nummernliste stumm auf eine freie Stelle gedeutet hatte). Prompt kam die Antwort von Jura: »Gestern nacht haben wir die fünfhundertelf bis fünfhundertachtzehn gedreht! Bist du sicher?«
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Sicher? Sicher war gar nichts.

Das Teuflische an so einer Arbeitsweise war, daß außer mir niemand wußte, wer vor vierzehn Tagen an einer bestimmten Säule gelehnt hatte - und jetzt fehlte, wenn ich eine Szene im unmittelbaren Anschluß daran drehte.

Darum hatte ich immer ein paar Herumlungerer dabei, wie Maxe Strassberg, die mir mit einem Zwischenschnitt aus der Verlegenheit helfen konnten. Natürlich lungerten die aus gutem Grund herum: weil sie hofften, daß ihre große Rolle endlich beginnen würde, sobald sie vor die Kamera gebeten wurden.
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Den Film gabs wieder einmal im Fernsehen (um 1990 herum)

Kürzlich sah ich den Film wieder einmal im Fernsehen und entdeckte unter den »Herumlungerern« sogar jenen Jim Carson, Chef der Berliner CIA, der sich neugierig mal hatte sehen lassen und gleich als geheimnisvoller Statist mißbraucht wurde.

Er schlendert in mehreren Einstellungen, »harmlos« tuend, durchs Bild. Ein anderer »Zwischenschnitt« wurde der Filmarchitekt Dieter Bartheis aus Hamburg, der tagsüber in den ARCA-Studios die D-Zugwagen für Rolf Hädrichs "Verspätung in Marienborn" baute - der Anlaß für meinen "Nebel über Tempelhof" befand sich damals immer noch in der sorgfältig geplanten Vorbereitungsphase.

Weil der Filmarchitekt Bartheis aber irgendwie nach nichts aussah, sah ich mich um und entdeckte unter den Zuschauern meinen Freund Cay Graf Brockdorff aus der Frankfurter United Press-Zentrale, der einen interessanten Hut auf dem Kopf trug.
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Der verdammte Hut von Cay Graf Brockdorff

Ich strapazierte mein Glück eindeutig, als ich Cay »für einen kurzen Moment« um seinen feschen Hut bat, denn als Tage später der Filmarchitekt anschlußhalber noch einmal gebraucht wurde, erschien er ohne den Hut des Grafen Brockdorff.

Requisiteur Haase trieb zwar um Mitternacht einen Hutladenbesitzer auf, der gleich mit mehreren Kartons Hüten angehetzt kam, aber der auffällige Grafenhut war nicht darunter. Felix organisierte, daß Cay von Brockdorff seinen Hut noch in der Nacht am Panam-Counter in Frankfurt abgab, in der Hoffnung, daß der erste Panam-Pilot, der morgens nach Berlin startete, ihn mitbringen würde. Als der Hut dann schließlich in Tempelhof landete, waren wir nach Hause gegangen, und als wir abends wieder erschienen, war der Filmarchitekt nach Hamburg geflogen.

Diese Farce mit dem Hut des Grafen Brockdorff hat mich wahrscheinlich Tausende von Mark gekostet und gestaltete sich schwieriger als der Diebstahl des Dollys, nachts um drei Uhr. Noch heute, wenn ich den Cay oder den Dieter treffe, fragen sie nach dem Hut.
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Lubitsch-Preis für Walter Buschhoff

Das zweite Beispiel betrifft Rolf Hädrichs Freundeskreis, der mir im Laufe der Jahre wie selbstverständlich ebenfalls zuflog. Der Schauspieler Walter Buschhoff mag hierbei für viele stehen.

Er hatte mir in München mal aus einer schwierigen Situation geholfen, als er mir, ohne eine Miene zu verziehen, einen Tausender zusteckte.

Natürlich wollte ich mich revanchieren und engagierte ihn für einen Kurzauftritt in einer Telefonzelle. Das Gespräch, das er dabei vor der Kamera führte, entwickelte sich, aus reiner Spiellaune, so saft- und kraftvoll, daß ich seine Rolle fortschrieb und immer weiter fortschrieb.

Und nie wußte mein guter Walter mit seinem stark hessisch gefärbten Idiom, was er da eigentlich tut. Hätte er die Erfahrung der Evelyn Renziehausen gehabt - gar keine nämlich -, wäre er mir in der ersten Nacht mit weitaus größerer Berechtigung schon davongelaufen: »Sie sind mir zu unseriös, Herr Tremper!«

So aber spielte er nicht nur eine Hauptrolle in meinem Film, er sahnte auch bei der Premiere noch kräftig ab, als der Club der Berliner Filmjournalisten ihm den hochbeachteten Ernst-Lubitsch-Preis für eine Szene verlieh, die allein durch seine Spielfreude Aufsehen erregte.
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Gute und ungute Erinnerungen über die "Die endlose Nacht"

Und natürlich mußte auch Rolf Hädrich ran und sich in der Rolle eines Kneipenwirts die Nacht um die Ohren schlagen. Lauter gute Erinnerungen.

