Jan 2010 - Ein großer Artikel steht in unserer Lokalzeitung:
"Das Fernsehmuseum zieht um."
Die eingeweihten Beteiligten freuen sich über die gekonnte Retorik des Redakteurs, die kundigen Eingeborenen schmuzeln über die "never ending story" und die unbeteiligten (auswärtigen) Leser staunen, was es in Wiesbaden alles (an Unsinn) "gäbe".
Was ist dran an diesem Artikel vom 8. Januar 2010 ?
ORTSWECHSEL Neuer Standort in der H.......straße/Sammlung nicht öffentlich zugänglich. - Die Kopfzeile sagt eigentlich alles, nur etwas verschwommen. Was steckt denn jetzt schon wieder dahinter ?
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Jan. 2010 - Fakt ist: Es gab und gibt in Wiesbaden (und auch in Mainz) immer noch (30 Jahre) kein reales Fernsehmuseum.
Alle Informationen über das reale Fernsehmuseum sind mehr oder weniger Gedankenspiele von persönlich interessierten - aber im Laufe der Jahre alt gewordenen - Film- und Fernsehleuten im Ruhestand. Und da Klappern bekanntlich zum (publizistischen und journalistischen) Handwerk gehört, tauchen seit Jahren immer wieder euphorische Berichte in lokalen Zeitschriften einschließlich der Frankfurter Rundschau auf, in denen von einem realen echten Fernsehmuseum in Wiesbaden gesprochen wird.
Das erinnert ganz stark an das alte "Magazin der Technik" - genannt "hobby"- aus den 1950er und 1960er Jahren. Dort wurden grandiose futuristische Projekte lebhaft und farbenfroh ausgemalt (also wirklich gepinselt), zum Beispiel 1955 gab es einen Artikel: "Wie leben wir 1975 ?" oder "Unsere Straßen im Jahr 2000 liegen im 2. Stock."
So geistert auch das "Fernsehviseum" (oder auch "Televiseum") seit 30 Jahren durch die verlassene Museenwelt und ist selbst in google nicht tot zu kriegen.
Ein bitteres Beispiel ist das "DRM", das "Deutsche Rundfunk- Museum" in Berlin
Dieses inzwischen nicht mehr existierende Museum wurde Anfang der 80er Jahre in Berlin mit großem Staraufgebot auf dem Messegelände unter dem Funkturm eröffnet und Ende der 1980er Jahre mangels (erschwinglicher) Räumlichkeiten und vielen sprachlichen und menschlichen "Mißverständnissen" der Museumsleitung und mangels geschicktem Flechten von (politischen) Seilschaften fast schon heimlich geschlossen.
Danach "vegetierte" das DRM - besser gesagt - dessen Fundus in den Räumlichkeiten des "Deutschen Rundfunk Archives" (DRA) in Babelsberg in den Fluren, mehreren Keller-Lagerräumen und in einem Büroraum vor sich hin, trotz aller vergeblicher Mühen des letzten Hüters der Schätze dort, dem von mir sehr geschätzten Herrn Exner und wartet bis heute auf die Reanimation.
Doch sowohl die Stadt Berlin als auch das Land Brandenburg sind ziemlich pleite. Und die Hüter des Fundus, die Mitglieder eines Fördervereins, haben es in den letzten 20 Jahren (nach 1990) auch nicht geschafft, mehr oder weniger großzügige Sponsoren oder Mäzene zu finden. Vielleicht wollten sie auch gar nicht mehr.
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Die Situation in Wiesbaden ist (ebenso) verzwickt.
Aufgrund der politischen Verhältnisse in der Landeshaupt- stadt Wiesbaden gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen und Interpretationen von den Interessen . . . . .
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- der Allgemeinheit (Wer ist die Allgemeinheit?),
- der Stadt (-bevölkerung) und
- des Stadtparlamentes.
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Und die sind seltenst deckungsgleich. So "bekommen" wir angeblich ein neues Stadtmuseum direkt neben unserem alten riesigen Landesmuseum. Doch es scheitert vermutlich am Geld. Die veranschlagten 20 Millionen (Euro) sind seit einiger Zeit (Mitte 2009) bereits Makulatur, man spricht von weit über 33 Millionen. Doch der Direktor ist bereits eingestellt und die ersten 3 Milionen sind bereits verbraucht (= verbraten/verbrannt ?). Jetzt in 2014 soll es 50 Millionen (Euro) kosten mit bislang noch gar nicht bedachten 4 Milionen Euro jährlich an Betriebskosten und das 30 Jahre lang.
Das Projekt ist eigentlich auf absehbare Zeit drei Nummern zu groß für Wiesbadens Stadtkasse. Keiner will aber die 3 Millionen mal schnell abschreiben und an der persönlichen Verantwortung dafür - also für die bereits verbrannten 3 Milionen - scheitern. Also wird das Projekt heute in 2010 einfach nur virtuell vertagt, ganz realistisch auf eine ferne virtuelle Zukunft verschoben.
Nachtrag in 2013/2014 :
Der seit ca. 6 Jahren amtierende Wiesbadener Museumsdirektor - der Direktor ohne Museum - hat gekündigt und ist in den Norden Deutschlands zu einem realen Museum abgewandert, das es wirklich gibt. Über die nicht unerhebliche "Gage" dieses 6-jährigen "Urlaubs"-aufenthaltes in Wiesbaden wird das Deckmäntelchen des Schweigens ausgebreitet. (Man munkelt von über 8.000 Euro pro Monat.) So haben wir weder ein Museum noch einen "Direktor", sondern Schulden über Schulden - hier in Wiesbaden. Bei der aktuellen Museumsplanung spricht die Buschtrommel inzwischen von über 40 Millionen Euro.
