Aus dem Philips Fernseh-Taschenbuch 1973
Valvo Normhals-Bildröhre Eurocolor (Fernseh-Taschenbuch 1973)
Das neue Valvo-110°-System mit Sattelspule in Strangwickeltechnik
Vor etwa drei Jahren führte Valvo das erste 110°-System für Farbbildröhren ein. Bei den 110°-Farbbildröhren A 66-140 X und A 56-140 X wurden der normierte Halsdurchmesser von 36,5 mm der 90°-Bild-röhren beibehalten und die drei Elektronenstrahlsysteme in der bekannten Weise angeordnet.
In der folgenden Zeit wurde nach Lösungen gesucht, den Mehraufwand gegenüber der 90°-Ablenkung zu reduzieren. Sie wurde von Valvo in der stranggewickelten Sattelspulen-Ablenkeinheit AT 1062 (Bild 1) gefunden, die in Verbindung mit der Normhals-Bildröhre A 66-140 X Valvo Eurocolor (Farbfoto) eine fortschrittliche und ökonomische Lösung ohne die aufwendige dynamische Eckenkonvergenzschaltung ist. (Die Valvo Normhals-Farbbildröhre A 56-140 X wird ebenfalls mit einer stranggewickelten Ablenkeinheit, Typ AT 1063, betrieben.)
Das Konzept besteht im wesentlichen aus der bekannten, in einigen Details leicht modifizierten Normhals-Farbbildröhre und einer neuentwickelten Ablenkeinheit, die so ausgelegt ist, daß Konvergenzschaltungen ähnlich wie bei 90°-Röhren verwendet werden können. Da die wesentlichen Daten beibehalten wurden, können Röhre und Ablenkeinheit auch in den gemischtbestückten Empfängern der gegenwärtigen Gerätegeneration Anwendung finden. Eine der neuen Sattelspule angepaßte, mit minimalem Aufwand zu realisierende Ablenkschaltung mit Transistoren sowie eine einfache Schaltung zur Kissenentzerrung und für die Niederspannungsversorgung wurden ebenfalls entwickelt. Die Vorteile des neuen Systems sind: Einsparung von Bauelementen, geringere Anzahl von Einstellvorgängen, erhöhte Zuverlässigkeit, einfache Schaltungstechnik.
Die Bildtexte geparkt
Bild 1 Sattelspulen-Ablenkeinheit AT 1062 in Strangwickeltechnik.
Bild 2 (links) Bei der Strangwickeltechnik sind die Wicklungen in Abschnitte aufgeteilt. Diese Aufteilung wird dadurch erreicht, daß während des Wickelns Stifte in die Wickelform eingeschossen werden, die jeweils den Anfang eines neuen Wickelabschnittes festlegen.
Bild 3 Zur Farbreinheitseinstellung bei Bildröhren mit großer (a) und mit kleiner (b) Strahl-Exzentrizität: Für gleiche Verschiebung AP der Ablenkeinheit ergeben sich größere Landungsverschiebungen Ar bei der Röhre mit kleinerer Strahl-Exzentrizität und damit eine stärkere Beeinflussung der Landung durch mechanische Toleranzen. Die Einstellung der Farbreinheit wird kritischer.
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Sattelspulen-Technologie
Der entscheidende Schritt zur Einführung dieses neuen Systems war die Entwicklung einer neuartigen Sattelspulen-Technologie, der sogenannten Strangwickeltechnik (Patente international angemeldet), die es ermöglicht, Spulen in Großserie mit außerordentlich kleinen Fertigungstoleranzen herzustellen. Diese Spulen erzeugen ein Ablenkfeld ähnlich dem der 90°-Spulen. Zur Konvergenzeinstellung werden somit auch nur die von der 90°-Tech-nik her bekannten einfachen Korrekturschaltungen benötigt.
Bei der Strangwickeltechnik sind die Wicklungen in Abschnitte aufgeteilt. Die Aufteilung wird dadurch erreicht, daß während des Wickelvorgangs Stifte in die Wickelform eingeschossen werden, die jeweils den Anfang eines neuen Wickelabschnitts festlegen (Bild 2). Auf diese Weise lassen sich nicht zu vermeidende Toleranzen des Drahtes und der Wicklung sowie Einflüsse derTemperatur ausgleichen. Außerdem werden Windungsverlagerungen und Wicklungsasymmetrien weitgehend vermieden.
Die Farbbildröhre des neuen Valvo-Systems (A 66-140 X bzw. A 56-140 X) ist zur Erhaltung ihrer bewährten Eigenschaften - besonders der Helligkeit und der Farbreinheit - in den Hauptbestandteilen, wie Kolben, Elektrodensystem und Euromaske, unverändert geblieben, jedoch wurde die Landungsreserve durch besondere Maßnahmen beim Belichtungsvorgang während der Leuchtschirmherstellung erhöht. Dadurch ist es möglich, den Anforderungen der neuen Spule bei unveränderter Maskentransparenz zu entsprechen.
Außerdem wurde durch eine geringfügige konstruktive Änderung (Schlitzung) des Konvergenztopfes erreicht, daß in diesem praktisch keine Wirbelstromverluste mehr auftreten, wodurch die Konvergenz-Schaltungen einfacher gestaltet werden können.
Zur Einsparung der Schaltungen für die dynamische Eckenkonvergenz war es somit nicht erforderlich, eine Bildröhre mit kleinerer Strahl-Exzentrizität (z. B. eine Dünnhals-Bildröhre) einzuführen. Derartige Röhren mit kleinem Elektrodensystem-Abstand haben nämlich entsprechend kleinere Farbauswahlwinkel (Winkel zwischen den Richtungen der drei Elektronenstrahlen an der Lochmaske), auf denen die Farbselektion der Lochmasken-Bildröhre beruht.