Die ungute bescherte mir mein Freund Joe Hembus, der über den Filmtitel "Nebel über Tempelhof" den Kopf schüttelte und ihn mit intellektueller Überheblichkeit »zu direkt, zu profan« fand.

»Tempelhof, das ist Berlin, und was du mit einem Berlin-Titel erlebt hast, weißt du ja wohl noch. Die Leute in Westdeutschland wollen von der Krisenstadt nichts mehr wissen! - Nein, der Film muß "Die lange Nacht" heißen, besser noch "Die längste Nacht", am besten "Die endlose Nacht" - das ist es, glaube mir!«

Ich ließ mich leider beschwatzen, denn ich hielt viel von Joe und seinem journalistischem Gespür. Aber noch heute kommen die Leute, wenn sie über den Film reden, und fragen mich: »Wie hieß doch wieder dieser Film in Tempelhof, mit dem Nebel, du weißt schon!«
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Die Verleiher sind Geier - ich wußte das aber noch nicht .....

Als wir Ende Januar 1963 endlich fertig waren, redete alle Welt über den Film. Der erste Verleiher, der sich für das Produkt interessierte, war Erich Müller, Generaldirektor des amerikanischen Columbia-Verleihs in München. Er kam schon, als wir noch drehten, und als ich ihm bei Geyer in Neukölln eine erste zusammengeschnittene, aber noch nicht gemischte Fassung vorführte, klopfte er mir auf den Rücken: »Prima! Den nehme ich!«

Und bot 300.000 Mark. Die hatte ich dringend nötig. So hoch etwa waren die Schulden, die nach der leichtsinnigen Verausgabung meiner eigenen 300.000 angelaufen waren. Aber ich wollte erstmal sehen, ob nicht ein zweiter Verleih mehr bieten würde.

Und sie kamen alle - und alle boten eine Garantie von 300.000 DM. Ich hätte schon ziemlich verblödet sein müssen, um nicht zu merken, daß sie sich untereinander abgesprochen hatten.
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... und als ich es wußte, schrieb ich es ins Programmheft.

Hier ein Auszug aus dem Artikel, den ich darüber im Programmheft der Endlosen Nacht schrieb:

»Meine Freunde sagen: >Du hast Nerven! Wenn nun kein Verleiher kommt? Wenn du auf dem Film sitzenbleib st? <
Aber das gibt es nicht, daß keiner kommt. Der deutsche Film kann nicht nur aus amerikanischen Filmen bestehen. Die Verleiher setzen sich in Trab, sowie sie hören, daß irgendwo ein deutscher Film gedreht wird, und sie sind meistens auch alle ungeheuer interessiert, denn der Schwachkopf, der da mit eigenem Geld Filme produziert, ist >billig zu schießen<, für vielleicht nur dreihunderttausend Mark.

Jeder andere deutsche Film aber, der in der althergebrachten Form durch den Verleih auf Kiel gelegt wird, kostet den Verleiher mindestens für eine halbe Million Wechsel. Und zwar ohne daß vorher schon etwas auf der Leinwand zu besichtigen ist. Darum bin ich ein Geschäft für die Verleiher.

Als sie kamen, um sich die halbfertige Endlose Nacht anzusehen, wußte ich das alles noch nicht so genau. Ich war noch nervös, gespannt, ob ihnen der Film auch gefallen würde.

Aber als dann einer nach dem anderen aufstand und rief: >Den Film kaufe ich<, ohne ein Wort über seine Qualität zu verlieren, ging mir ein Licht auf. Ich fand heraus, daß ihnen die Qualität des Filmes im Grunde ganz egal war - Hauptsache, hier war ein neuer deutscher Film, der nichts oder vergleichsweise nichts kostete.
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Dann kam Hanns Eckelkamp vom Atlas-Film-Verleih

Nun, ich war dicht daran, auch noch mein eigener Verleiher zu werden, als Hanns Eckelkamp (Atlas-Film-Verleih) aufkreuzte. Er sah als letzter den Film, aber er war der erste, der in der Lage war, ein Wort über die Machart, den Inhalt des Films von sich zu geben, bevor über Geld gesprochen wurde.

Ein Verleiher, der etwas von den Filmen versteht, die er verleiht? Das ist mein Mann, sagte ich mir. Fabelhaft, der bekommt den Film, was immer er zahlen will. Und dann bot er mir den besten Vertrag von allen. Das ist das Schönste an der Geschichte.