Nachtrag zum Ende 2014 : Endlich ist das Gerangel um den geplanten Neubau des Stadmuseums zuende. Es wird vermutlich (hoffentlich) beerdigt.
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Und jetzt zu dem Artikel.
Der Autor des Artikels Wolfgang Wenzel schreibt unter anderem: Zitat : Die Tage des Museums für Deutsche Fernseh- geschichte in Amöneburg aber sind gezählt. Voraussichtlich am nächsten Montag verlässt das Museum das alte Kontorhaus und bezieht in der H.... Straße in Sichtweite des Deutschen Filmhauses sein neues Quartier.
- Anmerkung : Es gab ja sowieso nie ein solches "Museum" für Deutsche Fernsehgeschichte, das stand ja nur auf dem Plakat im vergammelten Treppenhaus - es gab immer nur das Lager der Requisiten - den Fundus. Alles andere sind Träume gewesen.
Der (neue) Vorsitzende des "Fördervereins zur Errichtung eines Fernsehmuseums" wird so zitiert: Öffentlich zugänglich machen könne der Verein seinen Fundus nicht.
Es ist also (wieder mal) weder ein Museum in Sicht noch ein zur Besichtigung verfügbarer Fundus. Man habe mit der (Anmerkung: "rechtzeitigen") Hilfe der Kulturdezernentin Frau Thies durch diesen Umzug die Insolvenz des Fördervereins abwenden können. (Anmerkung: wegen drastisch gestiegener Mietforderungen in einer Zeit, in der massenweise Lagerraum leer steht ?).
Der Kommentar zu diesem Artikel:
(von Autor gr) Da planen die "Stadtväter" Wiesbadens ein weiteres (ein etwas größeres) Heimatmuseum mit alten Garderoben, Kleidern, Nähmaschinen und Kochtöpfen und Gardinen und Vitrinen aus alter Zeit. Und das, wohl wissend, daß es in den Wiesbadener Vororten eine Menge (mehr als 12) solcher lokaler Initiativen gibt, die mit viel Engagement aufgebaut wurden und gepflegt werden. Über die leider durchweg mageren Besucherzahlen dieser Heimatmuseen schweigen die Vereine sich vornehm (oder enttäuscht ?) aus.
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Es gäbe da schon erschwingliche Lösungen . . .
Man müsste es wirklich überregional attraktiv anbieten. Überregionale Aspekte des Fremdenvekehrs werden bestimmt nicht durch die Ausstellungen von historischen Nachttöpfen gefördert, zu denen nicht mal die Wiesbadener anzulocken sind.
Da müsste man schon bundesweites Interesse hervorrufen. Wiesbaden will doch eine (bedeutende ?) Filmstadt (gewesen) sein (oder werden).
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Wir haben in Wiesbaden einen recht großen wunderbar renovierten Marktkeller, der seit ein paar Jahren (wieder mal) leer stand (die Betreiber gingen pleite) und in dem jetzt (2010) die Titanic Ausstellung temporär Platz gefunden hat.
Dort könnte man Exponate dieses Fernsehfundus durchaus ausstellen, doch nicht als tote Objekte. Da muß man schon etwas bieten, sonst kommt auch dorthin keiner.
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Eine museale Perspektive . . .
Ganz gepflegt steht mitten im Artikel -
ich zitiere Wolfgang Wenzel:
Zitat : Der Trägerverein betreibe nur eine "Lagerung von Exponaten". Ihm sei jedoch hoch anzurechnen, daß er eine museale Perspektive als mittelfristiges Ziel nie aus den Augen verloren habe.
- Genial formuliert, alle Achtung. Der Satz könnte von mir sein. Im Klartext steht doch in den Zeilen: "Es hat 30 Jahre nicht geklappt, aber wir arbeiten dran."
Die Bezeichnung "Trägerverein" anstelle von "Förderverein" suggeriert auch, daß es bereits etwas (an Verantwortung) "zu tragen" gäbe.
Doch darauf wartet der Verein schon Jahrzehnte. Und darum ist es umso "unerklärlicher", daß dieser Förderverein seit mehreren Jahren die Neuaufnahme von Mitgliedern schlichtweg ablehnt.
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Vielleicht würde eine Insolvenz des Förderveins wirklich mal die Fronten klären und die verteilten Interessenslagen der Stadt Wiesbaden, der Parteien und Fraktionen und der "Förderer" aufzeigen . . . . .
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Nachtrag vom Okt. 2010
Der Fördervein ist am Ende. Und der Eingeweihte sagt dazu nur : Alleine die Sprache ist die Quelle aller Mißverständnisse. Mehr über das "Aus" steht hier.
Nachtrag aus 2014
Der ehemalige Fundus ist noch einmal (oder schon wieder) umgezogen (worden), jetzt aus der ungeheizten Lagerhalle einer stillgelegten Druckerei in eine geheizte Umgebung. Und wieder wurde (laut der Buschtrommel) in etwa ein Drittel bis zu Hälfte der historischen Gerätschaften unerkannt entsorgt.
Wie ich schon auf anderen Kommentar-Seiten "geunkt" habe, wird in 10 Jahren niemand mehr da sein, der die Geräte überhaupt beurteilen geschweige denn bewerten kann und dann wird still und heimlich der Rest dem Entsorger angedient.
Das ist zwar sehr schade, doch es ist der Lauf der Zeit.
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