Kleinere Farbauswahlwinkel bedingen aber entweder einen größeren Abstand zwischen Schirm und Maske bei gleichem Tripelabstand oder einen kleinen Tripelabstand bei gleichem Schirm-Masken-Abstand.
In beiden Fällen ergibt sich daher bei den Dünnhals-Bildröhren eine größere Empfindlichkeit gegenüber mechanischen Fertigungsstreuungen, Maskenerwärmung und Einflüssen magnetischer Störfelder auf die Farbreinheit. Als Ergebnis findet man bei gleicher Maskentransparenz (Helligkeit) eine Verringerung der Landungsreserven. Außerdem ist der Einfluß der Spulenverschiebung auf die Farbreinheit größer und somit die Farbreinheitseinstel-lung kritischer, wie Bild 3 zeigt.
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Ablenkenergie und Impedanzen der verschiedenen 110°- Systeme :
System | Energie i.d. | Spulen- | impedanz | Spulen- | impedanz | |
Horizontal- | ||||||
Ablenkspulen | H-Spulen | V-Spulen | ||||
L | R | L | R | |||
mWs | mH | Ohm | mH | Ohm | ||
Toroidspule mit | ||||||
Dünnhalsröhre | 6,3 | 1,25 1,7 | 1,7 | 0,91 | 1,5 | |
Sattelspule mitdyn. | ||||||
Konvergenzkorrektur | ||||||
und Standardröhre | 5,9 | 4,4 (S) | 3,4 | 25,4 | 15,0 | |
Neue stranggewickelte | ||||||
Sattelspule mit | ||||||
Normhalsröhre | 5,3 | 4,65 (S) 3,6 | 24,0 14,9 i | 24,0 | 14,9 i | |
(S) Serienschaltung |
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Die Bildschärfe der 110°-Röhren
Die Bildschärfe der 110°-Röhren ist wegen der geringen Strahllänge besonders gut. Bei den Dünnhalsröhren wird die Allgemeinschärfe - über den ganzen Schirm betrachtet - jedoch eingeschränkt, weil die zwangsläufig kleineren Elektrodensysteme auch kleinere Durchmesser der Beschleunigungslinsen bedingen. Der darin auftretende größere Anteil achsenferner Strahlen führt nämlich zu höherer sphärischer Aberration (Verlagerung des Brennpunktes achsenferner Strahlen).
Eine Korrektur dieses Fehlers ist zum Beispiel durch Verkleinerung des Gitter-1-Lochdurchmessers möglich; die dadurch hervorgerufene höhere Katodenbelastung kann sich allerdings ungünstig auf die Lebensdauer auswirken. Kleine Elektrodensysteme können außerdem zu Schwierigkeiten in der Beherrschung der Hochspannungsfestigkeit der Bildröhre führen.
Bei Dünnhals-Bildröhren mit ihren kleinen Strahl-Exzentrizitäten lassen sich die Elektronenstrahlen zwar prinzipiell leichter zur Konvergenz bringen; die Praxis zeigt jedoch, daß die erforderlichen Korrekturströme wegen der gegenseitigen Beeinflussung der bei diesem Röhrentyp sehr eng beieinanderliegenden Elektrodensysteme mindestens so groß wie bei Normhals-Farbbildröhren sind. Wesentliche Einsparungen bei den Konvergenzschaltungen sind also nicht zu erwarten.
Auch bezüglich der erforderlichen Ablenkenergie ist das Valvo-System vorteilhafter. Zunächst wäre bei einer Verkleinerung des Halsdurchmessers eine Einsparung an Ablenkenergie gegenüber der Normhals-Bildröhre zu erwarten. Um jedoch eine Abschattung der Elektronenstrahlen zu vermeiden, muß die Lage der Ablenkebene relativ zum Röhrenhals erhalten bleiben; es ist deshalb erforderlich, die Ablenkspulen näher an den Schirm heranzubringen.
Dadurch ergibt sich ein größeres Feldvolumen im konischen Teil der Ablenkeinheit, und es wird eine höhere Ablenkleistung erforderlich. Deshalb ist bei kleinerem Halsdurchmesser - unabhängig von der Spulenausführung - die Einsparung an Ablenkenergie nicht so groß, wie man zunächst annehmen könnte.
Darüber hinaus ist die in Verbindung mit der Dünnhalsröhre verwendete Toroidspule, weil bei dieser Spule - im Gegensatz zur Sattelspule - nur das innere Streufeld ausgenutzt wird, weniger empfindlich als eine Sattelspule. Darum erfordert das System Dünnhalsröhre mit Toroidspule etwa 20 % mehr Ablenkenergie als das Valvo-System Normhalsröhre mit Sattelspule. Die Werte der Ablenkenergien und der Impedanzen zeigt die Tabelle.
Jedes Farbbildröhren- und Ablenksystem stellt einen Kompromiß zwischen technischem Aufwand und Bildqualität dar. Mit dem vorstehend beschriebenen System der verbesserten Farbbildröhre A 66-140 X und der neuartigen Ablenkeinheit AT 1062 wurde eine Lösung gefunden, die nach dem gegenwärtigen Stand der Technik für die nächsten Jahre ein Optimum an Bildqualität bei wirtschaftlich vertretbarem Aufwand gewährleistet.
Weiter geht es mit einem Blick in das Krefelder Fernsehgerätewerk
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