PS: Mein Bankier hat Spaß an der Sache gefunden; er will mich weiter finanzieren - wenn auch nicht unbedingt meine Filme. Da ich identisch bin mit meinen Filmen, täuscht er sich.«
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Eckelkamp war damals die große Hoffnung - nur kurz

Ich glaube, es war Wenzel Lüdecke, mein alter Halbstarken-Produzent, der mich mit Hanns Eckelkamp zusammengebracht hatte. Denn dem Wenzel hatte ich, noch vor Erich Müller, immer wieder zusammenhängende Teile der Rohfassung vorgeführt, und dem Guten hatte ich, bei jedem zustimmenden Räuspern, sofort wieder zehn- oder zwanzigtausend Mark aus den Rippen geleiert. Er hatte ein starkes Interesse daran, sein Geld wiederzubekommen.

Eckelkamp war damals die große Hoffnung des »Jungen Deutschen Films«, der sich in Oberhausen gerade formiert hatte und nach finanzieller Förderung schrie.

Nach Herbert Veselys Verfilmung von Heinrich Bölls "Das Brot der frühen Jahre" war ich der zweite, der sich mit Recht »Jungfilmer« nennen durfte. Und all die vorwiegend in Schwabing beheimateten Jungfilmer standen vor Eckelkamps Haustür in Duisburg Schlange und verführten den »einzigen deutschen Verleiher mit Geschmack«, seine spärlichen Gewinne in ihre Projekte zu investieren, so daß Eckelkamps Atlas das Gewicht der vielen Plotten in kurzer Zeit nicht mehr tragen konnte und zusammenbrach. Aber damit eile ich der Zeit weit voraus.
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Ich wollte (wieder mal) eine glanzvolle Premiere abliefern

Kaum war "Die endlose Nacht" verleihmäßig untergebracht, fing ich an, über eine glanzvolle Premiere nachzudenken und kam auf die naheliegendste Idee: Tempelhof selbst, die Abflughalle!

Für den anschließenden Kinostart hatte Eckelkamp das altehrwürdige Marmorhaus am Kurfürstendamm, direkt gegenüber der Gedächtniskirche, bekommen, doch obwohl es in den 18 Nachkriegsjahren schon x-mal renoviert und umgebaut worden war, besaß es immer noch keine CinemaScope-Vorführung.

Nun sah ich ziemlich dumm aus mit meinem deutschen UltraScope, aber das interessierte mich eigentlich auch schon nicht mehr. Ich wußte, wenn der fertige Film erst einmal in die Hände des Verleihs und der von ihm gebuchten Kinos gerät, machen die sowieso damit, was sie wollen. Man nahm am besten ganz schnell Abschied von seinem Werk.

Aber die riesige Abflughalle als Kinovorführsaal! Das war etwas!
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Jetzt brauchte ich Axel Springer

Ich lud als ersten Axel Springer ein und hatte gleich eine Bitte. Zu den 500 Sesseln und Stühlchen, die ich hineinstellen lassen wollte, und zu den Stewardessen, die als Platzanweiserinnen fungieren sollten, wünschte ich mir eine Sonderausgabe der BZ:

Reporter sollten den Aufmarsch der Prominenz fotografieren und darüber berichten, bis es dunkel werden und der Film beginnen würde. Dann sollten sie mit ihrem Material ganz schnell ins Druckhaus Tempelhof rasen und vier BZ-Seiten, nämlich die erste und die letzte, samt Vorder- und Rückseite, produzieren, in der Druckerei im Erdgeschoß warten, bis 1000 Exemplare angedruckt waren, und sich die Zeitungsbündel (mit der richtigen, vollproduzierten BZ auf den Innenseiten) schnappen und rechtzeitig zur Schlußmusik meines Films wieder in der Abflughalle erscheinen, wo die Stewardessen, wenn es hell werden würde, die Gäste mit ihren Fotos in der BZ von morgen überraschen sollten.

»Eine glänzende Idee!« sagte der Verleger. »Ich bin schon beim Überschlag - mehr als zwanzigtausend Mark wird uns das nicht kosten. Eine tolle Reklame!«

»Besonders, wenn die fünfhundert Premierenbesucher sich, mit der schnellen BZ in der Hand, nach Ihnen umdrehen, Herr Springer, und Ihnen anerkennend zunicken!«

Da wurde er etwas kleinlaut: »Ich kann leider nicht dabei sein, ich habe englische Gäste in Hamburg .... schade!«

»Warum packen Sie die nicht in Ihren Aero-Commander und lassen sich von Jack Bennett eben mal nach Tempelhof fliegen?« schlug ich vor.

Springer seufzte: »Da haben die doch nichts von, die verstehen doch kein Deutsch ..... Aber überlegen Sie mal, ob Sie nicht mein PR-Berater werden wollen!«

Darüber konnte ich nur lachen, dezent natürlich. »Hauptsache, die BZ ist rechtzeitig mit der Sonderausgabe für "Die Endlose Nacht" da!« - »Mein Wort!« sagte Axel Springer.
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Die endlose Premieren-Nacht

Die BZ war pünktlich da und erregte, als es wieder hell wurde, wahre Begeisterungsstürme. Vom Film, den die Herrschaften gerade lebhaft beklatscht hatten, war kaum noch die Rede. Natürlich marschierten auch sämtliche Schauspieler auf der eigens aufgebauten langen Bühne auf und verbeugten sich, um sich anschließend unters Premierenpublikum zu mischen.

Und natürlich hatte Eckelkamp auch die hundert Erstaufführer unter den deutschen Kinobesitzern einfliegen lassen. Ich bekam von einem scharf messingsch näselnden Herrn einen Brief des Regierenden Bürgermeisters in die Hand gedrückt, in dem Willy Brandt sich für die Einladung bedankte und für sein Nichtkommenkönnen entschuldigte.

»Aber ich schicke Ihnen meinen besten Mann«, schrieb er, »unseren neuen Wirtschaftssenator Prof. Karl Schiller. Geben Sie ihm eine der reizenden Damen vom Film an die Seite, und Sie werden sich wundern, wie flott die steifen Hamburger tanzen können - Ihr Willy Brandt.« Er konnte auch launig sein, unser Willy.

Und er hatte recht: Karl Schiller war im Handumdrehen umringt von »reizenden Filmdamen«, kam zwar nicht zum Tanzen, aber um fünf Uhr morgens noch sah ich ihn vor einer Damentoilette auf Evelyn Renziehausen warten, die uneingeladen zur Premiere dieses »unseriösen Herrn Tremper« gekommen war.
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Mal wieder »so'n richtigen Kintop« erleben

Es wurde eine wahrhaft endlose Premierennacht, aus den Lautsprechern ertönte unsere Filmmusik von Peter Thomas, in Zellermayers Imbiß knallten die Champagnerkorken, Kinobesitzer von weit und fern lagen sich mit Eckelkamp in den Armen und buchten fleißig unseren Film, hatten alle den Eindruck gewonnen, mal wieder »so'n richtigen Kintop« erlebt zu haben.

Damals wurden die Bundesfilmpreise noch zu den Filmfestspielen Ende Juni verliehen: Hans Jura, das habe ich schon gesagt, bekam ihn für die beste Kamera (dabei hatte er in den letzten beiden Drehwochen nur noch, voll des süßen Weines aus der Wachau, in Zellermayers Imbißstube deprimiert vor sich hingelallt), Peter Thomas, auch das sagte ich schon, bekam ihn für die beste Filmmusik und Harald Leipnitz, darüber freute ich mich am meisten, bekam ihn als »bester Hauptdarsteller«.

Wir hatten wochenlang vorher schon einen blauen Brief vom Bundesinnenministerium erhalten, in dem angefragt wurde, ob wir einen Preis entgegennehmen würden, und hatten alle natürlich postwendend zugesagt. Nur Harald Leipnitz hatte offenbar keinen Brief bekommen, was mich erbitterte, denn der Freund hatte wirklich unglaubliche Strapazen auf sich genommen und entscheidend zum Gelingen des Wahnsinnsunternehmens beigetragen.

Erst am Tag vor der Filmpreisverleihung durch Bundesinnenminister Höcherl in der neu entstandenen Deutschen Oper in der Bismarckstraße rief er plötzlich an und schrie: »Ich habe auch einen! Meine Frau hat ihn für etwas Amtliches vom Finanzamt gehalten und ganz hinten, hinter den Kaffeetassen, versteckt! Glaubst du, daß die in Bonn meine Zusage noch akzeptieren?« - Aber natürlich taten sie das.
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Meine Frau zog ihren Scheidungsantrag nochmal zurück

Anschließend feierten wir wieder einmal ein großes Fest in unserem Garten am Gadebuscher Weg, und meine Frau zog ihren Scheidungsantrag nochmal zurück.

PS: Ach so, das hätte ich beinahe vergessen: Auch ich bekam den Bundesfilmpreis in Silber für die Produktion von "Die Endlose Nacht" und den von der Zeit gestifteten Preis der deutschen Filmkritik für die beste Regie des Jahres 1963. An den Kinokassen aber hat der Film gerade mal sein Geld, und nicht mehr, eingespielt.
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